Social Media Angebote werden von vielen Unternehmern, Ärzten und Tierärzten immer
noch belächelt. Facebook? Unseriös und wenig hilfreich. Natürlich kann man diese Bedenken
und Zweifel nachvollziehen: Als Tierarzt ist die Seriosität extrem wichtig. Man möchte
schließlich eine Vertrauensperson für die Tierhalter darstellen. Hinzu kommen die
rechtlichen Auflagen des unlauteren Wettbewerbsgesetzes und des Heilmittelwerbegesetzes.
Es darf nicht gegen die ärztliche Schweigepflicht oder das Fernbehandlungsverbot verstoßen
werden. Aber kann man sich den sozialen Netzwerken überhaupt entziehen?
Hintergründe
Wichtig ist, dass man die Zusammenhänge und Hintergründe der Social-Media-Portale
versteht. In den 90er Jahren begann die kommerzielle Nutzung des Internets und es
gehörte lediglich zum guten Ton, sich als Tierarztpraxis mit Portfolio, Leistungsspektrum,
Öffnungszeiten und den wichtigsten Daten im Netz zu präsentieren.
Ab 2005 spricht man vom Web 2.0: Symptomatisch für diesen Begriff und den übergeordneten Social-Media-Gedanken ist
der gegenseitige Austausch im Netz. Dieser Austausch findet zunehmend über das Handy statt. Prognosen gehen davon aus,
dass im Jahr 2020 die wichtigste Verbindung zum Internet das Handy sein wird. Google
wird ab Mitte April 2015 auf die Darstellung der Website beim Aufrufen der Seite über
ein Handy achten.
Benutzerfreundliche Seiten mit anpassenden Darstellungen der Seite an den Handy- oder
Tablet-Bildschirm werden dem Suchenden vorrangig vorgeschlagen.
Die sozialen Netzwerke Facebook, Twitter, Pinterest, YouTube und Co. bedienen den
Wunsch der Kunden nach Portalen mit Mitmachcharakter. Sie sind geprägt durch das Kommentieren,
Liken, Posten und Teilen. Es regiert die aktive Teilnahme der User und die Interaktion
sollte möglichst authentisch und zeitnah erfolgen.
Die Praxis-Homepage
Für Tierärzte sollte die moderne Ausrichtung gegebenenfalls mit der Überarbeitung
der eigenen Homepage starten.
Eine Internetpräsenz, die nur über statischen Content verfügt, ist nicht mehr zeitgemäß.
Die Inhalte sollten regelmäßig überarbeitet werden.
Ideal ist die Kommunikation über einen Praxis-Blog. Dort können alle aktuellen Neuigkeiten zu der Praxis und den besonderen Dienstleistungen
veröffentlicht werden. In einem Blog steht der neueste Beitrag aufgrund der Aktualität
ganz oben. Weiterhin sollten die Interessenten die Beiträge kommentieren können. Dialog
und Content sind King.
Der Blog sollte nicht nur verbale Aussagen enthalten, sondern auch multimediale Formate berücksichtigen: Fotos, Videos und Sprachaufzeichnungen. Das Einstellen solcher Beiträge
regt selbstverständlich auch die Suchmaschinenoptimierung an. Der Marktführer Google
versucht, dem Nutzer die bestmöglichen Beiträge im Netz zu dem gesuchten Schlagwort
zu präsentieren. Diese sind i. d. R. multimedial, da sie viele Detailinformationen
liefern. Einige neue Tierarztpraxen sind darauf angewiesen, dass sie im Netz gut gefunden
werden. Dafür sind die genannten Bemühungen entscheidend.
Wenn die eigene Website den modernen Richtlinien entspricht, ist eine Anbindung an
die Social Media Kanäle eine sinnvolle Ergänzung. Backlinks auf die eigene Homepage
regen dabei die Suchmaschine zusätzlich an ([Abb. 1]).
Abb. 1 Es ist sinnvoll, die Praxis-Webseite an die Social Media Portale anzubinden. © mattjeacock,
iStockphoto
Facebook als Marketing-Instrument
Facebook als Marketing-Instrument
Die Anbindung an die sozialen Netzwerke beginnt in vielen Fällen mit Facebook.
