Einführung
Der Entwurf der Bundesregierung zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) (BT-Drs.
18/4095) soll, wie bereits das GKV-VStG vom 22.12.2011, eine bedarfsgerechte, flächendeckende
und gut erreichbare medizinische Versorgung der Patienten weiter auf hohem Niveau
sicherstellen. Im Anschluss an die letzte Entwurfsfassung vom 25.02.2015 haben die
Koalitionsfraktionen von CDU / CSU und SPD am 19.05.2015 einen umfangreichen Änderungskatalog
vorgelegt, der nicht unerhebliche Änderungen der gesetzlichen Neuregelungen beinhaltet.
Verabschiedet werden soll das GKV-VSG nach der 2. und 3. Lesung in der Sitzung des
Bundestags am 11.06.2015. Danach wird das Gesetz noch im Bundesrat behandelt. Bis
zur Verkündung im Bundesgesetzblatt könnte jedoch noch einige Zeit vergehen, da der
Bundesrat einen eigenen Änderungskatalog beschlossen hat und die Ansicht vertritt,
dass das GKV-VSG auch der Zustimmung der Länderkammer bedürfe (Stellungnahme des Bundesrats,
Drs. 641/14, S. 1).
Gleichwohl sind durch die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen die wesentlichen
Linien der künftigen Neuregelungen abgesteckt, sodass man sich auf den Umfang des
zukünftigen Gesetzestexts einstellen kann. Mit diesem Beitrag werden die für die ärztliche
Tätigkeit im Bereich und damit auch in der Radiologie wichtigsten Regelungen des Gesetzentwurfs
zum GKV-VSG vorgestellt werden, wobei die Änderungsanträge durch CDU / CSU und SPD
besondere Berücksichtigung finden.
Kooperationsformen
Wesentliche Neuregelungen betreffen die Kooperations- und Versorgungsformen. Auf der
einen Seite betreffen die Neuregelungen Arztnetze und Ambulante spezialfachärztliche
Versorgung (ASV), auf der anderen Seite selektive Vertragsformen wie die bisherige
Integrierte Versorgung nach §§ 140a SGB ff.
Praxisnetze
Nach dem GKV-VSG müssen Praxisnetze im Falle einer Anerkennung von den Kassenärztlichen
Vereinigungen in besonderer Weise gefördert werden. Nach § 87b Absatz 2 Satz 3 SGB
V (neu) müssen für anerkannte Praxisnetze gesonderte Vergütungsregelungen vorgesehen
werden. Zudem wird durch das GKV-VSG die Möglichkeit eröffnet, dass für diese Praxisnetze
eigene Honorarvolumen als Teil der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung gebildet
werden. Die Kriterien für die Anerkennung von Praxisnetzen soll die Kassenärztliche
Bundesvereinigung im Einvernehmen mit dem GKV-Spitzenverband regeln.
Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV)
Die Fraktionen von CDU / CSU und SPD haben hinsichtlich der ASV einige Änderungsanträge
(Änderungsanträge Nr. 23, 34, 48) eingebracht. Im Wesentlichen reagieren sie damit
auf die Kritik, dass sich die ASV in der heutigen Fassung des § 116b SGB V auch bei
onkologischen und rheumatologischen Erkrankungen nur auf schwere Verlaufsformen bezieht.
Durch diese Regelungen ergeben sich bisher erhebliche Abgrenzungskonflikte zur vertragsärztlichen
Regelversorgung. Mit dem Wegfall der Anforderung der „schweren Verlaufsformen“ werden
die Bedeutung und der Umfang der ASV deutlich zunehmen. Umso deutlicher ist seitens
der Radiologie daher noch einmal auf die mangelnde Einbeziehung der Radiologen in
das interdisziplinäre Team hinzuweisen (vgl. hierzu Fortschr Röntgenstr 2014; 186:
812–815).
Weiterhin haben die Koalitionsfraktionen den Bestandsschutz für Krankenhäuser, die
an der ambulanten Behandlung nach § 116b SGB V in der Fassung bis zum 31.12.2011 teilnahmen,
der in dem ursprünglichen Entwurf dauerhaft vorgesehen war, nun auf 3 Jahre nach Inkrafttreten
eines Richtlinienbeschlusses des G-BA für die jeweilige Erkrankung oder hochspezialisierte
Leistung begrenzt.
Besondere Versorgung
Unter dem neuen Abschnitt „Besondere Versorgung“ werden in den §§ 140a ff. SGB V (neu),
neben der Integrierten Versorgung, verschiedene Formen der Selektivverträge zusammengefasst,
die vorher an verschiedenen Stellen des SGB V geregelt waren. Dabei werden die frühere
integrierte Versorgung, die Strukturverträge und die besondere ambulante ärztliche
Versorgung zusammengefasst [§§ 73a, 73c. 140a ff. SGB V (neu)]. Ausweislich der Begründung
des Gesetzentwurfs soll dadurch eine Systematisierung und auch eine Flexibilisierung
vorgenommen werden (BT-Drs. 18/4095, S. 126), da das Satzungserfordernis bei den Krankenkassen
gestrichen wird. Eine Entbürokratisierung wird dadurch angestrebt, dass nur noch eine
Übermittlungspflicht anstatt einer Vorlagepflicht an die Aufsichtsbehörde der Krankenkasse
bestehen soll (BT-Drs. 18/4095, S. 86). Dafür werden in § 73 Absatz 6 SGB V (neu)
erheblich schärfere Sanktionen gegenüber Krankenkassen im Falle einer Beanstandung
vorgesehen. Ob die gewünschten Ziele so erreicht werden, kann durchaus als zweifelhaft
eingeschätzt werden.
