Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2015; 22(02): 94-95
DOI: 10.1055/s-0035-1550308
DGMM-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ebola – Auswirkungen auf die Seeschifffahrt

Further Information

Publication History

Publication Date:
27 April 2015 (online)

 

    Stellen wir uns folgendes Szenario vor: In Westafrika bricht eine Ebolaepidemie aus, mehr als 20 000 Menschen erkranken, Tausende von Toten sind zu beklagen und auch nach über einem Jahr ist das sichere Ende des Ausbruches nicht zu erkennen. Bis vor Kurzem hätte niemand eine solche Katastrophe für möglich gehalten.

    Leider ist genau das Realität geworden. Allein die nüchternen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation WHO über die Ebolamassenerkrankung sind erschreckend: insgesamt 22 495 Krankheitsfälle, davon 8981 mit tödlichem Ausgang (Stand: 04.02.2015). Am schlimmsten betroffen sind die westafrikanischen Länder:

    • Sierra Leone: 10 740 Erkrankungen (3276 Todesfälle),

    • Liberia: 8745 Erkrankungen (3746 Todesfälle),

    • Guinea: 2975 Erkrankungen (1944 Todesfälle),

    • Nigeria: 20 Erkrankungen (8 Todesfälle) und

    • Mali: 8 Erkrankungen (6 Todesfälle).

    Außerhalb Afrikas wurden vereinzelt Patienten behandelt. Durch keinen dieser Infektionsfälle kam es in diesen Ländern zu Epidemien.

    Zoom Image
    (Bild: ccvision)

    Weitreichende weltweite Auswirkungen

    Als die ersten Ebolaerkrankungen in Westafrika auftraten, glaubten die zuständigen Stellen zunächst an eine schnelle Lösung des Problems. Leider unterschätzte man die möglichen Auswirkungen. Erst als die Dimension der Epidemie sichtbar wurde, ergriffen die Regierungen der betroffenen westafrikanischen Länder einschneidende Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie. Diese reichten von der Einschränkung öffentlicher Versammlungen, wie zum Beispiel der Schließung von Märkten und Schulen, der Einschränkung der Mobilität, über Zwangsurlaub von Staatsbediensteten und Ausgangssperren bis hin zur Sicherstellung von Quarantäne in den Zentren der Epidemie durch Polizei und Militär. Auch wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt, um Infizierte zu finden und deren Behandlung in Zentren sicherzustellen. Mit internationaler Unterstützung wurden über 40 Behandlungszentren und Labore eingerichtet.

    Die Epidemie ist aber längst nicht mehr nur ein regionales Problem, sondern hat weitreichende weltweite Auswirkungen. Vor allem die global vernetzte Seeschifffahrt ist betroffen. Reedereien mussten Schiffsverbindungen zu den betroffenen Ländern einstellen und Hafenbehörden verhängten Einlaufverbote für diverse Häfen. Die Gesundheitsbehörden vor Ort ließen unter anderem Hafenarbeiter eingehend untersuchen und ordneten gegenüber den Seeleuten an, auf den Landgang zu verzichten, um den Kontakt mit der Landbevölkerung zu vermeiden.


    #

    Informationen für Seeleute auf Schiffen

    Aktuelle und verlässliche Informationen sind der Schlüssel für einen adäquaten Umgang mit der Erkrankung. Auch heutzutage ist der Zugang zu Informationen auf weltweit operierenden Schiffen aufgrund der nur sehr eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten nicht immer möglich. Gerade zu Beginn der Ebolamassenerkrankungen fehlten vielen Seeleuten auf Schiffen in der Westafrikafahrt ausreichende Information über die genauen Ansteckungswege und die möglichen Präventionsmaßnahmen. Unwissenheit, Gerüchte und Falschinformationen lösten bei vielen Besatzungsmitgliedern Angst aus.

    Auch bei den besser informierten nationalen und internationalen Hafenbehörden gab es anfänglich oft keine sichere Einschätzung der Gefährdungslage.

    Erst durch gezielte Informationen der zuständigen Institutionen wie der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft, der hafenärztlichen Dienste und der Reedereien konnte in vielen Fällen ein angemessener Umgang mit der Erkrankung erreicht werden. Die Autoren erstellten unter Mitwirkung der Apothekerin Ulrike Geiger von der Hafen Apotheke Hamburg ein Merkblatt, das speziell auf die Belange der Seeleute und Reeder zugeschnittene Informationen über die Ebolaerkrankung enthält. Neben Basisinformationen zur Erkrankung beinhaltet das Merkblatt konkrete Verhaltensregeln beim Auftreten von Krankheitssymptomen an Bord (Tab. [ 1 ]).

    Zoom Image
    Tab. 1 Aktuelle und verlässliche Information zur Ebolainfektion.

    Durch Berichte in den Massenmedien kam es anfänglich zu teilweise hoch emotional geführten Diskussionen zum Thema Ebola. Inzwischen ist das mediale Interesse trotz einer weiterhin hohen Zahl von Erkrankten abgeflaut. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Probleme mehr mit Ebola gibt. Auch in Europa können zukünftig Erkrankungen auftreten. Gerade für die Seeschifffahrt ist daher wichtig, sich weiterhin über dieses Thema zu informieren.


    #

    Blick nach vorn

    Was kann man über die Ebolaerkrankung und den Umgang der Öffentlichkeit damit lernen? Noch ist es zu früh, den Krankheitsausbruch insgesamt zu bewerten. Dennoch können wir schon jetzt folgendes festhalten:

    • Das Eintreten auch scheinbar unmöglicher, bis dahin unvorstellbarer Seuchenszenarien ist jederzeit möglich.

    • Die internationale Gemeinschaft hat zu spät auf die Epidemie reagiert. Das muss sich für zukünftige Epidemien ändern.

    • Aufgrund der weltweiten Fahrtgebiete ist die Seeschifffahrt beim Auftreten von Epidemien besonders betroffen. Durch sofortige, verlässliche Information auf der Grundlage medizinischer Sachverhalte können unbegründete Ängste vermieden, die Gefahr von Infektionen gesenkt und wirtschaftliche Schäden begrenzt werden.

    • Es ist zu begrüßen, dass die WHO auf ihrem Treffen des Exekutivkomitees am 24.01.2015 sich der geäußerten Kritik so offen gestellt hat – ein Vorgehen, das keineswegs bei allen Organisationen in diesem Umfeld zu beobachten ist. Es bleibt zu hoffen, dass die dort beschlossenen Maßnahmen – unter anderem die Einrichtung einer Taskforce – greifen werden.

    Zoom Image
    (Bild: ccvision)

    Dr. Martin Dirksen-Fischer,
    Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Institut für Hygiene und Umwelt, Hamburg Port Health Center
    Dr. Philipp Langenbuch,
    Seeärztlicher Dienst, Dienststelle Schiffssicherheit, BG Verkehr, Hamburg


    #
    #

    Zoom Image
    (Bild: ccvision)
    Zoom Image
    Tab. 1 Aktuelle und verlässliche Information zur Ebolainfektion.
    Zoom Image
    (Bild: ccvision)