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DOI: 10.1055/s-0035-1564975
Positive Entwicklungen in diesem Jahr – Poliomyelitis weltweit
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
22. Oktober 2015 (online)
Die Jahre 2013/2014 waren für die Bekämpfung der Poliomyelitis von zahlreichen Rückschlägen geprägt: In 7 eigentlich seit Jahren poliofreien Ländern kam es erneut zu Erkrankungen, in weiteren Regionen wurden asymptomatische Träger oder in der Umwelt zirkulierende Viren nachgewiesen und in den Endemiegebieten stiegen die Fallzahlen teilweise deutlich an. Das erklärte Ziel der WHO, die Kinderlähmung bis zum Jahr 2018 ausgerottet zu haben, schien in weite Ferne gerückt zu sein.
Keine oder weniger Fälle in allen Endemiestaaten
Umso erfreulicher ist, dass dieses Jahr bisher von positiven Entwicklungen geprägt war: So steht Nigeria kurz davor, von der Liste der Endemiestaaten gestrichen zu werden, nachdem seit dem letzten durch einen Wildvirus hervorgerufenen Krankheitsfall im Juli 2014 mehr als ein Jahr vergangenen ist. Es müssen dort lediglich noch einige Proben kontrolliert (und negativ getestet) werden.
Und auch in den beiden weiteren Endemiestaaten, Afghanistan und Pakistan, ist die diesjährige Entwicklung positiv. So wurden in Pakistan bis Ende August dieses Jahres nur 29 Poliofälle gemeldet – im Vergleichszeitraum des Vorjahrs waren es noch 117 und im Verlauf des ganzen Jahres 2014 gar 306. Afghanistan meldete dieses Jahr noch 8 Erkrankungen – genauso viele wie im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Allerdings war vergangenes Jahr der Großteil der Fälle erst im Herbst aufgetreten, sodass die Fallzahlen bis Jahresende noch auf 28 angestiegen waren. Bleibt es bei dem diesjährigen Schnitt von circa einem Krankheitsfall pro Monat, bliebe man deutlich unter den Fallzahlen des vergangenen Jahres.
Erkrankungen durch zirkulierende Impfviren
Ein Wermutstropfen bleibt allerdings: Dieses Jahr gibt es ungewöhnlich viele Erkrankungen, die durch zirkulierende, von Impfstoffen abgeleitete, virulente Polioviren (cVDPV = circulating vaccine derived poliovirus) hervorgerufen wurden. Zum einen meldete Nigeria einen solchen Fall (hier ist „nur“ ein Fall jedoch ein Fortschritt, im Vergleichszeitraum des Vorjahrs waren es noch 16). Außerdem traten jedoch auch in gleich 3 eigentlich poliofreien Staaten solche Krankheitsfälle auf – in Madagaskar 9, in der Ukraine 2 und in Mali einer.
Darüber hinaus gibt es Anzeichen dafür, dass der Poliostamm cVDPV2 bereits seit mindestens einem Jahr in dem Grenzgebiet zwischen Mali und Guinea zirkuliert. Neben der akuten Gefahr für die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten ist das Auftreten solcher zirkulierender Impfviren auch immer ein schlechtes Zeichen, denn solche Virenstämme etablieren sich nur bei einer schlechten Durchimpfungsrate. Es gilt also auch hier: Nicht nachlassen in den Bemühungen und impfen, impfen, impfen – auch in Gegenden, in denen das Poliovirus bereits als ausgerottet gilt.
Dipl. Biol. Unn Klare
Quellen: promed