Der monoklonale Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab (Gazyvaro®) erhielt im Juli dieses Jahres die EU-weite Zulassung zur Erstlinientherapie von
Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), bei denen die typischen Begleiterkrankungen
vorliegen. Das innovative Medikament mit dem Attribut „Made in Germany“, das von der
Firma Roche für den Weltmarkt produziert wird, zeigte im Head-to-Head-Vergleich mit
dem monoklonalen Antikörper Rituximab (MabThera®) beim progressionsfreien Überleben eine signifikante Überlegenheit. Aufgrund der
überzeugenden Datenlage sah sich die FDA veranlasst, erstmals einen Durchbruch in
der CLL-Therapie zu verkünden.
Mediane progressionsfreie Überlebenszeit mehr als verdoppelt
Gegen B-Zell-Lymphome wurde bislang Rituximab als Standardtherapeutikum eingesetzt.
Doch das dürfte sich angesichts der überzeugenden Daten der dreiarmigen Phase-III-Studie
CLL11 grundlegend ändern, denn im direkten Vergleich mit Rituximab lieferte Obinutuzumab
sowohl für das Ansprechen als auch für die progressionsfreie Überlebenszeit signifikant
bessere Ergebnisse [
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]. Durchgeführt wurde die CLL11-Studie in Kooperation mit der von Prof. Michael Hallek,
Köln, geleiteten Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG).
Die Untersuchung umfasste 781 erwachsene Patienten mit nicht vorbehandelter CLL, die
auf der CIRS (Cumulative Illness Rating Scale) einen Wert von mehr als 6 und damit
eine hohe Komorbidität aufwiesen. Sie waren wegen dieser konkomitierenden Erkrankungen
für eine Therapie mit einer kompletten Fludarabin-Dosis nicht geeignet. Die Studienteilnehmer
wurden im Verhältnis 2:2:1 randomisiert und erhielten entweder Obinutuzumab plus Chlorambucil
oder Rituximab plus Chlorambucil oder eine Chlorambucil-Monotherapie. Wie Studienleiter
Dr. Valentin Goede, Köln, versicherte, gilt CLL11 wegen der hohen Patientenzahl als
relevante Zulassungsstudie für die Immunchemotherapie.
Die Stage-1a-Analyse ergab für die Kombination aus Obinutuzumab und Chlorambucil
gegenüber der alleinigen Gabe von Chlorambucil in puncto Krankheitsprogression oder
Tod eine signifikante Risikoreduktion um 82 %. Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit
wurde in der Kombination mit Obinutuzumab von 11,1 auf 26,7 Monate verlängert und
damit mehr als verdoppelt. Unter der Obinutuzumab/Chlorambucil-Kombination erlebten
22,3 % der Behandelten eine komplette Remission. Ein derartiger Erfolg stellte sich
indessen bei keinem der Patienten ein, die ausschließlich Chlorambucil erhalten hatten.
Unter Obinutuzumab dreimal häufiger komplette Remissionen
In der anschließenden Stage-II-Analyse wurde der direkte Vergleich der beiden Antikörper-Studienarme
vorgenommen. Auch dabei konnte die Kombination aus Obinutuzumab plus Chlorambucil
gegenüber der Kombination aus Rituximab plus Chlorambucil signifikante Vorteile für
sich verbuchen. So verlängerte sich die progressionsfreie Überlebenszeit von 15,2
auf 26,7 Monate und damit um 61 %. Darüber hinaus bewirkte der Anti-CD20-Antikörper
einen Anstieg der Rate der kompletten Remissionen von 7,0 auf 20,7 % und damit eine
Verdreifachung.
Im Rahmen der Stage-II-Auswertung überraschte darüber hinaus die beeindruckende Tiefe
der Remission. Bei 37,3 % der Patienten, die man mit Obinutuzumab behandelt hatte,
konnte im peripheren Blut keine minimale Resterkrankung mehr nachgewiesen werden.
In der Gruppe, die Rituximab bekommen hatte, war das periphere Blut lediglich bei
3,3 % der Behandelten frei von einer minimalen Resterkrankung, konstatierte Goede.
„CLL-Patienten, die von Anfang an richtig behandelt werden, überleben länger“
Obinutuzumab ist der potenteste unter allen derzeit verfügbaren Antikörpern und darüber
hinaus ein guter Kombinationspartner. Er wird die CLL-Therapie insgesamt auf ein höheres
Niveaus bringen. Bei rund einem Fünftel der Patienten stellten sich während der ersten
Infusion von Obinutuzumab Nebenwirkungen der Schweregrade 3 oder 4 ein. Bei den nachfolgenden
Infusionen blieben solche Reaktionen jedoch aus. Zudem wurden in 10–13 % der Fälle
höhergradige Infektionen beobachtet.
Die therapeutischen Möglichkeiten der letzten 10 Jahre – einschließlich Obinutuzumab
– haben die Prognose der Patienten mit CLL „dramatisch verbessert“, unterstrich Hallek.
Gesichert ist überdies, dass die richtige Wahl der Primärtherapie die Prognose entscheidend
bestimmt. Und dabei spielen optimale Kombinationsregime die zentrale Rolle. Hallek
weiter: „Es kommt darauf an, wie man die Therapie startet. Wenn man gleich alles richtig
macht, überleben die CLL-Patienten länger.“
Karl B. Filip, Landsberg am Lech
Quelle: Presse-Launch „Exzellenter Antikörper aus Deutschland: EU-Zulassung für Gazyvaro®“, am 16. September 2014 im Roche Biotechnologie-Zentrum, Penzberg. Veranstalter:
Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.