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DOI: 10.1055/s-0036-1583213
Orthopädie und Unfallchirurgie in den USA – Ein Forschungsaufenthalt im Rahmen der Weiterbildung
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
13. April 2016 (online)
Mit einer deutschen Approbation stehen jungen Medizinern heute nahezu alle Möglichkeiten offen. Die Nachfrage nach qualifizierten und engagierten jungen Ärztinnen und Ärzten in der Weiterbildung zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ist ungebrochen hoch. Damit liegen beste Voraussetzungen für klinische und wissenschaftliche Erfahrungen auf nationaler und internationaler Ebene vor.


Gerade im Ausland werden die deutsche Arbeitsmentalität und der hohe Anspruch an wissenschaftliche Arbeit sehr geschätzt. Im Gegenzug werden häufig erstklassige Möglichkeiten angeboten, um im Fachbereich Kontakte zu knüpfen und wissenschaftliche Projekte durchzuführen. Erfreulicherweise kann ein solches Vorhaben durch die Anstellung an einer Universitätsklinik gefördert werden und bietet so Vorteile für Klinikleiter und Forscher. Nach §28 TV-Ärzte kann ein Sonderurlaub ohne Bezüge zum Zwecke eines Forschungsvorhabens genehmigt werden. Da diese Beurlaubung im dienstlichen Interesse der Universität liegt, wird der Zeitraum in aller Regel auf die Beschäftigungszeit (§34 Abs. 3 TV-Ärzte) angerechnet. Dies erleichtert die Rückkehr in ein gewohntes Arbeitsklima und den Wiedereinstieg in das klinische Leben zu Hause. Hierbei profitiert nicht nur der junge Mediziner, denn auch die Klinik kann aus dem neu gewonnen wissenschaftlichen Erfahrungsschatz einen Nutzen ziehen. Neue Erkenntnisse und eine andere Sicht der Dinge, sowie erlernte wissenschaftliche Methoden und Techniken können nun in der Heimat eingesetzt werden. Dies kann zum weiteren Erfolg unseres Fachs und unserer Patientenversorgung in Deutschland beitragen.
Eine Chance hierzu ist ein wissenschaftlicher Erfahrungsaustausch in den USA. Anders als für eine klinische Beschäftigung, ist für eine rein wissenschaftliche Tätigkeit kein amerikanisches Examen (USMLE, United States Medical Licensing Examination) oder ECFMG-Zertifikat (Educational Commission for Foreign Medical Graduates) nötig [ 1 ]. Dies erleichtert den Zugang zu anerkannten und renommierten wissenschaftlichen Einrichtungen.
Im Gegensatz zu Deutschland findet in den USA die Weiterbildung in der Orthopädie und Unfallchirurgie nur an großen Zentren statt. Ein äußerst strukturiertes Ausbildungsprogramm ermöglicht Ärztinnen und Ärzten in der Weiterbildung gezielt an Forschungsprojekten teilzunehmen. Forschung ist an vielen Standorten in den USA ein fester Bestandteil des Weiterbildungscurriculums und wird teilweise sogar staatlich gefördert. Wöchentliche und monatliche Veranstaltungen fordern und fördern den wissenschaftlichen Nachwuchs. Neue konzeptionelle Veranstaltungen beschäftigen die Ärztinnen und Ärzte mit der Forschung, um sich durch konstruktive Kritik mit den aktuellen orthopädischen und unfallchirurgischen Themen auseinanderzusetzen. Nicht nur international bekannte und renommierte Universitäten wie Yale und Harvard, sondern auch unbekanntere und kleinere Einrichtungen wie Dartmouth-Hitchcock (NH), die Drexel University – College of Medicine (PE) oder die UConn (University of Connecticut) bieten hochrangige wissenschaftliche Programme an (einen Überblick bietet der Internetauftritt von Orthogate, www.orthogate.org). Das Beispiel UConn zeigt dies durch die 3 Standpfeiler der Weiterbildung:
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„Clinical Experience “
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„Didactic Experience“
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„Research Experience“
Gefördert werden diese Pfeiler durch die Bereitstellung internetbasierter Lernprogramme für die klinische und wissenschaftliche Ausbildung. Hierbei werden zum Beispiel aktuell veröffentlichte Forschungsberichte unter die Lupe genommen und die jungen Kollegen in der Beurteilung von wissenschaftlichen Aussagen geschult. Jeder Weiterbildungsassistent erhält mindestens 3 Monate geschützte Forschungszeit während seiner Facharztweiterbildung. Zusätzlich bietet die UConn ein detailliertes Rotationsprogramm im Bereich Wissenschaft, bei dem jährlich einer der „Residents“ für 12 Monate freigestellt wird.
Als deutscher Weiterbildungsassistent kann man von dieser Forschungskultur profitieren, da viele Forschungseinrichtungen an die universitäre Ausbildung angegliedert sind und eine Fülle an wissenschaftlichen Techniken und Methoden zur Verfügung stellen. Die meisten Laboreinrichtungen in der muskuloskeletalen Forschung (Biomechanik und Tissue Engineering) unterstehen dem „Chairman of Orthopaedic Surgery“ und erleichtern so den Zugang während der Weiterbildung. Zudem wird an vielen Standorten ein Forschungsmentor zugewiesen, der das wissenschaftliche Projekt unterstützt und hilft Rückschläge und Fehler zu vermeiden.
Eine Möglichkeit, um sich genügend Freiraum und Finanzierung für eine wissenschaftliche Tätigkeit zu schaffen, besteht in der Beantragung eines (Forschungs-) Stipendiums. Hierbei ist es ein besonderes Anliegen der Fachgesellschaften den internationalen Forschungsaustausch zu fördern (‣ Tab. [ 1 ]).


