Aktuelle Dermatologie 2015; 41(10): 433-439
DOI: 10.1055/s-0034-1392877
Fort- und Weiterbildung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Reisedermatosen

Travel-Related Dermatoses
E. von Stebut
Hautklinik, Universitätsmedizin Mainz, Johannes-Gutenberg Universität Mainz
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Korrespondenzadresse

Prof. Esther von Stebut
Hautklinik
Universitätsmedizin Mainz
Johannes-Gutenberg Universität
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz

Publication History

Publication Date:
07 October 2015 (online)

 

Lernziele

Kenntnisse über:

  • häufig vorkommende Reisedermatosen und deren Prävalenz

  • wichtige toxische Reaktionen auf Kontaktstoffe aus Tieren und Pflanzen

  • Erreger und Klinik der am weitesten verbreiteten Reisedermatosen

  • Diagnostik und Therapie der Reisedermatosen

  • Prophylaxemöglichkeiten


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Einleitung

Neueste Statistiken zeigen, dass die Deutschen weltweit am meisten für Auslandsreisen ausgeben. Durch die sinkenden Preise für Fernreisen sind auch Exkursionen in abgelegene, exotische Orte der Welt möglich geworden. Dazu kommt, dass auch berufliche Reisen in wirtschaftlich attraktive Regionen der Welt oder Militäreinsätze immer häufiger werden. Mit dieser zunehmenden Reisetätigkeit und der Immigration von Menschen aus aller Welt nach Deutschland kommen zahlreiche neue Eindrücke auf uns zu. Dies betrifft auch die Medizin.

In diesem Zusammenhang neue Herausforderungen für Ärztinnen und Ärzte betreffen vor allem das Erkennen von hierzulande ungewöhnlichen Hauterkrankungen, die während der Reise erworben wurden [1] [2]. Auch eine Beratung hinsichtlich Prophylaxe und Notfalltherapie ist von großer Bedeutung. Im Folgenden sollen die wichtigsten für Dermatologen relevanten Reisedermatosen dargestellt werden.


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Akute Noxen

UV-Licht

Besonders nach Reisen in Regionen, in denen aufgrund der Lage näher am Äquator oder in den Bergen eine stärkere Sonneneinwirkung vorherrscht, kommt es häufig zur Ausbildung eines Sonnenbrands (Dermatitis solaris).

Im Frühjahr, bei fehlender vorheriger Gewöhnung an die ungewohnte Lichtexposition, ist die Gefahr für eine Dermatitis solaris am größten.

Auch müssen phototoxische und die (selteneren) photoallergischen Substanzen bei der Reiseplanung beachtet werden.

Patienten sollten konsequent im Hinblick auf die photosensibilisierende Wirkung von z. B. bestimmten Antibiotika (z. B. Doxycyclin) oder natürlichen Kräutern (z. B. Bergamottöl, Johanneskraut) beraten werden.


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Topische Noxen

[Tab. 1] gibt einen Überblick über Tiere, die Substanzen ausscheiden, die irritativ-toxische Kontaktreaktionen auf der Haut auslösen. Diese kommen z. T. auch in Mitteleuropa vor, sind aber vor allem auf weiteren Reisen anzutreffen. Es gibt auch Pflanzen, die vergleichbare Reaktionen hervorrufen. So wirken die Oxalsäure-Kristalle aus Wolfsmilchgewächsen ebenso toxisch.