Aufkaufregelung für Vertragsarztsitze in überversorgten Gebieten
Aufkaufregelung für Vertragsarztsitze in überversorgten Gebieten
Einer der umstrittensten Punkte des Gesetzentwurfs zum GKV-VSG wird durch die Änderungsanträge
der Koalitionsfraktionen – vermutlich auch aufgrund erheblichen politischen Drucks
aus der Fachöffentlichkeit – zwar nicht beseitigt, aber in erheblicher Weise entschärft.
Dies betrifft die sog. Aufkaufregelung von Vertragsarztsitzen in § 103 Abs. 3 a SGB
V (neu), nach der der Zulassungsausschuss zukünftig einen Antrag auf Nachbesetzung
eines Vertragsarztsitzes ablehnen „soll“, wenn eine Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes
aus Versorgungsgründen nicht erforderlich ist. Bisher hatte der Zulassungsausschuss
diesbezüglich noch ein Ermessen („kann“). Diese Aufkaufregelung betrifft dabei einen
weiten Kreis möglicher Fälle: Die Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes im Rahmen
einer Einzelpraxis, die Rückumwandlung einer Anstellung in einer Zulassung gemäß §
95 Absatz 9b SGB V, die Nachbesetzung bei Ausscheiden aus einer Gemeinschaftspraxis
oder auch die Beschränkung des Versorgungsauftrags auf die Hälfte und Ausschreibung
des anderen Teils nach § 19a Ärzte-ZV.
Wird die Regelung Gesetz, muss der Zulassungsausschuss zukünftig den Antrag eines
Vertragsarzts auf Nachbesetzung ablehnen, wenn die Nachbesetzung aus Versorgungsgründen
nicht erforderlich ist. Damit weicht die bisherige „Kann“- Regelung einer „Soll“-Regelung.
Kann- und Soll-Regelungen haben verwaltungs-rechtlich unterschiedliche Rechtsfolgen:
Die Zulassungsausschüsse entscheiden bisher nach pflichtgemäßem Ermessen über die
Nachbesetzung, wobei sie dieses Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung in
§ 103 Absatz 3a, 4 SGB V auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten
und insbesondere sachlich gleichgelagerte Fälle in gleicher Weise zu behandeln haben
(vgl. hierzu BVerwG, Beschl. vom 31.10.1988, Az.: 1 DB 16/88). Eine Soll-Regelung
ist demgegenüber im Regelfall für die Zulassungsausschüsse rechtlich zwingend und
verpflichtet sie, so zu verfahren, wie es im Gesetz bestimmt ist. Nur bei Vorliegen
von Umständen, die den Fall als atypisch erscheinen lassen, darf die Behörde anders
verfahren als im Gesetz vorgesehen und den atypischen Fall nach pflichtgemäßem Ermessen
entscheiden (BVerwG, Beschl. v. 03.12.2009, Az: 9 B 79/09).
Es sei angemerkt, dass bereits nach der jetzigen Rechtslage gemäß § 103 Absatz 3a
Satz 5 und 6 SGB V kein Vorverfahren (also eine Anrufung des Berufungsausschusses)
stattfindet, sondern sofort Klage erhoben werden muss, die jedoch nach § 103 Abs.
3a Satz 7 SGB V keine aufschiebende Wirkung hat.
Ziel dieser Neukonzeption ist es, Vertragsarztsitze, die aus Versorgungsgründen nicht
benötigt würden, abzubauen und mehr Ärzte für weniger versorgte Regionen zur Verfügung
zu stellen (BT-Drs. 18/4095, S. 108). In der Begründung zum Gesetzentwurf werden verschiedene
Kriterien für eine Erforderlichkeit aus Versorgungsgründen genannt, die nicht unter
die Soll-Regelung fielen. Dabei geht es vor allem um Fälle, in denen ein besonderer
lokaler oder qualifikationsbezogener Versorgungsbedarf besteht oder ein Arztsitz einer
speziellen Fachrichtung weiterhin benötigt werde (BT-Drs. 18/4095, S. 108). Explizit
wird beispielsweise auf Mitversorgungsaspekte des unterversorgten Umlandes, Versorgungsbedürfnisse
von Menschen mit Behinderung oder den Erhalt des besonderen Versorgungsangebotes eines
Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) oder einer Berufsausübungsgemeinschaft verwiesen
(BT-Drs. 18/4095, S. 108).
