Klin Padiatr 2015; 227(06/07): 305-306
DOI: 10.1055/s-0035-1565188
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Die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie trauert um Günther Schellong

The Society for Paediatric Oncology and Haematology mourns the loss of Günther Schelling
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24 November 2015 (online)

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Prof. Dr. med. Günther Schellong

Prof. Dr. med. Günther Schellong ist am 10. Oktober 2015 im Alter von 89 Jahren verstorben. Damit verliert die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) ihr langjähriges Mitglied und Ehrenmitglied und ehemaligen Vorsitzenden. Günther Schellong hat das hohe Ansehen der deutschen pädiatrischen Onkologie im In- und Ausland durch seine wissenschaftlichen Leistungen, insbesondere zur Behandlung und Spätfolgenforschung beim Hodgkin Lymphom, entscheidend geprägt.

Günther Schellong wurde am 15. Januar 1926 in Kiel geboren und wuchs in Kiel, Heidelberg, Prag und Münster auf. Er studierte in Münster und Freiburg und arbeitete nach seiner Approbation 1951 zunächst in der Medizinischen Universitätsklinik Göttingen bei R. Schön auf dem Gebiet des Glucuronsäurestoffwechsels und anschließend am Pathologischen Institut in Freiburg bei F. Büchner. Er promovierte 1952 mit einer Arbeit zu „röntgenologisch nachweisbaren Knochenveränderungen bei Endangitis obliterans“ in Münster. Nach einer Ausbildung am Institut für Blutgruppenforschung in Bensberg/Köln unter P. Dahr lag sein wissenschaftlicher Schwerpunkt auf dem Gebiet der Immunhämatologie und des Neugeborenen-Ikterus. Mit diesem Thema habilitierte er 1961. Günther Schellong war an der Erprobung und Einführung der postpartalen Anti-D-Prophylaxe beteiligt, die zu einer erheblichen Abnahme des Morbus hemolyticus neonatorum geführt hat. Anfang der 70er Jahre wandte er sich mit Engagement und großer wissenschaftlicher Produktivität dem damals noch jungen Gebiet der Pädiatrischen Onkologie zu.

Seit 1954 war er zunächst als wissenschaftlicher Assistent und später als Oberarzt (1963) an der Universitätskinderklinik Münster unter der Leitung von H. Mai tätig. Im Jahr 1973 wurde Günther Schellong als ordentlicher Professor und Leiter der Abteilung für Hämatologie und Immunologie der Kinderklinik Münster berufen, deren Direktor er 1976 wurde. In dieser Position war er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1991 tätig. Anfang der siebziger Jahre war er Dekan des Fachbereichs Klinische Medizin der Universität Münster.

Günther Schellong war eines der 3 Gründungsmitglieder der weltweit standardsetzenden Berlin-Frankfurt-Münster (BFM)-Studiengruppe in der pädiatrischen Onkologie und Hämatologie. Selbst übernahm Günther Schellong in diesem Studiennetzwerk die Leitung für die Studien der Akuten Myeloischen Leukämie (1978–1991) und des Hodgkin Lymphoms (1978–1995). Im Rahmen der 5 von ihm geleiteten Therapiestudien zu den Hodgkin Lymphomen konnte kontinuierlich das Risiko für Langzeitnebenwirkungen nach Strahlentherapie, aber auch nach Chemotherapie, verringert werden.

Für seine Arbeit wurde ihm 1989 zusammen mit seinen Mitarbeitern Ursula Creutzig und Jörg Ritter der Kind-Philipp-Wissenschaftspreis für Leukämieforschung überreicht.

Von 1980–1985 war Günther Schellong 1. Vorsitzender der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie (GPO). In dieser Zeit wurde die Zahl der Therapieoptimierungsstudien und der studienbegleitenden Arbeitsgruppen bei soliden Tumoren erheblich ausgedehnt. In seine Amtszeit fielen auch die Aktivitäten zur Neustrukturierung der Pädiatrischen Onkologie im Sozialbereich der Krankenversorgung. Günther Schellong hat die Notwendigkeit der psychosozialen Behandlung erkannt und diese als eigene Disziplin etabliert. Seine stete Kooperationsbereitschaft war ein wesentlicher Beitrag für die Gründung und die erfolgreiche Arbeit der BFM-Arbeitsgruppe.1990 wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der GPO verliehen.

