Rofo 2015; 187(06): 409-414
DOI: 10.1055/s-0035-1552000
Bildessay
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Imaging Diagnosis of Glomus Tumors of the Head and Neck – Bildgebung bei Glomustumoren des Kopfes und Halses (Paragangliom, Chemodektoma)

S Heckl
,
H Bösmüller
,
S D Ioanoviciu
,
M Horger , Tübingen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Mai 2015 (online)

 

Paraganglien sind wie die normalen Ganglien Nester von Nervenzellkörpern. Sie haben jedoch auch eine endokrine Funktion. Tumoren, die sich von diesen Paraganglien ableiten sind Paragangliome (PGL) (Glomustumor oder Chemodektoma).

Die Paragangliome sind neuroendokrine Tumoren ektodermalen Ursprungs (Neuralleiste). Diese Paraganglien sind entlang des parasympathischen Nervensystems angeordnet und agieren als Chemorezeptoren, die empfindlich sind auf den pH, pCO2 und pO2 des Serums. Paragangliome des Kopfes und Halses machen mengenmässig nur 0,6% der dortigen Tumoren aus [Taïeb D et al. Semin Nucl Med. 2013; 43: 462–473].

Letztlich gehören auch die Paragangliome des Kopf- / Halsbereichs zu den Phäochromozytomen, jedoch sollten nur die in der Nebenniere ansässigen Paragangliome als Phäochromozytome bezeichnet werden. Glomustumoren ähneln vom endokrinen Gewebeaufbau zwar stark den Phäochromozytomen ([Abb. 1]), jedoch sezernieren sie im Gegensatz zu diesen kaum Katecholamine. Nur in 3% der Fälle wird eine maligne Transformation beobachtet [van den Berg R. Eur Radiol. 2005; 15: 1310–1318].

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Abb. 1 a Makroskopie eines längs angeschnittenen Glomus-caroticum-Tumors (Durchmesser 5,8 cm; Gewicht 53 g). b Läppchenartige endokrine Struktur eines Glomus-caroticum-Tumors mit leichter Sklerose (Hämatoxylin-Eosin-Färbung) (100 x). c Stützzellen mit intensiver zytoplasmatischer und nukleärer Färbung auf S-100 (100 x). d Starke zytoplasmatische Immunreaktion auf Synaptophysin in Tumorzellen (Glomus-caroticum-Tumor) (100 x).

Die 4 Hauptlokalisationen der Paragangliome im Kopf- / Halsbereich:

  • Karotisgabel (Glomus caroticum),

  • Foramen jugulare (Glomus jugulare),

  • Promontorium cochleae (Glomus tympanicum),

  • prästyloidaler pharyngealer Raum (Glomus vagale).

Die Glomustumoren in der Karotisgabel und im Foramen jugulare kommen mit Abstand am häufigsten vor. Sie machen 80% aller Glomustumoren im Kopf- / Hals Bereich aus. Der Glomus-vagale-Tumor ist sehr selten (2,5%). Neben diesen 4 Prädilektionsstellen gibt es auch ganz seltene Lokalisationen im Larynx, in der Schilddrüse, im sinonasalen Raum, im Nasopharynx, in der Orbita oder der Zunge. Eine Mischfrom stellt der Glomus-jugulotympanicum-Tumor dar, der sowohl das Foramen jugulare als auch das Promontorium cochleae sowie das Mittelohr einnimmt.

Multifokalität der Paragangliome

Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass Paragangliome auch multifokal auftreten können (z. B. bilateraler Glomus-caroticum-Tumor ([Abb. 2d]) oder Tumoren des Glomus caroticum zusammen mit einem Glomus-vagale- und -jugulare-Tumor)). Der Radiologe muss immer nach einem 2. Glomustumor schauen.