Im geplanten Gesetzestext werden allerdings keine Kriterien genannt, wann ein Sitz
aus Versorgungsgründen notwendig ist. Weiterhin besitzt der Zulassungsausschuss bei
seinen Entscheidungen nur einen gerichtlich eingeschränkt kontrollierbaren Beurteilungsspielraum,
sodass für die Beteiligten keinerlei Rechtssicherheit besteht. Zudem erscheinen die
möglichen Ausnahmen in der Gesetzesbegründung als zu eng. Die Begründung nennt exemplarisch
einen lokalen oder qualifikationsbezogenen Sonderbedarf sowie weitere Beispiele. Die
Anforderungen an einen lokalen Sonderbedarf nach der Bedarfsplanungsrichtlinie sind
jedoch sehr eng gefasst. Der Bundesrat hatte hierzu bereits einen Änderungsvorschlag
eingebracht, dass ein Antrag auf Nachbesetzung dann abgelehnt werden soll, wenn die
ordnungsgemäße Versorgung der Versicherten am Ort der Niederlassung unter Berücksichtigung
des wahrgenommenen Versorgungsauftrages nicht beeinträchtigt wird (Drs. 641/14, S
62 f.). Danach wären durch den Zulassungsausschuss weitere Faktoren in die Überlegung
einzubringen, wie z. B. Fallzahlen der Praxis, Wartezeiten der Patienten, Behandlungsstunden
und Erreichbarkeit der Praxis.
Diese Kritik wurde seitens der Koalition teilweise aufgenommen. Nach dem Vorschlag
in den Änderungsanträgen wird der § 103 SGB V dahingehend geändert, dass die Soll-Regelung
laut § 103 Absatz 3a Satz 7 SGB V (neu) erst bei einem Versorgungsgrad von 140% eingreift.
Bei einem Überversorgungsgrad zwischen 110–140% soll dagegen die bisherige Kann-Regelung
Anwendung finden. Die Feststellung eines Versorgungsgrads von 140% wird durch die
Landesausschüsse getroffen. Ermächtigte Ärzte werden bei der Berechnung im Übrigen
nicht hinzugezählt.
Gleichwohl finden sich auch bereits im Gesetzentwurf Privilegierungen und Ausnahmen.
Diese sind im Falle der Perspektive einer Praxisabgabe und der Gefahr eines Aufkaufs
des Vertragsarztsitzes aufgrund der oben genannten Quoten weiterhin zu berücksichtigen.
Gemäß § 103 Absatz 5 Satz 5 Nr. 5 SGB V ist die Übertragung eines Vertragsarztsitzes
auf Ehegatten, Lebenspartner oder Kinder des bisherigen Vertragsarzts privilegiert.
Dies gilt ebenso für einen mindestens 3 Jahre angestellten Arzt oder für eine Übertragung
innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft in Form einer Gemeinschaftspraxis, bei
der der gemeinschaftliche Praxisbetrieb ebenfalls mindestens 3 Jahre angedauert haben
muss, wie § 103 Absatz 5 Satz 5 Nr. 6 SGB V beschreibt. Ebenso privilegiert ist nach
§ 103 Absatz 5 Satz 5 Nr. 4 SGB V die Übertragung auf einen Arzt, der mindestens 5
Jahre in einem unterversorgten Gebiet tätig war. Diese im Gesetzentwurf noch mögliche
Privilegierung wird von den Koalitionsfraktionen in eine zwingend zu berücksichtigende
Regelung überführt. Ein weiterer Privilegierungsgrund soll zukünftig diejenigen Ärzte
berücksichtigen, die sich verpflichten, den zur Nachbesetzung anstehenden Vertragsarztsitz
in ein schlechter versorgtes Gebiet desselben Planungsbereichs zu verlegen.
Anzumerken ist, dass das gesamte Prüfungsverfahren nicht bei MVZ gilt. Gegebenenfalls
könnte daher in der Praxis überlegt werden, eine Gemeinschaftspraxis in ein MVZ umzuwandeln,
um den Beschränkungen bei der Nachbesetzung nicht zu unterliegen. Diese Konsequenz
hat auch der Bundesrat gesehen (Drs. 641/14, S. 63), wurde aber von CDU / CSU und
SPD nicht aufgegriffen.
Die Einziehung der vertragsärztlichen Zulassung durch den Zulassungsausschuss soll
nach dem Gesetzentwurf (und auch der geltenden Rechtslage) nicht ohne Entschädigung
erfolgen. Diese Verpflichtung besteht, da das BSG in ständiger Rechtsprechung betont,
dass die Rechtsstellung eines Kassenarzts eigentumsähnlich ist und von Art. 14 GG
geschützt wird (BSG, Urt. v. 19.03.1957, Az.: RKa 5/55). Auch im Nachbesetzungsverfahren
soll den Erfordernissen des Eigentumsschutzes Rechnung getragen werden (BSG, Urt.
v. 14.12.2011, Az.: B 6 KA 39/10 R). Um diesem Erfordernis nachzukommen, hat die Kassenärztliche
Vereinigung nach § 103 Absatz 3a SGB V dem Vertragsarzt oder seinen zur Verfügung
über die Praxis berechtigten Erben eine Entschädigung in der Höhe des Verkehrswerts
der Arztpraxis zu zahlen. Maßgeblich ist dafür nach § 103 Absatz 4 Satz 8 SGB V der
Verkehrswert der Praxis, da dieser auch bei einer Veräußerung der Praxis bei der Auswahl
möglicher Bewerber maßgeblich ist. Dabei ist nach der Rechtsprechung der BGH die sog.
modifizierte Ertragswertmethode als grundsätzlich geeignet anzusehen. Problematisch
daran ist, dass die Entscheidung des Zulassungsausschusses gerichtlich nur dahingehend
überprüft werden kann, ob sie gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt oder
sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht. Gleichwohl wird die Abstellung auf
den reinen Verkehrswert in den Änderungsanträgen der Koalitionsfraktionen weiterhin
bekräftigt. Ausdrücklich soll nach den Äußerungen der Koalitionsfraktionen nicht auf
einen theoretisch erzielbaren höheren Kaufpreis abgestellt werden. Die Entschädigung
soll jedoch den Ersatz von Folgeschäden, die z. B. aufgrund von längerfristigen Verträgen
entstehen können, einschließen.
