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DOI: 10.1055/s-0034-1397999
Mütterliche Hypothyreose – Hypothyroxinämie in der Frühschwangerschaft: höheres Risiko für ADHS im Schulalter
Maternal mild thyroid hormone insufficiency in early pregnancy [...].
JAMA Pediatr 2015;
DOI: 10.1001
Publication History
Publication Date:
10 November 2015 (online)
Hintergrund: Da in den ersten Wochen der Schwangerschaft in der fetalen Schilddrüse noch keine Hormonsynthese stattfindet, müssen die für die fetale Gehirnentwicklung essenziellen Schilddrüsenhormone in dieser Phase vom mütterlichen Organismus bereitgestellt werden. Modesto et al haben untersucht, ob eine maternale Hypothyroxinämie während der Frühschwangerschaft, d. h. ein leichtgradiges, transientes Absinken des freien Serum-Thyroxins (fT4) ohne gleichzeitigen Anstieg des Thyreotropins (TSH), mit einem erhöhten Risiko für eine spätere Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung des Kindes assoziiert ist.
Methoden: In die niederländische populationsbasierte „Generation R“-Studie wurden 9778 Schwangere und ihre zwischen 2002 und 2006 geborenen Kinder eingeschlossen. Von 4997 Müttern lagen Schilddrüsenhormonwerte aus der Frühschwangerschaft vor. Aus den durchschnittlich mit 13,6 SSW (SD 1,9; Spanne 6,6–17,9) entnommenen maternalen Blutproben wurden der fT4- und der TSH-Spiegel sowie Peroxidase-Antikörper bestimmt. Eine Hypothyroxinämie wurde bei einem fT4-Spiegel < 0,85 ng / dl und normwertigem TSH (0,1–2,5 mIU / l) diagnostiziert. Bis 2014 nahmen 3873 Eltern-Kind-Paare (77,5 %) an der Follow-up-Untersuchung teil. Im Alter von durchschnittlich 8,1 Jahren (SD 0,2; Spanne 7,5–10,5) wurden hierbei mit Hilfe des standardisierten „Conners‘ Parent Rating Scale-Revised Short Form“ (CPRS-R:S) ADHS-Symptome der Kinder objektiviert.
Ergebnisse: Eine Hypothyroxinämie wurde bei 127 Schwangeren (3,4 %) diagnostiziert. In 183 Fällen (5,0 %) waren Peroxidase-Antikörper nachweisbar. Nach Adjustierung bezüglich verschiedener kindlicher und mütterlicher Einflussvariablen ließen sich bei den pränatal Hypothyroxinämie-exponierten Kindern im Vergleich zu den nicht exponierten Kindern um 7 % höhere ADHS-Symptomscores nachweisen (95 %-CI 0,3–15 %). Diese Ergebnisse veränderten sich nach Ausschluss von Müttern mit positiven Peroxidase-Antikörpern (Zunahme ADHS-Score um 8 %; 95 %-CI 1–16 %) nur unwesentlich. Nach Adjustierung bezüglich eines gleichzeitig bestehenden kindlichen Autismus sowie bezüglich des kindlichen IQ zeigte sich eine leichte Abschwächung der beobachteten Assoziation (Zunahme ADHS-Score um 7 bzw. 6 %; 95 %-CI 1–15 % bzw. 1–14 %).
Die Ergebnisse der prospektiven Geburtenkohorten-Studie belegen, dass Kinder, die während der Frühschwangerschaft einer Hypothyroxinämie ausgesetzt sind, im Schulalter häufiger eine ADHS-Symptomatik haben als nicht exponierte Kinder. Eine insuffiziente Versorgung mit maternalen Schilddrüsenhormonen während der sensiblen Phase der fetalen Gehirnentwicklung, so das Fazit der Autoren, wirkt sich ungünstig auf die neurologische Entwicklung der Kinder aus.
Dr. Judith Lorenz, Künzell
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