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Abb. 2 a, b Post-KM-CT. Starke Kontrastmittelaufnahme des eiförmigen linksseitigen Glomus-caroticum-Tumors in der Karotisgabel mit Aufspreizung der Arteria carotis interna und externa. c Post-KM-CT. Riesiger Glomus-caroticum-Tumor in der Karotisgabel mit sandwichartiger Konfiguration und heterogener KM-Aufnahme. d MRI, T1-Bild nach KM-Gabe: Sonderform des Glomus-caroticum-Tumors mit bilateraler Lokalisation. e T1-post-KM-MRI. Heterogen erscheinender Glomus-caroticum-Tumor rechts mit Salt and Pepper-Muster (Salt: subakute Blutungen, pepper: Flow Void). f MIP (Maximal Intensity Projection), MR-Angiografie. Verdrängung der angrenzenden Gefäße durch den Glomus-caroticum-Tumor in der Karotisgabel. g, h Konventionelle Angiografie: Versorgung des Glomus-caroticum-Tumors über die Arteria pharyngea ascendens.

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Indikationsstellung für eine Bildgebung

Bei den 4 verschiedenen Haupttypen der Glomustumoren im Kopf- / Halsbreich ist die Indikation jeweils unterschiedlich. Nur wenige der Patienten zeigen Symptome aufgrund der Vasoaktivität (z. B. Palpitationen, Bluthochdruck, Erröten der Haut).

Patienten mit einem Glomus-caroticum-Tumor (häufigster Glomustumor) haben meist eine pulsierende schmerzlose Schwellung am Mandibelwinkel. Zudem kann der Glomustumor, der die Karotisgabel machmal massiv spreizt, auch zu einer beträchtlichen Verengung der Arteria carotis interna und externa führen. Der Glomus-tympancium-Tumor tritt mit pulsatilem Tinnitus, einer Facialislähmung oder Hörverlust bei Zerstörung der Gehörknöchelchenkette in Erscheinung. Für den sehr seltenen Glomus-vagale-Tumor sind vagale Neuropathie, Stimmritzenlähmung, Heiserkeit und Horner-Syndrom typisch.

Beim Glomus-jugulare-Tumor kann es zu einer Lähmung der Hirnneven IX, X und XI kommen (Vernet-Syndrom). Die Lähmung der Stimmritzen (X. Hirnnerv) führt zu Heiserkeit und Schluckstörungen. Die Lähmung des IX. Hirnnerven geht mit Schluckstörungen einher. Seltener werden eine Schwäche und Atrophie des M. trapezius und sternocleidomastoideus durch die Lähmung des XI. Hirnnerven verursacht. Größere Tumorknoten können sogar den XII. Hirnnerven beeinträchtigen, was zu einer ipsilateralen Atrophie der Zunge führt [van den Berg R. Eur Radiol. 2005; 15: 1310–1318]. Eine Symptomatik durch die Beeinträchtigung der Hirnnerven IX.-XI. sowie auch des XII. Hirnnerven wird als Collet-Sicard-Syndrom bezeichnet.


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Pathologie und Genetik

Kopf- / Hals-Glomustumoren treten meist ohne klaren genetischen Zusammenhang auf (2/3 der Fälle). Jedoch konnten bei einem kleineren Teil der Patienten auch spezielle genetische Veränderungen identifiziert werden, die mit einer Neigung zu solchen Tumoren verbunden sind [Taïeb D et al. Semin Nucl Med. 2013; 43: 462–473]. Es handelt sich hierbei um Mutationen im Bereich des Succinatdehydrogenasegens und seiner Untergruppen [Baysal BE et al. J Med Genet. 2002; 39: 178–183; Taïeb D et al. Endocr Rev. 2014; 35: 795–819].

Histopathologisch sind Glomustumoren drüsenartig aufgebaute eiförmige Tumoren mit einer Kapsel ([Abb. 1a, b]). Zwischen den für endokrine Drüsen typischen Hauptzellnestern befindet sich bindegewebiges Stützgerüst aus fibrovaskulärem Gewebe, welches die Nester umgibt und voneinander trennt ([Abb. 1b–d]).

Bei der Immunhistochemie werden die Hauptzellen von den Stützzellen unterschieden. So exprimieren die Hauptzellen neuroendokrine Marker wie Chromogranin, Synaptophysin ([Abb. 1d]) und neuronenspezifische Enolase, die Stützzellen aber das S-100-Protein ([Abb. 1c]). Kopf- / Hals-Glomustumoren werden von anderen Tumoren durch einen speziellen Marker (3-Methoxytyramin, ein Dopamin-Metabolit) im Urin unterschieden. Dieser ist bei fast 1 Drittel der Patienten erhöht. Dies im Gegensatz zu Metanephrin im Urin, welches nur selten erhöht ist. Die Unterscheidung von gutartigen und malignen Glomustumoren ist schwierig. Eine Metastasierung ist typisch bei nekrotischen und größeren Tumoren (über 5–6 cm).