Tab. 1

Tiere, die irritativ-toxische Hautreaktionen auslösen können

Tierart

Vorkommen

Gift/Noxe

Rote Feuerameisen

Südamerika, Südstaaten der USA, Australien, China und Taiwan

alkaloides Gift eingebracht durch Stachel des Hinterleibs

Ölkäfer

warme, trockene Gegenden, Europa

Cantharidin aus Hämolymphe, tritt am Hinterbein aus

Eichenprozessionsspinner

Süd-/Mitteleuropa

Nachtschmetterlingsart;

Gespinste der Raupen mit Brennhaaren

Paederus-Käfer

Tropen, v. a. Regenzeit

Kurzflügler-Käfer;

Alkaloide Pederin und Pseudopederin in Hämolymphe der Weibchen, Freisetzung bei Verletzung/Zerdrücken

Zerkariendermatitis

Europa

Eindringen der Larven von Trematode Trichobilharzia ocellata durch die Haut

Quallen

weltweit

Nesselgift aus Nesselzellen

Die jeweilige Reaktion tritt in der Regel schnell innerhalb weniger Minuten bis weniger Stunden später auf und kann mitunter auch einige Tage anhalten. Es zeigen sich Erytheme, später Blasenbildung und Schwellung, oft begleitet von einem starken Brennen oder Jucken.

Eine spezifische Therapie dieser Veränderungen ist nicht möglich; wichtig ist das konsequente Vermeiden des Kontakts. Eine symptomatische, antientzündliche Therapie kann die Heilung unterstützen.


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Besondere aquatische Noxen

Kontakt mit Quallen und Seenanemonen kann durch das hierbei freigesetzte Histamin zu einer ausgeprägten erythematösen, urtikariellen Reaktion führen [3]. Verantwortlich ist das Nesselgift aus den mikroskopisch kleinen ‚Harpunen‘ (Nesselzellen) an der Oberfläche der Quallen. Je nach Quallenspezies kann auch eine Systembeteiligung in Form von toxischen Begleitreaktionen (Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Anaphylaxie) auftreten.

Als Sofortmaßnahmen sollten etwaige Reste der Quallen entfernt werden. Niemals sollte Süßwasser oder Alkohol verwendet werden, da dies zu einem Platzen der verbleibenden intakten Nesselzellen führt. Gut geeignet ist Meerwasser oder Essigwasser. Die Haut sollte anschließend gekühlt werden, feuchte Umschläge sowie systemische Antihistaminika sind indiziert. Steroid-haltige Cremes oder eine kurzzeitige systemische Kortikosteroidgabe sind für die symptomatische Therapie ebenso sinnvoll.


Seeigel sind Stachelhäuter, die auch in Strandregionen häufig vorkommen. Die Verletzungen treten vor allem bei Badegästen und Fischern auf. Bei Kontakt mit einem Seeigel dringen die Stacheln in das Gewebe ein und setzen zudem toxische Substanzen frei. Daher entwickelt sich eine gemischte Fremdkörper-getriggerte Entzündung.

Vorrangig bei der Behandlung ist die vollständige Entfernung der Stacheln der Seeigel. Möglicherweise hilft es, das betroffene Hautareal in heißes Wasser zu tauchen, um die hitzeempfindlichen Toxine zu inaktivieren. Schmerzlindernde und antiseptische Maßnahmen sowie ggf. eine Antibiotika-Gabe sind indiziert. Als Prophylaxe werden für Risikogebiete Badeschuhe für den Strandbesuch empfohlen.


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Infektionen

Infektionen mit in unseren Regionen nicht oder selten vorkommenden Pathogenen spielen in der Dermatologie eine wichtige Rolle. Aber auch eher gängige kutane Infektionen können von einer Reise mitgebracht werden. Nicht jede Hautinfektion nach z. B. einem Urlaub in den Tropen ist durch exotische Erreger verursacht [2].

Bei Reisen in eher wärmere/feuchte (sub)tropische Regionen kommt es häufiger als hierzulande zur Ausbildung von bakteriellen Superinfektionen, Pyodermien und Ekthymata. Gründe für die höhere Inzidenz bei Tropenreisen liegen in sozioökonomischen Aspekten wie Armut, Überbevölkerung, schlechten hygienischen Standards, Okklusionseffekten, Fehlen frischen Wassers, Unterernährung und einer anderen Gesundheitserziehung. Aus diesem Grund sind Reisende, die sich nicht in vollklimatisierten, an unsere Standards angepassten Urlaubsorten aufhalten, sondern z. B. mit Rucksack „off track“ und naturnah reisen, häufiger betroffen.

