Schlüsselwörter
Typ-2-Diabetes - Insulin - Exenatid - Liraglutid - Albiglutid - Hypoglykämien - Körpergewicht
- GLP-1-Rezeptoragonist
Key words
type 2 diabetes - insulin - exenatide - liraglutide - albiglutide - hypoglycaemia
- body weight - GLP-1-receptor agonist
Einleitung
Vorrangiges Ziel der Therapie von Menschen mit Typ-2-Diabetes ist neben der Senkung
der Rate der diabetesbedingten Komplikationen die Verbesserung der Lebensqualität,
der Morbidität sowie der Mortalität. Fortschritte im Umgang mit der Erkrankung ergeben
sich nicht nur durch neue Antidiabetika, sondern insbesondere auch aus der Individualisierung
von Behandlungszielen einschließlich der Abkehr von starren HbA1c-Zielwerten. Im Einzelfall sind Begleitumstände zu berücksichtigen wie das Verhalten
des Patienten (Therapietreue, Motivation, Selbständigkeit), die Diabetesdauer, die
Lebenserwartung, wichtige Begleiterkrankungen, Gefäßkomplikationen, Hypoglykämierisiken
bzw. Risiken durch andere Nebenwirkungen und Ressourcen bzw. die Unterstützung anderer
Art (Inzucchi 2015). Zudem sollte das Körpergewicht beachtet werden. Der Therapiealgorithmus
zum Typ-2-Diabetes ist ein Spiegelbild der zunehmenden Komplexität der Behandlungsoptionen,
die sich auch in der neuen Nationalen VersorgungsLeitlinie zur Therapie des Typ-2-Diabetes
zeigt (Landgraf 2013). Daher erscheint es sinnvoll, auch Einzelfragestellungen innerhalb
des Therapiealgorithmus zu betrachten.
Eine Frage mit gewisser Aktualität betrifft Patienten, die bereits eine mit Basalinsulin
unterstützte orale Therapie (BOT) erhalten und bei denen eine Intensivierung der antidiabetischen
Therapie mit einem weiteren subkutan zu applizierenden Antidiabetikum in Erwägung
gezogen wird. Für derartige Situationen analysiert die hier vorliegende Übersicht
den Stellenwert der Glucagon-like-peptide-1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten (GLP-1-RA) im
Vergleich zu kurz wirksamen Insulinanaloga.
Inkretin-basierte Therapie
Inkretin-basierte Therapie
GLP-1 gehört zu den Inkretin-Hormonen und wird nach der Nahrungsaufnahme freigesetzt.
In der Folge wird die Insulinsekretion glucoseabhängig stimuliert sowie die Glucagonsekretion
gehemmt (Drucker 2006). Dieser kombinierte Effekt auf die Inselzellen des Pankreas
ist ein wichtiger Bestandteil der antidiabetischen Wirksamkeit einer Inkretin-basierten
Therapie. GLP-1-Rezeptoren befinden sich auch in Zellen außerhalb des Pankreas, so
dass GLP-1 beispielsweise eine Verzögerung der Magenentleerung (Nauck 1997), ein über
den Hypothalamus vermitteltes Sättigungsgefühl (Gutzwiller 1999) und kardiovaskuläre
Effekte (Okerson 2012) vermitteln kann.
Eine Inkretin-basierte Therapie kann mit subkutan zu verabreichenden GLP-1-RA oder
mit den für die orale Applikation verfügbaren DPP-4-Inhibitoren durchgeführt werden
(Ahrén 2014). GLP-1-RA sind Analoga zum GLP-1 und haben dessen physiologische Wirkungen
an GLP-1-Rezeptoren. Dagegen erhöhen DPP-4-Inhibitoren die GLP-1-Spiegel, indem sie
das Enzym DPP-4 kompetitiv hemmen und dadurch die Inaktivierung der endogenen Inkretin-Hormone
GLP-1 und GIP (glucose-dependent insulinotropic polypeptide) verlangsamen (Brown 2012).
Wenngleich beide Inkretin-basierten Therapien als vorteilhaft hinsichtlich der Hypoglykämierisiken
gelten, wurden mit GLP-1-RA eine stärkere HbA1c-Reduktionen erreicht als mit DPP-4-Inhibitoren (Pratley 2010, Bergenstal 2010). Zudem
erscheinen GLP-1-RA wegen der gezeigten stärkeren Reduktionen des Körpergewichts (Pratley
2010, Bergenstal 2010) besonders gut für eine Kombination mit Basalinsulin geeignet,
da unter einer Insulintherapie häufig eine Gewichtszunahme zu beobachten ist.
Aktuell breit im deutschsprachigen Raum angewendet und unter anderem auch für die
Kombination mit Basalinsulinen zugelassen sind ein GLP-1-RA mit kürzerer Halbwertszeit
(HWZ) (Exenatid; Byetta®, AstraZeneca GmbH, 22876 Wedel, Deutschland) und ein GLP-1-RA mit längerer HWZ (Liraglutid;
Victoza®, Novo Nordisk A/S, Dänemark). Später wurde ein einmal wöchentlich zu applizierender
GLP-1-RA unter anderem auch für die Kombinationstherapie mit Basalinsulin zugelassen
(Albiglutid; Eperzan®, GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG, 80700 München). Da die Exenatid-Depot-Injektionssuspension
mit verlängerter Freisetzung (Bydureon®, AstraZeneca GmbH, 22876 Wedel, Deutschland) in Europa für die Kombination mit Insulinen
nicht zugelassen ist (Fachinformation Bydureon®), der GLP-1-RA Lixisenatid mit kürzerer HWZ seitens des Herstellers wegen fehlender
Preiseinigung im Rahmen des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) vom deutschen
Markt zurückgezogen wurde und zum kürzlich zugelassenen GLP-1-RA Dulaglutid keine
Studienergebnisse zur Kombination mit einem Basalinsulin vorliegen (Thompson 2015),
werden diese drei Präparate in dieser Übersicht nicht näher analysiert.
Vorteile der GLP-1-RA
GLP-1-RA können auf vielfältige Weise Einfluss auf Stoffwechselparameter von Patienten
mit Typ-2-Diabetes nehmen. So wird der Nüchternblutzucker über eine Reduktion der
basalen endogenen Glucoseproduktion gesenkt, die bei Patienten mit Typ-2-Diabetes
durch eine inadäquat vermehrte Glucagonproduktion erhöht ist (Meier 2012, Flint 2011).
Die Verbesserung hinsichtlich des postprandialen Blutzuckeranstiegs gelingt nicht
nur über die Steigerung der glucoseabhängigen Insulinsekretion, sondern auch über
die geringere Aufnahme der oral zugeführten Kohlenhydrate in die Blutzirkulation im
Zusammenhang mit einer verlangsamten Magenentleerung (Linnebjerg 2008, Meier 2012,
Flint 2011). Die Induktion eines über den Hypothalamus vermittelten Sättigungsgefühls
und das geringere Hypoglykämierisiko tragen zur Gewichtsreduktion bei (Ahrén 2014).
Außerdem wurden blutdrucksenkende Effekte und möglicherweise positive Einflüsse auf
den Lipidstoffwechsel beobachtet (Okerson 2012, Buse 2009).
Blutdrucksenkende Effekte der GLP-1-RA
Blutdrucksenkende Effekte der GLP-1-RA
GLP-1-Rezeptoren wurden auch im Myokard, in glatten Muskelzellen von Koronararterien,
in anderen Blutgefäßen sowie in den Gefäßen der Niere gefunden (Fonseca 2014, Okerson
2012). Daher sind kardiovaskuläre Effekte von GLP-1-RA denkbar. Als Klasseneffekt
der GLP-1-RA wurde eine Blutdrucksenkung nachgewiesen (Buse 2009, Fonseca 2014, Wang
2013, Seufert und Gallwitz 2014). So reduzierte sich der systolische Blutdruck im
Vergleich zu Placebo sowohl bei Exenatid als auch bei Liraglutid im Mittel um ca.
5 mmHg (Wang 2013). Allerdings wurde in einer Untersuchung bei Patienten mit Typ-2-Diabetes
und arterieller Hypertonie in den ersten Tagen nach Therapieeinleitung mit Liraglutid
0,6 mg zunächst ein initialer Anstieg des systolischen Blutdrucks beobachtet (von
Scholten 2014). Am Tag 29 war dann eine Reduktion um 7 mmHg gegenüber dem Ausgangswert
zu verzeichnen (p = 0,11). Zugleich wurde ein Abfall des extrazellulären Volumens
um 2,0 Liter (95 % CI: 1,0 – 3,1 Liter; p < 0,001) und des „midregional pro-atrial
natriuretic peptide“ (MR-proANP) um 20 % (95 % CI: 12 – 28 %; p < 0,001) festgestellt.