Überprüfung des Versorgungsauftrags
Überprüfung des Versorgungsauftrags
Zur Erfüllung des vertragsärztlichen Versorgungsauftrags enthält das GKV-VSG weitere
Regelungen. In § 95 Absatz 3 SGB V (neu) wird eingefügt, dass die Versorgungsaufträge
von der Kassenärztlichen Vereinigung zu prüfen sind. Damit zielt der Entwurf darauf
ab, den Aspekt zu stärken, dass der Vertragsarzt zur Versorgung nicht nur berechtigt
sondern auch verpflichtet ist. Auch im Kontext des Strebens nach kürzeren Wartezeiten
für die Patienten soll diese Prüfung beinhalten, ob die Ärzte ihren vollen und hälftigen
Versorgungsaufträgen auch wirklich nachkommen. Dies gilt auch hinsichtlich angestellter
Ärzte und MVZ.
Terminservicestellen
Der bedarfsgerechte Zugang der Patienten zur Versorgung soll laut der Gesetzesbegründung
insbesondere durch die Einrichtung von Terminservicestellen durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen erreicht werden. Damit wird das Ziel verfolgt, die Wartezeiten der Versicherten
in Wartezimmern zu verkürzen.
In diesem Zusammenhang ist vorgesehen § 75 Absatz 1 Satz 2 bis 4 SGB V aufzuheben
und nach Absatz 1 die Absätze 1 a und 1 b einzufügen. Der neue § 75 Absatz 1a SGB
V bestimmt, dass der Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen nach
§ 75 Absatz 1 SGB V auch die angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen
Versorgung erfasst. Daher sieht § 75 Absatz 1 a SGB V (neu) vor, dass die Kassenärztlichen
Vereinigungen bis spätestens 6 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, Terminservicestellen
einzurichten haben, die auch in Kooperation mit den Landesverbänden der Krankenkassen
und den Ersatzkassen betrieben werden können.
Die Aufgabe der Terminservicestellen besteht darin, den gesetzlich Versicherten bei
Vorliegen einer Überweisung zu einem Facharzt innerhalb 1 Woche einen Behandlungstermin
vorwiegend bei einem Leistungserbringer nach § 95 Absatz 1 Satz 1 SGB V (Vertragsärzte,
MVZ, ermächtigte Einrichtungen) zu vermitteln. Eine Überweisung muss nicht vorliegen,
wenn ein Behandlungstermin beim Augenarzt oder einen Frauenarzt zu vermitteln ist.
In diesem Zusammenhang ist laut der Gesetzesbegründung zu beachten, dass kein Anspruch
der Versicherten auf die Vermittlung zu einem bestimmten Facharzt besteht.
Darüber hinaus bestimmt § 75 Absatz 1a SGB V (neu), dass die Wartezeit auf den zu
vermittelnden Behandlungstermin 4 Wochen nicht überschreiten darf und die Entfernung
zwischen Wohnort der Versicherten und dem vermittelten Facharzt zumutbar sein muss.
Bei der Prüfung der Zumutbarkeit der Entfernung zum nächsten Facharzt sind laut Gesetzesbegründung
für die jeweiligen Facharztgruppen unterschiedliche Kriterien anzuwenden, wobei auch
die Besonderheiten der Patientengruppen und auch die besonderen örtlichen Verhältnisse
im Planungsbereich sowie die öffentliche Verkehrsanbindung zu berücksichtigen sind.
Insbesondere soll das Kriterium der Zumutbarkeit unter Würdigung der Belange der betroffenen
Patientengruppen bestimmt werden. Berücksichtigt werden soll dabei, welche Leistung
typischerweise von rüstigen oder von gebrechlichen Patientinnen und Patienten beansprucht
werden. Dabei soll insbesondere auch den Belangen von Menschen mit Behinderungen Rechnung
getragen werden.
Für den Fall, dass die Terminservicestelle keinen Behandlungstermin bei einem Leistungserbringer
nach § 95 Absatz 1 Satz 1 SGB V innerhalb der Frist von 4 Wochen vermitteln kann,
hat sie nach den Bestimmungen des § 75 Absatz 1a SGB V (neu) einen ambulanten Behandlungstermin
in einem zugelassenen Krankenhaus anzubieten. Dabei soll es nicht ausreichend sein,
die Versicherten lediglich auf die Behandlungsmöglichkeit in einem bestimmten Krankenhaus
zu verweisen. Hinsichtlich der Terminvermittlung in einem zugelassenen Krankenhaus
gelten die oben genannten Voraussetzungen entsprechend. Der Termin muss daher dem
Versicherten innerhalb von 1 Woche angeboten werden und es darf eine Wartezeit auf
diesen Termin von 4 Wochen nicht überschritten werden. Ferner muss das Krankenhaus
in einer für die konkrete Behandlung angemessenen Entfernung liegen. Hinsichtlich
der Behandlung im Krankenhaus werden auch die Bestimmungen über die vertragsärztliche
Versorgung gelten.