Das Erregerspektrum der Pyodermien kann im Vergleich zu dem hierzulande etwas variieren; eine ausgeprägte Therapieresistenz und/oder eine verzögerte Abheilung nach Therapiebeginn können vorkommen.


Eine systemische Therapie mit adäquater Antibiose kann notwendig werden.


Gleiches gilt für das Auftreten von Sexually Transmitted Diseases (STD) während oder nach einer Reise [4] [5]. Ca. 1/5 aller Reisenden hat während eines Auslandsaufenthalts Gelegenheitssex mit einem neuen Partner. Insbesondere nach Urlaubsaufenthalten werden vermehrt Fälle von Syphilis beobachtet. Auch wird ein Großteil der HIV-Infektionen im Ausland erworben. Bei Chlamydien-Infektionen muss nach Reisen in die (Sub-)Tropen auch an das Lymphgranuloma venerum (Erreger: Chlamydia trachomatis Serovar L1 – 3) gedacht werden; in den USA und Europa wird diese Infektion bei HIV-positiven Männern, die Sex mit Männern haben, beobachtet. Das Ulcus molle (Erreger: Haemophilus ducreyi) tritt vor allem in den Tropen auf, das Granuloma inguinale (Erreger: Klebsiella granulomatis) in den USA und der Südsee.

In jedem Fall ist es auch hier besonders wichtig, die Patienten über mögliche Ko-Aquisition von HIV-Infektionen aufzuklären.


Die Therapie der STD nach Urlaubsreise unterscheidet sich nicht wesentlich von den jeweils hier gebräuchlichen Empfehlungen.


Skabies-Infektionen werden nach Reisetätigkeit ebenso häufig beobachtet, die Prävalenz beträgt in Mitteleuropa < 0,2 %, in anderen Teilen der Welt aber bis zu 30 – 40 %. Die Milben kommen weltweit vor. Die Prävalenz hängt stark von der Bevölkerungsdichte und den hygienischen Bedingungen ab. Menschen mit Immunsuppression, Säuglinge und ältere Personen sind häufiger betroffen.

Wanzen, Läuse und Flöhe sind Kosmopoliten und werden auch und besonders bei Urlaubsreisen angetroffen ([Abb. 1]), auch dies abhängig vom ortstypischen Hygienestandard.

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Abb. 1Wanzen- und Flohstiche an den Extremitäten. a Typische Wanzenstiche „in Reihe“ am Arm. b Flohstiche am distalen Unterschenkel.


Im Folgenden sollen in Kurzform einige weitere dermatologisch relevante Infektionen behandelt werden, die häufig während Auslandsaufenthalten erworben werden und einer besonderen Behandlung bedürfen.


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Larva migrans (syn: Hautmaulwurf, Wanderlarve, creeping eruption, sandworm itch)

Erreger und Vorkommen: Es handelt sich um die häufigste Reisedermatose. Larva migrans ist eine Infektion mit Larven tierischer Nematoden (Ancylostoma brasiliense oder A. caninum). Meist werden sie aus der Karibik, den Malediven, Südostasien, den Ozeanstränden Afrikas oder den Mittelmeerküsten importiert. Reservoir für Ancylostoma sind Hunde- und Katzenfäces im sandigen Erdboden; die Larven bohren sich nach Kontakt durch die intakte Haut. Die Inkubationszeit beträgt wenige Tage bis zu, in Ausnahmefällen, Monate.


Klinik: Es zeigen sich leicht erhabene Gangstrukturen mit gerötetem Randsaum ([Abb. 2]); die Wandergeschwindigkeit der Larven in der Haut beträgt ca. 3 – 5 cm/Tag.