In Studien zu Liraglutid wurden Blutdruckreduktionen begleitet von einem Pulsanstieg
um durchschnittlich 3,22 ± 0,45 bzw. 3,46 ± 0,39 pro Minute im Vergleich zu 0,89 ± 0,50
pro Minute in den Placebogruppen (Fonseca 2014). Bei einer längeren Beobachtungszeit
der Liraglutid-Therapie von 104 Wochen zeigte sich jedoch eine Verringerung dieses
Pulsanstiegs (Astrup 2012).
Der blutdrucksenkende Effekt von GLP-1-RA ist möglicherweise auf eine gesteigerte
Natriurese und/oder eine Vasodilatation zurückzuführen (Fonseca 2014). Inwieweit das
langfristige kardiovaskuläre Outcome mit GLP-1-RA verbessert werden kann, ist Gegenstand
aktueller Studien. Tierversuche und Ergebnisse aus klinischen Studien zu Surrogatparametern
weisen auf kardioprotektive Effekte von GLP-1-RA hin (Wu 2011, Seufert und Gallwitz
2014). Eine Metaanalyse zu 14 Studien mit 415 Patienten ergab eine signifikante Verbesserung
von regionalen linksventrikulären kontraktilen Parametern unter GLP-1-RA (Liu 2014).
Gastrointestinale Nebenwirkungen der GLP-1-RA
Gastrointestinale Nebenwirkungen der GLP-1-RA
Gemäß einer Metaanalyse waren in randomisierten kontrollierten Studien in Abhängigkeit
von Dosis und Art des GLP-1-RA durchschnittlich zwischen 12 % und 37 % der Patienten
von Übelkeit betroffen, im Vergleich zu durchschnittlich 9 % in den Placebo-Gruppen
und 4 % in den konventionell behandelten Vergleichsgruppen (Sun 2012). Erbrechen (zwischen
8 % und 13 %) sowie Diarrhoen (zwischen 10 % und 13 %) sind weniger häufig als Übelkeit,
weisen jedoch immer noch deutliche Differenzen zu den Vergleichsgruppen auf (Erbrechen
jeweils 2 % der Patienten, Diarrhoen jeweils 5 %).
Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von Übelkeit und Erbrechen ist das langsame
Auftitrieren der Dosis des GLP-1-RA. Außerdem ist die Aufklärung des Patienten zum
überwiegend vorübergehenden Charakter der gastrointestinalen Nebenwirkungen wichtig,
um Therapieabbrüche zu vermeiden (Bawa 2013, Li 2012). Der positive Effekt einer langsamen
Auftitrierung zur Reduktion gastrointestinaler Nebenwirkungen konnte insbesondere
in Studien gezeigt werden, in denen Liraglutid als Komponente einer Fixkombinationstherapie
zusammen mit Insulin degludec (IDegLira, Xultophy®, Novo Nordisk A/S, Dänemark) bei Patienten mit Typ-2-Diabetes untersucht wurde. Durch
die in diesen Studien (DUAL I, DUAL II) praktizierte langsame Auftitrierung über mehrere
Wochen gelang es, den Anteil der von Übelkeit betroffenen Patienten auf unter 10 %
zu senken (Buse 2014, Gough 2014) ([Abb. 1b]).
Abb. 1 Anteil an Patienten mit Übelkeit unter Liraglutid bei Intensivierung einer Basalinsulintherapie. a mit Liraglutid: Start mit 0,6 mg/Tag, nach 1. Woche Steigerung auf 1,2 mg/dl, nach
5. Woche weitere Erhöhung auf 1,8 mg entsprechend dem Nüchternblutzuckerwert (modifiziert
nach Mathieu et al. 2014, © 2014 John Wiley & Sons Ltd., Abdruck mit Genehmigung),
b mit der Fixkombination IDegLira (1 Dosisschritt enthält 1 E Insulin degludec und 0,036 mg
Liraglutid): Start mit 16 Dosisschritten (0,6 mg Liraglutid, 16 E Insulin degludec),
2-mal wöchentliche Titration mit ± 2 Dosisschritten, entsprechend dem Nüchternblutzucker,
auf durchschnittlich 1,6 mg Liraglutid (45 E Insulin degludec) am Studienende (modifiziert
nach Buse et al. 2014, © American Diabetes Association 2014, Abdruck mit Genehmigung).
Akute Pankreatitis
Analysen von Datenbanken zu unerwünschten Ereignissen ergaben Hinweise für ein erhöhtes
Risiko von akuten Pankreatitisereignissen unter einer Inkretin-basierten Therapie
(Faillie 2014). Nachfolgende Untersuchungen konnten diesen Verdacht jedoch nicht bestätigen.
So ergab eine populationsbasierte Kohortenstudie mit 20 748 neu auf eine Inkretin-basierte
Therapie eingestellten Patienten mit Typ-2-Diabetes eine Ereignisrate von 1,45 pro
1000 Patientenjahre (95 % CI: 0,99 – 2,11) im Vergleich zu 1,47 (95 % CI: 1,23 – 1,76)
unter Sulfonylharnstoffen (51 712 Patienten) (Faillie 2014). Eine Metaanalyse zu 25
Studien konnte weder für Exenatid (OR 0,84; 95 % CI 0,58 – 1,22) noch für Liraglutid
(OR 0,97; 95 % CI 0,21 – 4,39) ein erhöhtes Pankreatitisrisiko zeigen (Alves 2012).
Eine weitere Metaanalyse (Stand März 2013) bestätigte dies für die Gruppe der Inkretin-basierten
Therapien (Li 2014). Basierend auf 10 Exenatid-Studien lassen sich 3 Ereignisse bei
1968 Patienten (0,15 %) versus 4 Ereignisse bei 2030 Patienten in den Vergleichsgruppen
(0,20 %) ermitteln und basierend auf 8 Liraglutid-Studien 4 Ereignisse bei 3643 Patienten
(0,11 %) versus 1 Ereignis bei 1930 Patienten in den Vergleichsgruppen (0,05 %) (Li
2014). Mit diesen Zahlen kann den ursprünglichen Bedenken, dass GLP-1-RA vermehrt
akute Pankreatitiden auslösen könnten, begegnet werden.
Exenatid
Exenatid 2-mal täglich kann gemäß europäischer Zulassung bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes
nicht nur in Kombination mit oralen Antidiabetika, sondern auch mit Basalinsulin angewandt
werden. Aufgrund einer mittleren terminalen HWZ von 2,4 Stunden ist eine 2-mal tägliche
subkutane Injektion notwendig (Fachinformation Byetta®). Die Anfangsdosis von 2-mal täglich 5 µg Exenatid sollte zur besseren Verträglichkeit
für mindestens einen Monat beibehalten werden, bevor gegebenenfalls auf 2-mal täglich
10 µg Exenatid gesteigert wird (Fachinformation Byetta®).
Eine Metaanalyse zu 14 placebokontrollierten Studien weist auf eine Dosisabhängigkeit
der mit Exenatid erreichten HbA1c-Reduktion hin (–0,68 % in 5-µg-Gruppen versus –0,99 % in 10-µg-Gruppen; einschließlich
jeweils hiermit bzgl. Dosis äquivalente langwirksame Formulierungen) (Nikfar 2012).
Hinsichtlich des Nüchternblutzuckers ergab sich eine mittlere Reduktion um –1,05 mmol/l
(5-µg-Gruppen) versus –1,34 mmol/l (10-µg-Gruppen). Der Effekt auf das Körpergewicht
war mit einer mittleren Reduktion von – 0,56 kg in den 5-µg-Gruppen versus – 1,24
kg in den 10-µg-Gruppen unterschiedlich stark ausgeprägt.
Die 4B-Studie von Diamant et al. (2014) ergab für die Therapieeskalation einer Basalinsulintherapie
mit Exenatid im Vergleich zu einer intensivierten konventionellen Therapie (ICT) bei
vergleichbarer HbA1c-Reduktion signifikante Verbesserungen hinsichtlich nicht-nächtlicher Hypoglykämien,
des Körpergewichts und der Therapiezufriedenheit.
