Einleitung
Die Komplexität des Zusammenwirkens von genetischer Suszeptibilität, individuellem
Risiko, verschiedenen inhalativen Noxen und Umwelteinflüssen sowie systemischen Manifestationen
und Komorbiditäten bedingt eine Vielzahl klinischer COPD-Phänotypen [1]
[2]
[3]
[4]. Die beiden klassischen Phänotypen „chronisch obstruktive Bronchitis“ und „Lungenemphysem“
sind infolge des dominierenden Atemwegsumbaus bzw. der Lungenparenchymdestruktion
durch verschiedene Störungen der Ventilation, Atemmechanik, des Ventilations-/Perfusionsverhältnisses
und der Diffusion gekennzeichnet [5]
[6]
[7]. Kombinationen dieser Phänotypen sowie häufige Komorbiditäten (z. B. koronare Herzerkrankung,
Herzinsuffizienz, obstruktive Schlafapnoe, muskuläre Dysfunktion) bedingen weitere
spezifische Modifikationen der o. g. Störungen. Die Belastungsintoleranz des COPD-Patienten
resultiert somit aus individuell unterschiedlichen Beeinträchtigungen aller Komponenten
der Atmung (Ventilation, Gasaustausch, Zirkulation und Muskelstoffwechsel) [8]
[9]
[10]
[11].
Mit einer Spiroergometrie (CPET) können die genannten Teilbereiche der Atmung in Echtzeit
erfasst, abgebildet und ausgewertet werden. Mit der Spitzensauerstoffaufnahme (peak
V̇O2) liegt zudem ein exzellenter Prognoseparameter vor, der einen höheren prädiktiven
Wert bezüglich des Letalitätsrisikos von COPD-Patienten aufweist als die etablierten
multifaktoriellen Prognoseindizes BODE, mBODE, ADO und mDOSE [12].
Unter diesem Gesichtspunkt erscheint die diagnostische Anwendung der CPET gerade bei
der Evaluation der atemfunktionell so heterogenen Erkrankung COPD sinnvoll, um diese
besser charakterisieren zu können. Mit der vorliegenden Untersuchung soll geprüft
werden, ob die CPET diesem Anspruch unter Praxisbedingungen gerecht wird und im Vergleich
zu den etablierten Diagnostikmethoden zusätzliche klinisch relevante Aspekte der COPD
erfasst.
Methodik
Patienten
Es wurden 64 Patienten (55 Männer) mit stabiler COPD der GOLD-Stadien II bis IV aus
dem Patientengut einer pneumologischen Gemeinschaftspraxis (Internistisches Facharztzentrum
Teuchern, Deutschland) konsekutiv eingeschlossen ([Tab. 1]). Als Einschlusskriterien galten ein spirometrisch ermitteltes postbronchodilatatorisches
FEV1/VC-Verhältnis < 70 %, ein FEV1-Wert < 80 % des Sollwertes sowie eine Raucheranamnese von mindestens 20 Packungsjahren.
Tab. 1
Demografische und klinische Charakteristika des Untersuchungskollektivs.
Charakteristika
|
n
|
Min.
|
MW (± SD)
|
Max.
|
Alter
|
64
|
47,0
|
64,0 (± 8,6)
|
83,0
|
Geschlecht weiblich
|
9 (14 %)
|
|
|
|
Geschlecht männlich
|
55 (86 %)
|
|
|
|
COPD-Schweregrad
|
64
|
|
|
|
II (FEV1 50 – 80 % pred.)
|
18 (28 %)
|
|
|
|
III (FEV1 33 – 49 % pred.)
|
30 (47 %)
|
|
|
|
IV (FEV1 < 33 % pred. oder < 50 % pred. + resp. Insuffizienz)
|
16 (25 %)
|
|
|
|
Exazerbationen im letzten Jahr
|
64
|
0
|
0,5 (± 0,9)
|
4
|
Ausschlusskriterien waren koinzidente andere Atemwegs- und Lungenerkrankungen, eine
chronisch hyperkapnische respiratorische Insuffizienz mit einem Ruhe-PaCO2 > 50 mmHg, akute COPD-Exazerbationen oder Veränderungen der Dauermedikation in den
letzten 6 Wochen, instabile koronare Herzerkrankung, Myokardinfarkt in den letzten
6 Monaten, signifikant eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion sowie schwere
muskuloskelettale Erkrankungen.