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Anatomische Bildgebung

Derzeit ist die anatomische Bildgebung gegenüber der funktionellen noch die 1. Wahl bei der Tumorlokalisation, da für den Chirurgen die scharfe Abgrenzung der Tumorgrenze und nicht die metabolische Situation vorrangig ist. Dies ist insbesondere für den HNO-Chirurgen vor der Operation eines Glomus-tympancium-Tumors entscheidend. Dieser Tumor ist der häufigste im Mittelohr ([Abb. 3]). Durch die Bildgebung muss der Chirurg wissen, ob ein Glomus-tympancium-Tumor die knöcherne Bedeckung des Bulbus venae jugularis bereits arrodiert hat und ob sich die A. carotis interna noch vom Tumor abgrenzen lässt ([Abb. 3]).

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Abb. 3 a, b In der CT im Knochenfenster Weichteilmasse am Promontorium cochleae mit Projektion in das Mittelohr, scharf vom Knochen abgrenzbar. Keine Arrosionen. c In der MRI T1 nativ hirnisointense homogene Struktur am Promontorium cochleae mit homogener KM-Aufnahme des Tumors axial (d, e) und coronar (f). g Im T2-Bild leicht hyperintense Erscheinung des Tumors. h Konventionelle Angiografie mit starker Kontrastierung. Der Tumor erscheint wie der Staat New Jersey auf der Landkarte. Versorgung des Tumors über die A.occipitalis externa und A. pharyngea ascendens.

Rein anatomisch, unabhängig von der Bildgebungstechnik, ist die Unterscheidung zwischen einem Glomus-caroticum-Tumor ([Abb. 2]) und dem viel selteneren Glomus-vagale-Tumor oft schwierig, aufgrund der charakteristischen Gefäßverdrängung aber möglich. So wird bei dem Glomus-caroticum-Tumor die Karotisgabel gespreizt und typischerweise die Arteria carotis interna nach posterolateral, die Arteria carotis externa nach anteromedial verlagert ([Abb. 2d]). Im Gegensatz zum Glomus-caroticum-Tumor, sind die vagalen Paragangliome weiter kopfwärts lokalisiert und zwar zischen der Vena jugularis und der Arteria carotis interna. Beim Glomus-caroticum-Tumor ist die Karotisbifurkation geweitet, nicht jedoch beim Glomus-vagale-Tumor. Die Bildgebungscharakteristika in der MRI und CT (Signalintensitäten in T1 und T2 sowie KM-Aufnahmeverhalten) sind beim Glomus-caroticum- und -vagale-Tumor sehr ähnlich.

Multidetector-Computertomografie (MDCT) und MRI werden als Goldstandard für die Bildgebung der Kopf- / Hals-Glomustumoren betrachtet, auch wenn jede dieser Modalitäten nicht nur Vorteile sondern auch Nachteile in sich birgt. Die derzeitige CT-Bildgebungstechnik bietet gegenüber der MRI mehrere Vorteile (z. B. bessere räumliche Auflösung und weniger Bewegungsartefakte). Zudem ermöglicht die CT eine bessere Beurteilung im Hinblick auf die Ausdehnung der Glomus-jugulare / jugulotympanicum- ([Abb. 4]) und -tympanicum-Tumoren ([Abb. 3]).

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Abb. 4 a Glomus-jugulotympanicum-Tumor in der CT (Knochenfenster). Mottenfrassartige Arrosion des Felsenbeins und Mastoids rechts. Leichte Raumforderung auf das Kleinhirn. b Glomus-jugulotympanicum-Tumor rechts in der MRI (T2-Bild). Heranreichen bis an die hintere Zirkumferenz des Kiefergelenkköpfchens. Salz und Pfeffer-Muster im Tumor. T1-Bildgebung nativ (c) und nach KM-Gabe (d, e): Glomus jugulotympanicum links mit starker homogener KM-Aufnahme. f TOF-Angiografie ohne Kontrastmittelgabe mit betonten arteriellen den Tumor versorgenden Feedern. g, h Konventionelle Angiografie mit starker KM-Anreicherung im Glomus-jugulotympanicum-Tumor. Tumorgefäßversorgung größtenteils über die Arteria pharyngea ascendens, einen großen Ast aus der Arteria auricularis posterior sowie mehrere Äste aus der Arteria occipitalis externa.