Die Inanspruchnahme eines zugelassenen Krankenhauses ist dann nicht erforderlich,
wenn es sich bei dem Behandlungstermin um eine verschiebbare Routineuntersuchung handelt,
Fälle von Bagatellerkrankungen oder weitere vergleichbare Fälle vorliegen. In diesem
Zusammenhang soll ein Termin in einer „angemessenen“ Zeit vermittelt werden und darf
über die 4-Wochen-Frist hinausgehen. Als denkbare medizinische Gründe für die Einstufung
des Falls nennt die Gesetzesbegründung beispielhaft die Indikation oder, wenn keine
Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand ohne Behandlung verschlechtert oder
eine längere Verzögerung zu einer Beeinträchtigung des angestrebten Behandlungserfolgs
führt. Dabei soll jedoch zunächst grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine
Behandlung innerhalb von 4 Wochen medizinisch begründet ist.
In der Gesetzesbegründung wird insbesondere hervorgehoben, dass, unabhängig vom jeweiligen
Einzelfall, der Grundsatz der freien Arztwahl gemäß § 76 SGB V gelte und unberührt
bleibe (BT-Drs. 18/4095, S. 88). Daher ist es dem Versicherten freigestellt, nicht
nur auf die Behandlung bei dem von der Terminservicestelle vermittelten Facharzt zu
verzichten und stattdessen zu einem späteren Termin ihren „Wunscharzt“ aufzusuchen,
sondern auch die von der Terminservicestelle angebotene Behandlung im Krankenhaus
abzulehnen und auf einen späteren Behandlungstermin bei einer oder einem niedergelassenen
Fachärztin oder Facharzt zu warten.
Um bundesweit eine möglichst einheitliche Verfahrensweise bei den Terminservicestellen
zu gewährleisten, werden die Bundesmantelvertragspartner in § 75 Absatz 1 a SGB V
(neu) verpflichtet, konkretisierende Regelungen insbesondere zu den unbestimmten Rechtsbegriffen
wie „zumutbare Entfernung“, „angemessene Wartezeit“, „Nachweis des Vorliegens einer
Überweisung“ oder „Bagatellerkrankungen“ zu treffen.
Schließlich bestimmt § 75 Absatz 1a SGB V (neu), dass die vorgenannten Voraussetzungen
keine Anwendung finden, soweit es um die Vermittlung von Terminen für zahnärztliche
Behandlungen nach § 28 Absatz 2, kieferorthopädische Behandlungen nach § 29 SGB V
sowie um psychotherapeutische Behandlungen nach § 28 Absatz 3 SGB V geht. Die Ausnahme
für die psychotherapeutischen Behandlungen wird in der Gesetzesbegründung damit begründet,
dass eine ambulante psychotherapeutische Versorgung – anders als bei anderen fachärztlichen
Leistungen – in der Regel nicht durch entsprechende stationäre psychotherapeutische
Leistungserbringer ersetzt werden könne. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Gemeinsame
Bundesausschuss im Rahmen des GKV-VSG verpflichtet wird, zur Reduzierung von Wartezeiten
in der psychotherapeutischen Versorgung die Psychotherapie-Richtlinie zu überarbeiten.
Der Gemeinsame Bundesausschuss habe dabei insbesondere Regelungen zur Einrichtung
von psychotherapeutischen Sprechstunden, zur Förderung von Gruppentherapien sowie
zur Vereinfachung des Antrags- und Gutachterverfahrens zu beschließen. Zur Reduzierung
von Wartezeiten bei dringendem Behandlungsbedarf solle dabei eine Akutversorgung auch
durch Psychotherapeuten ermöglicht werden.
Auch hinsichtlich dieser Regelungen haben die Fraktionen von CDU / CSU und SPD nunmehr
einen Änderungsantrag (Nr. 18) eingereicht und beantragen unter anderem, dass die
Regelungen zur Vermittlung eines zeitnahen Facharzttermins auch für die Vermittlung
von psychotherapeutischen Sprechstunden gelten sollen.
Neu wäre nach dem Änderungsantrag auch die Einführung einer Evaluierungsverpflichtung
der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Der Ergänzungsvorschlag wird im Änderungsantrag
als sachgerechte Maßnahme begründet, die geeignet sei, Transparenz über die Arbeit
der Terminservicestellen in Bezug auf die fristgemäße Vermittlung von Facharztterminen,
die Häufigkeit der Inanspruchnahme sowie über die Vermittlungsquoten – insbesondere
auch im Hinblick auf das Angebot von Terminen in Krankenhäusern – zu schaffen.
Wie die Terminstellen praktisch umgesetzt werden sollen, lässt der Gesetzgeber offen
und überlässt dies den Kassenärztlichen Vereinigungen. Insbesondere hinsichtlich der
Koordinierung freier Kapazitäten bei den Fachärzten ist fraglich, ob diese überhaupt
bereit sind Termine freizuhalten, da keine finanziellen Anreize bestehen, Behandlungskapazitäten
zu schaffen. Zumal die Regelung die Fachärzte nicht zur Meldung freier Kapazitäten
verpflichtet. Gleiches gilt hinsichtlich der Patienten, auch diese sind nicht verpflichtet
die vermittelten Termine wahrzunehmen.
