Dialyse aktuell 2015; 19(04): 187
DOI: 10.1055/s-0035-1550395
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Patienten mit maximaler lipidsenkender Therapie, Lipoprotein(a)-Erhöhung und kardiovas kulärer Erkrankung – Weniger kardiovaskuläre Ereignisse durch Lipoproteinapherese?

Contributor(s):
Volker Schettler
Leebmann J, Roeseler E, Julius U et al.
Pro(a)LiFe Study Group. Lipoprotein apheresis in patients with maximally tolerated lipid-lowering therapy, lipoprotein(a)-hyperlipoproteinemia, and progressive cardiovascular disease: prospective observational multicenter study.

Circulation 2013;
128: 2567-2576
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Publication History

Publication Date:
19 May 2015 (online)

 
 

Quelle: Leebmann J, Roeseler E, Julius U et al.; Pro(a)LiFe Study Group. Lipoprotein apheresis in patients with maximally tolerated lipid-lowering therapy, lipoprotein(a)-hyperlipoproteinemia, and progressive cardiovascular disease: prospective observational multicenter study. Circulation 2013; 128: 2567–2576

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(Bild: Fotolia, Fotograf/Grafi ker: arahan)

Thema: Eine erhöhte Lipoprotein(a)-Konzentration ist ein unabhängiger kardiovaskulärer Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, welche nicht durch die Behandlung von anderen kardiovaskulären Risikofaktoren beeinflusst werden kann. Diese Studie versuchte, den Effekt der chronischen Lipoproteinapherese (LA) auf die Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen bei Patienten mit progredienten kardiovaskulären Erkrankungen unter maximal tolerierter lipidsenkender Therapie zu berechnen.

Projekt: Im Rahmen einer prospektiven, multizentrischen Observationsstudie wurden 170 Patienten untersucht, bei denen die LA-Therapie aufgrund von erhöhten Lipoprotein(a)-Konzentrationen und progredienten kardiovaskulären Erkrankungen begonnen wurden. Die Patienten wurden anhand ihres Lipidstatus, der lipidsenkenden Medikamente und den Genvarianten am LPA-Gen charakterisiert. Die Inzidenzraten kardiovaskulärer Ereignisse wurden 2 Jahre vor (2–J und 1–J) und prospektiv 2 Jahre (J+1, J+2) unter chronischer LA-Therapie verglichen.

Ergebnisse: Der Altersmedian der Patienten lag bei 51 Jahren beim ersten kardiovaskulären Ereignis, die erste LA wurde bei einem Altersmedian von 57 Jahren durchgeführt. Vor dem Beginn der LA-Behandlung lag die Konzentration des LDL-Cholesterins bei 2,56 ± 1,04 mmol/l (99,0 ± 40,1 mg/dl) und des Lp(a) bei 3,74 ± 1,63 µmol/l (104,9 ± 45,7 mg/dl). Die mittleren Ereignisraten für alle nicht tödlichen Koronarereignisse fielen von 0,41 (2 Jahre vor LA-Beginn) auf 0,09 Ereignisse (nach 2 Jahren LA-Therapie; p < 0,0001). Die Ereignisraten aller koronaren und nicht koronaren Gefäße fielen von 0,61 auf 0,16 ab (p < 0,0001). Die Untersuchungen der einzelnen Jahre vor LA-Beginn ergaben einen Anstieg der nicht tödlichen Koronarereignisse von 0,30 auf 0,54 (p < 0,001) bei 2–J auf 1–J, aber einen anschließenden Abfall von 1–J auf 1+J um 0,14 (p < 0,0001) und in der Folge von J+1 auf J+2 auf 0,05 (p < 0,014).

Fazit: Bei Patienten mit erhöhten Lipoprotein(a)-Konzentrationen, progredienten kardiovaskulären Erkrankungen und maximal tolerierten lipidsenkenden Therapien senkt die LA effektiv die Inzidenzrate von kardiovaskulären Ereignissen.

Schlüsselwörter: Entfernung von Blutbestandteilen – kardiovaskuläre Erkrankung – koronare Herzerkrankung – Lipoproteine – Prävention – Kontrollen

Kommentar

Die vorliegende Studie zeigt einmal mehr, dass Lipoprotein(a) (Lp(a)) ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Komplikationen (Risikoerhöhung ab 30 mg/dl) ist. Die Daten der prospektiven Pro(a)LiFe-Studie bestätigen eindeutig, dass die Lipoproteinapherese (LA) eine wirksame Therapie zur Behandlung der isolierten Lp(a)-Erhöhung mit progredienter kardiovaskulärer Erkrankung ist. Die Behandlung erfolgte meistens in wöchentlichen Abständen über einen peripheren Gefäßzugang. Die mittlere Rate an koronaren Ereignissen pro Jahr sank um 78 %. Die Rate der kardiovaskulären Ereignisse aller Gefäßregionen sank um 74 %. Die LA führte somit zu einer statistisch signifikanten und klinisch relevanten Stabilisierung der Gefäßerkrankung.

Kein Medikament vorher hat durch Lp(a)-Absenkung diese Therapieerfolge bzgl. der Reduktion der Inzidenzrate von kardiovaskulären Ereignissen erreicht. Demnächst kommen neue Medikamente auf den Markt wie z.B. PCSK9-Antikörper [ 1 ], die sich aber an diesen Daten messen lassen müssen.

Die Ergebnisse dieser Studie sind insofern auch von Bedeutung, als die selektive LA seit 1991 Regelleistung der GKV und Ultima ratio der lipidsenkenden Therapie ist. Medikamentöse Optionen wie zuletzt die Gabe von Nikotinsäurepräparate stehen wegen der Marktrücknahme seit Januar 2014 nicht mehr zur Verfügung. Allerdings gibt es auch keine Studien zu Nikotinsäurepräparaten, die zeigen, dass durch die mit diesem Medikament assoziierte geringe Lp(a)-Absenkung (bis zu 30 %) die Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen vermindert werden konnte. Aktuell ist die LA daher die einzige Option zur langfristigen Absenkung des Lp(a).

Diese Studienergebnisse sind daher auch für Deutschland von so weitreichender Bedeutung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sieht die Lipoproteinapherese als Therapieverfahren nur dann bei Patienten mit isolierter Lp(a)-Erhöhung über 60 mg/dl indiziert, wenn das LDL-Cholesterin im Normbereich sowie gleichzeitig eine klinisch und durch bildgebende Verfahren dokumentierte progrediente kardiovaskuläre Erkrankung vorliegt. Der G-BA hatte seinerzeit eine neue prospektive Studie gefordert, die jetzt in der Pro(a)LiFe-Studie die Wirksamkeit der LA-Verfahren zeigte. Pro(a)LiFe erfüllt daher die an die Erstattungsregelung geknüpften Forderungen des G-BA.

PD Dr. Volker Schettler, Göttingen


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  • Literatur

  • 1 Raal FJ, Giugliano RP, Sabatine MS et al. Reduction in lipoprotein(a) with PCSK9 monoclonal antibody evolocumab (AMG 145): a pooled analysis of more than 1,300 patients in 4 phase II trials. J Am Coll Cardiol 2014; 63: 1278-1288

  • Literatur

  • 1 Raal FJ, Giugliano RP, Sabatine MS et al. Reduction in lipoprotein(a) with PCSK9 monoclonal antibody evolocumab (AMG 145): a pooled analysis of more than 1,300 patients in 4 phase II trials. J Am Coll Cardiol 2014; 63: 1278-1288

 
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