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Abb. 2Larva migrans. a Übersichtsbild eines typischen Befalls des lateralen Fußrands. b Detailaufnahme der leicht erhabenen, erythematösen Gänge von mehreren Zentimetern Länge bei Befall mit dem Fadenwurm Ancylostoma spp.

Prädilektionsstellen sind die Füße/Fußgelenke, letztlich können aber alle Hautpartien betroffen sein, die in Kontakt mit kontaminierter Erde/Sand kommen (z. B. Gesäß). Es kann im Verlauf zu unerträglichem Juckreiz und starken Entzündungsreaktionen kommen.

Diagnostik: Blickdiagnose, ggf. Unterstützung mittels Auflichtmikroskopie.


Therapie: Die Erkrankung ist selbstlimitierend und heilt nach Absterben der Larven nach 3 Wochen spontan aus. Mit diesem Wissen, sowie angepasst an den jeweiligen Schweregrad und Leidensdruck, sollte die Therapie gewählt werden [6]. Sie besteht neben antientzündlichen Substanzen (topische Kortikosteroide, Antihistaminika) aus der Verwendung topischer oder systemischer Antihelmintika.


Gemäß der S1-Leitlinie ist eine Systemtherapie zu bevorzugen. Hier kommt einmalig Ivermectin (200 µg/kg KG, off-label) zum Einsatz, alternativ kann Albendazol (800 mg/Tag für 3 Tage) verwendet werden.

Tiabendazol ist für die Lokaltherapie nicht mehr verfügbar. Es sind keine ausreichenden Erfahrungen mit anderen topischen Präparaten gesammelt worden; mehrere Leitlinienautoren berichten über günstige Ergebnisse nach Verwendung von Albendazol 10 % in Vaseline, Anwendung 3 × täglich auf alle betroffenen Hautareale. Erst kürzlich konnte ein Ivermectin-haltiges Präparat zur Behandlung der Rosacea zugelassen werden; ob sich dieses auch für die Therapie der Larva migrans eignet, bleibt abzuwarten. Mebendazol topisch sowie Kryotherapie gelten als nicht geeignete Therapieverfahren.


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Leishmaniasis

Erreger und Vorkommen: Die Leishmaniasis gehört zu den 3 häufigsten Reisedermatosen. Sie wird durch den protozoischen Parasiten Leishmania hervorgerufen, von dem es mind. 12 verschiedene (Sub-)Spezies gibt [7]. Man unterscheidet die Formen der sog. „Alten Welt“ (Mitteleuropa, Indien, Afrika) von denen der „Neuen Welt“ (Mittel- und Südamerika).

Die Übertragung des Parasiten erfolgt durch den Stich einer Sandfliege. Diese sind sehr klein, nachtaktiv und überwinden nicht den 1. Stock von Gebäuden. Des Weiteren sind Repellentien gegen Sandfliegen wirksam.

Der Mensch gilt für die Leishmaniasis als Fehlwirt; meistens sind kleine Nagetiere und Hunde betroffen. Die Erkrankung ist bei den Veterinären meist besser bekannt als bei den Humanmedizinern, da viele aus dem Mittelmeerurlaub mitgebrachte, zugelaufene Hunde betroffen sind.


Klinik: Der Krankheitsverlauf wird durch die auslösende Spezies der Leishmanien und den Immunstatus des Patienten bestimmt. Folgende Formen werden beobachtet:

  • Kutane Leishmaniasis (90 % aller Infektionen, [Abb. 3]): Ist durch die langsame Entwicklung einer Papel gekennzeichnet, die im Verlauf ulzeriert und einen erhabenen Randwall (sog. „volcano sign“) aufweist. Lymphknotenschwellungen kommen vor, ebenso wie Superinfektionen. Eine sporotrichoide Ausbereitung entlang der Lymphbahn oder Satellitenläsionen kann vorkommen ebenso wie diffuse, rezidivierende Verläufe.