Die Expansion des Tumors und dessen erosionsbedingtes mottenfrassähnliches Erscheinungsbild mit Invasion benachbarter Strukturen (z. B. Gehörknöchelchenkette, knöcherner Fallopio-Kanal des N. facialis, hintere Schädelgrube) können mit der CT besser dargestellt werden ([Abb. 3a, b]).

Die Paraganglien in der Temporalregion sind entlang des Arnoldschen bzw. Aldermannschen Nerven (aurikulärer Ast des N. vagus) und entlang des Jacobsonschen Nerven (inferiorer N. tympanicus, Ast des N. glossopharnygeus am Promontorium cochleae) angeordnet. Der Glomus-tympanicum-Tumor leitet sich vom Jacobsonschen Nerven am Promontorium cochleae ab, der Glomus-jugulare-Tumor vom Jacobsonschen und Arnoldschen Nerven im Foramen jugulare. Der Glomus-tympanicum-Tumor hat, wenn er eine beträchtliche Größe im Mittelohr erreicht, Ähnlichkeit mit dem amerikanischen Staat New Jersey auf der Landkarte (etwas taillierte Form).

Im Vergleich zur CT liefert die MRI jedoch einen besseren Weichteilkontrast und bietet damit besonders gute diagnostische und prognostische Informationen und dies ohne ionisierende Strahlung wie bei der CT. Glomustumore reichern in der MRI und CT stark Kontrastmittel an ([Abb. 2a–e]; [3d–f]; [4d, e]).

Die Kombination mehrerer klassischer Bildgebungscharakteristika wie z. B. typische Lokalisation, typische Verdrängung der Gefäße, vergrößerte zuführende versorgende Gefäße und intratumorales Flusssignal erleichtern die Diagnosestellung beim Glomustumor. Die Signalintensität der Glomustumoren in der MRI ist auf T1-gewichteten MRI-Aufnahmen niedrig ([Abb. 3c], [4c]) und intermediär bis stark hyperintens auf T2-gewichteten MRT-Aufnahmen ([Abb. 3g], [4b]).

Intratumorale heterogene Flow-Void-Flusssignale mit dem typischen Salz und Pfeffer (Salt and Pepper)-Muster sind sehr typisch für Glomustumoren ([Abb. 2e]; 4b). Die MR-Angiografie zeigt besonders gut die starken intratumoralen arteriellen Gefäße ([Abb. 2g, h]; [3h]; [4g, h]). So führt die native 3D-Time-of-Flight (TOF) ([Abb. 4f]) und die mit Kontrastmittel (KM) angehobene 3D-post-KM-Sequenz ([Abb. 2e]) zu einer besonders hohen Sensitivität und Spezifität [Neves F et al. AJNR Am J Neuroradiol. 2008; 29: 883–889]. Derzeit liegt der Trend darin, eine zeitaufgelöste 4D-Gadolinium-Angiografie (Time Resolved Imaging of Contrast KineticS, TRICKS) zu verwenden. Diese ermöglicht nicht nur die Darstellung der intratumoralen Blutgefäße (frühe arterielle Phase) sondern auch der Tumorperfusion, einschliesslich der kapillären Durchgängigkeit [Grist TM et al. J Magn Reson Imaging. 2012; 36: 1273–1286].

Die konventionelle Angiografie ([Abb. 2g,h]; [3h]; [4g,h]) wird gewöhnlich nicht für die Lokalisierung der Glomustumoren eingesetzt, sondern meistens im Hinblick auf eine Operation zur Darstellung der Gefäßversorgung mit Embolisationsmöglichkeit. Dadurch wird das Blutungsrisiko währen einer Operation reduziert. Die Arteria pharyngea ascendens wird als die Arterie des Paraganglioms bezeichnet, weil ihre Äste Glomustumoren ganz verschiendenen Ursprungs versorgen (Glomus tympanicum, jugulare, vagale, caroticum und sogar laryngeale Glomustumoren) [van den Berg R. Eur Radiol. 2005; 15: 1310–1318]. Die Glomustumoren werden zudem über die Arteria occipitalis, A. auricularis posterior, A. vertebralis und tiefe Halsarterien versorgt. Die zum Glomustumor führenden Gefäße sind charakteristischerweise vergrößert. Der Glomustumor selbst zeigt eine starke Kontrastierung sowie eine schnelle venöse Drainage.

