kma - Klinik Management aktuell 2016; 21(04): 18
DOI: 10.1055/s-0036-1578067
Nachrichten
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart

Keine Angst vor Bewertungsportalen!

Mein Standpunkt: Weiße Liste & Co.
Daniel Dettling
Further Information

Publication History

Publication Date:
12 April 2016 (online)

 

    In Nordrhein-Westfalen haben vor drei Jahren Kliniken gegen den Krankenhausnavigator geklagt. Das war teuer und erfolglos. Besser ist, sich mit dem Unvermeidlichen zu arrangieren und die Bewertungsportale konstruktiv zu nutzen.


    #
    Zoom Image
    Daniel Dettling leitet das Berliner Büro des privaten Zukunftsinstituts, das auch Standorte in Wien und Frankfurt a.M. hat.(Foto: privat)

    Das Internet macht auch vor den Ärzten und Krankenhäusern nicht mehr halt. Heute benutzen bereits zwei Drittel der über 16-Jährigen Online-Plattformen, um sich über Gesundheit zu informieren. Bei den unter 45-Jährigen hat das Internet als Informationsquelle mittlerweile einen größeren Stellenwert als Gespräche mit dem Arzt. Das sind Ergebnisse einer aktuellen Gesundheitsstudie des Zukunftsinstituts im Auftrag von Philips. Verlieren die Ärzte als die traditionellen Gesundheitsexperten im Zeitalter der Digitalisierung ihre exklusive Deutungshoheit?

    BGH: Verleumdungen sind unzulässig
    Wer bei sich bei Google auf die Suche nach einem Arzt macht, landet rasch auf einem der zahlreichen Bewertungsportale. Immer mehr Patienten machen ihre Arztentscheidung von einer Online-Bewertung abhängig. Die Bewertung erfolgt dabei oft anonym, was nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zulässig ist. Unzulässig sind lediglich falsche oder verleumderische Bewertungen, wie der Bundesgerichtshof erst vor wenigen Wochen in einem Grundsatzurteil bestätigt hat. Konkret ging es um das Bewertungsportal „Jameda”, das sich „Deutschlands größte Ärzteempfehlung” nennt. Alle 280.000 niedergelassenen Ärzte sind dort aufgelistet sowie knapp eine halbe Million Heilberufler. Kommerzielle Portale wie Jameda stehen in der Kritik, weil Mitgliedschaften für Ärzte kostenpflichtig sind und ihnen damit den Kauf ihrer Reputationspflege suggerieren.

    Focus plant Arztsuche-Portal
    Wie lässt sich eine faire und methodisch saubere Bewertung von Ärzten und Kliniken erreichen? Die grundsätzliche Problematik vieler Bewertungsportale ist, dass sie lediglich Meinungsäußerungen ausschließlich von Patienten sammeln. Eine faire und aussagekräftige Arzt-Auskunft sollte jede Bewertung durch Fachleute prüfen und den betroffenen Arzt vorab (!) über jede Bewertung informieren, um ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben. Die Bewertung durch die Patienten sollte zudem durch die fachliche Perspektive von Ärzten, der Peer-Group, ergänzt werden.

    So hat die Stiftung Gesundheit in Zusammenarbeit mit dem Institut für Public Health der Universität Heidelberg eine Methode entwickelt, um die medizinisch-fachliche Reputation der Ärzte zu ermitteln. Dabei bewerten Kollegen die medizinische Kompetenz eines Arztes. Das Ergebnis wird anschließend als Gegenstück zur Patienten-Bewertung im Arztprofil des jeweiligen Arztes angegeben. Das Magazin Focus startet demnächst ein Portal plus App mit einer Arztsuche. Zusätzlich zu den bekannten Focus-Ärztelisten und in Kooperation mit der Stiftung Gesundheit ermittelt das Focus-Team in ganz Deutschland die jeweiligen regionalen Top-Mediziner.

    Der Patient als Partner auf Augenhöhe
    Die Online-Kommunikation zwischen Ärzten, Kliniken und Patienten will nun auch das Bundesgesundheitsministerium verbessern. Ärzte und Kliniken, die in der Bevölkerung ein hohes Ansehen genießen und über einen großen Vertrauensvorschuss verfügen, sollten die Chancen der neuen Medien nutzen und in der Bewertung durch Patienten keine Bedrohung sehen. Der neue Dreiklang setzt auf Kommunikation, Transparenz und Fachkompetenz. Ein guter Arzt sieht in seinen Patienten einen Partner auf Augenhöhe und nicht einen Kunden, der nur seiner Entscheidung folgt. Aus Halbgöttern werden Partner in Weiß.


    #
    Zoom Image
    Daniel Dettling leitet das Berliner Büro des privaten Zukunftsinstituts, das auch Standorte in Wien und Frankfurt a.M. hat.(Foto: privat)