  • Mukokutane Leishmaniasis (bei ca. 5 % aller ausgeheilten kutanen Leishmaniasis-Fälle der „Neuen Welt“): möglicherweise begünstigt durch eine unzureichende Vorbehandlung. Durch Ausbreitung des Erregers im Gewebe kommt es zum Befall des Nasenseptums, des Nasopharynx und des Rachens. Unbehandelt kommt es zu einer Gewebezerstörung mit möglichem fatalem Verlauf wegen Aspiration und Kachexie.

  • Viszerale Leishmaniasis: Durch Befall der Bauchorgane und des Knochenmarks kommt es zu einer Hepatosplenomegalie mit Aszites. Unbehandelt verläuft diese Form in nahezu allen Fällen tödlich.

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Abb. 3Leishmaniasis. Ulzeration mit typischem erhabenem Randwall („volcano sign“) bei kutaner Leishmaniasis auf der rechten Wange.

Die Verbreitung der die entsprechenden Verlaufsformen auslösenden Leishmanien-Spezies ist in [Tab. 2] aufgeführt; eine detailliertere Darstellung kann man der aktuellen Leitlinie entnehmen. Manche Erreger sind in der Lage, je nach Immunsituation des Wirts, sowohl kutane als auch viszerale Infektionen auszulösen.

Tab. 2

Abhängigkeit des Krankheitsverlaufs von der auslösenden Leishmania (Sub-)Spezies.

Form der Erkrankung

Erreger in der

„Alten Welt“


„Neuen Welt“

Kutane Leishmaniasis

L. major

L. mexicana

L. tropica

L. amazonensis

L. infantum

L. braziliensis

L. aethiopica

L. guyanensis

L. panamensis

Mukokutane Leishmaniasis

L. braziliensis

L. peruvia

L. guyanensis

L. pamamensis

Viszerale Leishmaniasis

L. infantum

L. chagasi

L. donovani

L. tropica


Diagnostik: Histologisch findet man eine granulomatöse Entzündung, in der Giemsa-Färbung sind in den Histiozyten/Makrophagen die 2 – 4 µm großen amastigoten Leishmanien gut zu erkennen. Mittels PCR von frischem Gewebe oder (mit etwas geringerer Sensitivität) auch von Formalin-fixiertem Gewebe sollte die auslösende Subspezies der Leishmanien bestimmt werden. Kulturen zum Erregernachweis können sinnvoll sein. Hierfür ist frisches Biopsiematerial notwendig, das in isotoner Kochsalzlösung aufbewahrt wurde. Die Serologie ist zum Nachweis einer Infektion wenig geeignet.

Zum Ausschluss einer viszeralen Beteiligung kann eine Durchuntersuchung notwendig werden.

Goldstandard der Diagnostik ist der Erregernachweis. Hierfür ist eine Biopsie vom Randwall der kutanen Läsion gut geeignet; für den Geübten kann auch die Anwendung von Reizsekret z. B. mittels Slit-skin-Präparat geeignet sein.


Therapie: Die Therapie richtet sich nach der auslösenden Leishmania-Subspezies, der Klinik und dem Immunstatus des Patienten [8]. Grundsätzlich eignen sich sowohl topische, lokale Therapieformen als auch verschiedene Systemtherapien.

Resistenzen werden beobachtet, daher sollte der Therapieentscheid gemäß der aktuellen Empfehlungen fallen. Patienten mit ≥ 3 Läsionen, Läsionen größer 4 cm, solchen im Gesicht oder an funktionell heiklen Körperstellen (z. B. über Gelenken), mit Lymphadenitis, Satelliten oder solchen, die therapieresistent sind, sollten systemisch behandelt werden. Immunsupprimierte werden, wenn möglich, auch systemisch therapiert.