Die CT, MRI und die konventionelle Angiografie sind zur Lokalisierung der Glomustumoren zwar sehr gut geeignet, jedoch haben diese Techniken nur eine geringe Spezifität im Hinblick auf die metabolische Situation. Hierfür haben sich in letzter Zeit spezielle funktionelle nuklearmedizinische Techniken als hilfreich erwiesen.


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Funktionelle metabolische Bildgebung mit speziellen radioaktiven Tracern

Bei der funktionellen Bildgebung ist bisher der Einsatz von 123I/131I-Metaiodobenzylguanidin (123I/131I-MIBG) am vielversprechendsten. Mit dieser Substanz werden der Norepinephrin-Transporter der Zellmembran sowie intrazelluläre vesikuläre Monoamintransporter markiert, welche für die zelluläre Katecholaminaufnahme und dessen Speicherung notwendig sind. Die 123I-MIBG-Szintigrafie ist deshalb besonders für die Darstellung katecholaminhaltiger chromaffiner Tumoren geeignet (gut mit Chromsalzen anfärbbar).

Weitere hochspezifische Tracer für Paragangliome sind zum einen 18F-Fluorodopa-PET / CT [Grist TM et al. J Magn Reson Imaging. 2012; 36: 1273–1286; Charrier N et al. Clin Endocrinol (Oxf). 2011; 74: 21–29] sowie an DOTA (tetraazacyclododecanetetraacetic acid) gekoppelte Somatostatin-Abkömmlinge, die an Somatostatinrezeptoren (SST2) an der Parangliomzelloberfläche binden [DOTATOC (Tyr3-Octreotid), DOTATATE (Tyr3-Octreotat), und DOTANOC (Nal3-Octreotid)].


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Behandlungsmöglichkeiten

Die Resektion der Glomustumoren bleibt immer noch die 1. Behandlungsoption. Allerdings kann die Glomustumorchirurgie auch tödlich verlaufen. Die Morbidität, die mit der Resektion eines Glomus-vagale- oder -jugulare-Tumor verbunden ist, ist deutlich höher als bei Glomus-caroticum-Tumoren.

Die derzeitige Herangehensweise des Chirurgen bei Glomustumoren ist einerseits onkologisch orientiert, aber auch stark im Hinblick auf die Funktionserhaltung (z. B. Schlucken, Sprechen). Das Risiko im Hinblick auf funktionelle Einbußen muss abgewogen werden insbesondere unter Berücksichtigung des langsamen Wachstums der Glomustumoren. Deshalb befürworten einige Chirurgen, dass kleine Tumoren unter einer Größe von 2 cm lediglich einer MRI- oder CT-Verlaufskotrolle unterzogen werden und nicht einer Operation.

Trotz des Morbiditätsrisikos bei der Operation sollte diese aber insbesondere bei jungen Patienten in Erwägung gezogen werden, welche aufgrund eines bereits großen Tumors unter Hirnnervenausfälle leiden, oder einen selten katecholamin-sezernierenden Tumor aufweisen, der mit kardiovaskulären Risiken verbunden sein kann.

Glomustumoren werden nach der Shamblins-Klassifikation in 3 Gruppen eingeteilt. Mit dieser Klassifikation kann eingeschätzt werden, inwieweit eine Operation zum gewünschten Ziel führt (basierend auf der Größe und dem Grad des Verbackenseins mit den umliegenden Gefäßen). So zeigte sich, dass das Auftreten von zerebrovaskulären und neurologischen Komplikationen aufsteigend mit dem Tumortyp zunimmt. Bei Typ-III-Tumoren ist das Auftreten solcher Komplikationen am häufigsten (20%).

