Diabetes kennt kein Alter – das Spektrum der Patienten reicht vom Kleinkind bis zum
Senior. Der Arzt ist immer wieder neu gefordert, den unterschiedlichen Therapieansprüchen
der Altersgruppen gerecht zu werden. Immer häufiger erkranken auch Kinder und Jugendliche
an Diabetes. Weltweit haben schätzungsweise 497 100 Kinder Typ-1-Diabetes [
1
]. In der Gruppe der unter 15-Jährigen steigt die Zahl jährlich um etwa 3 %, sodass
nach Schätzungen jedes Jahr 79 100 Kinder Typ-1-Diabetes entwickeln [
1
].
Diabetes äußert sich bei jungen Menschen durch charakteristische Symptome wie erhöhte
Urinausscheidung, gesteigertes Durstempfinden und vermehrte Flüssigkeitsaufnahme.
Nachts kann es zu häufigem Wasserlassen oder Einnässen kommen. Ein weiteres mögliches
Anzeichen ist Gewichtsverlust, der von gesteigerter Nahrungsaufnahme und verschwommenem
Sehen begleitet sein kann [
2
]. Die Symptome können bis zum ketoazidotischen oder seltener zum hyperosmolaren Koma
führen und unbehandelt lebensbedrohlich sein [
2
]. Das Erreichen einer guten Blutzuckereinstellung ist bei Kindern und Jugendlichen
angesichts vielschichtiger Faktoren der Lebensweise und physiologischer entwicklungsbedingter
Veränderungen auf dem Weg ins Erwachsenenalter eine Herausforderung. So können kleine
Kinder noch nicht über Hypo- oder Hyperglykämien berichten und brauchen Hilfe beim
Erkennen der Symptome. Jugendliche verschieben häufig die Injektion, wenn der Zeitpunkt
nicht in ihren Tagesablauf passt [
3
].
Ziele der Diabetestherapie bei Kindern sind die Vermeidung akuter Stoffwechselentgleisungen,
wie z. B. schwere Hypoglykämien und Ketoazidosen bzw. diabetisches Koma, die Prävention
von Folgeerkrankungen des Diabetes sowie eine normale körperliche Entwicklung und
altersentsprechende Leistungsfähigkeit [
4
].
Gefahr diabetische Ketoazidose
Entgleist der Blutzucker, besteht das Risiko einer Hyperglykämie mit Ketose, die unbehandelt
zu einer diabetischen Ketoazidose führen kann. Laut einer Studie aus den USA kann
das Risiko für eine diabetische Ketoazidose bei Kindern mit nachgewiesenem Typ-1-Diabetes
bei 1–10 % pro Patient pro Jahr liegen [
5
]. Die diabetische Ketoazidose ist die wesentliche Ursache für Morbidität und Mortalität
von Kindern mit Typ-1-Diabetes bei Manifestation und im weiteren Krankheitsverlauf
[
4
]. Nach der Diagnose des Typ-1-Diabetes sollte umgehend eine Insulintherapie eingeleitet
werden, da sich der kindliche Stoffwechsel rapide verschlechtern kann [
4
].
Zulassungserweiterung: Junge Patienten im Fokus
Das Basalinsulin Insulin degludec (Tresiba®) ist auch zur Behandlung des Diabetes mellitus bei Jugendlichen und Kindern ab dem
Alter von 1 Jahr zugelassen worden. „Die Zulassungserweiterung von Insulin degludec
ist eine gute Nachricht für junge Patienten, ihre Angehörigen und Behandler“, kommentierte
Prof. Dr. Thomas Danne, Hannover. So zeigten die Daten der randomisierten klinischen
Studie BEGIN® YOUNG 1 bei Kindern und Jugendlichen (1–17 Jahre) mit Typ-1-Diabetes, dass die 1
x tägliche Gabe von Insulin degludec in Kombination mit Insulin aspart die langfristige
glykämische Einstellung (HbA1c) ebenso effektiv verbessern kann wie Insulin detemir (1 oder 2 x täglich) in Kombination
mit Insulin aspart [
6
]. Die Rate der Hypoglykämien gesamt und der nächtlichen Hypoglykämien war dabei vergleichbar,
die Rate schwerer Hypoglykämien war unter Insulin degludec plus Insulin aspart numerisch
(nicht signifikant) höher [
6
]. Unter Insulin degludec zeigten sich im Durchschnitt eine signifikant bessere Reduktion
des Nüchternblutzuckers und signifikant weniger hyperglykämische Episoden mit Ketosen,
wobei dies mit einer deutlich niedrigeren Basalinsulin-Dosis (–30 %) erreicht wurde.
