Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2015; 22(02): 55
DOI: 10.1055/s-0035-1550315
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kommunikationsversorgung

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Publication Date:
27 April 2015 (online)

 

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    die Artikel der vorliegenden Ausgabe haben einen überwiegend reise- und tropenmedizinischen Bezug. Auch die Assistance- und Schifffahrtmedizin beschäftigen sich mit Menschen, die trotz unterschiedlichsten Krankheitsbildern eines gemeinsam haben: Sie sind nicht zu Hause. Es geht hier also nicht um Einheimisches.

    Es lohnt immer wieder, sich Selbstverständliches ins Bewusstsein zu rufen, denn bei näherer Betrachtung wäre Gesundheitsschutz im Ausland ja kein nennenswertes Problem. Nun gut, es gibt entlegene Regionen, zu denen auch die hohe See gehört, in der eine zeitnahe, adäquate medizinische Versorgung mit grundsätzlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Aber wenn wir von Schwierigkeiten in der medizinischen Versorgung in bestimmten Gebieten der Welt sprechen, so meinen wir damit weniger die Abgeschiedenheit, sondern leider eher die Unterentwicklung und damit vorherrschende Versorgungsstandards, die gemessen an dem Gewohnten inakzeptabel sind.

    Man kann mit großer Sicherheit annehmen, dass die Kommunikationsversorgung nach modernen, globalen Standards in den Ländern unserer Erde deutlich besser ist als die Gesundheitsversorgung. Wir nehmen das als selbstverständlich hin, obwohl es nicht zwingend logisch ist. Dort wo Wissen über Datennetze und Fähigkeiten entlang internationaler Fluglinien rasch verbreitet werden kann, wäre zu erwarten, dass der medizinische Standard in seiner globalen Verfügbarkeit dem der Kommunikationsstandards entspricht. Dies zumal Gesundheit ja mindestens ebenso wichtig wie der Kommunikationsaustausch ist. Tatsächlich ist heutzutage für den Reisenden das Thema Kommunikation durch schlichtes Einpacken von Notebook und Mobiltelefon gewöhnlich erledigt, während die Gesundheit umfangreicherer Vorkehrungen bedarf, nicht nur aus klimatisch- geografischen Gründen, sondern oftmals auch unter eben jenen Aspekten der Qualität und Verfügbarkeit der medizinischen Versorgung vor Ort.

    Der Vergleich der Standards macht deutlich, wie eng und untrennbar die Qualität der medizinischen Versorgung mit der gesamtgesellschaftlichen Situation in einem Land verknüpft ist. Es genügen eben nicht ein paar Funkmasten, Serverfarmen und Kabelstränge sowie die Befolgung einer kulturfreien technischen Bedienungslogik, um die Versorgung zu gewährleisten. Vielmehr bedarf es vorrangig geordneter staatlicher Strukturen und vor allen Dingen des Friedens. Denn es geht ja nicht nur um die Behandlung von Erkrankten sondern vielfältige Maßnahmen der Prävention, bei denen eher andere Wissenschaftsdisziplinen denn die Medizin gefragt sind, um im Ergebnis einen nachhaltigen Gesundheitsschutz zu gewährleisten.

    Da die Welt nun mal so ist, wie sie ist, bleibt der mehrgleisige Ansatz, den auch die Beiträge in diesem Heft reflektieren, auf absehbare Zeit unausweichlich. Die Medizin hochentwickelter Länder muss vor Ort die Folgen der Unterentwicklung mildern helfen und sich um eine Verbesserung der Situation bemühen, gleichzeitig aber auch Maßnahmen treffen, um ihr Klientel als Reisende vor den Risiken eben dieser Unterentwicklung zu bewahren. Dabei wird man auf genauso absehbare Zeit auch akzeptieren müssen, dass es Menschen gibt, die Zugang zu zeitgemäßer Bandbreite ohne gleichzeitigen Zugang zu vergleichbar entwickelter medizinischer Versorgung haben.

    Mit freundlichen Grüßen aus Kiel
    Ihr Dr. Stefan Neidhardt

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