Z Gastroenterol 2015; 53(1): 63-64
DOI: 10.1055/s-0034-1397481
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Koloskopie-Screening ab 50 – Neue Ära in Baden-Württemberg

Leopold Ludwig
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Publication Date:
26 January 2015 (online)

Die AOK in Baden-Württemberg hat das Einstiegsalter für die Vorsorgekoloskopie auf 50 Jahre herabgesetzt. Diese Regelung gilt seit Mai 2014 in dem in Baden-Württemberg laufenden Selektivvertrag zwischen AOK, MEDI und bng. Vorausgegangen ist dieser Entscheidung eine intensive Diskussion über Möglichkeiten die stetig sinkende Teilnahmequote an der Vorsorge-Koloskopie wieder zu steigern.

Die gemeinsamen Anstrengungen unseres Berufsverbandes und der AOK Baden-Württemberg finden ihren Niederschlag in der seit vier Jahren stetig weiterentwickelten Informationskampagne „Darmcheck“, die sowohl an die beteiligten Haus- und Fachärzte als auch an die Patienten gerichtet ist. Die AOK Baden-Württemberg hat die vom Gesetzgeber ab spätestens 2017 geforderte Einladung zur Vorsorgekoloskopie für einen großen Teil der Anspruchsberechtigten bereits umgesetzt und bislang über 100 000 Briefe an ihre 55- bis 59-jährigen Versicherten geschrieben. Nach unseren Auswertungen hat diese Maßnahme zu einer Steigerung der jährlichen Teilnahmerate von zwei Prozent auf annähernd fünf Prozent geführt. Dieses Ergebnis belegt eindrucksvoll, welcher Effekt sich durch ein strukturiertes Einladungs- und Informationsverfahren erzielen lässt. Die immer deutlicher dokumentierten Erfolge des in Deutschland praktizierten Darmkrebs-Screenings sollten nach unserer Überzeugung bei allen Beteiligten dazu führen, auch darüber hinaus Anstrengungen zu unternehmen, um eine Erhöhung des Zugangs zur Vorsorgekoloskopie zu erreichen.

Daten zur Effizienz eines koloskopiebasierten bevölkerungsweiten Darmkrebs-Screenings aus randomisierten kontrollierten Studien existieren auch auf absehbare Zeit hin nicht. Entscheidungen über Modifikationen am geltenden Programm können deshalb ausschließlich auf epidemiologischer Basis getroffen werden. Der deutliche Anstieg der Inzidenz Kolorektaler Karzinome in Deutschland jenseits des 50. Lebensjahrs insbesondere bei Männern hat zur Forderung einer Herabsetzung des Einstiegsalters in der gesetzlich geregelten Vorsorge geführt.

Auch diesen Weg können wir in Baden-Württemberg seit Anfang des Jahres gemeinsam beschreiten. AOK-Versicherte, die in den Selektivvertrag eingeschrieben sind, haben ab dem 50. Lebensjahr den Anspruch auf eine Vorsorgekoloskopie. Die Dokumentation der Untersuchungen erfolgt in Anlehnung an das bereits etablierte Verfahren, der Umfang der Angaben unterscheidet sich nicht von dem im bestehenden Programm. Die verbindlich zu übermittelnden Informationen werden allerdings gegenwärtig noch nicht online übertragen. Zum Start dieses Projekts sind erneut rund 65 000 Informationsschreiben an die Versicherten versandt worden.

Aus Sicht des bng ist es außerordentlich erfreulich, dass wir uns gemeinsam auf eine detaillierte wissenschaftliche Auswertung der Daten aus diesem bislang einzigartigen Kollektiv an Untersuchten verständigen konnten. Mit Prof. Brenner vom DKFZ in Heidelberg haben wir einen der profiliertesten Experten auf dem Gebiet der epidemiologischen Analyse bevölkerungsweiter Koloskopie-Screening-Programme für dieses Projekt gewonnen.

Die Analyse der Daten der Präventionskoloskopie in der Altersgruppe zwischen 50 und 55 Jahren wird stichhaltige Argumente zur Beantwortung der Frage nach dem optimalen Einstiegszeitpunkt in das Screeningprogramm liefern. Wir sind davon überzeugt, dass die von uns vertretene Forderung einer Absenkung der Altersschwelle für die Vorsorgekoloskopie auf 50 Jahre hierdurch prinzipiell untermauert wird – auch wenn sich entgegen des „Gender Mainstreamings“ am Ende geschlechtsspezifisch differenzierte Empfehlungen herauskristallisieren sollten.