Ponnusamy KE et al.
Current Concepts Review: Perioperative blood transfusions in orthopaedic surgery.
J Bone Joint Surg Am 2014;
96: 1836-1844
Bluttransfusionen sind teuer und risikoreich. In der Studie von Ponnusamy et al. werden
mögliche Komplikationen und unterschiedliche Strategien die Transfusionshäufigkeit
zu senken genannt und diskutiert. Unter Hinzuziehung der aktuellen Literatur wird
u. a. die Frage nach einem „akzeptablen postoperativem Hämoglobinwert“ beantwortet.
Ponnusamy KE et al. Current Concepts Review: Perioperative blood transfusions in orthopaedic
surgery. J Bone Joint Surg Am 2014; 96: 1836–1844
Einleitung
In den Vereinigten Staaten von Amerika werden jährlich über 24 Millionen Blutprodukte
verwendet. 10 % aller Erythrozytenkonzentrate kommen im Rahmen orthopädisch-unfallchirurgischer
Operationen, davon 39 % bei Gelenkoperationen, zum Einsatz.
Methodik
Das hier vorliegende Review bezieht sich auf insgesamt 78 Arbeiten der Jahre 1992–2014.
Etwa die Hälfte der Literatur stammt aus dem Jahr 2012 oder ist noch aktuelleren Datums.
Neben in der Vergangenheit umfangreich untersuchten Komplikationen wie allergischer
und hämolytischer Reaktionen, durch Blut übertragbare Erkrankungen, transfusionsbedingte
Lungenverletzungen und „graft versus host“- Erkrankungen gehen die Autoren insbesondere
auf immunmodulatorische Auswirkungen und den unterschiedlich häufigen Einsatz der
Bluttransfusionen ein. Es wurden 16 klinische Arbeiten der Jahre 1998–2014 hinsichtlich
chirurgischer Infektionen sowie Begleitinfektionen wie Harnwegsinfektionen und Pneumonien
untersucht und verglichen. 18 klinische Studien zur restriktiven Anwendung wurden
zu Empfehlungen nach Evidenzlevel herangezogen.
Ergebnisse
Mit 37 % Mortalität und 27 % Morbidität stellt die transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz
das größte Risiko der aufgeführten Komplikationen dar. Eine randomisierte klinische
Studie zur restriktiven Verwendung von Transfusionen konnte eine Reduktion der Morbidität
um 30 % in diesem Zusammenhang nachweisen. 7 Studien zeigten eine Korrelation zwischen
Bluttransfusionen und chirurgischen Infektionen (odds ratio 1.69-8.02). 9 weitere
Studien beschrieben neben den chirurgischen Infektionen auch das Auftreten von Begleitinfektionen.
In den 3 untersuchten Gruppen: 1. keine Bluttransfusion, 2. autologe Bluttransfusion,
3. allogene Bluttransfusion, konnte eine erhöhte Rate an chirurgischen Infektionen
sowohl bei allogener (2.4 %-18.3 %) als auch autologer (0 %-8,7 %) Bluttransfusion
nachgewiesen werden (keine Bluttransfusion: 1.0 %-7.1 %). Auch die Rate der Begleitinfektionen
war bei allogener (6.1 %-14.8 %) und autologer Bluttransfusion (0 %-7.3 %) erhöht.
Hinsichtlich der Häufigkeit der Anwendung von Bluttransfusionen bestehen große Unterschiede
und keine einheitlichen Richtlinien. Nur 47 % der befragten Krankenhäuser haben ein
Transfusionsprotokoll. In Krankenhäusern mit einer hohen Rate an Transfusionen werden
doppelt so häufig Erythrozytenkonzentrate eingesetzt wie an Häusern mit durchschnittlicher
Transfusionsrate (odds ratio 2.41). Nach systematischer Analyse der verfügbaren Literatur
wird ein restriktiver Einsatz von Bluttransfusionen und eine Gabe ab Hb < 8 g / dl
oder symptomatischer Anämie (Evidenzlevel Grad A) auch bei Patienten mit kardiovaskulärer
Risikoanamnese empfohlen. Insbesondere allogene Transfusionen erhöhen das Risiko von
Infektionen (Evidenzlevel Grad B).
Der perioperative Einsatz von Blutprodukten sollte kritisch beurteilt werden. (Bild:
M. Walensi / Thieme Verlagsgruppe)
Kommentar
10 % aller Bluttransfusionen in den USA werden in der Orthopädie / Unfallchirurgie
eingesetzt. Dieser Fakt untermauert die hohe Bedeutung mit sozioökonomischem Hintergrund.
Sie können zu lokalen und systemischen Komplikationen führen. Diese Komplikationen
werden im vorliegenden Artikel aufgezeigt und das Risiko mit Zahlen belegt. Strategien
zur Reduktion des Einsatzes von Bluttransfusionen werden genannt und die Frage: „Was
ist ein akzeptables Maß an postoperativer Anämie?“ unter Berücksichtigung der aktuellsten
Literatur beantwortet. Damit sind die Aufgaben, die sich die Autoren selbst in der
Einleitung gestellt haben, bearbeitet und machen die Arbeit absolut lesenswert. Bemerkenswert
sind der aus klinischer Sicht mit 8 g / dl doch geringe postoperative Hb-Wert und
das in einer Vielzahl der Studien nachweisbare signifikant erhöhte Infektionsrisiko
nach allogener und auch autologer Bluttransfusion.
Der Einsatz von Tranhexamsäure, einem Antifibrinolytikum, kann den peri,- und postoperativen
Blutverlust reduzieren. Die bereits positiven klinischen Ergebnisse werden aktuell
in weiteren bereits laufenden Studien untersucht. Zusammenfassend untermauert die
Arbeit eindrucksvoll die Maßgabe des kritischen perioperativen Einsatzes von Blutprodukten.