Jedoch ist die Prognose bei Patienten mit Glomustumor besonders stark von der zugrundeliegenden Mutation des Succinatdehydrogenasegens abhängig. So sollte bei Patienten mit dieser Genmutation trotzdem eine radikale Resektion durchgeführt werden, auch wenn ein Shamblin-III-Tumor vorliegt und das Operationsrisiko lokalisations- und größenbedingt erhöht ist. Bei Patienten mit anstehender Hochrisiko-Operation eines Paraganglioms ist eine Radiotherapie eine mögliche Alternative.

Im Gegensatz zum Glomus-vagale-, der besser bestrahlt werden sollte, sollte der Glomus-tympancium-Tumor jedoch operiert werden, da hier in den meisten Fällen eine komplette Resektion möglich ist. Neue fraktionierte Bestrahlungstechniken (Konformationsbestrahlung, intensitäts-modulierte Radiotherapie, konventionelle stereotaktische Radiotherapie) ermöglichen eine hohe Akkumulation der Dosis am Ort des Tumors bei Schonung des umgebenden gesunden Gewebes.

Einzeit- und hypofraktionierte Radiotherapie (Radiochirurgie mit Gamma- oder Cyber-Knife) erscheinen vielversprechend mit guter Tumorkontrolle und geringer Morbiditätsrate. Radioaktiv markierte Liganden, die an spezielle Rezeptoren auf der Paragangliomzelloberfläche binden, könnten insbesondere bei Patienten mit Metastasen eine therapeutische Option darstellen. Eine solche Therapie ist die mit dem Radionuklid 177LuDOTATATE. Als Somatostatin-Analogon kann es an den entsprechenden Rezeptor binden.


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Differenzialdiagnose der Kopf- / Hals-Glomustumoren

Der Glomus-jugulare-Tumor kann große Ähnlichkeit mit knöchernen osteolytischen Metastasen hypervaskularisierter Tumoren zeigen (z. B. Schilddrüsenkarzinom). Diese zeigen auch wie der Glomustumor die mottenfrassartigen Osteolysen im Felsenbein. Ein Meningiom muss ebenfalls vom Glomus-jugulare-Tumor abgegrenzt werden, ebenso das multiple Myelom, Lymphom und die Langerhanszellhistiozytose. Der Glomus-jugulare-Tumor muss vom Foramen-jugulare-Schwannom unterschieden werden. Dieses Schwannom zeigt scharf abgrenzbare knöcherne Tumorränder, ohne Flow-Void-Flusssignale. Zudem fehlt beim Schwannom eine für Glomustumoren typische betonte Gefäßversorgung in der Angiografie sowie ein Salz und Pfeffer-Muster in der MRI. Die Somatostatin-Liganden können nicht am Schwannom binden, wie sie das beim Glomustumor tun (keine positive 111Indium Octreotid-Bildgebung nuklearmedizinisch). Eine Thrombose eines hochstehenden Bulbus venae jugularis sowie auch ganz normale anatomische Variationen (Asymmetrie des Foramen jugulare und auch ein hochstehender Bulbus venae jugularis) dürfen nicht mit dem Glomus-jugulare-Tumor verwechselt werden.

Der Glomus-caroticum-Tumor muss von einem Abszess, einer knötchenförmigen Metastasierung (v. a. Schilddrüsen- / Nierenkarzinom) oder auch einer venösen Thrombose abgegrenzt werden. Besonders wichtig ist die Unterscheidung von einem vagalen Schwannom oder Neurofibrom. Solche Tumoren spreizen im Gegensatz zum Glomus-caroticum-Tumor die Karotisgabel nicht, sondern halten die A. carotis interna und externa sogar eher zusammen. Ein stark vaskularisierter Lymphknoten kann dem Glomus-caroticum-Tumor sehr ähneln. Der Glomus-caroticum-Tumor kann mit einem Glomus-vagale-Tumor verwechselt werden. Hierbei ist wichtig, dass der Glomus-vagale-Tumor im Vergleich zum Glomus-caroticum-Tumor weiter rostral liegt und die angrenzenden Gefäße anders verlagert (Karotisbifurkation beim Glomus-caroticum-Tumor geweitet, aber nicht beim Glomus-vagale-Tumor). Der Glomus-caroticum-Tumor darf nicht mit einer Ektasie des Bulbus caroticus verwechselt werden, ebenso auch nicht mit einem Hibernom (brauner Fettgewebstumor), Aneurysma, Lipom oder Liposarkom.

