Z Orthop Unfall 2015; 153(02): 135
DOI: 10.1055/s-0035-1550352
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hüftarthroskopie – Koxarthrose als vertretbare Operationsindikation

Contributor(s):
Stefan Budde
Daivajna S, Bajwa S, Villar R et al.
Outcome of arthroscopy in patients with advanced osteoarthritis of the hip.

PLoS One 2015;
10: e0113970
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 April 2015 (online)

 

Das Indikationsspektrum zur Hüftarthroskopie hat sich in den letzten Jahren weit über die Behandlung des femoroacetabulären Impingements (FAI) hinaus ausgeweitet. Viele, insbesondere junge Patienten stellen sich mit dem expliziten Wunsch nach einer gelenkerhaltenden, minimal-invasiven Therapie ihres bereits arthrotisch veränderten Hüftgelenkes vor. Die Indikation zur Arthroskopie bei bestehender Arthrose gilt jedoch als umstritten.
Daivajna S, Bajwa S, Villar R et al. Outcome of arthroscopy in patients with advanced osteoarthritis of the hip. PLoS One 2015; 10: e0113970

Einleitung

In der vorliegenden Studie konnte gezeigt werden, dass die Durchführung einer Hüftarthroskopie auch bei bereits bestehender Koxarthrose vertretbar sein kann, auch wenn ihre Ergebnisse dabei nicht so erfolgreich wie bei anderen Indikationen sind.


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Methodik

Daivajna et al. werteten retrospektiv 77 Patienten (63 männlich, 14 weiblich) aus, bei denen nach einer Hüftarthroskopie aufgrund einer symptomatischen, konservativ nur unzureichend behandelbaren Arthrose (Tönnis Grad 2 oder 3) prospektiv klinische Daten erhoben wurden. Das durchschnittliche Patientenalter lag bei 43 Jahren (19–64). Die Nachuntersuchungen erfolgten nach 6 Wochen, 6 Monaten, 1 Jahr und anschließend in jährlichen Abständen mit einem mittleren Follow-up von 2,8 Jahren (2,2–4,2). Sie beinhalteten die Erhebung des modifizierten Harris Hip Scores (mHHS) und des Non-arthritic Hip Scores (NAHS). Die Ursache der Arthrose war bei 38 Patienten nicht bekannt (idiopathisch), bei 34 Patienten ein FAI, bei 2 Patienten eine Dysplasie und bei den übrigen 3 Patienten eine Hüftkopfnekrose, eine Chondromatose und eine Epiphyseolyse. Die Operation umfasste bei 58 der Patienten eine partielle Labrektomie, Knorpelglättung und Abtragung von Osteophyten und / oder einer CAM-Formation und bei 14 Patienten eine zusätzliche Trimmung des Pfannenrandes. In 4 Fällen erfolgte zusätzlich die Resektion von freien Gelenkkörpern und in einem Fall eine Labrumrekonstruktion mit Entfernung einer Zyste. In allen Fällen wurde am Ende der Operation eine Infiltration mit Lokalanästhetikum und Hyaluronsäure verabreicht.


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Ergebnisse

Die mittleren präoperativen mHHS- und NAHS-Werte betrugen 58 bzw. 64 Punkte. Postoperativ zeigte sich eine signifikante Verbesserung auf 66 bzw. 74 Punkte nach 1 Jahr und auf 72 bzw. 77 Punkte nach 2 Jahren (p-Werte jeweils ≤ 0,003). Bei 34 Patienten (44 %) wurde nach durchschnittlich 18 Monaten (6–48) die Implantation einer totalen Hüftendoprothese notwendig. Ein Zusammenhang zwischen Notwendigkeit einer späteren Prothesenimplantation und dem Patientenalter konnte nicht gezeigt werden.


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Kommentar

In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass die Ergebnisse nach Arthroskopien bei bestehender Arthrose, unabhängig vom betroffenen Gelenk, unzureichend sein können. Die Ergebnisse der vorgestellten Studie können diesen Standpunkt jedoch zumindest nur teilweise bestätigen. Misst man den Behandlungserfolg an der Notwendigkeit einer Prothesenimplantation, so stehen 44 % Therapieversagern immerhin 56 % Behandlungserfolge entgegen, wobei keine Komplikationen im Rahmen dieser Studie auftraten. Jedoch erscheint das Follow-up-Intervall von 2,8 Jahren zu kurz angesichts der Tatsache, dass einer der Auswertungsendpunkte eine später durchgeführte Prothesenimplantation war. Als weiterer methodischer Schwachpunkt ist zu erwähnen, dass die intraoperative Applikation von Hyaluronsäure, die bei vergleichbaren Studien nicht erfolgte, die Ergebnisse beeinflusst haben könnte.

Die Einordnung der Ergebnisse dieser Studie fällt schwer. Die überwiegend jungen und athletischen Patienten könnten sich selbst bei persistierenden Beschwerden in diesem kurzen Zeitraum schwer mit der Entscheidung zu einer Endoprothese getan haben. Diese Studie scheint auf Patienten zu beruhen, die sich trotz Aufklärung über die verminderte Erfolgsaussicht des Verfahrens bei bestehender Arthrose explizit mit dem Wunsch zur Arthroskopie als „letzte Chance“ des Gelenkerhalts vorgestellt hatten, gerade weil sie die Prothesenimplantation so lange wie möglich hinauszögern wollten.

Die Aussagekraft dieser Studie liegt daher eher in den klinischen Outcomescores, die über den gesamten Nachbeobachtungszeitraum eine signifikante, wenn auch nur mäßige Verbesserung zeigten. Ob diese Verbesserung den Aufwand einer Arthroskopie rechtfertigt, muss von Arzt und Patient gleichermaßen entschieden werden. Die Indikationsstellung hängt immer auch von den individuellen Erwartungen und Wünschen des Patienten ab. Wenn eine realistische Aufklärung über die Chancen der Operation erfolgt und wenn der Patient im Anschluss noch immer explizit einen gelenkerhaltenden Therapieversuch wünscht, so scheint die Arthroskopie auch bei Arthrose vertretbar zu sein.


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