Nach seiner Emeritierung 1991 widmete er sich der Analyse der Langzeitfolgen der Behandlung des Hodgkin Lymphoms. Die ehemaligen Studienpatienten wurden über ihre Risiken informiert, wie z. B. über schwere Infektionen nach Milzentfernung, über kardiale Probleme und über Brustkrebs bei Mädchen. Das erreichte Langzeit-Follow-up bei Hodgkin Lymphomen ist weltweit führend (Median 18 Jahre, Altersmedian 31 Jahre). Die Ergebnisse zum Brustkrebs-Screening sowie wichtige Publikationen zu den Zweitmalignomen und Elternschaft bei ehemaligen Hodgkin-Lymphom Patienten wurden kürzlich 2014 und 2015 publiziert [1–3]. 2007 wurde ihm der Nachsorgepreis der Deutschen Kinderkrebsnachsorge-Stiftung für das chronisch kranke Kind für seine bahnbrechenden Untersuchungen über Spätfolgen nach Hodgkin Lymphom verliehen.

Zusammen mit den internistischen Kollegen in Münster eröffnete er in den 80er Jahren den internationalen Austausch, besonders auch mit den Kollegen in Osteuropa, im Rahmen der Symposien „Acute Leukemias“. Nach seiner Emeritierung hat er den Aufbau der pädiatrischen Hämatologie-Onkologie in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion, insbesondere der Ukraine, unterstützt. Für sein dortiges Engagement für die Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher wurde er 1992 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. 2013 erhielt er den Dietrich-Niethammer-Preis für sein Lebenswerk und kürzlich im September 2015 die Ehrenmitgliedschaft der DGHO.

Alle, die ihn persönlich kannten, schätzen seine Liebe zur Musik. Unvergessen sind seine Kammermusikabende: Mit „Schellong am Cello“ kündigte sich ein musikalischer Hochgenuss an. Er war langjähriges Mitglied im Orchester der Deutschen Kinderärzte.

Günter Schellong wird vielen von uns als herausragender akademischer Lehrer und als vorbildlicher engagierter Arzt und Wissenschaftler in Erinnerung bleiben.

Im Namen unserer gesamten Fachgesellschaft gedenken wir seiner in großer Wertschätzung und Dankbarkeit. Günther Schellong hat durch sein nachhaltiges Engagement und seine beeindruckenden klinischen und wissenschaftlichen Leistungen der Deutschen Kinderonkologie neue Impulse gegeben. Sein Name wird mit den Erfolgen der Therapie der Hodgkin Lymphome und seinem engagierten Einsatz bei der Analyse der Langzeitfolgen bei den ehemaligen Hodgkin Lymphom Patienten verbunden bleiben.

Prof. Dr. Ursula Creutzig und Prof. Dr. Angelika Eggert für den Vorstand der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH)

 
  • Literatur

  • 1 Schellong G, Riepenhausen M, Ehlert K et al. German Working Group on the Long-Term Sequelae of Hodgkin’s D, German Consortium for Hereditary B. Breast cancer in young women after treatment for Hodgkin’s disease during childhood or adolescence–an observational study with up to 33-year follow-up. Deutsches Arzteblatt international 2014; 111: 3-9
  • 2 Brämswig JH, Riepenhausen M, Schellong G. Parenthood in adult female survivors treated for Hodgkin’s lymphoma during childhood and adolescence: a prospective, longitudinal study. Lancet Oncol 2015; 16: 667-675
  • 3 Dörffel W, Riepenhausen M, Luders H et al. Secondary Malignancies Following Treatment for Hodgkin’s Lymphoma in Childhood and Adolescence. Deutsches Ärzteblatt international 2015; 112: 320-327