Der Klinikarzt 2014; 43(S 02): 38-39
DOI: 10.1055/s-0034-1395309
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Androgendeprivation bei Prostatakarzinom – Osteoporoserisiko im Auge behalten – und adäquat behandeln

Further Information

Publication History

Publication Date:
24 November 2014 (online)

 
 

Bei einem Prostatakarzinom ist die langfristige Androgendeprivation von zentraler Bedeutung. Sie ist effektiv mit Blick auf das maligne Geschehen, geht aber mit einem hohen Risiko für eine Osteoporose und damit assoziierten Frakturen einher. Darauf weist auch die neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie zum Prostatakarzinom hin, die in der Konsultationsfassung vorliegt.

Hohes Frakturrisiko unter Androgendeprivation

Das Prostatakarzinom ist der am häufigsten diagnostizierte maligne Tumor des Mannes, die langfristige Androgendeprivation als Therapie ist hier insbesondere im metastasierten Stadium des Tumors etabliert. Der Hormonentzug bleibt allerdings nicht ohne Wirkung auf den Knochen: Das Risiko für Knochenschwund und damit assoziierte Frakturen steigt bereits binnen eines Jahres deutlich. Wie groß das Risiko tatsächlich ist, zeigt eine große Kohortenstudie [ 2 ]. Sie wertete 50 613 Männer einer Datenbank des Surveillance Epidemiology and End Results program (SEER) and SEER-MEDICARE aus, bei denen zwischen 1992 und 1997 die Diagnose „Prostatakarzinom“ gestellt wurde. Im ersten bis fünften Jahr nach Diagnosestellung kam es bei etwa 20 % der Männer unter Androgendeprivation zu einer Fraktur, dagegen nur bei 12,6 % der Männer ohne Hormonentzugstherapie. Ein statistisch signifikanter Unterschied (p < 0,001). Gleiches gilt für die Zahl der Frakturen, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machten (5,2 % vs 2,4 %; p < 0,001) (Abb. [ 1 ]).

Zoom Image
Abb. 1 Frakturrisiko bei Patienten mit Prostatakarzinom mit und ohne Androgendeprivation innerhalb von 1 bis 5 Jahren: Hormonentzug erhöht die Gefahr signifikant (aus [ 1 ]).

#

Unter Hormonablation auf Knochenschwund achten

Wird bei Männern mit Prostatakarzinom eine Hormonentzugstherapie durchgeführt, sollte deshalb unbedingt auf die Knochengesundheit geachtet werden. Die neue Leitlinie „Prostatakarzinom“, die derzeit als Konsultationspapier vorliegt, geht explizit auf diese Problematik ein (http://www.urologenportal.de/s3-konsultationsfassung-2.html). Dort heißt es: Schon bei „hormonnaiven“ Patienten mit Prostatakarzinom kann die Knochendichte erniedrigt sein. Insbesondere bei Langzeitanwendung von LHRH-Analoga ­besteht ein hohes Risiko eine Osteoporose zu entwickeln. Das Frakturrisiko (Ermüdungsbruch, Low-Trauma-Fracture) steigt nach mehr als einjähriger Behandlung deutlich an.“ Sie empfiehlt, bei der Diskussion einer medikamentösen Behandlung Risiken und mögliche Vorteile für den Patienten abzuwägen und bei der Auswahl der Medikamente die Zulassung zur Behandlung zu berücksichtigen. Das derzeit einzige zugelassene Medikament für die Therapie des Knochenschwunds im ­Zusammenhang mit einer Hormon­ablation bei Männern mit Prostatakarzinom ist der RANK-Ligand-Inhibitor Denosumab (Prolia®).


#

Höhere Knochendichte – weniger Wirbelkörperfrakturen

Dass Denosumab bei Männern mit Prostatakarzinom unter Androgendeprivation die Knochendichte verbessert und das Frakturrisiko reduziert, zeigte eine randomisierte doppelblinde placebokontrollierte Phase-3-Studie [ 2 ]. Knapp 1500 Männer mit Prostatakarzinom unter Androgendeprivation erhielten über 3 Jahre entweder Denosumab 60 mg subkutan alle 6 Monate (n = 734) oder Placebo (n = 734). Die Knochendichte wurde nach 24 und 36 Monaten an Lendenwirbelsäule, Hüfte, Schenkelhals und distalem Radiusdrittel gemessen. Primärer Endpunkt war die Veränderung der Knochendichte im Lendenwirbelbereich nach 24 Monaten. Dort wurde unter Denosumab zu diesem Zeitpunkt ein Anstieg der Knochendichte um 5,6 % festgestellt, während sie unter Placebo um 1 % abgenommen hatte (p < 0,001). Dieser signifikante Unterschied wurde bereits nach dem ersten Monat beobachtet und blieb bis zum 36. Monat erhalten. Auch an allen anderen gemessenen Skelettlokalisation stieg die Knochendichte innerhalb von 24 Monaten signifikant gegenüber Placebo (Hüfte: + 4,8 %; Schenkelhals: + 3,9 %, distales Radiusdrittel: + 5,5 %). Dies schlug sich konkret in einem geringeren Frakturrisiko nieder: Die Inzidenz neuer Wirbelkörperfrakturen war unter Denosumab niedriger auf als unter Placebo mit einer relativen Risikoreduktion um 62 % (1,5 % vs 3,9 %) p = 0,006 (Abb. [ 2 ]). Die Häufigkeit der unerwünschten Wirkungen war in beiden Behandlungsgruppen vergleichbar.

Zoom Image
Abb. 2 Kumulative Inzidenz neuer vertebraler Frakturen nach 12, 24 und 36 Monaten. Relatives Risiko unter Denosumab im Vergleich zu Placebo: 0,15 nach 12 Monaten, 0,31 nach 24 Monaten und 0,38 nach 36 Monaten.

#

Zulassungserweiterung:
Denosumab für alle Männer mit erhöhtem Frakturrisiko

Mit Denosumab steht bereits seit 26. Mai 2010 eine wirksame Therapie zur Behandlung von Knochenschwund bei Männern mit Prostatakarzinom unter Androgendeprivation und erhöhtem Frakturrisiko zur Verfügung, die die Inzidenz von Wirbelkörperfrakturen reduziert. Da das Frakturrisiko bereits nach einem Jahr signifikant erhöht ist, sollten die betroffenen Patienten frühzeitig an einen Osteologen überwiesen werden, der den Knochenstatus überwacht und gegebenenfalls eine Therapie einleiten kann um das Frakturrisiko zu reduzieren. Seit Juni 2014 steht der Rank-Ligand-Inhibitor nun auch für die Therapie von Männern mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko zur Verfügung.

Dr. Beate Fessler, München

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung von Amgen GmbH, München.


#
#

 
Zoom Image
Abb. 1 Frakturrisiko bei Patienten mit Prostatakarzinom mit und ohne Androgendeprivation innerhalb von 1 bis 5 Jahren: Hormonentzug erhöht die Gefahr signifikant (aus [ 1 ]).
Zoom Image
Abb. 2 Kumulative Inzidenz neuer vertebraler Frakturen nach 12, 24 und 36 Monaten. Relatives Risiko unter Denosumab im Vergleich zu Placebo: 0,15 nach 12 Monaten, 0,31 nach 24 Monaten und 0,38 nach 36 Monaten.