Spondyloarthritiden (SpA) sind entzündlich rheumatische Erkrankungen mit einigen klinischen und genetischen Gemeinsamkeiten, Überlappungen und Übergängen. Besonders charakteristisch ist die Beteiligung des Achsenskeletts und der Sehnenansätze (Enthesien) sowie die Assoziation mit dem MHC Klasse I Antigen HLA B27. Man unterscheidet auf klinischer und z. T. radiologischer Basis: axiale SpA inkl. der Spondylitis ankylosans (AS), SpA bei Psoriasis bzw. Psoriasisarthritis, reaktive Arthritis (ReA), SpA bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und undifferenzierte SpA (uSpA). Hinsichtlich der Kombination von Schuppenflechte und Arthritis gibt es parallel auch den Ansatz, in dem sämtliche entzündlich rheumatischen Manifestationen bei Patienten mit Psoriasis als Psoriasisarthritis (PsA) zusammengefasst sind. Eine Sonderform ist das SAPHO-Syndrom (Synovitis, Akne, Pustolose, Hyperostose, Osteitis).
Das Spektrum des Krankheitsbilds der AS, in deutschsprachigen Ländern auch immer noch häufig Morbus Bechterew genannt, hat sich in den letzten Jahren erweitert [1], da der diagnostische Gebrauch der etablierten Klassifikationskriterien, die als modifizierte New York Kriterien von 1984 bekannt geworden sind [2], zum Teil für die Diagnoseverzögerung verantwortlich gemacht wurde, die im Mittel mehr als 7 Jahre betrug und die Frauen stärker als Männer betraf [3]. Die von der ‚Assessment in AS International Society‘ (ASAS)-Gruppe entwickelten Klassifikationskriterien für axiale Spondyloarthritis (axSpA) schließen sowohl die klassische AS als auch die sogenannte nicht-röntgenologische (nr)-axSpA ein [4], [5] – eine heterogene Subgruppe, die sowohl frühe als auch abortive Formen umfasst – hiermit werden die Patienten differenziert, die keine Strukturveränderungen in den Sakroiliakalgelenken (und der Wirbelsäule)* aufweisen [6]. Darüber hinaus war es schon länger bekannt, dass es zum Teil Jahre dauern kann, bis solche Veränderungen im Verlauf einer axSpA auftreten [7]. Da nicht alle Patienten mit axSpA im Verlauf der Erkrankung strukturelle Veränderungen entwickeln [8], [9], ist man vom Terminus ‚prä-radiografisch‘ in diesem Zusammenhang abgekommen. Nichtsdestoweniger sind die klinischen Symptome [10] und die Krankheitslast der Patienten mit nr-axSpA denen mit AS ähnlich (6,8), nur die mittlere Symptomdauer ist etwas kürzer und die Entzündungslast etwas geringer [11]. Das Ansprechen auf eine wirksame anti-inflammatorische Therapie mit TNF-Blockern ist aber vergleichbar [12], [13]. Entsprechend wird diese Therapie auch für beide Gruppen in gleicher Weise empfohlen [14]. Das klinische Hauptsymptom von Patienten mit axSpA ist der 1977 erstmals so definierte [15] entzündliche Rückenschmerz (ERS), von dem es inzwischen mehrere Definitionen gibt [16], die sich letztlich aber nur wenig unterscheiden [17]. In den neuen ASAS-Klassifikationskriterien ist der ERS vom chronischen Rückenschmerz, der vor dem 45. Lebensjahr beginnt, in der Bedeutung abgelöst [4], [5], da ein nicht geringer Teil der Patienten mit axSpA die Kriterien für ERS bei der Erstvorstellung nicht erfüllt [18].
Der neue Terminus axSpA schließt wie gesagt heute die klassische AS und die nr-axSpA ein. Diese Trennung ist aber nur für die Klassifikation relevant; für eine Diagnosestellung ist dies nicht erforderlich [19]. Bei den 2009 publizierten ASAS-Klassifikationskriterien für axSpA spielt neben dem chronischen Rückenschmerz und dem Nachweis von HLA B27 das mit Magnetresonanztomografie (MRT) nachgewiesene Knochenmarködem der Sakroiliakalgelenke eine wichtige Rolle [4], [5]. Die Kriterien sind bedingt auch für die Diagnosestellung geeignet. Als wichtigster Vorteil gilt, dass damit auch frühe Formen von axSpA bezeichnet werden können.
Die 90er Jahre standen unter dem Eindruck der Erfolge von Biologikatherapien bei Patienten mit verschiedenen entzündlichen und malignen Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, M. Crohn, Psoriasis [20], [21], [22] und M. Hodgkin (Rituximab). Nachdem es uns in Berlin gelungen war, TNFα mRNA bei AS-Patienten in entzündeten Sakroiliakalgelenken nachzuweisen [23] und den Kollegen in Gent aufgefallen war, dass sich bei einigen Patienten mit M. Crohn unter anti-TNF-Therapie nicht nur der Darm, sondern auch die Gelenkentzündungen verbesserten [24], waren die Grundlagen gelegt, TNF-Blocker auch bei Patienten mit axSpA und anderen Formen von SpA einzusetzen. Den ersten Bericht über die erfolgreiche anti-TNF-Therapie von 10 AS-Patienten mit Infliximab gab es in Boston beim ACR 1999 in der AS study group [25]. Die Daten wurden dann im folgenden Jahr hochrangig publiziert. Daraufhin wurde eine Investigator-initiierte randomisierte doppelblinde Multicenter-Studie in vielen deutschen Zentren durchgeführt [26], die später die Grundlage für die europäische Zulassung von Infliximab für Patienten mit aktiver AS im Jahre 2003 darstellte.