Liraglutid
Liraglutid ist ebenfalls arzneimittelrechtlich für Erwachsene mit Typ-2-Diabetes in
Kombination mit oralen Antidiabetika und/oder Basalinsulin zugelassen. Die 1-mal tägliche
Liraglutid-Anfangsdosis beträgt 0,6 mg. Frühestens nach einer Woche kann auf 1,2 mg
Liraglutid erhöht werden, wobei ein Teil der Patienten im Verlauf von einer weiteren
Steigerung der 1-mal täglichen Liraglutid-Injektion auf 1,8 mg profitieren kann (Fachinformation
Victoza®). Liraglutid ist ein GLP-1-RA mit längerer HWZ von ca. 13 Stunden (Agersø 2002, Elbrønd
2002). Liraglutid-Maximalkonzentrationen werden 8 – 12 Stunden nach subkutaner Injektion
erreicht. Die Liraglutid-Exposition steigt proportional zur Dosis (Agersø 2002). Es
konnte kein Organ identifiziert werden, in dem die Hauptelimination stattfindet. Es
wird davon ausgegangen, dass Liraglutid ähnlich wie andere Peptide metabolisiert wird
(Helleberg H 2008).
Gemäß einer Metaanalyse zu den sechs LEAD-Studien („Liraglutide Effect and Action
in Diabetes“) und einer weiteren Studie, die Liraglutid mit Sitagliptin verglich,
erreichten durchschnittlich 40 % der mit Liraglutid 1,8 mg behandelten Patienten mit
Typ-2-Diabetes einen HbA1c-Wert < 7,0 %, ohne dass es zu einer Hypoglykämie oder einer Gewichtszunahme kam (Zinman
2012). Unter Liraglutid 1,2 mg war die HbA1c-Reduktion geringer, so dass mit 32 % der Patienten dieser kombinierte Endpunkt signifikant
seltener eintrat. Diese Rate war außerdem geringer unter Exenatid (25 %), Insulin
glargin (15 % in LEAD 5), Sulfonylharnstoff (8 % in LEAD 2 und LEAD 3), Thiazolidinedion
(6 % in LEAD 4) und Sitagliptin (11 % (Pratley2010)). Die im Vergleich zu Sitagliptin
durchgeführte 26-wöchige Studie ergab zudem Hinweise auf eine Abhängigkeit von der
Liraglutid-Dosis hinsichtlich der mittleren Reduktionen des Nüchternblutzuckers (–2,14 mmol/l
unter 1,8 mg Liraglutid versus –1,87 mmol/l unter 1,2 mg Liraglutid versus –0,83 mmol/l
unter Sitagliptin) (Pratley 2010). Das Körpergewicht verringerte sich um durchschnittlich
–3,38 kg unter 1,8 mg Liraglutid versus –2,86 kg unter 1,2 mg Liraglutid und –0,96 kg
unter Sitagliptin (Pratley 2010).
Im September 2014 wurde mit Xultophy® eine Fixkombination aus Liraglutid und Insulin degludec (IDeg) zugelassen. Beide
Wirkstoffe werden jeweils 1-mal täglich angewendet, so dass diese beiden Substanzen
für eine Fixkombination geeignet waren (Kumar 2014).
Albiglutid
Albiglutid hat im März 2014 die arzneimittelrechtliche Zulassung von der Europäischen
Arzneimittel-Agentur (EMA) bei erwachsenen Patienten mit Typ-2-Diabetes sowohl zur
Monotherapie bei Metformin-Kontraindikation oder -Unverträglichkeit als auch zur Kombinationstherapie
mit anderen Antidiabetika einschließlich Basalinsulin erhalten (Fachinformation Eperzan®). Die HWZ ist mit 5 Tagen deutlich länger als bei Exenatid und Liraglutid, so dass
eine 1-mal wöchentliche subkutane Injektion von 30 mg Albiglutid mit eventueller Steigerung
auf 50 mg ausreicht.
Intensivierung einer Basalinsulintherapie mit GLP-1-RA
Intensivierung einer Basalinsulintherapie mit GLP-1-RA
Rationale
Die Entwicklung der GLP-1-RA fokussierte sich zunächst auf die Kombinationstherapie
mit oralen Antidiabetika bei Typ-2-Diabetes. Im Behandlungsalltag zeigt sich jedoch,
dass GLP-1-RA häufig mit Insulinen kombiniert werden. So verwendeten 38 % bzw. 43 %
der in Dänemark mit Liraglutid oder Exenatid behandelten Patienten zugleich Insulin
(Pottegard 2014). Basalinsulin und GLP-1-RA ergänzen sich hinsichtlich des Wirkmechanismus
und des Nebenwirkungsprofils ([Tab. 1]). Die häufig bei der Einleitung oder Intensivierung einer Insulintherapie geäußerten
Bedenken hinsichtlich Hypoglykämien und Gewichtszunahme (Holst 2013) bestehen bei
GLP-1-RA nicht.
Tab. 1
Komplementäre Eigenschaften von Basalinsulin und GLP-1-RA (modifiziert und ergänzt
nach Balena et al. (2013) und Jendle et al. (2012)).
Eigenschaft
|
Basalinsulin
|
GLP-1-RA
|
Wirkmechanismus
|
|
-
Stimulation der glucoseabhängigen Insulinsekretion
-
postprandiale Glucagonsekretion ↓
-
hepatische Glucoseproduktion ↓
-
Magenentleerung verzögert
-
Sättigungsgefühl ↑
-
Glucoseresorption ↓
|
führende Wirkungen
|
|
|
führende Nebenwirkungen
|
-
Hypoglykämien
-
Körpergewicht ↑
|
|
Basalinsuline, die mit einem GLP-1-RA kombiniert werden können, sind NPH-Insulin,
Insulin glargin (IGlar), Insulin detemir (IDet) und das im Jahre 2013 zugelassene
Insulin degludec (IDeg). Nach Zugabe eines GLP-1-RA zu einer laufenden Basalinsulintherapie
sollte die Reduktion der Insulindosis in Betracht gezogen werden, um Hypoglykämien
zu vermeiden (Fachinformationen Victoza®, Fachinformation Byetta®, Fachinformation Eperzan®).
Studien zur Intensivierung einer Insulintherapie mit Exenatid oder Liraglutid
Nach einer „Proof-of-Concept“-Studie zur Kombination von Exenatid mit Insulin glargin
(IGlar) (Arnolds 2010) folgte die erste größere randomisierte placebokontrollierte
Studie zur Kombination von Exenatid mit Insulin glargin (Buse 2011) ([Tab. 2]). Bei Patienten mit einem Ausgangs-HbA1c von ≤ 8 % wurde zu Beginn der Therapie mit Exenatid die IGlar-Dosis um 20 % reduziert.
Nach Woche 5 wurde bei allen Patienten die IGlar-Dosis angepasst, um einen Nüchternblutzucker
von < 5,6 mmol/l (< 100 mg/dl) zu erreichen („Treat-to-Target“-Design). Dies führte
zu einer Steigerung der IGlar-Dosis bis zum Studienende um durchschnittlich 13 Einheiten/Tag
im Vergleich zu 20 Einheiten/Tag in der Placebogruppe. Aufgrund des „Treat-to-Target“-Designs
war kein Unterschied zwischen den Gruppen hinsichtlich der Reduktion des Nüchternblutzuckers
zu erwarten, jedoch waren unter Exenatid der HbA1c-Wert sowie der postprandiale Blutzucker nach dem Frühstück und nach dem Abendessen
signifikant reduziert, ohne dass es zu einem Anstieg bei den Hypoglykämien kam ([Tab. 2]). Außerdem war der Gewichtsverlauf unter Exenatid signifikant verbessert ([Tab. 2]).
Tab. 2
Wirksamkeit von Exenatid in randomisierten kontrollierten Studien zur Intensivierung
einer bestehenden Basalinsulintherapie bei Typ-2-Diabetes.
