Der Klinikarzt 2014; 43(S 02): 42
DOI: 10.1055/s-0034-1395308
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Neuer monoklonaler Typ-II-Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab – Erstmals Durchbruch in der Therapie der CLL

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24 November 2014 (online)

 
 

Der monoklonale Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab (Gazyvaro®) erhielt im Juli dieses Jahres die EU-weite Zulassung zur Erstlinientherapie von Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL), bei denen die typischen Begleiterkrankungen vorliegen. Das innovative Medikament mit dem Attribut „Made in Germany“, das von der Firma Roche für den Weltmarkt produziert wird, zeigte im Head-to-Head-Vergleich mit dem monoklonalen Antikörper Rituximab (MabThera®) beim progressionsfreien Überleben eine signifikante Überlegenheit. Aufgrund der überzeugenden Datenlage sah sich die FDA veranlasst, erstmals einen Durchbruch in der CLL-Therapie zu verkünden.

Mediane progressionsfreie Überlebenszeit mehr als verdoppelt

Gegen B-Zell-Lymphome wurde bislang Rituximab als Standardtherapeutikum eingesetzt. Doch das dürfte sich angesichts der überzeugenden Daten der dreiarmigen Phase-III-Studie CLL11 grundlegend ändern, denn im direkten Vergleich mit Rituximab lieferte Obinutuzumab sowohl für das Ansprechen als auch für die progressionsfreie Überlebenszeit signifikant bessere Ergebnisse [ 1 ]. Durchgeführt wurde die CLL11-Studie in Kooperation mit der von Prof. Michael Hallek, Köln, geleiteten Deutschen CLL-Studiengruppe (DCLLSG).

Die Untersuchung umfasste 781 erwachsene Patienten mit nicht vorbehandelter CLL, die auf der CIRS (Cumulative Illness Rating Scale) einen Wert von mehr als 6 und damit eine hohe Komorbidität aufwiesen. Sie waren wegen dieser konkomitierenden Erkrankungen für eine Therapie mit einer kompletten Fludarabin-Dosis nicht geeignet. Die Studienteilnehmer wurden im Verhältnis 2:2:1 randomisiert und erhielten entweder Obinutuzumab plus Chlorambucil oder Rituximab plus Chlorambucil oder eine Chlorambucil-Monotherapie. Wie Studienleiter Dr. Valentin Goede, Köln, versicherte, gilt CLL11 wegen der hohen Patientenzahl als relevante Zulassungsstudie für die Immunchemotherapie.

Die Stage-1a-Analyse ergab für die Kombination aus Obinutuzumab und Chlor­ambucil gegenüber der alleinigen Gabe von Chlorambucil in puncto Krankheitsprogression oder Tod eine signifikante Risikoreduktion um 82 %. Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit wurde in der Kombination mit Obinutuzumab von 11,1 auf 26,7 Monate verlängert und damit mehr als verdoppelt. Unter der Obinutuzumab/Chlorambucil-Kombination erlebten 22,3 % der Behandelten eine komplette Remission. Ein derartiger ­Erfolg stellte sich indessen bei keinem der Patienten ein, die ausschließlich Chlorambucil erhalten hatten.


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Unter Obinutuzumab dreimal häufiger komplette Remissionen

In der anschließenden Stage-II-Analyse wurde der direkte Vergleich der beiden Antikörper-Studienarme vorgenommen. Auch dabei konnte die Kombination aus Obinutuzumab plus Chlorambucil gegenüber der Kombination aus Rituximab plus Chlorambucil signifikante Vorteile für sich verbuchen. So verlängerte sich die progressionsfreie Überlebenszeit von 15,2 auf 26,7 Monate und damit um 61 %. Darüber hinaus bewirkte der Anti-CD20-Antikörper einen Anstieg der Rate der kompletten Remissionen von 7,0 auf 20,7 % und damit eine Verdreifachung.

Im Rahmen der Stage-II-Auswertung überraschte darüber hinaus die beeindruckende Tiefe der Remission. Bei 37,3 % der Patienten, die man mit Obinutuzumab behandelt hatte, konnte im peripheren Blut keine minimale Resterkrankung mehr nachgewiesen werden. In der Gruppe, die Rituximab bekommen hatte, war das periphere Blut lediglich bei 3,3 % der Behandelten frei von einer minimalen Resterkrankung, konstatierte Goede.


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„CLL-Patienten, die von Anfang an richtig behandelt werden, überleben länger“

Obinutuzumab ist der potenteste unter allen derzeit verfügbaren Antikörpern und darüber hinaus ein guter Kombinationspartner. Er wird die CLL-Therapie insgesamt auf ein höheres Niveaus bringen. Bei rund einem Fünftel der Patienten stellten sich während der ersten Infusion von Obinutuzumab Nebenwirkungen der Schweregrade 3 oder 4 ein. Bei den nachfolgenden Infusionen blieben solche Reaktionen jedoch aus. Zudem wurden in 10–13 % der Fälle höhergradige Infektionen beobachtet.

Die therapeutischen Möglichkeiten der letzten 10 Jahre – einschließlich Obinutuzumab – haben die Prognose der Patienten mit CLL „dramatisch verbessert“, unterstrich Hallek. Gesichert ist überdies, dass die richtige Wahl der Primärtherapie die Prognose entscheidend bestimmt. Und dabei spielen optimale Kombinationsregime die zentrale Rolle. Hallek weiter: „Es kommt darauf an, wie man die Therapie startet. Wenn man gleich alles richtig macht, überleben die CLL-Patienten länger.“

Karl B. Filip, Landsberg am Lech

Quelle: Presse-Launch „Exzellenter Antikörper aus Deutschland: EU-Zulassung für Gazyvaro®“, am 16. September 2014 im Roche Biotechnologie-Zentrum, Penzberg. Veranstalter: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen.


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  • Literatur

  • 1 Goede V et al. N Engl J Med 2014; 370: 1101-1110

  • Literatur

  • 1 Goede V et al. N Engl J Med 2014; 370: 1101-1110