Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607883
Poster
Pränatale Diagnostik (Beratung, Screening, Ultraschall)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diskrepanz der Geschlechtsangabe in der Pränataldiagnostik zwischen Sonografie (XX) und Nicht-invasivem pränatalen Test (NIPT) (XY)

P Ruisinger
1   Klinik Hallerwiese, Gynäkologie/Geburtshilfe, Nürnberg, Germany
,
H Nelle
2   Pränatalmedizin, Gynäkologie und Genetik (MVZ) GbR, Nürnberg, Germany
,
M Karagöz-Perst
3   Cnopf'sche Kinderklinik, Nürnberg, Germany
,
F Kainer
1   Klinik Hallerwiese, Gynäkologie/Geburtshilfe, Nürnberg, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Oktober 2017 (online)

 
 

    Mit dem NIPT ist eine zuverlässige Geschlechtsdiagnostik möglich. Bislang ist kein Fall eines diskordanten Befundes zwischen der NIPT-Diagnostik und dem tatsächlichen Geschlecht bekannt. Im Folgenden wird der erste Fallbericht über eine Diskrepanz der Geschlechtsangabe in der Pränataldiagnostik zwischen Sonografie (XX) und NIPT (XY) publiziert.

    Fragestellung:

    Kann die Geschlechtsdiagnostik mithilfe des NIPT mit einer nahezu hundertprozentigen Sicherheit gewährleistet werden? Falls es diskrepante Befunde gibt, was sind die möglichen Ursachen?

    Methode:

    Anhand eines Fallberichtes und einer Literaturübersicht wurden diskrepante Befunde bei der Geschlechtsbestimmung zwischen NIPT und dem tatsächlichen Geschlecht analysiert.

    Fallbericht: Bei einer 45-jährigen Patientin VI/III, Z.n. ICSI (Eizellspende), Z.n. 3x Spontanpartus 1999 (m), 2001 (m), 2006 (m) wurde nach ausführlicher Beratung ein NIPT durchgeführt. Der Befund ergab keine Hinweise auf Chromosomenanomalien und einen männlichen Chromosomensatz (46 XY). Sonographisch wurde eindeutig ein weibliches Genitale nachgewiesen. In der Wiederholung des NIPT zur Geschlechterbestimmung mit 26+0 SSW wurde ein männliches Geschlecht diagnostiziert. Am 21.10.2016 wurde ein reifes, phänotypisch weibliches Neugeborenes aus BEL per sectionem geboren; die Chromosomenanalyse aus dem Nabelschnurblut ergab einen weiblichen Chromosomensatz (46 XX).

    Ergebnis:

    Die Diskrepanz zwischen der genetischen Geschlechtsbestimmung mit dem NIPT und dem tatsächlichen Geschlecht hat bei der Schwangeren zu einer großen Verunsicherung geführt, vor allem deswegen, da dazu keine eigenen Erfahrungen und nur unzureichende Daten aus der Literatur zur Verfügung standen.

    Als mögliche Ursache für die Entstehung der diskrepanten Geschlechtsangabe wurden verschiedene Theorien in Betracht gezogen:

    • Vorliegen eines vanishing twin (sonographisch bestand dafür kein Anhalt),

    • persistierende männliche cfDNA aus den ersten drei Schwangerschaften im maternalen Blut (aufgrund der Halbwertszeit der DNA nicht möglich),

    • maternale Gonosomenaberration,

    • fetale Gonosomenaberration,

    • Genitalfehlbildung/Gonadendysgenesie,

    • testikuläre Feminisierung, Swyer-Syndrom, schwere Nebenniereninsuffizienz,

    • fetale Tumorproduktion.

    Schlussfolgerung:

    Auch bei einer eindeutigen Diagnostik der Geschlechtsbestimmung aus der NIPT ist eine sonographische Beurteilung des Geschlechts sinnvoll, da es in seltenen Fällen zu diskrepanten Befunden kommen kann. Die Ursache dafür ist sehr unterschiedlich und es muss immer eine individuelle, ausführliche Abklärung erfolgen. Im vorliegenden Fall konnte bislang kein Grund für die Entstehung der diskrepanten Befunde eruiert werden.


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