kma - Klinik Management aktuell 2016; 21(01): 8
DOI: 10.1055/s-0036-1577960
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Schlechte Zeiten für einsame Wölfe

Honorarärzte
Martina Merten
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Publication Date:
04 March 2016 (online)

 

    Unabhängig und gut bezahlt – Honorararzt-Tätigkeit ist bis vor drei, vier Jahren eine Alternative für Mediziner mit ausgeprägtem Freiheitsdrang gewesen. Doch die Nachfrage der Krankenhäuser lässt nach. Und das nicht nur wegen der Debatte um das Thema Scheinselbstständigkeit.


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    Anästhesist Michael Weber gehört zu den Pionieren der Honorararzt-Agenturen: 2005 gründete er in Berlin „Hire a Doctor“ vom heimischen Schreibtisch aus. Wenige Jahre später hatte er ein professionelles Büro mit gut einem Dutzend Mitarbeitern; heute sind es rund 20, das Unternehmen ist inzwischen in der Schweiz aktiv, vermittelt außerdem Rettungskräfte und Krankenschwestern, bietet Leiharbeit an und hilft bei der Suche nach festem Personal. Und das ursprüngliche Geschäft? Die Vermittlung von Interimspersonal an Kliniken, Reha-Kliniken, Praxen oder Medizinische Versorgungszentren sei nach wie vor gefragt, sagt Geschäftsführer Weber. Zwei Drittel aller Krankenhäuser zählten zu den Kunden seiner Agentur – „auch wenn die meisten nicht gerne darüber reden“, meint er. Ein Blick auf die Arbeitstage der über die Agentur vermittelten Honorarärzte zeigt aber einen Rückgang: 2011 waren die Honorarärzte, die Hire a Doctor vermittelte, insgesamt 50.000 Arbeitstage im Einsatz. Im Jahr 2015 waren es bis Anfang November 40.000 Arbeitstage, das ist ein Rückgang von circa fünf Prozent.

    Das Deutschen Krankenhaus-Institut (DKI) stellt außerdem fest, dass der Anteil der Kliniken, die Honorarärzte einsetzen, zurückgegangen ist: 2010 haben 71 Prozent von ihnen Honorarärzte beschäftigt, 2012 waren es nur noch 66 Prozent. Allerdings sind Zahlen im Honorararzt-Geschäft eine relativ undurchsichtige Angelegenheit: Die Anzahl an Ärzten, die ausschließlich auf Honorarbasis arbeiten, wird in Deutschland nicht erfasst. Es gibt keine valide Statistik oder offizielles Zahlenmaterial – etwa von den Landesärztekammern. Die Angaben der Agenturen und des Bundesverbands der Honorarärzte schwanken zwischen 1.500 und 6.000 Ärzten. Ob sie haupt- oder nebenberuflich als Honorararzt tätig sind, wird nicht gesagt.

    Für den Geschäftsführer der Personalvermittlung Stegmed, Peter Kilian, sind die Boom-Jahre für Honorarärzte vorbei. Die Vakanzen in Krankenhäusern hätten sich massiv verringert. Ein Grund: die EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit, die zu einer Zunahme ausländischer Ärzte in Deutschland geführt habe. Diese Ärzte besetzten hierzulande vor allem Assistenzarzt-Positionen und würden allmählich zu Fachärzten heranreifen. So gebe es immer weniger Stellen für Honorarärzte. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht dies ähnlich. Der Bedarf, Lücken in Krankenhäusern mit Honorarärzten zu füllen, sei nicht mehr so groß, heißt es von DKG-Sprecher Joachim Odenbach. Grundsätzlich versuchen Krankenhäuser, das Engagieren von Honorarärzten auf Situationen zu beschränken, in denen versorgungspolitischen Erwägungen eine Rolle spielen.

    Nicht zuletzt spielt hier auch die gesellschaftpolitische Debatte um das Thema Scheinselbständigkeit mit hinein. Kliniken hätten wegen der intensivierten Kontrollen der Rentenversicherung Angst, Nachzahlungen – also Sozialabgaben und Lohnsteuer – zahlen zu müssen. Deshalb bietet jetzt auch Webers Agentur verstärkt neue Modelle an: Kurzzeitanstellung und Arbeitnehmerüberlassung.


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