Referenz
|
Vortherapie
|
Studienarme
|
HbA1c-Verlauf
(%)
|
HbA1c ≤ 7 %
(%-Anteil Pat.)
|
Nü-BZ
(mmol/l)
|
BZ postprandial
(mmol/l)
|
Gewicht
(kg)
|
Hypoglykämien
|
schwer
(Pat. mit Ereignis)
|
leicht
|
Arnolds 2010
4-wöchige offene RCT (Treat-to-Target)
n = 48
|
Met ± SH oder
Basalinsulin ± Met
|
Exenatid + IGlar + Met
|
–1,8 %
(p = 0,0154 vs. IGlar + Met)
|
80 %
|
5,2 → 4,6 (p = 0,0018)
|
–17 % (p = 0,0036 vs. IGlar) + Met
|
–0,9 kg
(p = 0,038 vs. IGlar) + Met
|
n = 0
|
Ereignisse/Pat.-jahr
gesamt: 1,7
nächtlich: 0
|
Sita + IGlar + Met
|
–1,5 %
|
88 %
|
5,3 → 4,7 (p = 0,0016)
|
–20 % (p = 0,0008 vs. IGlar) + Met
|
+ 0,1 kg
|
n = 0
|
Ereignisse/Pat.-jahr
gesamt: 2,5
nächtlich: 0
|
IGlar + Met
|
–1,2 %
|
63 %
|
5,2 → 4,9 (p = 0,21)
|
–
|
+ 0,4 kg
|
n = 0
|
Ereignisse/Pat.-jahr
gesamt: 1,6
nächtlich: 0
|
Buse 2011
30-wöchige doppelblinde RCT (Treat-to-Target)
n = 259
|
IGlar ±
Met
und/oder
Pioglitazon
|
Exenatid+ IGlar ± Met und/oder Pioglitazon
|
–1,74 %1
|
60 %2
|
–1,6
|
Differenz zw. Gruppen3:
morgens: –1,8
mittags: –0,3
abends: –1,7
|
–1,8 kg4
|
n = 0
|
Anteil Pat.
gesamt: 24,8 %
nächtlich: 16,8 %
|
Placebo + IGlar ± Met und/oder Pioglitazon
|
–1,04 %1
|
35 %2
|
–1,5
|
+ 1,0 kg4
|
n = 1
|
Anteil Pat.
gesamt: 28,7 %
nächtlich: 26,2 %
|
Diamant 2014
30-wöchige offene RCT (Treat-to-Target)
n = 627
|
IGlar +
Met ± SH
|
Exenatid +
IGlar +
Met
|
–1,13 %
|
49,6 %
|
–0,465
|
morgens:
–2,57 vs.
–2,30
mittags:
–2,18 vs.
–3,116
abends:
–2,88 vs.
–3,16
|
–2,5 kg7
|
n = 2
|
Anteil Pat.
gesamt: 30 %
nächtlich: 25 %
|
Insulin lispro + IGlar + Met
|
–1,10 %
|
49,0 %
|
+ 0,185
|
+ 2,1 kg7
|
n = 7
|
Anteil Pat.
gesamt: 41 %
nächtlich: 27 %
|
IGlar: Insulin glargin; Sita: Sitagliptin; RCT: randomisierte kontrollierte Studie,
SH: Sulfonylharnstoff, Met: Metformin; Ereignisse/Pat.-jahr: Ereignisse/Patientenjahr.
1 Differenz zwischen Gruppen: –0,69 % (95 % CI –0,93 bis –0,46 %); p < 0,001.
2 Differenz zwischen Gruppen 25 % (95 % CI 12 % bis 39 %); p < 0,001.
3 Differenzen zwischen Gruppen signifikant nach Frühstück (95 % CI –2,5 bis –1,2 mmol/l;
p < 0,001) und Abendessen (95 % CI –2,3 bis –1,1, mmol/l; p < 0,001), nicht jedoch
nach dem Mittagessen (p = 0,32).
4 Differenz zwischen Gruppen: –2,7 kg (95 % CI: –3,7 bis –1,7); p < 0,001.
5 Mittlere Differenz: –0,64 mmol/l (95 % CI: –1,05 bis –0,24); p = 0,002.
6 Mittlere Differenz: + 0,93 mmol (95 % CI: 0,52 bis 1,34); p < 0,001.
7 Mittlere Differenz: –4,6 kg (95 % CI: –5,2 bis –3,9); p < 0,001.
Die erste randomisierte, kontrollierte Studie zur Kombination von Liraglutid mit Basalinsulin
schloss 84 Patienten mit Typ-2-Diabetes und einer Insulindosis von mindestens 10 E/Tag
ein (Li 2012). Als Zielwerte für den Blutzuckerspiegel wurden ≤ 6,1 mmol/l nüchtern
und ≤ 8 mmol/l 2 Stunden postprandial definiert. Hierzu konnten Liraglutid, Insulin
oder die oralen Antidiabetika individuell optimiert werden. Nach 12 Wochen zeigten
sich für die Liraglutid-Gruppe im Vergleich zum anderen Studienarm signifikant verbesserte
postprandiale Blutzuckerwerte und Gewichtsverläufe, während Reduktionen von Nüchternblutzucker
und HbA1c vergleichbar waren ([Tab. 3]). Die mittlere Insulindosis wurde in der Liraglutid-Gruppe bis Woche 12 um 66 %
reduziert, wobei 38 % der Patienten Insulin absetzen konnten. Dagegen war in der Insulintitrationsgruppe
ein Anstieg der Insulindosis um 28 % zu verzeichnen. Außerdem war in der Liraglutid-Gruppe
häufiger ein Absetzen von Sulfonylharnstoffen (85,7 % versus 22,2 %; p < 0,05), Gliniden
(87,5 % versus 46,2 %; p < 0,05) und α-Glukosidaseinhibitoren (66,7 % versus 23,1 %;
p < 0,05) möglich. Leichte Hypoglykämien waren in der Liraglutid-Gruppe signifikant
seltener (11,9 % versus 31,0 %; p = 0,033) ([Tab. 3]).
Tab. 3
Wirksamkeit von Liraglutid in randomisierten kontrollierten Studien zur Intensivierung
einer bestehenden Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes.
Referenz
|
Vortherapie
|
Studienarme
|
HbA1c-Verlauf
(%)
|
HbA1c ≤ 7,0 %
(%-Anteil Pat.)
|
Nü-BZ (mmol/l)
|
BZ postprandial (mmol/l)
|
Gewicht
(kg)
|
Hypoglykämien
|
schwer
(Pat. mit Ereignis)
|
leicht
|
Li 2012
12-wöchige offene RCT
n = 84
|
Insulin ≥ 10 E/Tag
(Glar, NPH-Insulin oder Misch-insulin)
± OAD
|
Insulin + Liraglutid ± OAD
|
–1,9 %
|
73,8 %
|
–1,56
|
–5,401
|
–5,6 kg2
|
n = 0
|
Anteil Pat.
11,9 %
(p = 0,033 vs. Vergl.gruppe)
|
Insulintitration
± OAD
|
–1,77 %
|
73,8 %
|
–1,69
|
–4,541
|
+ 2,0 kg2
|
n = 2
|
Anteil Pat.
31,0 %
|
De Wit 2014
26-wöchige offene RCT (Treat-to-Target)
n = 50
|
Insulin ± Met ± SH
|
Insulin + Liraglutid ± Met ± SH
|
–0,77 %3
|
73 %
(p = 0,004 vs. Vergl.gruppe)
|
k. A.
|
k. A.
|
–4,5 kg4
|
n = 0
|
Ereignisse/Pat.-jahr
3,85
|
Insulintitration
± Met ± SH
|
+ 0,01 %3
|
29 %
|
k. A.
|
k. A.
|
+ 0,9 kg4
|
n = 0
|
Ereignisse/Pat.-jahr
2,70
|
Lane 2014
6-monatige offene RCT
n = 37
|
Insulin ≥ 100 E/Tag ± Met
|
Insulin +
Liraglutid ± Met
|
–0,65 %
auf 7,15 % (Monat 6; p = 0,047 vs. Vergl.gruppe)
|
43 %
|
Kontinuierliche Glukosemessung: Anteil Zeit > 180 mg/dl:
Reduktion von 38 % auf 22 % (p ≤ 0,0001 vs. Baseline)
|
–5,3 kg
|
n = 0
|
k. A.
|
Insulintitration ± Met
|
–0,39 % auf 7,40 % (Monat 6)
|
31 %
|
Anteil Zeit > 180 mg/dl:
keine Reduktion
|
+ 0,4 kg
|
n = 0
|
k. A.
|
Lahtela 2014
26-wöchige doppelblinde RCT
n = 451
|
Insulin ≥ 20 E/Tag ± Met
|
Insulin + Liraglutid ± Met
|
–1,30 %5
|
59,2 %6
|
–1,447
|
–0,948
|
–3,5 kg9
|
n = 0
|
Anteil Pat.
