Thromb Haemost 1958; 02(01/02): 039-059
DOI: 10.1055/s-0038-1656263
Originalarbeiten — Original Articles — Travaux Originaux
Schattauer GmbH

Untersuchungen über den Tlirombokinase-Bildungstest[*]

(Ein Beitrag zur Methodik und zur Reaktionskinetik der Thrombokinase-Bildung)
H Egli
1   Physiologischen Institut der Universität Bonn (Direktor: Prof. Dr. K. Wachholder)
,
R Klesper**
1   Physiologischen Institut der Universität Bonn (Direktor: Prof. Dr. K. Wachholder)
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Publication Date:
07 June 2018 (online)

Zusammenfassung

Der Einfluß eines Oberflächenkontaktes auf die Aktivität der im Blutserum enthaltenen, an der Bildung von Blutthrombokinase beteiligten Gerinnungsfaktoren wurde mit Hilfe des Thrombokinasebildungstests von B i g g s und M a c -f a r 1 a n e untersucht. Serum, welches zur Vermeidung von Kontakt mit benetzbaren Oberflächen ausschließlich in silikonierten Glasgeräten aufbereitet worden war, vermochte nicht oder nur sehr unvollkommen Blutthrombokinase zu bilden. Nach einem nur wenige Minuten dauernden Glaswollzusatz zeigte das gleiche Serum eine erheblich gesteigerte thrombokinasebildende Aktivität. Während eines 15 bis 60 Minuten anhaltenden Glaswollzusatzes war die Serumaktivität konstant bleibend maximal gesteigert; bei länger anhaltendem Glaskontakt nahm sie kontinuierlich ab.

Wurde das Serum aus thrombozytenfreiem Nativplasma durch Zusatz von Gewebsthrombokinase (1 : 10) aufbereitet und Glaswolle sowohl vor als auch nach erfolgter Gerinnung zugesetzt, so war die thrombokinasebildende Aktivität des anfallenden Serums im ersten Fall nur leicht, im zweiten Fall dagegen deutlich ausgeprägt.

Daraus wird geschlossen, daß einer oder mehrere der serumständigen Throm-bokinasefaktoren sich vor eingeleiteter Gerinnung gegenüber Aktivierung durch Oberflächenkontakt resistent verhalten.

Neben einer Kontaktaktivierung des Serums durch benetzbare Oberflächen wurde die Blutthrombokinasebildung durch Thrombin beschleunigt. Dabei erwies es sich als gleichgültig, ob das Thrombin als noch zu aktivierendes Serumprothrombin in das Inkubationsgemisch gelangte oder diesem unmittelbar in bereits aktiver Form zugesetzt wurde, wobei noch sehr geringe Thrombinkonzentratio-nen (0,002 NIH-Einheiten) deutlich beschleunigend wirkten. Dieser akzelerie-rende Thrombineffekt war jedoch nur zu beobachten, wenn das im Bildungsgemisch verwendete Serum zuvor einem Oberflächenkontakt ausgesetzt worden war. Ohne voraufgegangene Kontaktaktivierung des Serums führten auch ein differierender Gehalt an Serumprothrombin sowie unterschiedliche Thrombin-konzentrationen nicht zu einer unterschiedlichen Thrombokinasebildung. Eine rein additive Thrombinwirkung auf die Thrombokinasebildung wird daher in dem Bereich der angewendeten Thrombinkonzentrationen abgelehnt und vielmehr ein spezifisch-beschleunigender Einfluß des Thrombins gefordert, für den jedoch eine voraufgegangene Kontaktaktivierung des Serums als Voraussetzung angesehen werden muß.

In methodischer Hinsicht haben quantitative Untersuchungen der Blutthrombokinasebildung nach den mitgeteilten Befunden sowohl die Wirkung eines Oberflächenkontaktes auf die Aktivität der serumständigen Blutthrombokinase-bildner als auch den Gehalt an Serumprothrombin zu berücksichtigen. Zum Zwecke einer maximalen und konstanten Oberflächenaktivierung wird empfohlen, das im Bildungstest zu verwendende Serum zuvor 30 Min. mit Glaswolle zu versetzen (60 bis 70 mg Glaswolle auf 1 ml Serum) und darüber hinaus seinen Prothrombingehalt zu kontrollieren. Bei über die Norm gesteigertem, Gehalt an Serumprothrombin sowie in allen Fällen, in denen exakte Vergleichsuntersuchungen angestrebt werden und insbesondere neben der Blutthrombokinaseaktivität auch die Geschwindigkeit ihrer Bildung berücksichtigt werden soll, wird empfohlen, durch Zugabe von Gewebsthrombokinase die in ihrer thromboplastischen Aktivität zu vergleichenden Serumproben auf einen annähernd gleichen Prothrombingehalt einzustellen.

Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die gewährte Unterstützung unserer Untersuchungen.

* Herrn Prof. Dr. K. Wachholder zum 65. Geburtstag gewidmet; auszugsweise vorgetragen auf der 23. Tagung der Deutschen Physiologischen Gesellschaft in Münster, 11. bis 14. Juni 1957.


** Medizinische Universitäts-Poliklinik Köln (Direktor: Prof. Dr. Schulten).


 
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