Die Lokaltherapie kann in der Totalexzision solitärer Läsionen bestehen, in der Unterspritzung mit Antimon oder in der Anwendung von Paromomycin enthaltender Creme. PDT und lokale Überwärmung zeigen ebenso Wirksamkeit.
Für die Systemtherapie kommen im Wesentlichen pentavalente Antimone, liposomales Amphotericin und Miltefosine infrage.


Antimone und Amphotericin werden intravenös gegeben und auf Nebenwirkungen ist streng zu achten. Daher wird hier eine stationäre Behandlung empfohlen. Miltefosine als oral verfügbares Medikament bewirkt v. a. gastrointestinale Nebenwirkungen, wird ansonsten in der Regel aber gut vertragen. Die Behandlung erfolgt mit 1,5 – 2,5 mg/kg KG über mindestens 28 Tage. Die Heilung kann auch erst mit einer Verzögerung von wenigen Wochen eintreten.


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Tungiasis

Erreger und Vorkommen: Die Tungiasis wird durch die Infektion mit dem Sandfloh Tunga penetrans ausgelöst. Der Sandfloh macht seinen Entwicklungszyklus vom Ei, über Larve, Puppe bis zum adulten Floh im Erdboden durch. Die Infektion tritt auf, wenn der Floh die Haut penetriert. Er kann bis zu 40 cm hoch springen. Er kommt vor allem in Amerika/Mexiko, Argentinien, den Karibischen Inseln und Afrika vor.


Klinik: Die Klinik kann in verschiedene Stadien unterteilt werden. Meist finden sich die Läsionen an den Zehen im Nagelfalzbereich. Der Floh penetriert innerhalb weniger Minuten. Nach diesem Zeitpunkt kann der Geübte einen kleinen rötlichen Punkt mit Umgebungserythem erkennen (Stadium I). Anschließend entwickelt sich innerhalb von 1 – 2 Tagen eine runde, gelbliche Papel mit zentral bräunlichem Punkt (Stadium II). Stadium III (nach 2 – 21 Tagen) ist durch eine prall-elastische Papel mit zentral heraustretenden, schwärzlichen Fäces charakterisiert ([Abb. 4]); im Randbereich findet sich typischerweise Schuppung. Nach 3 – 5 Wochen stirbt der Floh ab und die Papel verfärbt sich schwärzlich mit zentraler Kruste (Stadium IV). Wochen nach der Infektion ist nur noch eine ringförmige Impression des Stratum corneum als Restzustand zu erkennen.

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Abb. 4Tungiasis. Befall des 3. Zehs mit erhabener Papel und zentralem Porus, aus dem das Hinterteil des Sandflohs ragt. Es handelt sich um eine Stadium-III-Läsion.


Diagnostik: Blickdiagnose.


Therapie: Die Therapie besteht in der manuellen Entfernung des Flohkörpers mittels Skalpell und Pinzette. Auf einen ausreichenden Tetanus-Schutz und die Gefahr einer Superinfektion ist zu achten.


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Myiasis

Erreger und Vorkommen: Die Myiasis ist eine Infektion mit Larven unterschiedlicher Fliegenspezies (Dermatobia hominis oder Cordylobia anthropophaga), die ihre Eier entweder mittels Stechmücken als Carrier oder auf verschmutzter Kleidung ablegen. Die Infektion wird meist in Mittel- und Südamerika erworben und bevorzugt bei latenter Immunsuppression beobachtet. Prinzipiell können alle Körperstellen betroffen sein.


Klinik: Der Patient klagt darüber, dass „sich etwas unter der Haut bewegt“, im Verlauf kann es zu Schwellungen, Ulzerationen und starken Entzündungszeichen kommen.


Diagnostik: Blickdiagnose, ggf. Unterstützung mittels Sonografie und radiologischen Methoden (Weichteil-MRT).


Therapie:

Die manuelle Entfernung der Maden aus dem betroffenen Gewebe erfordert Übung, die Wunden sollten ausgiebig gespült werden.