Alle Patienten erhielten eine schriftliche Aufklärung zum Inhalt der klinischen Studie
und bekundeten schriftlich ihr Einverständnis zur Teilnahme und zur wissenschaftlichen
Auswertung der pseudoanonymisierten Daten. Die Erfassung der vorliegenden Daten erfolgte
im Rahmen eines multizentrischen Projektes zur Langzeitbeobachtung von COPD-Patienten,
welches eine positive Bewertung durch die Ethikkommission der Universitätsmedizin
Greifswald erhalten hat (Reg.-Nr. BB 022/13).
Untersuchungsmethoden
Bei allen Patienten wurde nach Inhalation von 400 µg Salbutamol eine kombinierte spirometrische
und bodyplethysmografische Untersuchung, eine Diffusionsmessung und eine arterielle
Blutgasanalyse aus dem hyperämisierten Ohrläppchen entsprechend der aktuellen Empfehlungen
durchgeführt [13]
[14]
[15]. Zur Prognosebeurteilung nutzten wir den BODE-Index [16], wobei die Erfassung der 6-Minuten-Gehstrecke (6-MWD) auf der Grundlage der gültigen
ATS-Leitlinie erfolgte [17]. Der 6-Minuten-Gehtest und die Spiroergometrie wurden in einem zeitlichen Abstand
von 3 – 5 Tagen durchgeführt.
Die Spiroergometrie wurde in sitzender Position auf dem Fahrrad mit der Ergometrie-Einheit
„AT-104“ (Schiller AG, Baar, Schweiz) und dem Ganshorn PowerCube (Ganshorn Medizin
Electronic GmbH, Niederlauer, Deutschland) als breath-by-breath-Messung von Gasaustausch
und Ventilation durchgeführt. Unter Beachtung der aktuellen CPET-Leitlinien wurde
ein Protokoll mit etablierten Normwerten genutzt, welches durch eine Laststeigerung
um 16 Watt pro Minute definiert ist [18]
[19]
[20]. Die Anwendbarkeit dieses Protokolls für Patienten mit COPD unterschiedlicher Schweregrade
wurde durch unsere Arbeitsgruppe bereits beschrieben [27]. Die Untersuchung erfolgte jeweils bis zur symptomlimitierten Ausbelastung des Patienten
(CR-10-Borg-Skala ≥ 8), sofern dem keine objektiven Abbruchkriterien entgegenstanden.
Die Messwerte wurden in einem 10-Sekunden-Intervall gemittelt und numerisch registriert.
Die grafische Darstellung (9-Felder-Grafik nach Wasserman) erfolgte mit einer 30-Sekunden-Mittelung.
Die am höchsten gemessene Sauerstoffaufnahme in den letzten 10 Sekunden vor Belastungsabbruch
wurde als Spitzensauerstoffaufnahme (peak V̇O2) dokumentiert. Als Sollwerte verwendeten wir die im System PowerCube LF8.5H SR1 hinterlegten
Standard-Sollwerte nach Jones (1988/1997) [21].
Unter Nutzung des sogenannten „Ludwigshafen-Schemas“ wurden die ermittelten peak V̇O2-Werte in Relation zum alters-, geschlechts-, größen- und gewichtsadjustierten Sollwert
als Maß für die kardiopulmonale Leistungsfähigkeit interpretiert [22].
Die maximal mögliche individuelle Ventilation wurde mit dem Faktor 35 berechnet (MVV35 = FEV1 × 35), als ventilatorische Limitation galt eine Atemreserve (MVV35 – V̇Emax) < 20 % des MVV35. Für vergleichende Bewertungen haben wir auch den aus der Literatur bekannten Faktor
41 zur Berechnung des MVV genutzt, welchen wir in unserer Arbeitsgruppe üblicherweise
bei der Erstellung von Referenzwerten nutzen [20]. Zur Beurteilung der Atemmechanik erfolgte die Registrierung der maximalen Strömungskurve
in Ruhe und der Fluss-Volumen-Kurven unter Belastung, wobei diese im Bereich des aerob-anaeroben
Übergangs und der maximalen Last aufgezeichnet wurden. Über die Bestimmung der inspiratorischen
Kapazität (IC), des endexspiratorischen und endinspiratorischen Lungenvolumens (EELV,
EILV) und den Vergleich der Intrabreath-Kurven mit der maximalen Strömungskurve (Hüllkurve)
konnten Aussagen zu Atemflusslimitierungen (exspiratorischer und/oder inspiratorischer
Schenkel der Fluss-Volumen-Kurve erreichen oder überschreiten die Hüllkurve), kritischer
Erniedrigung oder Ausschöpfen der inspiratorischen Volumenreserve (IRV/TLC < 10 %
bzw. < 6 %) und zur dynamischen Lungenüberblähung (EELV-Anstieg unter Belastung) getroffen
werden [18]
[23]
[24].