(Bild: Heide Velten / Kunterbund. Nachgestellte Situation)
Mehr Flexibilität
Ein weiterer Vorteil der Therapie mit Insulin degludec ist, dass der tägliche Injektionszeitpunkt
bei Bedarf flexibel den täglichen Aktivitäten angepasst werden kann, wobei ein Mindestabstand
von 8 Stunden zwischen den Injektionen liegen muss [
7
]. „Von dieser stärkeren Flexibilität können gerade jüngere Patienten profitieren,
denen es oft schwerfällt, die Injektion immer zur gleichen Zeit vorzunehmen“, berichtete
Danne. Den Nachweis für diese neue Flexibilität in der Diabetestherapie erbrachten
die FLEX-Studien [
8
], [
9
]: Sie verglichen bei Erwachsenen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes variierende Injektionsintervalle
von Insulin degludec mit der zeitlich fixen Gabe eines Basalinsulins (Insulin degludec,
Insulin glargin). Die Studienteilnehmer applizierten Insulin degludec in festgelegten
Abständen von mindestens 8 bis maximal 40 Stunden. Die tageszeitlich variierenden
Injektionszeitpunkte von Insulin degludec führten zu einer ebenso guten glykämischen
Einstellung und Sicherheit wie das immer zur gleichen Uhrzeit verabreichte Basalinsulin
[
8
], [
9
].
Weniger Unterzuckerungen
Hypoglykämien und die Angst davor können limitierende Faktoren für das Erreichen einer
guten glykämischen Einstellung mit einer Insulintherapie sein. Eine prospektiv geplante
Metaanalyse ergab für Insulin degludec bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes bei vergleichbarer
HbA1c-Senkung ein signifikant geringeres Risiko für nächtliche Hypoglykämien im Vergleich
zu Insulin glargin [
10
]. Bei Typ-1-Diabetes zeigte sich eine solche Überlegenheit in der Erhaltungsphase
(Episoden ab 16. Woche) [
10
].
Geringere Insulindosis
Eine aktuelle Metaanalyse zeigt darüber hinaus für Insulin degludec im Vergleich zu
Insulin glargin für bestimmte Patientengruppen sowohl Vorteile hinsichtlich der Nüchternplasmaglukose
als auch der täglichen Insulindosis [
11
]. Die Metaanalyse wertete Endpunkte von 7 Phase-3a-Studien aus, die die Therapie
bei Erwachsenen mit Typ-1- und Typ-2-Diabetes mit Insulin degludec und Insulin glargin
miteinander verglichen. Bei Patienten mit Typ-1-Diabetes unter Basal-Bolus-Therapie
und insulinnaiven Patienten mit Typ-2-Diabetes konnte mit Insulin degludec eine signifikant
größere Reduktion der Nüchternplasmaglukose erreicht werden als mit Insulin glargin
[
11
]. Darüber hinaus war die tägliche Dosis an Basalinsulin mit Insulin degludec bei
den insulinnaiven Patienten mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Insulin glargin um
10 % reduziert, die Patienten mit Typ-1-Diabetes unter Basal-Bolus-Therapie verwendeten
unter Insulin degludec im Durchschnitt 13 % weniger Basalinsulin täglich vs. Insulin
glargin (Abb. [
1
]). Auch die tägliche Gesamtdosis an Insulin verringerte sich unter dem Basalinsulin
signifikant um 12 %. Ähnliche Ergebnisse erbrachten die Zweijahresdaten einer randomisierten
Studie mit Patienten mit Typ-1-Diabetes unter Basal-Bolus-Therapie: Bei gleicher glykämischer
Einstellung wie unter Insulin glargin benötigten Patienten mit Insulin degludec 12
% weniger Basalinsulin und 9 % weniger Gesamtinsulin als jene, die Insulin glargin
erhielten [
12
]. Das Risiko für nächtliche Hypoglykä-mien war unter Insulin degludec um 25 % reduziert
[
12
].
Abb.1 Vorteile von Tresiba® bei täglicher Insulindosis; mod. nach [
11
]. Diese können potenziell Einfluss auf die Therapiekosten haben.
Susanne Pickl, Berlin
Dieser Text entstand mit freundlicher Unterstützung durch Novo Nordisk.