Klinische Neurophysiologie 2015; 46(01): 54
DOI: 10.1055/s-0034-1396798
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Psychologische und sozial-wissenschaftliche Kurzskalen – Standardisierte Erhebungsinstrumente für Wissenschaft und Praxis

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Publication Date:
06 March 2015 (online)

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Wer im Rahmen der alltäglichen Einzelfalldiagnostik oder der Durchführung klinischer Studien ein akkurates psychologisches Profil seiner Patienten zeichnen möchte, sieht sich ob der Fülle potenziell relevanter Merkmale mit einem methodischen Dilemma konfrontiert. Umfassende Erhebungen sind zeitintensiv und gehen daher mit einer geringen Teilnahmebereitschaft und der möglichen Überforderung des Patienten einher, mit der Konzentration auf wenige Testverfahren wird jedoch die Vernachlässigung aufschlussreicher Facetten riskiert. Der Einsatz von Kurzskalen bietet eine vielversprechende Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen. Angesichts der zunehmenden Popularität und Anzahl entsprechender Verfahren erscheint dieses Übersichtswerk der Herren Kemper, Brähler und Zenger – das erste in deutscher Sprache – zur rechten Zeit. Die Autoren haben eine umfangreiche Sammlung zeitökonomischer Erhebungsverfahren zusammengestellt, organisiert und anwenderfreundlich aufbereitet. 3 verschiedene Strukturierungsverzeichnisse (alphabetisch, nach Art des Tests, nach erfasstem Konstrukt) ermöglichen das intuitive und rasche Auffinden passender Skalen. Die Testbeschreibung weist eine angemessene Detailtiefe auf, erfolgt anhand einheitlicher Kriterien (inkl. Informationen zu Gütekriterien und Normwerten) und liefert zahlreiche Hinweise zu vertiefender Literatur. Die 95 vorgestellten Testverfahren erfüllen einen Mindeststandard an psychometrischer Qualität und umfassen die gesamte Vielfalt psychologischer Konstrukte (Persönlichkeit, kognitives Leistungsvermögen, klinische Störungsbilder, spezifische Einstellungen). Im Hinblick auf die Zielpopulation beziehen sich die zusammengestellten Skalen ausschließlich auf die erwachsene Allgemeinbevölkerung. Tests, die speziell für die Diagnostik im Kindesalter oder in spezifischen Patientengruppen entwickelt wurden, wurden explizit ausgeschlossen. Ist die Erweiterung um solche Testverfahren für spätere Auflagen oder unabhängige Publikationen auch wünschenswert, so bietet dieses Kompendium doch einen überaus hilfreichen ersten Überblick über den aktuellen Bestand zeitsparender Erhebungsinstrumente.

Florian Lange, Hannover