Die Facebook Fanpage
Zunächst ist die Einrichtung einer Facebook Fanpage mit Impressum und den sonstigen
rechtlichen Voraussetzungen ratsam. Die Gestaltung dieser Seite ist auch ohne Mediengestalter
möglich, da sie von der Aktualität und Spontaneität lebt. Professionelle Fotos tragen
natürlich dazu bei, dass die Produkte oder Dienstleistungen sehr positiv dargestellt
werden. Auf Facebook ist es aber wichtig, dass die Fans der Seite merken, dass die
Unternehmer authentisch agieren.
Die Inhalte der Facebook Fanpage können ganz unterschiedlich sein, z. B.:
Viele wissen gar nicht, dass man auch auf fremde YouTube-Videos verlinken kann und diese posten darf. Um die entsprechenden Inhalte im Netz zu finden, wäre
es empfehlenswert, einen Google Alert einzustellen. Es wird damit möglich, aktuelle Inhalte im Netz zu verfolgen und die
Themengebiete herauszufiltern, die Sie für Ihre Patienten und Tierhalter in den Vordergrund
stellen möchten.
Eine weitere Möglichkeit ist es, auf konkrete Gefahren hinzuweisen oder Empfehlungen
bzgl. diverser Präventionsmethoden zu geben. Selbstverständlich ist es auch sinnvoll,
mal eine positive oder lustige Geschichte zu erzählen. Da gibt es ja immer etwas Schönes
zu berichten.
Bei Facebook ist es außerdem möglich, Veranstaltungen einzustellen und diese mit einer Gästeliste zu versehen. Wenn Sie merken, dass viele
Patienten ein bestimmtes Thema interessiert, kann man durch eine solche Informationsveranstaltung
sicherlich Vertrauen schaffen und aufklären. Eine dauerhafte Patientenbindung kann sich entwickeln. Die Veranstaltungen kann man außerdem über eine exakte Zielgruppeneinstellung
wunderbar bewerben. Die Teilnahme der Angesprochenen wird außerdem der Freundesgruppe
dieser Person angezeigt, sodass sehr häufig der gewünschte Schneeballeffekt erreicht
wird.
Werbeanzeigen
Facebook steht häufig in der Kritik, weil so viele private Daten der User generiert
werden. Das ist nicht grundsätzlich nachteilig für eine Tierarztpraxis. Im Gegenteil.
Gerade bei überschaubaren Budgets für das Marketing kann Facebook sehr wertvoll sein.
Man kann ein Angebot, eine Dienstleistung, einen bestimmten Beitrag oder eine Veranstaltung
für eine speziell festgelegte Zielgruppe bewerben. Das ist beinahe ohne Streuverluste möglich, da Facebook ganz genau weiß,
welche Vorlieben der jeweilige Nutzer des Profils hat. Das Alter, das Geschlecht und
die Interessen, z. B. „Pferde“, können spezifiziert werden. Der Beitrag, für den Sie
eine „Werbeanzeige“ bei Facebook schalten, wird dann den Facebook-Nutzern innerhalb der Zielgruppe,
die Sie festgelegt haben, in die private Startseite oder den Newsfeed eingespielt.
Die Werbeanzeigen werden durch Facebook ausgewertet und ermöglichen ein lückenloses
Monitoring durch die Unternehmer.
Twitter
Twitter wird meistens zur Verbreitung von Links genutzt, da man in diesem Portal bei einer öffentlich gemachten Nachricht (Tweet)
nur 140 Zeichen zur Verfügung hat. Haben Sie einen interessanten Beitrag in einem
Blog zu einer bestimmten Behandlungsmethode einer Pferdekrankheit geschrieben, können
Sie diesen über Twitter in einem Tweet an Ihre Follower verbreiten.
Ein Tweet ist also eine Nachricht, die öffentlich erscheint. Insbesondere die Leute,
die die Nachrichten eines Accounts abonniert haben (Follower), bekommen die Möglichkeit
der Kenntnisnahme.
Selbstverständlich können Sie auch anderen Accounts und Persönlichkeiten, Kliniken
oder Praxen auf Twitter folgen. Es ist keine Gegenseitigkeit erforderlich.
