Dialyse aktuell 2014; 18(09): 462
DOI: 10.1055/s-0034-1395902
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Reduktion der Morbidität und Mortalität bei Hämodialysepatienten – Stabile Kontrolle von Hämoglobin- und Ferritinwerten ist wichtig

Contributor(s):
Markus van der Giet
Kuragano T, Matsmumura O, Matsuda A et al.
Association between hemoglobin variability, serum ferritin levels, and adverse events/mortality in maintenance hemodialysis patients.

Kidney Int 2014;
86: 845-854
Further Information

Publication History

Publication Date:
24 November 2014 (online)

 
 

Quelle: Kuragano T, Matsmumura O, Matsuda A et al. Association between hemoglobin variability, serum ferritin levels, and adverse events/mortality in maintenance hemodialysis patients. Kidney Int 2014; 86: 845–854

Thema: In den letzten Jahren hat sich die Therapie der Anämie massiv verändert. Während die Gabe von Eisen immer häufiger wurde, ist der Einsatz von Erythropoese stimulierenden Substanzen (ESA) deutlich rückläufig.

Projekt: Es wurde eine prospektive, multizentrische Observationsstudie durchgeführt. Es wurde bei 1086 Hämodialysepatienten für einen Zeitraum von 2 Jahren jeweils alle 3 Monate der Ferritin- bzw. auch Hämoglobinspiegel quantifiziert. Die Assoziation von Nebenwirkungen mit der Fluktuation des Ferritin- bzw. Hämogobinspiegels und auch Gabe von Eisen bzw. ESA wurde mittels COX-proportionalem Hazard-Modell für zeitabhängige Variablen untersucht.

Ergebnisse: Das Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse, kardiovaskuläre Erkrankungen, Infektionen und Hopsitalisierungen aus jedem Grund was höher bei Patienten, die den Ziel-Hämoglobin-Wert nicht gut erreichten im Verhältnis zu Patienten mit stabilem Ziel-Hämoglobin-Wert. Patienten mit höheren Ferritinwerten haben ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und auch Infektionen im Verhältnis zu Patienten mit niedrigem Ferritinspiegel. Das Risiko für Todesfälle war signifikant höher bei Patienten mit hoher Fluktuation von Ferritin im Verhältnis zu Patienten mit niedrigem Ferritinwert. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, Infektionen oder Hospitalisierung aus jedem Grund ist bei Patienten mit hoher wöchentlicher Gabe von intravenösem Eisen erhöht gegenüber Patienten ohne Eisensubstitution.

Fazit: Es besteht ein hohes Risiko für Todesfälle und/oder Nebenwirkungen bei Patienten mit Hämoglobinwerten außerhalb eines definierten Hämoglobin-Ziel-korridors, bei Patienten mit hoher Hämoglobinwert-Fluktuation, bei Patienten mit sehr hohen Ferritinspiegeln und auch bei Patienten mit hoher Ferritinspiegel-Fluktuation.

Schlüsselwörter: Hämodialysepatienten – Mortalität – Morbidität – Hämoglobin – Ferritin – stabile Kontrolle

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(Bild: CD04 Medicine today)
Kommentar

Die vorliegende Studie hat eine sehr klare Aussage, trotz des limitierten Designs der Studie: Patienten mit stabil eingestelltem Hämoglobin und auch Ferritin unter Verwendung geringer Dosen von Eisen und auch ESA haben die besseren Überlebensaussichten und ein reduziertes Risiko für das Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen oder Infektionen. Dies ist sicherlich etwas, was man durch die Alltagserfahrung bestätigen kann, ist aber auch ein deutlicher Hinweis für die alltägliche Praxis: Man sollte die Patienten regelmäßig evaluieren und ihre Funktionen, in diesem Fall Eisen und Hämoglobin, so stabil wie möglich einstellen.

Ein sicherlich sehr interessantes Ergebnis ist die Assoziation von Eisensubstitution und dem Auftreten von Ereignissen. Patienten mit Eisengabe zeigen in der Studie ein erhöhtes Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen, Infektionen und auch Hospitalisierungen. Dies zeigt sich vor allem bei sehr hohen applizierten Dosen. Interessant ist, dass auch bereits bei geringen applizierten Eisendosen das Auftreten von Infektionen häufiger war, als wenn kein Eisen appliziert wurde. Kalantar-Zadeh et al. haben 2005 berichtet [ 1 ], dass Patienten mit Eisengaben von bis zu 400 mg pro Monat ein verbessertes Überleben im Verhältnis zu Patienten mit Eisendosen von über 400 mg im Monat hatten.

Dies suggeriert, dass eine bestimmte Eisendosis notwendig sein könnte. Die Diskrepanz der Ergebnisse könnte dadurch zu erklären sein, dass die Patienten in der vorliegenden Studie höhere Ferritinwerte aufwiesen und damit weniger benötigten als in der Studie von Kalantar-Zadeh et al. aus dem Jahr 2005 [ 1 ]. Interessant ist auch, dass eine Eisengabe mit vermehrten Infektionen assoziiert ist, was auch durch Daten des United States Renal Data System (USRDS) gezeigt wurde [ 2 ].

Interessant ist die Beobachtung, dass die Fluktuationen von Hämoglobin und Ferritin negative Auswirkungen für die Patienten haben. Die meisten Studien untersuchen Veränderungen nur zu 2 Zeitpunkten (Anfang und Ende). Fluktuationen erklären sich natürlich auch durch den Versuch, ggf. Störungen in der Blutbildung entsprechend durch eine Gabe von Eisen oder ESA zu kompensieren. Auch sind die Fluktuationen ein Ausdruck einer instabilen metabolischen Situation des Patienten (z. B. Infektionen). Die Studie zeigt hier, wie wichtig das Erreichen einer stabilen Stoffwechselsituation des Patienten sein kann.

Die Studie hat Limitationen, da es sich um eine reine Observation und keine Intervention handelt. Die untersuchte Population hat auch deutlich niedrigere Ferritinspiegel als in vergleichbaren Studien aus anderen Ländern. Wichtig ist es, festzuhalten, dass hohe Ferritinspiegel, Ferritinfluktuationen und die Gabe von hohen Mengen intravenösen Eisens für die Patienten durchaus ein hohes Gefahrenpotenzial darstellen. Sicherlich sind auch die regelmäßige und systematische Evaluation und, damit verbunden, vorsichtige Korrekturen für die Patienten von hoher Bedeutung.

Prof. Dr. Markus van der Giet, Berlin


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  • Literatur

  • 1 Kalantar-Zadeh K, Regidor DL, McAllister CJ et al. Time-dependent associations between iron and mortality in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 3070-3080
  • 2 Brookhart MA, Freburger JK, Ellis AR et al. Infection risk with bolus versus maintenance iron supplementation in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2013; 24: 1151-1158

  • Literatur

  • 1 Kalantar-Zadeh K, Regidor DL, McAllister CJ et al. Time-dependent associations between iron and mortality in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2005; 16: 3070-3080
  • 2 Brookhart MA, Freburger JK, Ellis AR et al. Infection risk with bolus versus maintenance iron supplementation in hemodialysis patients. J Am Soc Nephrol 2013; 24: 1151-1158

 
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(Bild: CD04 Medicine today)