Hintergrund:
Nach dem aktuellen Allostase-Konzept dient die Stressreaktion v.a. in ihrer HPA-vermittelten
Form der Anpassungsleistung an sich verändernde Bedingungen, insbesondere der sozialen
Umwelt (Schulkin 2011). Dieser allostatischen Akkomodation gegenüber steht die sogenannte
allostatische Last als körperlicher Verschleiß, der speziell aufgrund sozialer Problemlagen
im Laufe des Lebens kumuliert (McEwen 1998). Ihm kann durch die Wirkung auf zentrale
physiologische Subsysteme ein erheblicher und wachsender Teil der aktuellen Krankheitslast
zugeschrieben werden (Forouzanfar et al. 2016). Das Allostase-Konzept hat stark präventive
Implikationen und stellt durch seine längsschnittliche Komplexität darüber hinaus
eine paradigmatische Herausforderung u.a. für Medizin, Psychologie, Gesundheitswissenschaft
und insbesondere auch die Sozialepidemiologie dar (Sterling 2012; Ganzel et al. 2010).
Ziel:
Zunächst werden die sich durch das Rahmenkonzept der Allostase ergebenden Chancen
für die sozialepidemiologische Forschung herausgearbeitet. Die sich hieraus ergebenden
methodischen Herausforderungen sollen exemplarisch anhand des Sozio-ökonomischen Panels
aufgezeigt werden.
Ergebnisse/Schlussfolgerungen:
Das Allostase-Konzept stellt eine erhebliche Chance für die Sozialepidemiologie dar,
da es als Rahmenkonzept verschiedene Auswirkungen sozialer Benachteiligungen bündelt
und potentiell in Wirkungskaskaden nachvollziehbar sowie quantifizierbar macht (Seeman
et al. 2010). Daneben fördert die sich aus dem Konzept ergebende Upstream-Logik insbesondere
Fragestellungen und Untersuchungsmethoden der Sozialepidemiologie. Herausforderungen
ergeben sich v.a. daraus, dass analog zu Resilienzkonzepten bestehende Risiko- und
Ressourcenkonzepte zukünftig noch kontextabhängiger betrachtet werden müssen (Belsky
2015). Dies erfordert nicht nur eine Erweiterung etablierter Kausalitätslogiken, es
stellt gleichzeitig epidemiologische Untersuchungsdesigns wie Analysemethoden vor
neue Herausforderungen.