18,2 %
|
Insulin + Placebo
± Met
|
–0,11 %5
|
14,0 %6
|
–0,167
|
–0,378
|
–0,4 kg9
|
n = 0
|
Anteil Pat.
12,4 %
|
Buse 2014
26-wöchige doppelblinde RCT (Treat-to-Target)
n = 298
|
Basalinsulin + Met ± SH/Glinide
|
IDegLira Start:16 E/0,6 mg; Titration auf max. 50 E/1,8 mg
+ Met
|
–1,9 %10
|
60 %
p < 0,0001 vs. Vergl.gruppe)
|
–3,511
|
2,2
Anstieg vs. vor den Mahlzeiten12
|
–2,7 kg13
|
n = 1
|
Anteil Pat.
24 %
|
IDeg
Start:16 E; Titration auf max. 50 E
+ Met
|
–0,9 %10
|
23 %
|
–2,611
|
2,4
Anstieg vs. vor den Mahlzeiten12
|
keine Änderung13
|
n = 0
|
Anteil Pat.
25 %
|
Mathieu 2014
26-wöchige offene RCT (Treat-to-Target)
n = 177
|
IDeg + Met
|
IDeg +
Liraglutid
+ Met*
|
–0,74 %14
|
58,0 %
|
–0,14
|
k. A.
|
–2,8 kg15
|
Ereignisse/Pat.-jahr
gesamt: 1,0016
nächtliche: 0,1717
|
IDeg + IAsp vor größter Mahlzeit + Met
|
–0,39 %14
|
44,9 %
|
–0,04
|
k. A.
|
+ 0,9 kg15
|
Ereignisse/Pat.-jahr
gesamt: 8,1516
nächtlich: 1,1117
|
IGlar: Insulin glargin; IDeg: Insulin degludec; IDegLira: Fixkombination aus IDeg
und Liraglutid; IAsp: Insulin aspart; RCT: randomisierte kontrollierte Studie; SH:
Sulfonylharnstoff, Met: Metformin; OAD: orale Antidiabetika; k. A.: keine Angabe;
Ereignisse/Pat.-jahr: Ereignisse/Patientenjahr; Vergl.gruppe: Vergleichsgruppe.
Zusätzlich: nicht-randomisierter Arm mit Ausgangs-HbA1c < 7,0 % und Fortführung der vorherigen Therapie mit IDeg + Met* (n = 236).
1 Mittlere Differenz: –0,83 mmol/l (95 % CI: –1,59 bis –0,07); p = 0,021.
2 Mittlere Differenz: –7,6 kg (95 % CI: –8,67 bis –6,57); p < 0,01.
3 Mittlere Differenz: –0,74 % (95 % CI: –1,08 bis –0,41); p < 0,001.
4 Mittlere Differenz: –5,2 kg (95 % CI: –6,7 bis –3,6); p < 0,001.
5 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –1,19 % (95 % CI: –1,39 bis –0,99); p < 0,0001.
6 Geschätzte Odds ratio: 8,91 (95 % CI: 5,45 bis 14,59); p < 0,0001.
7 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –1,28 mmol/l (95 % CI: –1,70 bis –0,86); p < 0,0001.
8 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –0,57 mmol/l (95 % CI: –0,94 bis –0,20); p < 0,0026.
9 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –3,11 kg (95 % CI: –3,85 bis –2,37); p < 0,0001.
10 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –1,1 % (95 % CI: –1,3 bis –0,8); p < 0,0001.
11 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –0,73 mmol/l (95 % CI: –1,19 bis –0,27); p = 0,0019.
12 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –0,4 mmol/l (95 % CI: –0,7 bis –0,0); p = 0,0260.
13 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –2,5 kg (95 % CI: –3,2 bis –1,8); p < 0,0001.
14 Geschätzte mittlere Reduktion: –0,32 % (95 % CI: –0,53 bis –0,12); p = 0,0024.
15 Geschätzte Behandlungsdifferenz: –3,75 kg (95 % CI: –4,70 bis –2,79); p < 0,0001.
16 geschätzte Ratenrelation: 0,13 (95 CI: 0,08 bis 0,21); p < 0,0001.
17 geschätzte Ratenrelation: 0,14 (95 CI: 0,05 bis 0,40); p = 0,0002.
Zwei randomisierte, kontrollierte Studien konnten trotz einer relativ kleinen Fallzahl
(n = 50 bzw. n = 37) eine signifikant stärkere HbA1c-Reduktion für Liraglutid 1,2 oder 1,8 mg im Vergleich zu einer Insulintitration zeigen
(De Wit 2014, Lane 2014) ([Tab. 3]). Beide Studien legten den Fokus auf das Körpergewicht, da die Patienten bei Studieneinschluss
entweder adipös (Lane 2014) oder durch Gewichtszunahme ≥ 4 kg seit Start der Insulintherapie
auffällig sein mussten (de Wit 2014). In beiden Studien waren verschiedene Arten der
Insulintherapie zulässig, einschließlich kurz wirksamer Insuline. Nach 26 Wochen bzw.
6 Monaten war der Verlauf des Körpergewichts in den Liraglutid-Gruppen um jeweils
ca. 5 kg günstiger als ohne Liraglutid ([Tab. 3]) (de Wit 2014, Li 2014). Die Insulindosis konnte jeweils deutlich reduziert und
die Insulintherapie in der Studie von de Wit et al. (2014) bei 5 von 26 Patienten
(19 %) abgesetzt werden.
Die Ergebnisse einer größeren randomisierten, placebokontrollierten Studie zur Intensivierung
einer Basalinsulintherapie mit Liraglutid liegen bisher nur als Kongressabstract vor
(Lahtela 2014). In der Vergleichsgruppe war eine Erhöhung der Insulindosis nicht zulässig,
so dass die Ergebnisse den isolierten Effekt der Zugabe von Liraglutid zu einer Basalinsulintherapie
repräsentieren. Nach 26 Wochen waren HbA1c, Nüchternblutzucker, postprandialer Blutzucker und Körpergewicht signifikant verbessert,
ohne dass es zu einer schweren Hypoglykämie bei den 226 mit Liraglutid behandelten
Patienten kam ([Tab. 3]).
Direkter Vergleich von GLP-1-RA mit kurz wirksamem Insulin
Bisher liegen Ergebnisse aus drei randomisierten, kontrollierten, offenen Studien
zum direkten Vergleich von Exenatid, Liraglutid oder Albiglutid mit kurz wirksamen
Insulinanaloga vor (Diamant 2014, Mathieu 2014, Rosenstock 2014). Während in den Studien
zu Exenatid (4B-Study) und Albiglutid (HARMONY 6) das kurz wirksame Insulin (Insulin
lispro) sofort zu allen drei Hauptmahlzeiten appliziert wurde (Diamant 2014, Rosenstock
2014), verfolgte die Liraglutid-Studie (BEGIN VICTOZA ADD-ON) in der Vergleichsgruppe
eine Basal-Plus-Strategie, bei der das kurz wirksame Insulin (Insulin aspart) zunächst
nur zu einer Mahlzeit gegeben wird, mit Option zur Dosissteigerung im weiteren Verlauf
(Mathieu 2014, Owens 2013). Gemäß FullSTEP-Studie ist ein schrittweises Vorgehen bzgl.
Bolusinsulin im Vergleich zur sofortigen Bolusinsulingabe zu jeder Mahlzeit mit einem
geringeren Hypoglykämierisiko assoziiert bei Nichtunterlegenheit bzgl. HbA1c-Reduktion am Studienende nach 32 Wochen (Rodbard 2013a). In den mit Exenatid und
Albiglutid durchgeführten Studien erhielten alle Patienten das Basalinsulin Insulin
glargin, während die als Anschlussstudie zur BEGIN-ONCE-LONG-Extensionsstudie (Rodbard
2013b) konzipierte BEGIN-VICTOZA-ADD-ON-Studie IDeg verwendete.
Eine signifikant stärkere Reduktion des HbA1c im Vergleich zum kurz wirksamen Insulinanalogon wurde nur in der Liraglutid-Studie
erreicht, in der das kurz wirksame Insulin allerdings nur zu einer Mahlzeit verabreicht
wurde (Mathieu 2014). Dagegen ergab die Exenatid-Studie hinsichtlich des Nüchternblutzuckers
einen Vorteil für den GLP-1-RA (Diamant 2014). Möglicherweise war ein solcher Effekt
in der Liraglutid-Studie nicht nachweisbar, da bereits IDeg im Vergleich zu Insulin
glargin gemäß zwei von drei Studien zu insulinnaivem Typ-2-Diabetes eine signifikant
stärkere Reduktion des Nüchternblutzuckers um 0,4 mmol/l bewirken kann (Merker 2013).
