Zusammenfassung
Durch Immunisierung von Kaninchen wurden Antiseren gegen humanen Faktor VIII gewonnen,
deren spezifische Anti-Faktor VIII-Wirkung mit einem modifizierten Thrombokinasebildungstest
(Faktor VIII-Neutralisationstest) nachgewiesen werden konnte.
Die gegen den Faktor VIII gerichteten Antikörper der Immunseren ließen sich in gleichem
Maße mit Normalplasma und Bluterplasma absorbieren, woraus sich ergibt, daß im Bluterplasma
etwa ebensoviel Faktor Vlll-Protein enthalten ist wie im normalen Plasma. Im Normalserum
und Bluterserum wurden mit dieser Methode deutlich geringere und ebenfalls annähernd
gleiche Faktor VIII-Konzentrationen gefunden.
Es wird die Auffassung vertreten, daß es sich bei dem im Bluterplasma vorhandenen
Faktor VIII-Protein - in Analogie zu den kreuzreagierenden Substanzen (CRM) bei Bakterien-Mangelmutanten
um das Produkt einer genetisch bedingten Faktor VIII-Fehlsynthese handelt, welches
funktionell minderwertig ist, in seinen Antigendeterminanten jedoch weitgehend mit
normalem Faktor VIII übereinstimmt.
Um gewisse Inhibitoreigenschaften des Bluterplasmas zu erklären, wird auf die Möglichkeit
hingewiesen, daß dem fehlgebildeten Faktor VIII aufgrund seiner strukturellen Ähnlichkeit
eine kompetitive Hemmwirkung auf normalen Faktor VIII zukommen könnte. Für diese Annahme
spricht, daß der von Mammen im Bluterplasma gefundene Inhibitor ähnliche Eigenschaften
zeigte, wie sie vom Faktor VIII bekannt sind.
Die These verschiedener Autoren, daß Bluterplasma den Faktor VIII in normaler Quantität
und Qualität enthalte und daß ein gegen ihn gerichteter Inhibitor das pathogenetische
Agens der Hämophilie A darstelle, wird abgelehnt. Der Widerspruch wird mit genetischen
Überlegungen und der Beobachtung begründet, daß der im Bluterplasma nach Ätherbehandlung
auftretende Accelerator nicht mit Faktor VIII identisch ist.
Unser Dank gilt Herrn Prof. E. Lüscher, Bern, für die Überlassung reinen Human-Fibrinogens,
Herrn Dr. W. Osten, Rudolf-Virchow-Krankenhaus, Berlin, für die Zuweisung dreier Bluterpatienten
und Herrn Dr. Wiek, Rudolf - Virchow-Krankenhaus, Berlin, für die Durchführung der
präparativen Elektrophorese mit seiner Apparatur.