Auch der Glomus-vagale-Tumor muss von Tumoren der Nervenhülle (Schwannom des Nervus vagus oder auch Neurofibrom) abgegrenzt werden. Wichtige Differenzialdiagnosen des Glomus-tympanicum-Tumors sind: dysgenetisches Geschwulst (Choristom), endolymphatischer Sack-Tumor, Adenom, Hämangiom, Cholesterolgranulom, kongenitales Cholesteatom, Sarkom sowie Adenokarzinom und squamöses Zellkarzinom. Ein dehiszenter Bulbus venae jugularis und eine abberante A. carotis interna können aber auch wie ein Glomus-tympanicum-Tumor in Erscheinung treten, ebenso auch eine chronische seröse Otitis media oder Mastoiditis.

Heckl S, Bösmüller H, Ioanoviciu SD, Horger M, Tübingen


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Abb. 1 a Makroskopie eines längs angeschnittenen Glomus-caroticum-Tumors (Durchmesser 5,8 cm; Gewicht 53 g). b Läppchenartige endokrine Struktur eines Glomus-caroticum-Tumors mit leichter Sklerose (Hämatoxylin-Eosin-Färbung) (100 x). c Stützzellen mit intensiver zytoplasmatischer und nukleärer Färbung auf S-100 (100 x). d Starke zytoplasmatische Immunreaktion auf Synaptophysin in Tumorzellen (Glomus-caroticum-Tumor) (100 x).
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Abb. 2 a, b Post-KM-CT. Starke Kontrastmittelaufnahme des eiförmigen linksseitigen Glomus-caroticum-Tumors in der Karotisgabel mit Aufspreizung der Arteria carotis interna und externa. c Post-KM-CT. Riesiger Glomus-caroticum-Tumor in der Karotisgabel mit sandwichartiger Konfiguration und heterogener KM-Aufnahme. d MRI, T1-Bild nach KM-Gabe: Sonderform des Glomus-caroticum-Tumors mit bilateraler Lokalisation. e T1-post-KM-MRI. Heterogen erscheinender Glomus-caroticum-Tumor rechts mit Salt and Pepper-Muster (Salt: subakute Blutungen, pepper: Flow Void). f MIP (Maximal Intensity Projection), MR-Angiografie. Verdrängung der angrenzenden Gefäße durch den Glomus-caroticum-Tumor in der Karotisgabel. g, h Konventionelle Angiografie: Versorgung des Glomus-caroticum-Tumors über die Arteria pharyngea ascendens.
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Abb. 3 a, b In der CT im Knochenfenster Weichteilmasse am Promontorium cochleae mit Projektion in das Mittelohr, scharf vom Knochen abgrenzbar. Keine Arrosionen. c In der MRI T1 nativ hirnisointense homogene Struktur am Promontorium cochleae mit homogener KM-Aufnahme des Tumors axial (d, e) und coronar (f). g Im T2-Bild leicht hyperintense Erscheinung des Tumors. h Konventionelle Angiografie mit starker Kontrastierung. Der Tumor erscheint wie der Staat New Jersey auf der Landkarte. Versorgung des Tumors über die A.occipitalis externa und A. pharyngea ascendens.
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Abb. 4 a Glomus-jugulotympanicum-Tumor in der CT (Knochenfenster). Mottenfrassartige Arrosion des Felsenbeins und Mastoids rechts. Leichte Raumforderung auf das Kleinhirn. b Glomus-jugulotympanicum-Tumor rechts in der MRI (T2-Bild). Heranreichen bis an die hintere Zirkumferenz des Kiefergelenkköpfchens. Salz und Pfeffer-Muster im Tumor. T1-Bildgebung nativ (c) und nach KM-Gabe (d, e): Glomus jugulotympanicum links mit starker homogener KM-Aufnahme. f TOF-Angiografie ohne Kontrastmittelgabe mit betonten arteriellen den Tumor versorgenden Feedern. g, h Konventionelle Angiografie mit starker KM-Anreicherung im Glomus-jugulotympanicum-Tumor. Tumorgefäßversorgung größtenteils über die Arteria pharyngea ascendens, einen großen Ast aus der Arteria auricularis posterior sowie mehrere Äste aus der Arteria occipitalis externa.