Bartonicek J, Rammelt S, Kostlivy K et al.
Anatomy and classification of the posterior tibial fragment in ankle fractures.
Arch Orthop Trauma Surg 2015;
135: 505-516
In der Diagnostik und Therapie der Sprunggelenkfraktur mit Beteiligung der posterioren
Tibiakante (hinteres Volkmann-Dreieck) bestehen bis heute keine einheitlichen anatomischen
Klassifikationen und folglich auch keine eindeutigen Therapiestandards. In der Vergangenheit
wurde der Fragmentgröße wesentliche Bedeutung für die Refixation beigemessen.
Bartonicek J, Rammelt S, Kostlivy K et al. Anatomy and classification of the posterior
tibial fragment in ankle fractures. Arch Orthop Trauma Surg 2015; 135: 505–516
Einleitung
Die Arbeitsgruppe um Bartonicek et al. hat es sich zum Ziel gesetzt, die Pathoanatomie
des Tibiahinterkantenfragments auf Basis von CT-Untersuchungen zu analysieren und
daraus Schlussfolgerungen für das therapeutische Vorgehen abzuleiten.
Methodik
Es wurden insgesamt 141 konsekutive Patienten mit Sprunggelenkfrakturen des Typs Weber
B oder C und nachgewiesener Fraktur der Tibiahinterkante in die Studie eingeschlossen.
Alle Patienten erhielten eine CT-Untersuchung einschließlich transversaler, sagittaler
und frontaler Schichtenrekonstruktionen.
Ergebnisse
Die untersuchten Patienten wurden in insgesamt 5 Typen eingeteilt:
-
Typ I (8 %): extrainzisurales Fragment mit intakter fibulärer Notch (Incisura fibularis)
-
Typ II (52 %): posterolaterales Fragment mit Ausdehnung in die fibuläre Notch
-
Typ III (28 %): posteromediales 2-Part-Fragment mit Innenknöchelbeteiligung
-
Typ IV (9 %): großes posterolaterales Dreieckfragment (Beteiligung von mehr als 1/3
der Notch)
-
Typ V (3 %): irreguläre, osteoporotische Fragmente
Im Rahmen der Diskussion wurde die getroffene Einteilung der tibialen Hinterkantenfragmente
mit bereits bestehenden Klassifikationsempfehlungen [
1
], [
2
] verglichen und die Notwendigkeit der 3-dimensionalen CT-Untersuchung zur korrekten
Fragmentbeurteilung herausgearbeitet.
Schließlich wurden therapeutische Empfehlungen mit operativen Zugangswegen vorgestellt:
-
Typ I: keine operative Refixationsnotwendigkeit
-
Typ II: operative Refixation in Abhängigkeit von Fragmentgröße und bei Dislokation
von mehr als 3 mm, über posterolateralen Zugang (36 % der Typ II-Patientengruppe)
-
Typ III: ggf. operative Refixation (vgl. Typ II), dann aber über posteromedialen Zugang
(64 % der Typ III-Patientengruppe)
-
Typ IV: regelhafte operative Versorgung über posterolateralen Zugang (100 % der Typ
IV-Patientengruppe)
-
Typ V: keine Fragmentrefixation
Zusammenfassend wird festgestellt, dass weder Größe und Form des tibialen Hinterkantenfragments,
noch die Mitbeteiligung der fibulären Notch oder des Innenknöchels durch alleinige
Röntgenuntersuchung sicher diagnostiziert werden können. Hier ist eine CT-Untersuchung
erforderlich zur Indikationsstellung des operativen Ausmaßes mit Definition des sinnvollsten
operativen Zugangs und somit notwendiger Patientenlagerung.
Bartonicek et al. präsentieren eine Klassifikation von Sprunggelenkfrakturen mit Beteiligung
der Tibiahinterkante. (Bild: sentello / Fotolia.com)