Erkrankungen der Flimmerhärchen (Zilien) auf Zellen spielen bei Lungenerkrankungen
eine zentrale Rolle. Das Forscherteam um M. Gegg und H. Lickert in München hat das
Protein Flattop entdeckt, das die asymmetrische Positionierung von Organellen steuert.
Fehlfunktionen in diesem Prozess führen zu unterschiedlichen Krankheitsbildern. Den
Wissenschaftlern ist nun ein entscheidender Schritt zur Aufklärung dieses Mechanismus
gelungen.
Die Studienergebnisse wurde Ende Oktober im Fachjournal „eLIFE“ veröffentlicht. „Epitheliale
Zellschichten bedecken alle inneren und äußeren Körper- und Organ-oberflächen im menschlichen
Körper, z. B. in der Lunge, im Darm, im Pankreas und im Innenohr“, erklärt Gegg. Zilien,
kleine, haarähnliche, auf Mikrotubuli basierende Strukturen, befinden sich präzise
angeordnet auf vielen dieser epithelialen Zellen. „Nur durch die exakte Positionierung
können Zilienschläge so präzise koordiniert werden, dass etwa Schleim aus der Lunge
transportiert werden kann“, so Lickert.
Zilien werden von Basalkörpern an der Plasmamembran verankert und müssen wie viele
andere Organellen an einer bestimmten Position in einer Zelle lokalisiert werden.
Um dies zu gewährleisten, kommt die planare Zellpolaritätsmaschinerie zum Einsatz.
Sie orientiert Strukturen in einer einzelnen Zelle, bestimmt aber auch die Position
dieser Zellen in einem komplexen, epithelialen Gewebe. Ein kompletter Verlust dieser
Zellpolaritätsmaschinerie kann zu sehr schweren Entwicklungsstörungen führen, wie
z. B. chronischer Bronchitis oder Taubheit. Einige Proteine assistieren bei der Ausbildung
dieser Zellpolarität, indem sie die Orientierung des intrazellulären Zytoskeletts
beeinflussen. Obwohl schon viele Proteine, die diese Prozesse regulieren, bekannt
sind, fragen sich Wissenschaftler schon lange, wie beide Systeme miteinander interagieren,
um planare Zellpolarität auszubilden. „Wir konnten im präklinischen Modell zeigen,
dass ein Protein, welches wir Flattop genannt haben, zusammen mit einem weiteren Protein
namens Dlg3 den Basalkörper und somit auch die Zilien positioniert“, so Gegg. Modelle
ohne funktionelles Flattop zeigen einen Defekt der Zilienbildung an der Oberfläche
des Lungenepithels. Auch waren die Zilien im Innenohr nicht richtig lokalisiert. „Flattop
und Dlg3 interagieren im Innenohr physikalisch miteinander“, sagt Lickert. Beide wechselwirken
zusätzlich mit einem der planaren Zellpolaritätsgene. Dieser Komplex umgibt den Basalkörper
und verbindet ihn mit dem zellulären Zytoskelett. Lickert: „Eine Fehlregulation der
Ziliogenese führt zu Krankheiten beim Menschen, sprich Ziliopathien, wie Diabetes,
chronischen Lungenkrankheiten, Taubheit und eventuell auch Krebs.“
Nach einer Mitteilung des Helmholtz Zentrums München