YouTube
Sehr wichtig ist auch das Portal YouTube. Eine kurze Anleitung mit visueller Demonstration, wie man z. B. eine Salbe bei Pferden an bestimmten Stellen aufträgt, kann zu großer
Zeitersparnis führen. Schicken Sie den Tierhaltern einfach den Link zu Ihrem Demonstrationsvideo
auf YouTube, selbstverständlich nur an die Tierhalter, die damit etwas anfangen können
und das als Service und nicht als Beleidigung empfinden. Viele Menschen können auch
nach eingehender telefonischer Beratung und Anleitung die Methoden nicht umsetzen,
aber einem Video kann man in der Regel sehr gut folgen. Man kann es zudem wiederholen
und zwischendurch anhalten.
Beim Hochladen der Videos können Sie eine Überschrift einsetzen, das Video beschreiben
und einen Tag (Verschlagwortung) generieren. Das ist sehr sinnvoll, da YouTube die
zweitgrößte Suchmaschine der Welt ist.
Google+
Mit Google+ wurde 2011 ein weiteres soziales Netzwerk eröffnet. Wie bei Facebook sind
persönliche Profilseiten und Unternehmensseiten möglich und Veranstaltungen können
publiziert werden. Der „+1“-Button ist vergleichbar mit dem „Like“-Button bei Facebook.
Das Portal Google+ bietet Unterstützung für die Informationsverbreitung und Suchmaschinenoptimierung.
Im Vergleich zu Facebook hat Google+ eine geringere Verweildauer der User vorzuweisen.
Bei der Verwendung von Google-Diensten wird automatisch ein Google+ Konto eröffnet
Google ist die am häufigsten verwendete Suchmaschine im deutschsprachigen Raum, daher
kann man über eine Platzierung in Form einer Unternehmensseite/Praxisseite auf Google+
nachdenken.
Social Media Portale im medizinischen Bereich
Social Media Portale im medizinischen Bereich
Jameda ist ein deutsches Arztbewertungsportal mit der Möglichkeit, sich als kompetenter
Ansprechpartner zu qualifizieren. Tierhalter können Tierärzte bewerten und man kann
sich anschauen, was andere Experten von sich geben. Zunehmend lassen sich Tierhalter
von solchen Portalen beeinflussen.
Sehr zu empfehlen ist NOVICE (Network Of Veterinarians in Continuing Education, http://www.noviceproject.eu). Es handelt sich dabei um ein soziales professionelles online-Netzwerk für Tiermediziner,
Dozierende und Studierende der Tiermedizin sowie für E-Learning-Berater bzw. Didaktiker
der veterinärmedizinischen Bildungsstätten. Das Netzwerk soll die Zusammenarbeit der
Bildungsstätten unterstützen. Ziel des Projektes ist die Förderung der Integration
von Web 2.0-Werkzeugen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Andere Portale
Die Bildportale Pinterest, FlickR und Instagram sind schön anzusehen, haben aber aus
Sicht der Autorin keine sehr hohe Relevanz im tiermedizinischen Sektor. Wichtig ist
dagegen ein vernünftiger Eintrag bei Google Places/Maps, der eine Art Visitenkarte darstellt.
Die mobile App Foursquare bekommt immer mehr Nutzer, da es sehr praktisch ist, sich mobil den Standort der
Praxis anzusehen. Ein Eintrag ist kostenfrei und schadet Ihrer Praxis sicherlich nicht.
Ein wichtiger Faktor bei allen Social Media Portalen ist das Social Recruiting. Der
Wettbewerb um die besten Fachkräfte oder Kooperationspartner findet auch für Tierarztpraxen
in den sozialen Medien statt. Xing und LinkedIn sind Business-Netzwerke, aber auch über Facebook und YouTube werben große Praxen
für eine gute Reputation als Ausbildungspraxis und Sympathieträger. Es können z. B.
YouTube-Videos eingestellt werden, die Mitarbeiter bei täglichen Arbeiten zeigen und
die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber unterstreichen. Die jungen Leute
werden dort abgeholt, wo sie sich aufhalten: bei Facebook, YouTube und Co.
Es ist sinnvoll, in allen Portalen den gleichen Namen zu benutzen, der kurz und einprägsam
ist.
