Aktuelle Kardiologie 2015; 4(04): 214
DOI: 10.1055/s-0035-1552162
Aktuelles aus der klinischen Forschung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitralklappenersatz – Bio-MKE bei unter-70-Jährigen mechanischer MKE nicht unterlegen

Chikwe et al.
Survival and Outcomes Following Bioprosthetic vs Mechanical Mitral Valve Replacement in Patients Aged 50 to 69 Years.

JAMA 2015;
313: 1435-1442
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Publication Date:
12 August 2015 (online)

 

Patienten, bei denen eine Mitralklappenersatzoperation erforderlich ist, werden ab einem Alter von 70 Jahren üblicherweise mit einer Bioprothese versorgt, da hier das Risiko einer notwendigen Re-Operation niedrig ist. Unklar ist die Situation bei jüngeren Patienten. Deshalb war dies Gegenstand einer retro-spektiven Beobachtungsstudie, in der Daten einer großen Patientenkohorte ausgewertet wurden.

Chikwe et al. Survival and Outcomes Following Bioprosthetic vs Mechanical Mitral Valve Replacement in Patients Aged 50 to 69 Years. JAMA 2015; 313: 1435–1442

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Sowohl für Patienten über 70 Jahre als auch für Patienten zwischen 50 und 69 Jahren sind Bioprothesen eine Alternative zum mechanischen Mitralklappenersatz. Der Nachteil der erhöhten Re-Operation muss gegen den Vorteil des geringeren Blutungsrisikos und der erniedrigten Schlaganfallrate abgewogen werden (Symboldbild).

In mehreren medizinischen Zentren in New York (USA) wurden insgesamt 3433 Patienten zwischen 50 und 69 Jahren in die Studie eingeschlossen, bei denen zwischen 1997 und 2007 eine singuläre Mitralklappenersatzoperation durchgeführt worden war. Die Patienten hatten sich zuvor noch nie einer Herzklappenoperation unterzogen. Die mittlere Nachbeobachtungszeit lag bei 8,2 Jahren (0–16,8 Jahre). Anhand der Krankenhaus-entlassdiagnose wurde differenziert, ob bei einem Patienten eine mechanische Mitralklappe (76,8%) oder eine Bioprothese (23,2%) implantiert worden war. Die Rate an implantierten Biomitralklappen stieg in der Studienkohorte im Verlauf von 8% (1997) bis auf 60% (2007) deutlich an.

Mittels Aufnahmediagnosen und Diagnosen vorheriger Krankenhausaufenthalte wurden relevante Begleiterkrankungen dokumentiert; auf dieser Basis erfolgte ein Propensity-Score-Matching von 664 Patientenpaaren.

Kein Mortalitätsunterschied

Bei den Patientenpaaren nach der Propensity-Score-Methode ergab sich im Langzeitverlauf kein Mortalitätsunterschied zwischen Patienten mit mechanischem und Patienten mit biologischem Klappenersatz (statistisch errechnete15-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit 57,5%; 95%-CI 50,5%-64,4% bei mechanischem vs. 59,9%; 95%-CI 54,8%-65,0% bei biologischem Klappenersatz; HR 0,95; 95%-CI 0,79-1,15).


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Bioklappen: Erhöhte Rate an Re-Operationen

Der Einsatz einer biologischen Mitralklappe war mit einer erhöhten Rate an ReOperationen im 15-Jahres-Verlauf assoziiert (11,1% vs. 5,0%; HR 0,59; 95%-CI 0,37-0,94).


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Mechanische Klappen: Blutungsrisiko und Schlaganfallsrate erhöht

Das kumulative Schlaganfallsrisiko war dagegen in der Gruppe der Patienten mit mechanischer Mitralklappe im extrapolierten 15-Jahres-Verlauf höher (14,0% vs. 6,8%; HR 1,62; 95%-CI 1,10-2,39). Auch das Risiko für größere Blutungskomplikationen war bei den Patienten mit Kunstklappe in Mitralposition im Vergleich zur Bioklappe erhöht (14,9% vs. 9,0% im 15-Jahres-Verlauf; HR 1,5; 95%-CI 1,05-2,16).

Fazit

Bei Patienten mit einem ähnlichen Status an Begleiterkrankungen scheint es keine Mortalitätunterschiede abhängig vom Typ der implantierten Mitralklappe zu geben. Es gilt die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer erneut notwendigen Mitralklappenersatzoperation beim Einsatz biologischer Klappen gegen das erhöhte Risiko für cerebrale Insulte und Blutungskomplikationen bei mechanischen Klappen gegeneinander abzuwägen, so die Autoren. Leitlinienempfehlungen lassen sich aus der Publikation nicht ableiten, hierfür sollten nach Meinung der Autoren randomisierten Studien mit längerer Nachbeobachtung erfolgen.

Dr. Katharina Franke, Darmstadt


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Sowohl für Patienten über 70 Jahre als auch für Patienten zwischen 50 und 69 Jahren sind Bioprothesen eine Alternative zum mechanischen Mitralklappenersatz. Der Nachteil der erhöhten Re-Operation muss gegen den Vorteil des geringeren Blutungsrisikos und der erniedrigten Schlaganfallrate abgewogen werden (Symboldbild).