Z Orthop Unfall 2016; 154(03): 229
DOI: 10.1055/s-0036-1584851
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüfttotalendoprothese – Einfluss vom Gewicht auf postoperative Komplikationen

Contributor(s):
Manuela Brunk
Wagner ER, Kamath AF, Fruth KM et al.
Effect of Body Mass Index on Complications and Reoperations After Total Hip Arthroplasty.

J Bone Joint Surg Am 2016;
98: 169-179
Further Information

Publication History

Publication Date:
28 June 2016 (online)

 

Die manifeste Adipositas ist für postoperative Komplikationen bei der Hüfttotalendoprothese mitverantwortlich. Wagner et al. zeigen, dass alle postoperativen Komplikationen wie Infektion, Luxation und Implantatlockerung nach einer primären Hüfttotalendoprothese bei Patienten mit erhöhtem BMI > 30 kg / m² signifikant häufiger auftraten und zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt führten als bei schlanken Patienten.
Wagner ER, Kamath AF, Fruth KM et al. Effect of Body Mass Index on Complications and Reoperations After Total Hip Arthroplasty. J Bone Joint Surg Am 2016; 98: 169–179

Ein hohes Körpergewicht und damit ein erhöhter Body Mass Index (BMI) stellen ein zunehmendes Problem weltweit dar. Bereits 35 % der Erwachsenen in den USA haben einen BMI > 30 kg / m². Neben zunehmenden übergewichtsbedingten Krankheiten leiden die betroffenen Personen deutlich vermehrt an arthrotischen Veränderungen des Hüftgelenkes, die im fortgeschrittenen Stadium operative Eingriffe wie die Implantation von Hüfttotalendoprothesen (TEP) erforderlich machen.

Ziel der vorliegenden Studie war es herauszufinden, welchen Einfluss der hohe BMI auf die postoperative Komplikationsrate bei Patienten nach einer Implantation einer TEP hat.

Material und Methoden

Zwischen Januar 1985 und Dezember 2012 erfolgte eine Datenerhebung von Patienten mit implantierten Hüft-Endoprothesen. Insgesamt konnten in diese retrospektive Studie 17 774 Patienten mit insgesamt 21 361 primären TEP der Hüfte eingeschlossen werden.

Das Alter der betroffen Patienten betrug im Mittel 66 Jahre. 53 % der Patienten waren weiblich. Bezug nehmend auf den BMI wurden die Reoperationsrate, die Implantatlockerung, oberflächliche und tiefe Infektionen und Luxationen verglichen. Dabei wurden die Patienten anhand des BMIs in verschiedene Gruppen eingeteilt; eine Referenzgruppe wurde bei einem BMI von 18–25 kg / m² festgelegt.


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Ergebnisse

Die Auswertung der Daten bei Patienten mit einem hohen BMI zeigten eine deutlich steigende Rate von Reoperationen in Bezug zum steigenden BMI. Ab einem BMI > 32 kg / m² zeigt sich dabei eine Steigerung des Risikos von 4 % im Vergleich zur Referenzgruppe.

Des Weiteren konnten die Autoren einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Implantatlockerung und einem erhöhten BMI finden. Dabei wurde ein vermehrtes Risiko von 3 % bei einem BMI > 32 kg / m² angegeben. Es zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zwischen Art der Lockerung (aseptische Lockerung vs. weiteren mechanischen Problemen) und erhöhtem Körpergewicht. Neben Luxationen (bis 6 Monate postoperativ) zeigte sich auch im Bereich der Infektionen ein signifikanter Zusammenhang mit einem erhöhten BMI. Auffallend dabei war, dass sowohl die Patienten mit einem sehr hohen BMI (> 40 kg / m²), aber auch die „schlanke“ Referenzgruppe eine signifikant erhöhte Infektionsrate vorwiesen.


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Zusammenfassung

Die manifeste Adipositas führt nicht nur zu einer erhöhten Morbidität im Allgemeinen, sondern ist auch für vermehrte postoperative Komplikationen bei elektiven Eingriffen wie der Hüft-TEP mitverantwortlich. Man kann sagen, dass laut der Studie alle postoperativen Komplikationen, wie Infektion, Luxation und Implantatlockerung nach einer primären Hüft-Totalendoprothese bei Patienten mit erhöhtem BMI > 30 kg / m² signifikant häufiger auftraten und zu einem verlängerten Krankenhausaufenthalt führten als bei schlanken Patienten.

Kommentar

Die Implantation einer primären Totalendoprothese der Hüfte entspricht im klinischen Alltag einem häufig praktizierten elektiven Eingriff. Ziel eines jeden Operateurs ist es möglichst Komplikationen zu vermeiden. Die beschriebene Studie zeigt deutlich, dass ein starkes Übergewicht zu vermehrten postoperativen Komplikationen führt als es bei schlankeren Patienten der Fall ist. Die Ursachen konnten dabei durch die vorliegende Studie nicht geklärt werden; vielleicht liegt es am vermehrten Weichteilmantel, der schlechteren muskulären Führung oder der erhöhten Immobilität. Oft ist die Adipositas mit relevanten Erkrankungen wie dem Diabetes mellitus, der Hypercholesterinämie und weiteren Stoffwechselstörungen vergesellschaftet, was per se, insbesondere bei schlechter Einstellung, schon zu Wundheilungsstörungen führen kann. Somit mag die morbide Adipositas einem relevanten präoperativen Risikoindikator entsprechen und der behandelnde Arzt ist gut beraten, nach Möglichkeiten zu suchen, das postoperative Komplikationsrisiko zu mindern und nach präventiven Optionen für seinen Patienten zu fahnden.


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