Unvorhersehbare und akut verlaufende Notfallsituationen werden schnell zur Herausforderung
für den Geburtshelfer. Eine korrekte Risikoeinschätzung mit ggf. unmittelbarer Entscheidung
ist für die erfolgreiche Bewältigung dieser Ereignisse unabdingbar. Im vorliegenden
Fallbericht berichten wir über eine seltene geburtshilfliche Notsituation – eine Uterustorsion
bei Uterus duplex in der Schwangerschaft.
Die 27-jährige Erstgravida wurde in der 26+1. SSW bei plötzlichen stärksten Unterbauchschmerzen
vorstellig. Bis dahin erfolgte nur die reguläre Schwangerschaftsvorsorge.
Bei Aufnahme präsentierte die Patientin ein akutes Abdomen sowie einen positiven Schockindex.
Es zeigte sich zudem eine fetale Bradykardie von ca. 80bpm, sodass bei Verdacht auf
vorzeitige Plazentalösung die Indikation zur Notsectio gestellt wurde.
Intraoperativ zeigte sich im linken Becken ein kleiner vitaler Uterus, in dem sich
der Fetus nicht befand. Im rechten Becken zeigte sich ein größerer livide verfärbter
zweiter Uterus. Eröffnung per querer Uterotomie und Entwicklung eines unreifen, schlappen
Neugeborenes aus Beckenendlage. Anschließend stellte sich folgender Situs dar: Uterus
duplex mit zwei getrennten Zervices mit Torsion des kindstragenden rechten Uterus
um 180 °. Nach Detorquierung konnte der Eingriff organerhaltend beendet werden. Postoperativ
erhielt die Patientin bei einem Blutverlust von ca. 2000 ml zwei Erythrozytenkonzentrate.
Ansonsten weitestgehend unkomplizierter postoperativer Verlauf. Die Patientin konnte
am 7. postoperativen Tag entlassen werden. Das Neugeborene war unmittelbar nach der
Entbindung bei schwerer fetaler Asphyxie und Frühgeburtlichkeit intubationspflichtig,
wurde 30 Minuten reanimiert (NapH 6,78, APGAR 0/0/0, 1100 g) und verstarb leider am
4. Lebenstag. Die Patientin wurde psychologisch angebunden.
Eine Uterustorsion in der Schwangerschaft ist äußerst selten und geht mit einer fetalen
Mortalität von bis zu 18% einher. Sie wird definiert als eine Rotation des Uterus
um die Längsachse über 45 ° bis 180 °-360 °. Die Klinik ist unspezifisch. Sie variiert
zwischen Symptomlosigkeit bis hin zu akutem Abdomen. Die Äthiopathogenese der Uterustorsion
bleibt weiterhin unklar. Risikofaktoren scheinen Lageanomalien des Fetus, Myome, Ovarialzysten
oder, wie im beschriebenen Fall, Uterusanomalien zu sein. Uterusduplikationsanomalien
sind neben der Uterustorsion mit einer erhöhten Infertilitäts- und Abortrate assoziiert.
Ebenfalls sind intrauterine Fruchttode, Plazentalösungen, fetale Wachstumsretardierungen
und Distress häufiger.
Eine Uterustorsion in der Schwangerschaft ist ein lebensbedrohlicher Notfall für Mutter
und Kind. Dabei hängt die maternale und perinatale Mortalität vom Gestationsalter
sowie Schweregrad und Dauer der Torsion ab. Bei akutem Abdomen sollte insbesondere
bei Uterusanomalien eine Uterustorsion ausgeschlossen werden, auch wenn die vorzeitige
Plazentalösung eine der wichtigsten und weitaus häufigeren Differentialdiagnose darstellt.