Die Anforderungen an den Stipendiaten sind jeweils von der Förderungsagentur vorgegeben und meistens gut erfüllbar. Denn die Förderorganisationen wollen bewusst Nachwuchswissenschaftler fördern, die z. B. noch nicht über ein ausgewiesenes Publikationsverzeichnis verfügen. Für die Antragstellung ist es empfehlenswert bereits im Voraus Kontakt zum gastgebenden Labor und dem „principal investigator“ herzustellen, um sinnvolle und realistische Projektideen zu entwickeln. Insbesondere sollte bei der Auswahl der Gastinstitution auf eine hohe wissenschaftliche Reputation im jeweiligen Forschungsbereich, verfügbare Finanzmittel sowie eine entsprechende technische Ausstattung für die Durchführung des Forschungsvorhabens geachtet werden. Dies ist vor dem Hintergrund nötig, dass die meisten Forschungsförderungen für den Lebensunterhalt des Stipendiaten (je nach Förderorganisation auch für Familienmitglieder) aufkommen, jedoch nicht für projektbezogene Kosten (Equipment, Verbrauchsmittel, etc.).
Für den Bereich Orthopädie und Unfallchirurgie sind einerseits Fördermöglichkeiten über die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und die Alexander v. Humboldt-Stiftung möglich. Andererseits können aber auch Stipendien der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), der Gesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie (AGA) und anderer Fachgesellschaften beantragt werden (‣ Tab. [ 2 ]). 2015 wurde beispielsweise erstmals das Stipendium „Qualität und Sicherheit in der Endoprothetik“ von der DGOU ausgeschrieben. Es fördert mit 10 000 Euro einen mehrwöchigen Aufenthalt an einer Institution im In- oder Ausland und ermöglicht es dem Stipendiaten, neue wissenschaftliche Verfahrensweisen zu erlernen und diese in die Heimatinstitution zu transferieren. Daneben existieren von den einzelnen Sektionen der DGOU auch spezifische USA-Stipendien. Von der AGA wird das einjährige „AGA-AIRCAST-Pittsburgh-Research-Fellowship“ angeboten. Es sieht eine Einbindung in bereits laufende Forschungsprojekte vor und bietet außerdem Unterstützung beim Planen und Durchführen von eigenen Forschungsvorhaben. Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) und die Deutsche Arthrose Hilfe e. V. ermöglichen mit dem Heinrich-Hess-USA-Stipendium eine Hospitation bei international führenden amerikanischen Wissenschaftlern mit dem Schwerpunkt der Arthroseforschung. Für kürzere Aufenthalte stehen zudem zahlreiche Reisestipendien der DGOU, DGU und DGOOC zur Verfügung. Das Förderungsangebot der Fachgesellschaften und ihrer einzelnen Sektionen ist vielfältig, wobei die Inhalte von Jahr zu Jahr dem aktuellen Forschungsbedarf angepasst werden. Bei der Suche nach dem geeigneten Stipendium ist es hilfreich, sich der unterschiedlichen Möglichkeiten mit themen- und länderspezifischer und auch unspezifischer Förderung bewusst zu sein.


In Nordamerika ist vor allem das „German International Network“ (GAIN; www.gain-network.org) tätig. Es gibt einen Überblick über Fördermöglichkeiten aller großen Forschungs- und Förderorganisationen für die transatlantische Kooperation und Rückkehr.
Ein Forschungsaufenthalt ist nicht nur auf Grund objektiver Faktoren erstrebenswert sondern insbesondere nach Sicht der Autoren auch zur Bildung der Persönlichkeit als eigenständiger Wissenschaftler und akademisch tätiger Arzt.
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Literatur
- 1 Loibl M, Hanke A, Munzberg M et al. Karriere – Orthopädie und Unfallchirurgie in den USA – Chance zur Spezialisierung. Z Orthop Unfall 2015; 153: 239-240
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Literatur
- 1 Loibl M, Hanke A, Munzberg M et al. Karriere – Orthopädie und Unfallchirurgie in den USA – Chance zur Spezialisierung. Z Orthop Unfall 2015; 153: 239-240





