Z Orthop Unfall 2014; 152(05): 416
DOI: 10.1055/s-0034-1395261
Orthopädie und Unfallchirurgie aktuell
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Patientenbericht Multiples Myelom – „Ich hätte mir eine schnellere Diagnose gewünscht“

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Publication Date:
14 October 2014 (online)

 

    Die kaufmännische Angestellte Romy Mett (Jahrgang 1949), lebt heute als Rentnerin im badischen Müllheim und hat eine Selbsthilfegruppe gegründet (www.myelom-suedwest.de). Bis die Ärzte die richtige Diagnose stellten verging ein ganzes Jahr.

    An einem Sonntag Ende April 2009 wachte ich morgens wegen heftigen Niesens auf und mir blieben an jenem Tag dauerhafte, starke Schmerzen unterhalb der rechten Brust zurück. Mittwochs darauf suchte ich meinen damaligen Orthopäden auf, der eine Verspannung annahm. Er versuchte es mit manueller Therapie, die keine nachhaltige Wirkung zeigte.

    Die kommenden Wochen habe ich ausgehalten – dank Schmerzmitteln und indem ich mich an eine mehr liegende als sitzende Position gewöhnte. Ich atmete nur flach und vermied es nach Möglichkeit, mich zu bücken.

    Sechs Wochen später war ich zurück beim Orthopäden. Die Röntgenuntersuchung zeigte einen Rippenbruch. Der Arzt sagte mir, dass der Bruch bereits schon etwas verwachsen sei. Ich war entsetzt, so brüchig konnten meine Knochen doch gar nicht sein – ich, die recht sportlich bin, gesund lebe und immer angenommen habe, eine sehr gute Knochenstruktur zu haben.

    Der Orthopäde empfahl mir eine Knochendichtemessung, über die ich genau erfahren könne, wie es um meine Knochengesundheit steht. Die Untersuchung ergab keine negativen Ergebnisse.

    Im Herbst 2009 durchlebte ich erneut viele Schmerzanfälle, hinzu kam eine heftige Grippe. In der Zwischenzeit hatte ich den Orthopäden gewechselt, der mir wegen meiner Schmerzen einige IGEL-Leistungen empfahl, die ich mir allerdings nicht leisten konnte.

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    Das Multiple Myelom stellt Patienten und Ärzte immer noch vor große Herausforderungen. (Bild: britta60)

    Anfang Januar 2010 ging es mir zunehmend schlechter, ich war sehr müde, ohne Energie. Auch die Arbeit wurde zur Qual. Schmerzen plagten mich immer wieder an anderen Stellen des Oberkörpers. Der Orthopäde verschrieb mir daraufhin Mikrowellen- Anwendungen und Akupunktur, was im Rahmen eines Versuchs von der AOK übernommen wurde. Geholfen hat es nicht. Auch einige weitere Röntgenuntersuchungen brachten keine Erkenntnisse.

    4 Wochen später bekam ich morgens sehr heftigen Schüttelfrost, der nach kurzer Zeit vorbei war, aber es blieben enorme Schmerzen im linken Brustbereich. Der von mir gerufene Notarzt konnte sich die brennenden Schmerzen nicht erklären, Schmerzmittel versagten völlig. Ein befreundeter Arzt besuchte mich am gleichen Tag und vermutete eine „innere Gürtelrose“, weil inzwischen meine komplette Oberlippe mit Herpesbläschen übersät war. Die Behandlung mit einem weiteren Schmerzmittel schlug zunächst an.

    An Sport war nicht mehr zu denken, eine Skiausfahrt Ende März musste ich unverrichteter Dinge abbrechen, so schwach war ich. Im Anschluss vereinbarte ich mit meinem Hausarzt eine ausführliche Blutuntersuchung.

    Zwei Tage später, erhielt ich den Rückruf durch meinen Hausarzt: Noch am selben Vormittag wurde ich in die Klinik überwiesen, wo ich sofort eine Bluttransfusion bekam. Die Blutwerte waren extrem schlecht. Die Diagnose stand fest: Plasmozytom oder Multiples Myelom. Die Woche darauf sollte gleich eine Knochenmarkbiopsie gemacht werden. Außerdem sah ich mich mit der Tatsache einer Chemo-Behandlung konfrontiert und auch das so schnell wie möglich. Zwei Wochen später, inzwischen war es Mitte April, ging die Behandlung los. Nun stand die Diagnose auch fest. Die Biopsie ergab 90 % Plasmazellen im Knochenmark. Ich frage mich heute, wie viele dieser entarteten Plasmazellen ich 1 Jahr vorher hatte, als ich mir nach der Niesattacke eine Rippe gebrochen hatte?

    Ich habe die Therapie danach gut überstanden. Ich wurde in eine Studie aufgenommen und erhielt eine intensive Behandlung. Natürlich sind die Nebenwirkungen und Begleiterscheinungen der Behandlung noch da, aber ich kämpfe dagegen an. Zum Beispiel auch, indem ich eine Selbsthilfegruppe gründete.

    Eines unserer Ziele ist es, gerade die Orthopäden auf diese schwierig zu diagnostizierende Erkrankung aufmerksam zu machen. Sie kommen oft als erste mit diesen Patienten in Kontakt und können die Erkrankung möglichst früh erkennen und somit kann Betroffenen schneller als mir geholfen werden.

    Romy Mett


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    Das Multiple Myelom stellt Patienten und Ärzte immer noch vor große Herausforderungen. (Bild: britta60)