Dieser Name sollte fortführend benutzt werden, da sich viele User in mehreren Portalen
bewegen. Dies stärkt den Wiedererkennungswert.
Tipps aus juristischer Sicht
Tipps aus juristischer Sicht
Patientenbezogene Daten
Mit patientenbezogenen Daten sollte man vorsichtig sein. Holen Sie sich im besten
Fall eine vorherige Einwilligung der Tierhalter zur „Veröffentlichung ohne konkrete
Namen“ ein, denn auch die Anonymisierung reicht oft nicht aus, wenn sich die User
die fehlenden Informationen zur Identitätsfeststellung leicht beschaffen können und
der Betroffene wider Willen ausfindig gemacht werden kann. Das Brechen der Schweigepflicht hat unter Umständen strafrechtliche Konsequenzen (§ 203 STGB). Auch zivilrechtliche
und berufsrechtliche Probleme sind vorprogrammiert.
Negative Äußerungen
In Deutschland gibt es die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung, die gerade aufgrund
unserer Historie sehr ernst genommen wird. Bitte achten Sie darauf, dass Sie keine
Äußerungen mit diffamierendem Inhalt posten. Solche Äußerungen über Personen, Personengruppen, Kollegen oder Tierhalter
sollte man unterlassen. Wenn es wirklich sein muss, deklarieren Sie die Aussage als
reine Meinungsäußerung und bleiben Sie sachlich.
Werbung
Beachten Sie das Transparenzgebot: Kommerzielle Werbung muss erkennbar sein (keine
Verschleierung und kein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb oder das Telemediengesetz). Dazu kommt das Heilmittelwerbegesetz: Die Werbung muss wahr sein (§ 3 HWG), suggestive Werbemethoden sind im Gesundheitsbereich
unerwünscht. Werbung mit ärztlichen oder sonstigen fachlichen Empfehlungen ist unzulässig
(§ 11 HWG).
Weitere Tipps
Das Tierarzt-Tierhalter-Verhältnis sollte nicht in ein Tierarzt-Online-Freundschaft-Verhältnis
verwandelt werden. Wenn Sie privat online sind, müssen Sie sich nicht genötigt fühlen,
über Facebook noch bis tief in die Nacht Fragen zu beantworten. Kurze Antworten zu
angemessenen Zeiten sind in Ordnung, aber Sie sollten das festlegen. Die Kunden sollten
vorwiegend in die Praxis kommen, um auch eine vernünftige Abrechnung der Leistungen
möglich zu machen. Ziehen Sie sich in diesen Fällen auf das Fernbehandlungsverbot zurück. Danach dürfen Beratungen nur in Grenzen über Print- und Kommunikationsmedien
durchgeführt werden. Auch in der Telemedizin herrscht der Grundsatz der Unmittelbarkeit
der Behandlung vor. In diesem Zusammenhang wird sich in Zukunft sicherlich noch einiges
wandeln und öffnen.
Fazit
Die Auftritte der Tierarztpraxen in den sozialen Medien sind nicht mehr wegzudenken.
Ob man diese Trends nun gut oder schlecht findet, jeder Tierarzt sollte sich über
eine Platzierung in den neuen Medien grundsätzlich Gedanken machen. Eine moderne Darstellung
der Tierarztpraxis ist sehr wichtig und wenn man zu einem späteren Zeitpunkt die Praxis
verkaufen möchte, spielt die bereits aufgebaute Internetpräsenz eine immer wichtigere
Rolle.
Die Pflege der Portale ist natürlich zeitaufwendig, aber man erreicht nach dem Aufbau
sehr viele Tierhalter gezielt. Eine externe Beratung und Vergabe ist auch möglich
und vielleicht sinnvoll, der Auftritt muss aber in jedem Fall authentisch bleiben.
Auch wenn die Tierarztpraxis momentan sehr gut ausgelastet ist, sollte ein Social
Media Konzept in die Strategieausrichtung und Vision für die Zukunft mit einbezogen
werden. Ausgangspunkt sollte selbstverständlich immer die Website der Praxis sein.
Diese ist Ihr Eigentum und Ihr Inhalt, die Seiten in den Portalen nicht.