Ob die Terminservicestellen tatsächlich ihre Aufgaben erfüllen werden und somit ihren
Zweck, eine angemessene und zeitnahe Zurverfügungstellung der fachärztlichen Versorgung
zu gewährleisten, nachkommen, wird sich zeigen. Dies gilt auch hinsichtlich der Vereinbarkeit
mit den Wunschkriterien der Patienten in Bezug auf den Arzt, Behandlungsort und -zeit.
Fest steht allerdings schon jetzt, dass die Einrichtung und Inbetriebnahme der Terminservicestellen
einen hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand für die Kassenärztlichen Vereinigungen
bringen werden.
Recht auf Zweitmeinung
Neben den Termineservicestellen soll das SGB V nach dem bisherigen Entwurf zum GKV-VSG
das sog. Zweitmeinungsverfahren enthalten. Dieses soll in einem neuen § 27b SGB V
implementiert werden. Das Zweitmeinungsverfahren betrifft nach § 27b Absatz 1 (neu)
Versicherte, bei denen die Indikation zu einem planbaren Eingriff gestellt wird, bei
dem insbesondere im Hinblick auf die zahlenmäßige Entwicklung seiner Durchführung
die Gefahr einer Indikationsausweitung nicht auszuschließen ist. Die Anforderungen
daran sollen durch den G-BA in seinen Richtlinien bestimmt werden. Dabei darf die
Zweitmeinung jedoch nicht von einem Arzt oder einer Einrichtung eingeholt werden,
durch den oder in der der Eingriff stattfinden soll. Nach dem ursprünglichen Gesetzesentwurf
sollten zur Zweitmeinung zugelassene und ermächtigte Ärzte, Krankenhäuser, MVZ und
Einrichtungen berechtigt sein. Dem behandelnden Arzt obliegt dabei nach § 27b Absatz
5 SGB V (neu) eine Auskunfts- und Informationspflicht. Dabei muss er insbesondere
auf die von den Kassenärztlichen Vereinigungen und der Landeskrankenhausgesellschaft
entwickelte Liste der Leistungserbringer hinweisen. Der Arzt hat nach § 27b Absatz
5 (neu) dafür Sorge zu tragen, dass die Aufklärung in der Regel mindestens 10 Tage
vor dem geplanten Eingriff erfolgt. In jedem Fall hat die Aufklärung so rechtzeitig
zu erfolgen, dass der Versicherte seine Entscheidung über die Einholung einer Zweitmeinung
wohlüberlegt treffen kann.
Die Änderungswünsche der Koalitionsfraktionen (Nr. 1,4, 22) modifizieren dies dahingehend,
dass hinsichtlich des G-BA auch die Möglichkeiten der telemedizinischen Leistungserbringung
zu berücksichtigen sind. Weiterhin dürfen Zweitmeinungen zudem noch durch nicht an
der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzte erbracht werden.
Aus radiologischer Sicht ist es wichtig, dass in § 27b Absatz 4 SGB V (neu) die Regelung
angefügt werden soll, dass der Arzt den Versicherten bei der Aufklärung auf sein Recht
auf Überlassung von Abschriften notwendiger Befundunterlagen aus der Patientenakte
gemäß § 630 g Absatz 2 BGB hinzuweisen hat. Die Koalitionsfraktionen betonen insbesondere
in ihrer Begründung, dass für Röntgenbilder derzeit § 28 Absatz 8 RöV gelte. Hierdurch
werde ein effektives Verfahren ermöglicht, bei dem radiologische Untersuchungen nicht
unnötig wiederholt werden müssten, wenn der Versicherte sich zur Einholung einer Zweitmeinung
entscheidet. Der Versicherte könne die Übergabe einer Abschrift der Befundunterlagen
sowie die Überlassung z. B. von Röntgenbildern unmittelbar, aber auch zu einem späteren
Zeitpunkt verlangen (S. 39 der Änderungsanträge). Damit sind die Fraktionen einer
Anregung des Bundesrates (Drs. 641/14, S. 10) gefolgt.
Gründungsvoraussetzungen bei MVZ
Gründungsvoraussetzungen bei MVZ
Das GKV-VSG sieht vor, das Merkmal „fachübergreifend“ aus der Formulierung des § 95
Absatz 1 Satz 2 SGB V zu streichen. Nach der bisherigen Fassung des § 95 Absatz 1
Satz 2 SGB V ist Voraussetzung für die Gründung eines MVZ, dass es sich hierbei um
eine fachgruppenübergreifende ärztlich geleitete Einrichtung handelt. Dementsprechend
müssen mindestens 2 Vertragsärzte mit verschiedenen Fachgebieten und mindestens halber
Arztstelle im MVZ tätig sein, wobei verschiedene Schwerpunktbezeichnungen nach den
weiterbildungsrechtlichen Vorgaben genügen, vgl. § 95 Absatz 1 Satz 3 SGB V.
Die Streichung des Kriteriums „fachübergreifend“ ermöglicht nunmehr auch die Gründung
fachgruppengleicher MVZ unter Hausärzten, Zahnärzten oder sonstigen Facharztgruppen.