Die Gabe von Ivermection (einmalig) kann indiziert sein. Auf die Mit-Übertragung von anderen, durch Stechmücken übertragene Erkrankungen (Malaria, Dengue-Fieber) sollte geachtet werden.


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Mykobakteriosen

Das Schwimmbad-Granulom (Auslöser Mycobacterium marinum) wird hierzulande ebenso beobachtet wie nach Reise. Infektionen mit anderen Mykobakterien-Arten wie M. ulcerans (Auslöser des sog. Buruli Ulcus) oder M. leprae werden vorwiegend erst nach jahrelangem Aufenthalt in den entsprechenden Endemiegebieten beobachtet; nach Reisetätigkeit kommen sie nicht vor.


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Zusammenfassung

Reisedermatosen sind hierzulande häufiger geworden.

Im Falle von übermäßiger UV-Exposition, v. a. nach Verwendung von photosensibilisierenden Externa oder Medikamenten, kann es zu lichtprovozierten Hautentzündungen kommen. Auch nach Kontakt mit toxischen Sekreten, Speichel oder Stacheln ist die Gefahr von toxischen Hautreaktionen groß. Hier sind allem voran Kontakte mit roten Feuerameisen, Ölkäfern, Eichenprozessionsspinnern, Präderus-Käfern, Zerkarien und Quallen/Seeigeln zu nennen. Die Therapie dieser Reaktionen ist meist symptomatisch mit topischen Kortikosteroiden, ggf. in Kombination mit antiseptischen Maßnahmen, anzulegen.

Hautinfektionen im Sinne von Pyodermien sind vor allem nach Reisen in (sub-)tropische Regionen aufgrund der klimatischen Bedingungen häufiger. Deren Therapie ist vergleichbar zu der hierzulande gebräuchlichen. Auch an den Erwerb sexuell-übertragener Infektionen (einschließlich HIV) im Rahmen einer Auslandsreise sollte gedacht werden.

Die Larva migrans-Infektion ist die häufigste Reisedermatose und durch gangartige Hautveränderungen mit erythematösem Randsaum charakterisiert. Die Erkrankung ist selbstlimitierend, die Therapie wird entweder systemisch mit Ivermectin oder topisch mit Albendazol-haltiger Creme durchgeführt.

Die kutane Leishmaniasis tritt meist erst nach der Urlaubsreise in Form von sich langsam vergrößernden, später ulzerierenden Papeln auf. Eine Probebiopsie sichert die Diagnose. Die Therapieempfehlung kann je nach Ausprägung der Erkrankung, dem Immunstatus des Patienten und der auslösenden Leishmania-Subspezies systemisch oder topisch ausfallen.

Eine Infektion mit dem Sandfloh (Tungiasis) ist klinisch diagnostizierbar. Die Therapie besteht, genau wie bei der Myiasis (Infektion mit Fliegenmaden), in der Entfernung der Fremdkörper und antiseptischer Versorgung der Wunde.


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Interessenkonflikt

Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Esther von Stebut
Hautklinik
Universitätsmedizin Mainz
Johannes-Gutenberg Universität
Langenbeckstr. 1
55131 Mainz


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Abb. 1Wanzen- und Flohstiche an den Extremitäten. a Typische Wanzenstiche „in Reihe“ am Arm. b Flohstiche am distalen Unterschenkel.
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Abb. 2Larva migrans. a Übersichtsbild eines typischen Befalls des lateralen Fußrands. b Detailaufnahme der leicht erhabenen, erythematösen Gänge von mehreren Zentimetern Länge bei Befall mit dem Fadenwurm Ancylostoma spp.
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Abb. 3Leishmaniasis. Ulzeration mit typischem erhabenem Randwall („volcano sign“) bei kutaner Leishmaniasis auf der rechten Wange.
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Abb. 4Tungiasis. Befall des 3. Zehs mit erhabener Papel und zentralem Porus, aus dem das Hinterteil des Sandflohs ragt. Es handelt sich um eine Stadium-III-Läsion.