Außerdem orientierte sich die Dosistitration für Liraglutid und IDeg in der Liraglutid-Studie
durch das Treat-to-Target-Design am Nüchternblutzucker.
In allen drei Studien zeichneten sich Vorteile für die beiden GLP-1-RA hinsichtlich
Hypoglykämien ab, wobei die Liraglutid-Studie eine Reduktion um 87 % von 8,15 auf
1,00 Ereignisse pro Patientenjahr ergab (p < 0,0001) und in der Albiglutid-Studie
eine Reduktion von 3,09 auf 1,31 Ereignisse pro Patientenjahr dokumentiert wurde (kein
p-Wert angegeben). Erneut bestätigte sich der positive Einfluss der GLP-1-RA auf das
Körpergewicht mit Behandlungsdifferenzen im Vergleich zur Intensivierung mit kurz
wirksamen Insulinanaloga von ca. 4 – 5 kg für Exenatid ([Abb. 2]) und Liraglutid (Diamant 2014, Mathieu 2014) und 1,5 kg für Albiglutid (Rosenstock
2014). Eine Verbesserung hinsichtlich Fettstoffwechselparametern konnte weder für
die GLP-1-RA noch für die beiden kurz wirksamen Insulinanaloga gezeigt werden (Diamant
2014, Mathieu 2014).
Abb. 2 Reduktion des Körpergewichts unter Exenatid und Insulin glargin im Vergleich zu Insulin
lispro und Insulin glargin bei Typ-2-Diabetes (modifiziert nach Diamant et al. 2014,
© American Diabetes Association 2014, Abdruck mit Genehmigung).
Studie zur Fixkombination IDegLira
Eine randomisierte, kontrollierte Doppelblindstudie verglich die Fixkombination aus
Insulin degludec und Liraglutid (IDegLira) mit Insulin degludec (IDeg) bei Patienten
mit Typ-2-Diabetes, die zugleich Metformin erhielten (Buse 2014). Eventuell zuvor
verabreichte Sulfonylharnstoffe oder Glinide wurden zum Zeitpunkt der Randomisierung
abgesetzt. Dies traf auf 52 % bzw. 51 % der Patienten zu. In beiden Gruppen wurde
im Rahmen des „Treat-to-Target“-Designs (Ziel: Nüchternblutzucker 4,0 – 5,0 mmol/l
bzw. 72 – 90 mg/dl) die IDeg-Dosis von 16 E/Tag auf im Mittel 45 E/Tag erhöht. Daher
repräsentieren die Behandlungsdifferenzen den zusätzlichen Effekt von Liraglutid bei
einer Zugabe zu Basalinsulin. Dabei entsprechen 45 E IDeg in dem Fixkombinationspräparat
1,62 mg Liraglutid (1 Dosisschritt IDegLira: 1 E IDeg/0,036 mg Lira). Im Vergleich
zu IDeg führte IDegLira zu signifikanten Reduktionen von HbA1c, Nüchternblutzucker, postprandialem Blutzucker und Körpergewicht, ohne das Hypoglykämierisiko
zu erhöhen.
Verträglichkeit der Intensivierung mit GLP-1-RA
Eine Gesamtbetrachtung der Studien ergibt ein gehäuftes Auftreten von unerwünschten
Ereignissen unter den drei GLP-1 RA im Vergleich zu den jeweiligen Kontrollgruppen.
Dies ist vor allem auf gastrointestinale Ereignisse und hier insbesondere Übelkeit
zurückzuführen. In der Studie von Mathieu et al. (2014) nahm der Anteil von Patienten
mit Übelkeit im Verlauf deutlich ab und erreichte nach 26 Wochen 3 % ([Abb. 1a]). Hinsichtlich der schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse ergeben sich keine Hinweise
auf eine schlechtere Verträglichkeit der GLP-1-RA.
Hervorzuheben ist das Ergebnis der doppelblinden Studie zu der Fixkombination IDegLira,
in der eine ähnliche Rate bzgl. unerwünschter Ereignisse in der IDegLira-Gruppe versus
IDeg gefunden werden konnte (Buse 2014). Zudem fällt auf, dass lediglich 6,5 % der
mit IDegLira behandelten Patienten von Übelkeit betroffen waren ([Abb. 1b]). Ein wesentlicher Unterschied zu den anderen Studien bestand in der 2-mal wöchentlichen
Dosistitration in kleinen Schritten (jeweils ± 2 Dosisschritte, entsprechend 0,072 mg)
ausgehend von 0,6 mg Liraglutid (Mathieu et al. 2014). Eine Lösung des Problems der
gastrointestinalen Nebenwirkungen könnte daher in kleineren Titrationsschritten im
Vergleich zum bisher üblichen Vorgehen liegen.
Blutdruckreduktion im Rahmen der Intensivierung mit GLP-1-RA
In den Publikationen zu vier randomisierten, kontrollierten Studien werden Ergebnisse
zum Blutdruck berichtet. Es zeigten sich jeweils Reduktionen des systolischen Blutdrucks
mit Differenzen zu den Vergleichsgruppen von 4 – 5 mm Hg. Eine signifikante Reduktion
des diastolischen Blutdrucks konnte bisher nur in der placebokontrollierten Studie
von Buse et al. (2011) gezeigt werden, die zugleich einen signifikanten Anstieg des
Pulses um 3,0 Schläge/Minute (95 % CI: 0,8 bis 5,2; p < 0,01) dokumentierte. Dies
steht im Einklang mit früheren Untersuchungen (Fonseca 2014).
Reduktion der Insulindosis
In Erwartung des zusätzlichen blutzuckersenkenden Effekts und eines geringeren Insulinbedarfs
wurden in den meisten Studien die Insulindosierungen bereits zum Zeitpunkt der Einleitung
der Therapie mit GLP-1-RA reduziert. Das Vorgehen war jedoch unterschiedlich. So differenzierte
nicht jede Studie bei der Dosisreduktion zwischen den Ausgangs-HbA1c-Werten. Zudem lag die Spanne der Reduktion der Basalinsulindosis zwischen 10 % und
30 %.
Zeitpunkt des Therapiebeginns mit GLP-1-RA
Zeitpunkt des Therapiebeginns mit GLP-1-RA
Da ein Großteil der Wirkung der GLP-1-RA von der Fähigkeit der ß-Zellen abhängt, Insulin
freizusetzen, stellt sich die Frage nach dem optimalen Zeitpunkt für die erstmalige
Gabe von GLP-1-RA bei Typ-2-Diabetes. Der Vergleich von explorativen Daten aus zwei
Studien ergab gegenläufige Hinweise zur Wirksamkeit von GLP-1-RA in Abhängigkeit von
der Diabetesdauer (Penfornis 2013, Rosenstock 2012).
Gemäß Subgruppenanalyse zur placebokontrollierten Studie zu Exenatid (n = 259) (Buse
2011) wurde bei einer Diabetesdauer von < 9 Jahren keine signifikante Reduktion des
HbA1c gegenüber einer optimierten Insulin-glargin-Therapie erreicht, während es bei längerer
Diabetesdauer zu signifikanten Vorteilen kam (Rosenstock 2012). Zudem war die HbA1c-Reduktion unabhängig vom Ausgangs-HbA1c und geringer bei Patienten mit hohem BMI > 36 kg/m2. Eine signifikante Gewichtsreduktion im Vergleich zu Placebo wurde in allen untersuchten
Subgruppen erreicht.
In der französischen Beobachtungsstudie EVIDENCE erhielten 2433 Patienten für mehr
als ein Jahr Liraglutid zusätzlich zu oralen Antidiabetika und/oder Insulin. Hier
war die HbA1c-Reduktion am stärksten bei kurzer Diabetesdauer und bei wenigen Antidiabetika in
der Vortherapie (Penfornis 2013). In einer Post-hoc-Analyse von Daten aus dem Phase-3-Studienprogramm
zu Liraglutid war die HbA1c-Reduktion etwas stärker bei kürzerer Diabetesdauer, wenn 1,2 mg Liraglutid appliziert
wurden (Seufert 2013). Unter 1,8 mg Liraglutid war kein signifikanter Einfluss der
Diabetesdauer auf die HbA1c-Reduktion festzustellen.