Bezweckt wird damit die weitere Flexibilisierung der Zusammenarbeit unter Vertragsärzten.
Zudem sollen die Gründungsmöglichkeiten für MVZ weiterentwickelt werden. Eine weitere
Folge dieser Änderung ist zudem, dass die Abgrenzung zur fachgruppengleichen Berufsausübungsgemeinschaften
(BAG) verwässert wird. Für solche BAG besteht nunmehr die Möglichkeit der Umwandlung
in ein fachgruppengleiches MVZ und die Umwandlung in die Rechtsform einer GmbH.
Eine weitere Neuerung des GKV-VSG ist, dass Anstellungsgenehmigungen von einem MVZ
auf ein anderes MVZ desselben Trägers entsprechend der Sitzverlegung bei Vertragsärzten
ermöglicht werden soll. Dies wird eine Verschärfung der Wettbewerbssituation zur Folge
haben, da Einzelpraxen und BAG künftig verstärkt in den Wettbewerb mit großen MVZ-Strukturen
mit einem hohen finanziellen Background treten werden und die Anstellungsdichte in
der Ärzteschaft weiter steigen wird. Zudem ist zu erwarten, dass neben einer Neugründungswelle
von MVZs viele BAG in ein MVZ umgewandelt werden.
Das GKV-VSG wird im Bereich des Nachbesetzungsverfahrens und den bisherigen Auswahlkriterien
eine weitere Neuerung bringen. Nach den bisherigen Regelungen findet im Rahmen des
Nachbesetzungsverfahrens eine personengebundene Auswahl nach den Qualifikationen des
Bewerbers statt. Das GKV-VSG sieht nunmehr vor, einen neuen § 103 Absatz 4 Satz 10
SGB V einzufügen, der bestimmt:
„ […] hat sich ein medizinisches Versorgungszentrum auf die Nachbesetzung des Vertragsarztsitzes
beworben, kann auch anstelle der in Satz 5 genannten Kriterien die Ergänzung des besonderen
Versorgungsangebots des medizinischen Versorgungszentrums berücksichtigt werden.“
Dementsprechend kann der Zulassungsausschuss im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens
bei der Bewerbung eines MVZ neben der personengebundenen Auswahl, das besondere Versorgungsangebot
des MVZ dahingehend berücksichtigen, inwieweit dieses durch die Zulassung verbessert
wird. Dadurch wird sich für ein MVZ die Möglichkeit eröffnen, sich auf einen ausgeschriebenen
Vertragsarztsitz vorsorglich bewerben zu können, ohne dass ein konkreter Kandidat
zur Verfügung steht. Daraus folgt letztendlich die Aushebelung der „Bestenauswahl“
im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens zugunsten der MVZ-Struktur. Dies ist insbesondere
dann problematisch, wenn im Nachbesetzungsverfahren ein konkreter Niederlassungsbewerber
und ein MVZ zur Auswahl stehen. Einzelpraxen und BAGs können weiterhin nur mit einem
konkreten Bewerber am Nachbesetzungsverfahren teilnehmen.
Schließlich soll den Kommunen die Möglichkeit gegeben werden, aktiv die Versorgung
in der Region zu beeinflussen und zu verbessern. Dementsprechend sieht der Entwurf
des GKV-VSG vor, dass auch Kommunen künftig MVZ-Träger sein können. Dabei wird Kommunen
die Gründung eines MVZ nicht nur in der Rechtsform des privaten Rechts, sondern auch
in der öffentlich-rechtlichen Rechtsform in der Rechtsform des Eigenbetriebs und des
Regiebetriebs ermöglicht. Dies eröffnet den Kommunen im Einzelfall mehr Gestaltungsfreiheit,
da sie entscheiden können, welche öffentlich-rechtliche Rechtsform im Einzelfall zur
Anwendung kommen soll. Im Eigenbetrieb entfällt für die Kommunen zusätzlich das Erfordernis
der Erbringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft. Zudem soll nach der neuen Regelung
das Zustimmungserfordernis der Kassenärztlichen Vereinigungen entfallen. Dies bedeutet,
dass Kommunen künftig ohne Abstimmung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen MVZ gründen
und betreiben dürfen, mit der Folge, als „2. Instanz“ steuernd in die Versorgung eingreifen
zu können. Darüber hinaus werden die Kommunen als öffentlich-rechtliche Konkurrenz
für Niedergelassene und private MVZ in den Wettbewerb treten. Positiv ist jedoch,
dass die Kommunen die Chance erhalten, künftig aktiv die Versorgung zu gestalten und
einer drohenden Unterversorgung vorzubeugen.
Neuregelungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen
Neuregelungen bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen
Durch GKV-VSG sollen die Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Richtgrößenprüfungen zum
1.1.2017 neu geordnet werden, § 106b SGB V (neu). Danach wird die Wirtschaftlichkeit
der Versorgung mit ärztlich verordneten Leistungen anhand von Vereinbarungen geprüft,
die von den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich
mit den Kassenärztlichen Vereinigungen zu treffen sind. Auf der Grundlage dieser Vereinbarungen
können Nachforderungen wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise nach § 106 Absatz
3 SGB V festgelegt werden. In den Vereinbarungen müssen Regelungen zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen
in allen Bereichen ärztlich verordneter Leistungen enthalten sein. In diesem Zusammenhang
haben die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen
einheitliche Rahmenvorgaben für die Prüfungen zu vereinbaren. Darin ist insbesondere
festzulegen, in welchem Umfang Wirtschaftlichkeitsprüfungen mindestens durchgeführt
werden sollen. In diesen Vereinbarungen ist zudem ein Verfahren festzulegen, das sicherstellt,
dass individuelle Beratungen bei statistischen Prüfungen der Ärztinnen und Ärzte der
Festsetzung einer Nachforderung bei erstmaliger Auffälligkeit vorgehen. Davon ausgenommen
sind jedoch Einzelfallprüfungen. Mit dieser Regelung soll der in § 106 Absatz 5e SGB
V im Rahmen von Richtgrößenprüfungen enthaltende Grundsatz „Beratung vor Regress“,
auch in den auf regionaler Ebene zu vereinbarenden Prüfungsarten sichergestellt werden,
sofern statistische Prüfungsmethoden gewählt werden. Dies soll nach der Intention
des Gesetzgebers dem Abbau von Niederlassungshemmnissen dienen.
Ferner sollen die Vertragspartner besondere Verordnungsbedarfe für die Verordnung
von Heilmitteln festlegen, die bei den oben genannten Prüfungen anzuerkennen sind.
Darüber hinaus steht es den gesamten Vertragspartnern offen, weitere anzuerkennende
besondere Verordnungsbedarfe auf regionaler Ebene zu vereinbaren.
Zudem nennt der neue § 106b Fälle, in den eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen
ist, z. B. hinsichtlich der Verordnungen der nach § 32 Absatz 1a Satz 1 SGB V genehmigten
Heilmittel für Versicherte mit langfristigem Behandlungsbedarf oder der Verordnungen
von Arzneimitteln, für die der Arzt einem Arzneimittelrabattvertrag nach § 130a Absatz
8 SGB V beigetreten ist.
Der neue § 106b SGB V sieht somit insbesondere im Arzneimittelbereich eine Regionalisierung
der Regelungen zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen der Ärztinnen und Ärzte vor. Näheres
dazu wird sich jedoch erst aus den noch zu treffenden Vereinbarungen zwischen den
oben genannten Vertragspartnern ergeben.
Stimmverteilung in den Vertreterversammlungen
Stimmverteilung in den Vertreterversammlungen
In der Ärzteschaft stark umstritten ist die geplante strukturelle Änderung in der
Selbstorganisation der Vertragsärzte. Um die Zusammenarbeit der Hausärzte einerseits
und der Fachärzte andererseits jeweils zu verbessern, werden in der Vertreterversammlung
eine Stimmgewichtung und eine nach Versorgungsbereichen getrennte Abstimmung aufgenommen
(BT-Drs. 18/4095, S. 92 f.). Dies bedeutet, dass § 79 Abs. 3 SGB V dahingehend geändert
wird, dass bei Angelegenheiten, die nur einen der beiden Versorgungsbereiche betreffen,
nur unter den Angehörigen dieses Versorgungsbereiches abgestimmt wird. Bei versorgungsbereichsübergreifenden
Fragen werden demgegenüber die Stimmen so gewichtet, dass in Zukunft Parität herrschen
soll.
Fazit
Durch das GKV-VSG soll die Sicherung der flächendeckenden und möglichst gut erreichbaren
medizinischen Versorgung der Versicherten durch Maßnahmen zur Flexibilisierung der
Rahmenbedingungen für Leistungserbringer auf verschiedenen Ebenen gezielt gefördert
werden. Den Beteiligten vor Ort wird ermöglicht, regionalen Erfordernissen und Gegebenheiten
Rechnung zu tragen. Ob die drohende Unterversorgung in ländlichen Gebieten durch diese
Maßnahmen langfristig abgemildert werden kann, darf wie bereits bei dem GKV-VStG bezweifelt
werden. Widersprüchlich erscheint die Einrichtung von Terminservicestellen, d. h.
die Anerkennung der Tatsache, dass Patienten häufig lange Wartezeiten für einen Besuch
beim Facharzt inkauf nehmen müssen, bei gleichzeitiger Weigerung auch in diesen überversorgten
Planungsbereichen Vertragsärzten die Nachbesetzung zu genehmigen. Insgesamt ist die
vertragsärztliche Bedarfsplanung auf den Prüfstand zu stellen, zumal deren statistische
Planungsgrundlagen aus den 1990iger Jahren stammen und dringend einer Aktualisierung
bedürften.
Positiv ist daher in jedem Fall zu bewerten, dass die Koalition die für Vertragsärzte
sicherlich einschneidende Regelung, die Aufkaufpflicht von Vertragsarztsitzen in überversorgten
Gebieten, in drastischer Weise eingeschränkt hat.
Auf der anderen Seite ist es bedauerlich, dass sich die Politik nicht zu einer Modifizierung
der Vorgaben der ASV und insbesondere einer Stärkung der Radiologen im Rahmen der
Teambildung durchringen konnte.
Stefanie Broß, Rechtsanwältin; Lic. iur. can. Urs Fabian Frigger, Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Wigge
Scharnhorststraße 40
48 151 Münster
muenster@ra-wigge.de