Dialyse aktuell 2015; 19(02): 64
DOI: 10.1055/s-0035-1548951
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Blutpumpe, die (Dialyse-)Geschichte schrieb

Ein historischer Abriss
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Publication Date:
26 March 2015 (online)

 
 

Die Geschichte der Dialysebehandlung und der zugehörigen Maschinen ist eine bewegte. Es lohnt sich daher, einen Blick in die „Frühzeit“ der Dialyse zu werfen.

Im Jahre 1924 führte Georg Haas in Gießen die erste Hämodialyse am Menschen durch. Er verwendete ein sog. Glas­kabinensystem und als Membranen Kollo­diumröhren (Abb. [ 1 ]).

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Abb. 1 Die Becksche Blutmühle im Dialyse­museum Fürth.

Frühe Antikoagulation

Haas verwendete zu dieser Zeit zur Aufhebung der Blutgerinnung ein nur wenig gereinigtes Hirudin, welches aus der Speicheldrüse von Blutegeln gewonnen wurde. Dieses war sehr toxisch, sodass Haas seine Dialysen zunächst einstellte. Erst um das Jahr 1925/1926 erhielt er ein besser gereinigtes Hirudin und konnte seine Versuche und Behandlungen damit fortsetzen.

Bereits 1916 hatte der Medizinstudent Jay Mc-Lean, Mitarbeiter des Physiologen William Henry Howell (1860–1945), an der Johns Hopkins University in Baltimore das Heparin entdeckt. Er hatte es aus der Leber von Hunden extrahiert. Es sollte noch bis 1928 dauern, bis es in gereinigter Form vorlag. Vermutlich im Jahr 1928 konnte Haas dann Heparin ein­setzen.


Die Becksche Blutmühle

Im gleichen Jahr setzte Haas dann erstmals eine Blutpumpe ein, die „Satrans“ oder auch „Becksche Blutmühle“. Er nannte sie „das periphere Herz“. Sie war von dem Medizintechniker Ernst Pohl in Kiel, nach Angaben des Chirurgen A. Beck, entwickelt worden.

Die Transfusionspumpe war für die Direkt­transfusion vom Spender auf den Empfänger entwickelt worden. Es gab zu dieser Zeit bereits einige Rollenpumpen anderer Erfinder für die Direkttrans­fusion. Das Besondere an Pohls Erfindung lag in der Doppelläufigkeit. Es wurden 2 Schläuche in die Pumpe eingelegt. Mittels eines 3-Wege-Hahnes konnte so vom Transport des Blutes auf den Transport einer Spüllösung umgeschaltet werden, ohne die Blutpumpe zerlegen zu müssen. Georg Haas hat die Pumpe für seine Dialysen dann mit einem Riemenrad und einem kleinen Elektromotor versehen. In einer knapp 5-minütigen Filmsequenz aus dem Jahre 1925 kann man auf YouTube­ die Haassche Apparatur und auch die Blutpumpe sehen: https://www.youtube.com/watch?v=l40D9HyYkgk


Die Becksche Blutmühle im Dialysemuseum Fürth

Im Frühjahr 2014 entdeckte ein Mitarbeiter des Dialysemuseums Fürth auf Ebay eine Satrans bzw. Becksche Blutmühle. Sie konnte für knapp 50 Euro erworben werden. Die Verkäuferin konnte über die Herkunft der Pumpe nur berichten, dass ihr Vater sie auf einem Flohmarkt in Lübeck gefunden hatte.

In Abbildung [ 2 ] ist gut zu erkennen, dass zur genauen Dosierung des trans­fun­dier­ten Blutes ein Zählwerk angebracht ist, das die Umdrehungen mitzählt. Über Schlauch-Durchmesser und -Länge konnte so die Menge bestimmt werden. Der Hebel auf der Oberseite der Pumpe, gegenüber der Handkurbel, dient zusammen mit der Klemmschraube der Einstellung des Rollenandrucks am Schlauch.

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Abb. 2 Nachbau der Haasschen Apparatur im Dialysemuseum Fürth.

Die Pumpe wurde zerlegt, gereinigt und poliert sowie alle drehbaren Teile gefettet. Abbildung [ 3 ] zeigt den ausgebauten Rotor mit 2 von 3 Rollen. Die Becksche Blutmühle steht nun seit September 2014 in einer eigenen Vitrine des Dialysemuseums Fürth.

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Abb. 3 Der ausgebaute Rotor der Beckschen Blutmühle im Dialysemuseum Fürth.

Ullrich Sander, Mitarbeiter des Dialysemuseums Fürth





 
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Abb. 1 Die Becksche Blutmühle im Dialyse­museum Fürth.
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Abb. 2 Nachbau der Haasschen Apparatur im Dialysemuseum Fürth.
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Abb. 3 Der ausgebaute Rotor der Beckschen Blutmühle im Dialysemuseum Fürth.