Z Orthop Unfall 2016; 154(02): 117
DOI: 10.1055/s-0036-1583215
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüftarthroskopie – Ossifikationsprophylaxe

Contributor(s):
Anna Knoblich
Beckmann JT, Wylie JD, Potter MQ et al.
Effect of Naproxen Prophylaxis on Heterotopic Ossification Following Hip Arthroscopy: A Double-Blind Randomized Placebo-Controlled Trial.

J Bone Joint Surg Am 2015;
97: 2032-2037
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Publication History

Publication Date:
13 April 2016 (online)

 

Beckmann et al. untersuchten den Effekt von Naproxen im Hinblick auf seine Wirksamkeit als Prophylaxe für heterotrope Ossifikationen nach Hüftarthroskopien.
Beckmann JT, Wylie JD, Potter MQ et al. Effect of Naproxen Prophylaxis on Heterotopic Ossification Following Hip Arthroscopy: A Double-Blind Randomized Placebo-Controlled Trial. J Bone Joint Surg Am 2015; 97: 2032–2037

Einleitung

Heterotope Ossifikationen sind eine der häufigsten Komplikationen, die mit Hüftarthroskopien vergesellschaftet sind. Von Beckmann et al. wird sie in bis zu 44 % der Patienten beschrieben. Die Ursache der Bildung von ektopem Knochengewebe ist multifaktoriell. Die NSAIDs (Nicht-steroidale Entzündungshemmer), insbesondere Indometacin, gelten derzeit als empfohlenes Therapeutikum zur Ossifikationsprophylaxe. Seit 1975 wurden Studien zu diversen NSAIDs, deren Dosierung und Dauer der Therapie unternommen. Das bisher am meisten untersuchte Medikament ist Indometacin. Es reduziert die Prostaglandinsynthese, d. h. es vermindert Mechanismen, die entzündungs-, schmerz- und fiebersteigernd wirken. Die vorgestellte große Doppelblind-Studie hat die Wirkung von Naproxen nach Hüftarthroskopien untersucht.


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Methodik

In der Studie wurde ein zwischen August 2011 und August 2013 erfasstes Patientenkollektiv von 108 Patienten evaluiert. 2 Patienten entfielen, da kein operativer Eingriff vorgenommen wurde. Die verbliebenen 106 Patienten wurden am Tag der OP randomisiert zur Naproxen- (n = 52) bzw. zur Placebo-Kontrollgruppe (n = 54). 4 Patienten sind in der Naproxen-Gruppe im Follow-up entfallen und 6 in der Placebo-Gruppe. Die Auswertung erfolgte anhand von 48 Patienten je Gruppe.

Eingeschlossen wurden Patienten im Alter von 18 und 80 Jahren mit der notwendigen Compliance und ASA-Stadien 1–3. Es wurden Patienten eingeschleust mit der Diagnose eines femoroazetabulären Impingements in Form eines Cam- bzw. eines Pincer-Impingements. Ausgeschlossen wurden Patienten mit bestehenden Kontraindikationen zu Naproxen wie stattgehabten gastrointestinalen Blutungen, Niereninsuffizienz mit Creatinin > 1.5 mg / dl oder bereits manifester heterotoper Ossifikation in der Vorgeschichte. Zudem wurden Patienten ausgeschlossen, die 48 h vor der OP oder im Untersuchungszeitraum nach der OP NSAIDs, abgesehen von ASS, eingenommen hatten. Die Hüftarthroskopien wurden vollumfänglich von nur einem Chirurgen durchgeführt, um ein Bias in der Operationstechnik zu vermeiden. Das Studienprotokoll umfasst eine Naproxengabe von 500 mg 2x / Tag über 3 Wochen. Die Medikation wurde von einem Apothekenmitarbeiter in einem Blister mit der Aufschrift „Studienmedikation“ zusammengestellt, sodass die Doppelverblindung bei Arzt und Patient gewährleistet war. Die Patienten wurden laut Protokoll im Abstand von 4 Wochen, 3 Monaten, 6 Monaten und 1 Jahr einbestellt. Es wurde die Einnahme der Medikation überprüft und eine Röntgen-Diagnostik der Hüfte in a. p. und seitlicher Aufnahme zur Beurteilung der Entstehung heterotoper Ossifikationen angefertigt und von 2 Chirurgen bewertet. Im Zweifelsfall wurde eine Bewertung durch einen Radiologen vorgenommen. Als primärer Endpunkt wurde die Entstehung heterotoper Ossifikationsareale definiert.


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Ergebnisse

In der Naproxengruppe fand sich bei 2 von 32 Patienten (4 %) eine heterotope Ossifikation und in der Placebogruppe bei 12 von 34 (46 %) Patienten (p = 0,006). Alle Patienten zeigten die Ossifikationen vornehmlich in den radiologischen Untersuchungen 3 Monate postoperativ. 2 Patienten der Placebo-Gruppe wurden einer operativen Revision der heterotopen Ossifikation mit Resektion des Areals unterzogen. Aufgrund von Nebenwirkungen brachen 4 Patienten in der Placebo- und 5 Patienten in der Naproxen-Gruppe die Einnahme der Medikation ab. Als Nebenwirkungen wurden gastrointestinale Beschwerden, Hautausschlag, Kopfschmerzen und kardiale Symptome beschrieben. Jeweils 2 Patienten pro Gruppe haben zur Schmerzbekämpfung im Verlauf zu frei verkäuflichen NSAIDs gewechselt.

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Strukturformel von Naproxen. (Bild: Thieme Römpp Online: https://roempp.thieme.de)

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Kommentar

Welche Medikation und Dosierung zur Prävention heterotoper Ossifikationen die wirksamste ist, wurde bisher noch nicht in der Literatur dargestellt. Die vorgestellte, gut angelegte Doppelblind-Studie von Beckmann et al. zur Wirksamkeit bei Hüftarthroskopien zeigt, dass Naproxen bei einer Einnahme von 2 x 500 mg über 3 Wochen postoperativ als Präventionsmedikation die Bildung heterotoper Ossifikationsherde signifikant reduziert. Eine ausdrückliche Empfehlung zur Anwendung einer Ossifikationsprophylaxe bei Eingriffen wie Arthroskopien gibt es bisher nicht. Die Anwendungsdauer über 3 Wochen ist analog zu Empfehlungen bei offenen Eingriffen am Hüftgelenk, die Dosierung von 2 x 500 mg / Tag erscheint aber mäßig und aus Patientensicht gut tolerabel.


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Strukturformel von Naproxen. (Bild: Thieme Römpp Online: https://roempp.thieme.de)