Patienten mit Adipositas und schwerer Insulinresistenz
Patienten mit Adipositas und schwerer Insulinresistenz
Zwei Studien untersuchten Exenatid (Nayak 2010) oder Liraglutid (Lane 2014) bei adipösen
Patienten mit Typ-2-Diabetes und hoher Insulindosis.
In der prospektiven Beobachtungsstudie zu Exenatid zeigten sich im Verlauf von 6 Monaten
bei den 160 Patienten eine durchschnittliche Gewichtsreduktion um – 10,7 kg und ein
nahezu unveränderter HbA1c von 8,6 % gegenüber 8,8 % als Ausgangsbefund (Nayak 2010). Zugleich konnte jedoch
die Insulindosis bereits in den ersten 3 Monaten im Mittel von 144 auf 51 E/Tag reduziert
werden einschließlich 39 Patienten (24 %), bei denen Insulin abgesetzt worden war.
Die Ergebnisse der randomisierten kontrollierten Studie zu Liraglutid sind in der
[Tab. 3] dargestellt (Lane 2014). Bei einer Reduktion der Insulindosis in der Liraglutid-Gruppe
um durchschnittlich 34 % versus nicht signifikantem Anstieg von 171 E auf 178 E bei
Intensivierung der Insulintherapie war die Gewichtsreduktion nach 6 Monaten mit –5,3 kg
versus Baseline (p < 0,0001) weniger stark ausgeprägt als in der Studie von Nayak
et al. (2010); jedoch wurde eine signifikante Reduktion des HbA1c gegenüber dem Ausgangswert von 7,80 % auf 7,15 % erreicht (p < 0,0001) (Lane 2014).
Persistenz
In einer US-amerikanischen Untersuchung zu Patienten mit Typ-2-Diabetes, die erstmals
Basalinsulin oder Exenatid erhielten, war die Persistenz nach dem ersten Behandlungsjahr
mit 28,7 % gering (Cooke 2010). Exenatid wurde im Mittel nach 7,6 Monaten beendet
im Vergleich zu jeweils 7,8 Monaten bei Insulin glargin und Insulin detemir (p = n. s.)
sowie durchschnittlich 5,6 Monaten bei NPH-Insulin (p < 0,001). In einer anderen Studie
war die Persistenz deutlich besser, mit einem Vorteil für Exenatid im Vergleich zu
Insulin glargin (68 ± 29 % vs. 58 ± 28 %; p < 0,001) (Fabunmi 2009). Auch die französische
prospektive Beobachtungsstudie zu Liraglutid ergibt Hinweise, dass eine deutlich höhere
Persistenz als in der US-amerikanischen Untersuchung erreicht werden kann, da nach
einem Jahr noch 77,6 % der Patienten an der Studie teilnahmen (Penfornis 2013).
Die drei randomisierten kontrollierten Studien, die Exenatid, Liraglutid oder Albiglutid
mit einem kurz wirksamen Insulinanalogon zur Intensivierung einer Basalinsulintherapie
verglichen, wiesen relativ hohe Raten an Patienten auf, die nach 30 bzw. 26 Wochen
noch in der Studie waren. Mit 84 % (Exenatid) versus 86 % (Insulin lispro), 86 % (Liraglutid)
versus 84 % (Insulin aspart) bzw. 91 % (Albiglutid) versus 94 % (Insulin lispro) ergibt
sich kein Hinweis auf einen Unterschied bei der Persistenz zwischen GLP-1-RA und kurz
wirksamem Insulinanalogon (Diamant 2014, Mathieu 2014, Rosenstock 2014). Auffallend
war jedoch, dass sich in der Studie von Diamant et al. (2014) 29 Patienten (9,3 %)
in der Insulin-lispro-Gruppe für ein vorzeitiges Studienende entschieden im Vergleich
zu 18 Patienten (5,7 %) in der Exenatid-Gruppe (Diamant 2014). Unerwünschte Ereignisse
waren dagegen in den GLP-1-RA-Gruppen häufiger für Abbrüche verantwortlich als in
den Gruppen der kurz wirksamen Insulinanaloga (5,4 % Exenatid, 5,7 % Liraglutid und
5,3 % Albiglutid versus 2,6 %, 1,1 % und 0,4 % Insulinanaloga). Es dürfte daher von
entscheidender Relevanz für eine gute Persistenz im Behandlungsalltag sein, dass die
Betreuung der Patienten in Bezug auf gastrointestinale Ereignisse optimiert ist.
Therapietreue
Bei einer unzureichenden Therapietreue von Patienten mit Typ-2-Diabetes steigt der
HbA1c und es kommt zu gehäuften Arztbesuchen, Behandlungen in der Notaufnahme sowie Hospitalisierungen
(Di Bonaventura 2014). Die Gründe einer reduzierten Therapieadhärenz sind vielschichtig
und umfassen u. a. die Komplexität der Behandlung, Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme
und Hypoglykämie und die wahrgenommene Wirksamkeit (García-Pérez 2013). Bei den GLP-1-RA
stehen den gastrointestinalen Nebenwirkungen zahlreiche Faktoren gegenüber, die von
Vorteil für die Therapieadhärenz sein können. Dazu gehören insbesondere das im Vergleich
zu kurz wirksamen Insulinen geringere Hypoglykämierisiko, die deutliche Gewichtsreduktion
und eine relativ geringe Komplexität der Behandlung (weniger Blutzuckerkontrollen,
ggf. geringere Applikationshäufigkeit).
Bei Liraglutid könnte sich die nur 1-mal tägliche Gabe, die zudem von Mahlzeiten unabhängig
ist (beliebiger Zeitpunkt, jedoch vorzugsweise immer zur gleichen Tageszeit) positiv
im Vergleich zu Exenatid auswirken, das 2-mal täglich jeweils innerhalb von 60 Minuten
vor Mahlzeiten angewendet werden muss (Santoleri 2014). Außerdem ergeben sich für
die im September 2014 neu zugelassene Fixkombination von Liraglutid und IDeg (Xultophy®) positive Aspekte für die Therapietreue der Patienten. So wird für eine Intensivierung
der Basalinsulintherapie keine zusätzliche Injektion mehr benötigt, und es waren nur
6,5 % der Patienten von Übelkeit betroffen (Buse 2014).
Abwägung Exenatid versus Liraglutid versus Albiglutid
Abwägung Exenatid versus Liraglutid versus Albiglutid
Bei den Abwägungen zur Intensivierung einer Therapie mit Basalinsulinen sollten Unterschiede
zwischen den GLP-1-RA berücksichtigt werden, um die Therapie besser auf den jeweiligen
Patienten auszurichten (Lund 2014). Grundsätzlich ermöglicht die 2-mal tägliche Gabe
von Exenatid im Vergleich zu 1-mal täglich Liraglutid eine stärkere Reduktion der
postprandialen Blutzuckerwerte bei zwei von drei Hauptmahlzeiten am Tag, die postprandialen
Blutzuckerwerte nach dem Mittagessen unterschieden sich nicht statistisch signifikant
(Buse 2009). Dies gelingt durch eine stärkere Hemmung der Magenentleerung nach der
Injektion (Meier 2012, Montanya 2012). Dagegen wurde mit Liraglutid eine stärkere
Reduktion des Nüchternblutzuckers erreicht (Buse 2009). Der Effekt auf den Nüchternblutzucker
beruht primär auf insulinotropen Wirkungen und der Reduktion der Glucagonsekretion
(Meier 2012).
In der LEAD-6-Studie waren in der Behandlungswoche 26 noch 2,5 % der mit Liraglutid
behandelten Patienten versus 8,6 % der mit Exenatid behandelten Patienten von Übelkeit
betroffen (Buse 2009). Bis zum Abfall der Übelkeitsrate unter 10 % vergingen in der
Liraglutid-Gruppe 6 Wochen im Vergleich zu 22 Wochen in der Exenatid-Gruppe (Buse
2009). Die Liraglutid-Gruppe wies zudem insgesamt eine höhere Therapiezufriedenheit
auf als die Exenatid-Gruppe (Buse 2009).
