Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11(03): 208
DOI: 10.1055/s-0036-1580247
Leserbrief und Erwiderung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Erwiderung – Erwiderung der Autoren auf den Leserbrief

Autoren

  • Michael A. Nauck

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Juli 2016 (online)

Wir bedanken uns für das Interesse an unserer Publikation, das Herr Dr. Rolf Renner mit seinem Leserbrief zum Ausdruck bringt.

Zu 1. Herr Dr. Renner diskutiert den Wert eines Fastentages zur Überprüfung der Stimmigkeit der Basalrate bei Insulinpumpentherapie. Die Tatsache, dass längeres Fasten zu einem Anstieg der freien Fettsäuren führen kann, ist bekannt. Es ist aber gerade die Aufgabe der Basalrate, genügend Insulin zur Verfügung zu stellen (und zwar allein im Hinblick auf den Nüchternzustand, alles andere wird durch Mahlzeit-bezogene Insulingaben abgedeckt), die hepatische Glukoseproduktion und die Lipolyse zu zügeln. Leider haben wir keine freien Fettsäuren gemessen, das wäre durchaus eine interessante Frage für ein zukünftiges Projekt. Allerdings können wir in unseren Basalraten keinen Trend zu stetig höherem Insulinbedarf mit zunehmender Dauer des Fastenzustandes erkennen, wie er von Herrn Dr. Renner aus biochemischen Überlegungen vorhergesagt wird.

Ansonsten beschreibt Herr Dr. Renner die Interaktion von Mahlzeiten, so z. B. die möglichen Konsequenzen des Weglassens eines Frühstücks. Das hat aus unserer Sicht nichts mit der Basalrate zu tun, da es den Mahlzeit-induzierten Insulinbedarf betrifft. Natürlich kennen wir auch die Möglichkeit von Teilfastentagen, bezweifeln aber, dass innerhalb einer Zeitspanne von ca. 6 Stunden wirklich ein Nüchternzustand im Sinne eines Steady-State erreicht werden kann, der allein durch die Basalrate bestimmt wird. Das sieht man z. B. in den Abend- und Nachtstunden bei den Tages- und Nachtprofilen auf normalem Mahlzeit-Rhythmus, wo nach dem Abendessen längere Zeit deutlich höhere Blutzuckerwerte gemessen werden als am Fastentag.

Zu 2. Der Einschluss von Patienten in höherem Lebensalter entspricht der heutigen Indikationsstellung für eine Insulinpumpen-Behandlung und kann zu den Veränderungen führen, die Herr Dr. Renner als Konsequenz beschreibt. Darüber wird es in Kürze eine weitere Publikation aus unserer Kohorte geben.

Zu 3. Die Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sind eine sehr kleine Subgruppe unserer Kohorte, die die abgebildeten Mittelwerte kaum beeinflussen sollten.

Zu 4. Die Publikation von Wizemann wurde in unserer Arbeit zitiert und ausführlich besprochen. Natürlich wird man in der ambulanten Betreuung innerhalb von 6 Monaten nach einer stationären Therapieoptimierung kaum Anlass sehen, die Basalrate zu ändern. An dieser Stelle möchten wir ausdrücklich von der ambulanten Durchführung von Fastentagen abraten, die erstens Risiken bergen, wenn die aktuelle Basalrate nicht „stimmig“ ist (was gelegentlich in eklatantem Maße der Fall ist), und zweitens wegen der ungenauen Messungen mit Glukometern / Teststreifen längst nicht den erhofften Nutzen haben.

Zu 5. Wir können nicht nachvollziehen, dass hier von den ermittelten Basalraten her argumentiert wird, die Herrn Dr. Renner phasenweise zu hoch erscheinen (was naturgemäß zu Hypoglykämien führen würde). Es ist doch gerade der Sinn der Fastentage, anhand von Blutzuckerwerten im Zielbereich für den Nüchternzustand die „Stimmigkeit“ nachzuweisen. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass ein Blutzucker im angestrebten Bereich die richtige Wahl der Basalrate anzeigt (und eine Hypoglykämie ja geradezu auszuschließen hilft). Selbstverständlich ist ein Mittelwert, wie er in unserer Arbeit für die Basalratenprofile vorgestellt wird, nicht für jeden Patienten adäquat. Eine weitergehende Analyse unserer Daten zeigt Patientencharakteristika wie Alter, Diabetesdauer, HbA1c, Körpergewicht, und Triglyzerid-Konzentrationen als wesentliche Einflussfaktoren (Publikation in Vorbereitung). Wir können an dieser Stelle gerne bestätigen, dass eine Basalrate individuell gewählt werden muss, und dass es bedeutende Unterschiede hinsichtlich der Gesamt-Basalinsulin-Dosis, aber auch hinsichtlich der tageszeitlichen Verteilung gibt. Es ist unser Bemühen, Regeln zu erarbeiten, die es jedem Menschen unter Pumpenbehandlung ermöglichen, rasch und sicher die individuell „richtige“ Basalrate zu programmieren, die dann selbstverständlich empirisch optimiert werden sollte.