Inzwischen gibt es diesbezüglich eine sehr breite Datenlage [27], [28], [29], [30], [31], [32], [33] für insgesamt 5 TNF-Blocker: Infliximab, Etanercept, Adalimumab, Golimumab, Certolizumab. Für alle 5 gibt es eine Zulassung für aktive AS, für die letzten 4 auch eine für nr-axSpA – wenn ein objektiver Entzündungsnachweis entweder durch ein erhöhtes CRP oder eine positive MRT nachgewiesen wird. Die publizierten Behandlungsdauern liegen zwischen 6 Wochen und 10 Jahren. Neben der Verbesserung der Krankheitsaktivität (gemessen mit BASDAI und ASDAS) lassen sich positive Einflüsse auf Funktion (BASFI) und Mobilität (BASMI), Müdigkeit, Lebensqualität und Produktivität nachweisen. Darüber hinaus werden initial erhöhte CRP-Werte durch die anti-TNF-Therapie normalisiert. Die mit speziellen für MRT-Wirbelsäulenuntersuchungen entwickelten Scoringmethoden (z. B. ASspiMRI-a) quantifizierbare Entzündung im Achsenskelett [34] wird durch diese Behandlung ebenfalls erheblich reduziert. Trotz dieser erheblichen Entzündungshemmung scheint die Knochenneubildung und damit die Röntgenprogression durch die anti-TNF-Therapie aber nicht wesentlich beeinflusst zu werden [35]. Es gibt allerdings keine prospektiven direkt vergleichenden Studien dazu. Im Gegensatz dazu scheinen nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR), vor allem die Coxibe, Syndesmophytenformation und Ankylosierung verlangsamen zu können. Hierbei spielen die Dosierung und die Art der Verabreichung (kontinuierlich oder bei Bedarf) offenbar eine wichtige Rolle.
Das Ausmaß des Ansprechens auf eine anti-TNF-Therapie lässt sich zum Teil vorhersagen [36]. Die wesentlichen Prädiktoren sind neben dem CRP und dem Ausmaß der Wirbelsäulenentzündung auch höheres Alter, männliches Geschlecht, längere Krankheitsdauer und eine bereits bestehende Ankylosierung. Grundsätzlich haben auch bereits bestehende Syndesmophyten und Rauchen Einfluss auf die Knochenneubildung. Von den untersuchten Biomarkern haben vor allem MMP-3, Sclerostin, Dickkopf-1 und VEGF Vorhersagekraft für zukünftige Knochenneubildung.
Nachdem zuerst und in den ersten Jahren des neuen Milleniums vor allem Patienten mit AS mit anti-TNF-Präparaten behandelt wurden, standen in den letzten Jahren auch Studien mit nr-axSpA-Patienten im Vordergrund. Diese Patientengruppe zeichnet sich gegenüber den Patienten mit AS neben einer kürzeren Krankheitsdauer durch einen höheren Anteil an Frauen, etwas niedrigere CRP-Werte, etwas weniger Wirbelsäulenentzündung und wenig Röntgenveränderungen aus. Gefühlte Entzündungsaktivität und Schmerz unterscheidet Patienten mit nr-axSpA gegenüber solchen mit etablierter AS aber kaum. In der ersten direkt vergleichenden Studie sprachen die Patienten mit AS und nr-axSpA dann auch ähnlich gut auf eine anti-TNF-Therapie an [13].
Inzwischen gibt es auch bereits mehrere Updates von international verbreiteten und etablierten Empfehlungen für das Management und speziell die anti-TNF-Therapie von Patienten mit AS bzw. axSpA [37], [38] und auch PSA [39].
Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine anderen Biologika für die Behandlung der Patienten mit aktiver AS zugelassen. Im letzten Jahr erhielt Adalimumab eine Zulassung auch für Patienten mit nr-axSpA – allerdings nur bei erhöhtem CRP. Studien mit den anderen TNF-Blockern laufen noch. In die Studie mit dem noch nicht hierfür zugelassenen Certolizumab wurden von vorn herein beide axSpA-Subgruppen eingeschlossen. Hierbei zeigte sich erneut, dass sich die Ansprechraten in den beiden Gruppen nicht wesentlich unterscheiden. Die Erkenntnis, dass bei der Indikationsstellung für eine anti-TNF-Therapie der Entzündungsnachweis mit CRP und/oder MRT die größte Bedeutung hat, verfestigt sich zunehmend. In diesem Zusammenhang ist auch schon auf den im Vergleich zum ASDAS begrenzten Wert des BASDAI hingewiesen worden [40].
In den letzten Jahren hat es kleine, meist offene Studien, aber auch kontrollierte Trials zu anderen Biologika gegeben. Unter anderem wurden IL-1R-Antagonisten (Anakinra), T-Zellkostimulationsblocker (Abatacept), anti-B-Zell-Medikamente (Rituximab) und IL-6R-Antagonisten (Tocilizumab, Sarilumab) eingesetzt. Im großen Ganzen konnte in diesen Studien keine Wirksamkeit dieser Präparate nachgewiesen werden. Einige anti-TNF-naive Patienten schienen aber von einer B-Zell-depletierenden Therapie, auch bei erneuter Exposition, zu profitieren.
In einer offenen Pilotstudie mit AS-Patienten, die mit Ustekinumab (anti-IL12/-IL23-Antikörper) behandelt wurden [41], und der ersten Placebo-kontrollierten Studie mit Secukinumab (anti-IL17a-Antikörper, [42]), wurden jeweils positive Ergebnisse veröffentlicht. Die zur Zeit noch nicht beendeten Placebo-kontrollierten randomisierten Multicenterstudien legen ebenfalls eine gute Wirksamkeit dieses Therapieprinzips nahe.