In der 32-wöchigen HARMONY-7-Studie wurden mit Liraglutid (Startdosis 0,6 mg, Titration
bis auf 1,8 mg ab Woche 3) häufiger das HbA1c-Ziel und eine im Mittel um 1,55 kg stärkere Gewichtsreduktion erreicht als mit Albiglutid
(Startdosis 30 mg, Steigerung auf 50 mg in Woche 6) (Pratley 2014). Die erhöhte Übelkeitsrate
in der Liraglutid-Gruppe ist möglicherweise auf die schnellere Dosistitration zurückzuführen.
Abwägung GLP-1-RA versus kurz wirksame Insulinanaloga
Abwägung GLP-1-RA versus kurz wirksame Insulinanaloga
Anhand der präsentierten Studienergebnisse aus drei direkten Vergleichsstudien und
drei weiteren randomisierten kontrollierten Studien (Buse 2011, Diamant 2014, Lahtela
2014, Mathieu 2014, Buse 2014, Rosenstock 2014) sowie der darüber hinausgehenden Eigenschaften
lassen sich Vorteile für die jeweilige Option zur Intensivierung einer Therapie mit
Basalinsulinen darstellen ([Tab. 4]).
Tab. 4
Aspekte für die Abwägung zwischen GLP-1-RA und kurz wirksamen Insulinanaloga bei der
Intensivierung einer Therapie mit Basalinsulin.
|
GLP-1-RA vs. kurz wirksame Insulinanaloga
|
HbA1c-Reduktion/ HbA1c ≤ 7,0 %
|
|
Blutzucker
nüchtern (nüBZ)
|
-
GLP-1-RA mit Effekt auf nüBZ (Liraglutid > Exenatid7)
-
Exenatid vs. Insulin lispro im Vorteil (Behandlungsdifferenz –0,64 mmol/l)2
|
Blutzucker
postprandial (ppBZ)
|
-
Kurz wirksame Insulinanaloga vs. Exenatid oder Liraglutid mit Vorteil bei einer von
drei Hauptmahlzeiten1, 2
-
Kurz wirksames Insulin ermöglicht gezielte Beeinflussung des Blutzuckers bei jeder
Mahlzeit
|
Hypoglykämien
|
-
GLP-1-RA mit geringerem Hypoglykämierisiko (z. B. 1 vs. 8 Hypoglykämien pro Pat.-jahr)1, 2, 6
-
Zugabe von GLP-1-RA oder kurz wirksamem Insulin erfordert ggf. Dosisanpassung des
Basalinsulins.1, 2
|
Körpergewicht
|
|
Systolischer Blutdruck
|
|
Nebenwirkungen
|
-
GLP-1-RA: GI-UE⬆, aber Hinweise auf relativ wenig SUE1 – 3, 5, 6
-
Kurz wirksames Insulin: zu Beginn weniger GI-UE (um ca. 3 von 10 behandelten Pat.)2
|
Therapiepersistenz
|
|
Therapieadhärenz
|
-
Unter GLP-1-RA mehr fördernde Faktoren: Körpergewicht⬇, Hypoglykämien⬇, Komplexität⬇,
weniger Blutzuckermessungen, höhere Therapiezufriedenheit2
|
Sonstiges
|
GLP-1-RA:
-
Insulindosis⬇1 – 2 (z. T. Absetzen in Subpopulationen8, 9)
-
Kein Risiko von Lipohypertrophien mit stark variabler Resorptionsfähigkeit11
-
Fixkombinationspräparate zugelassen
|
Kurz wirksame Insulinanaloga:
-
Weniger Einschränkungen bzgl. besonderer Patientengruppen (z. B. Kinder, Pat. mit
Niereninsuffizienz)
-
Dosistitration ohne Maximaldosis möglich10
-
Mischinsuline verfügbar
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UE: unerwünschtes Ereignis; SUE: schwerwiegende UE; GI: gastrointestinal; Pat.: Patient;
1 Mathieu et al. 2014; 2 Diamant et al. 2014; 3 Buse 2011; 4 Lahtela 2014; 5 Buse 2014;6 Rosenstock 2014;7 Buse 2009; 8 de Wit 2014;9 Li 2012;10 Owens 2013; 11 Vardar 2007
Kurz wirksame Insulinanaloga können von Vorteil sein, wenn ein Patient besonders gut
für eine intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT) geeignet ist und/oder
ein stark variierender Lebensstil inklusive Essgewohnheiten vorliegt. Durch eine situationsbedingte
Anpassung der Insulindosis können bei derartigen Patienten stärkere Blutzuckerspitzen
vermieden werden. Für die Reduktion von postprandialen Blutzuckerwerten durch kurzwirksame
Insulinanaloga liegen Hinweise vor, dass im Vergleich zu Humaninsulin kardiovaskuläre
Parameter verbessert und Folgekomplikationen vermieden werden können (Kress 2012,
Rathmann 2013).
Weitere Aspekte, die für eine Intensivierung mit kurz wirksamen Insulinanaloga sprechen,
sind die geringeren Raten gastrointestinaler Nebenwirkungen und hierdurch bedingter
Therapieabbrüche zu Behandlungsbeginn, weniger Einschränkungen bzgl. besonderer Patientengruppen
und die Möglichkeit zur genaueren Dosistitration ([Tab. 4]).
Für eine Intensivierung mit GLP-1-RA anstelle von kurz wirksamen Insulinanaloga sprechen
die deutlich besseren Gewichtsverläufe, weniger Hypoglykämien, das Vorliegen von deutlich
mehr Faktoren, die sich positiv auf die Therapietreue des Patienten auswirken können,
weniger Blutzuckermessungen, die Dosisreduktion von Insulin mit eventueller Möglichkeit
zum Absetzen von Insulin und eine höhere Therapiezufriedenheit. Letztere wurde in
der Studie von Diamant et al. (2014) unter Exenatid im Vergleich zu Insulin lispro
und in einer schwedischen Beobachtungsstudie zur Intensivierung einer Insulintherapie
mit Liraglutid (n = 40) oder Exenatid (n = 21) gezeigt (Lind 2012). Bei bestimmten
Patienten kann zudem die insbesondere unter Liraglutid zu erwartende stärkere Reduktion
des Nüchternblutzuckers relevant sein. Für IDegLira können Vorteile der Fixkombination
(nur eine Injektion pro Tag) und die möglicherweise geringere Übelkeitsrate sprechen.
Fazit
In jüngster Zeit wurden mehrere randomisierte, kontrollierte Studien zur Intensivierung
einer Basalinsulintherapie mit drei GLP-1-RA publiziert. Demnach ermöglichen GLP-1-RA
eine kombinierte Blutzuckerreduktion (postprandial und nüchtern) mit positiven Effekten
auf den HbA1c-Wert, das Hypoglykämierisiko, das Körpergewicht, die Insulindosis, den systolischen
Blutdruck und die Therapiezufriedenheit der Patienten. Außerdem sind weniger Blutzuckermessungen
als bei einer Therapie mit kurz wirksamen Insulinanaloga notwendig. Inwieweit auch
die Therapietreue der Patienten verbessert werden kann, ist zum jetzigen Zeitpunkt
lediglich auf der Basis theoretischer Erwägungen zu beantworten. Zudem konnten die
in früheren Studien gezeigten Einflüsse auf den Lipidstoffwechsel bisher nicht anhand
der hier präsentierten Studien zur Kombination mit Basalinsulin bestätigt werden.
Trotz der vielschichtigen positiven Eigenschaften von GLP-1-RA gibt es Gründe, die
für eine Intensivierung mit kurz wirksamen Insulinanaloga sprechen. Dazu gehören die
Möglichkeit, Blutzuckerspitzen zu allen drei Hauptmahlzeiten jeweils gezielt zu behandeln,
die deutlich geringere Rate an gastrointestinalen unerwünschten Ereignissen zu Therapiebeginn
und weniger Einschränkungen hinsichtlich besonderer Patientengruppen (z. B. Kinder
und Patienten mit Niereninsuffizienz).
In welchem Umfang sich die unter GLP-1-RA in Kombination mit Basalinsulinen gezeigten
Effekte langfristig günstig auf mikro- und makrovaskuläre Komplikationen auswirken,
sollte in entsprechenden Endpunktstudien untersucht werden. Offen ist zudem, welcher
Zeitpunkt im Verlauf einer Diabeteserkrankung im Einzelfall optimal für die erstmalige
Gabe von GLP-1-RA ist und wie lange die Kombination von GLP-1-RA und Basalinsulin
im Durchschnitt die gewünschte Blutzuckereinstellung aufrechterhalten kann.