Ergänzend wurden Blutgasbestimmungen aus dem hyperämisierten Ohrläppchen im Bereich
der ventilatorischen anaeroben Schwelle (ventilatory anaerobic threshold, VAT) und
zum Zeitpunkt der Maximalbelastung vorgenommen. Es existieren verschiedene Konzepte
zur Bestimmung der VAT (ventilatorisch, metabolisch) sowie in diesem Zusammenhang
unterschiedliche Bezeichnungen dieses Messwertes. In einem Positionspapier wurde vorgeschlagen,
die VAT zukünftig als VT1 (ventilatorische Antwort auf den Beginn des Laktatanstieges)
zu benennen [55].
Datenerfassung/Statistik
Die Erfassung der Primärdaten erfolgte mittels Microsoft® Excel® for Mac 2011 (Release 14.1.3). Alle Analysen wurden mit dem Statistikprogramm SAS
9.3 (SAS Institute Inc., Cary, NC, USA) durchgeführt. Sofern nicht anders ausgewiesen,
wurden alle Werte als Mittelwert (± Standardabweichung) angegeben. Nominale Daten
wurden in Prozent angegeben. Mittelwertvergleiche erfolgten mittels Wilcoxon-Test.
Ein p-Wert von < 0,05 wurde als signifikant erachtet.
Ergebnisse
Alle Patienten konnten komplikationslos bis zum Erreichen ihres maximalen Leistungsvermögens
belastet werden, wobei mindestens ein, in der Regel aber zwei oder mehrere definierte
objektive Ausbelastungskriterien registriert wurden [25]. Diese waren in 62 Fällen (97 %) sehr starke Luftnot/muskuläre Erschöpfung (CR-10-Borg-Skala
≥ 8), in 54 Fällen (84 %) eine erschöpfte Atemreserve (BR < 20 % des MVV35), in 23 Fällen (36 %) ein CO2-Atemäquivalent > 38, in 15 Fällen (23 %) ein Sauerstoffpulsplateau, in 12 Fällen
(19 %) eine erschöpfte Herzfrequenzreserve (HRR) und in 8 Fällen (12 %) ein Gasaustauschquotient
(RER) ≥ 1,11. Eine Übersicht der erhobenen lungenfunktionellen und spiroergometrischen
Parameter wird für die verschiedenen Schweregrade der COPD in den [Tab. 2] und [Tab. 3] gegeben.
Tab. 2
Lungenfunktionsparameter in Bezug zum GOLD-Schweregrad der COPD.
Lungenfunktionsparameter
|
p-Wert
|
COPD II
(n = 18)
|
COPD III
(n = 30)
|
COPD IV
(n = 16)
|
FEV1/FVC (%)
|
< 0,001
|
59,8 (± 7,0)[1]
|
53,5 (± 6,1)[1]
|
48,8 (± 8,8)[1]
|
FEV1/FVC < 70 Soll %
|
|
n = 16 (88,9 %)
|
n = 30 (100 %)
|
n = 16 (100 %)
|
FEV1 (Soll %)
|
< 0,001
|
58,4 (± 5,7)[1]
|
42,3 (±5,0)[1]
|
33,7 (± 8,8)[1]
|
FEV1 < 80 Soll %
|
|
n = 18 (100 %)
|
n = 30 (100 %)
|
n = 16 (100 %)
|
RV (Soll %)
|
0,029
|
187,7 (± 35,7)[1]
|
221,1 (±46,6)[1]
|
228,7 (±57,5)[1]
|
RV > 120 Soll %
|
|
n = 18 (100 %)
|
n = 30 (100 %)
|
n = 16 (100 %)
|
TLC (Soll %)
|
0,376
|
115,4 (± 15,8)[1]
|
121,1 (± 14,0)[1]
|
119,4 (± 21,4)[1]
|
RV/TLC (Soll %)
|
< 0,001
|
152,1 (± 15,3)[1]
|
170,1 (± 17,1)[1]
|
179,9 (± 20,2)[1]
|
RV/TLC > 120 Soll %
|
|
n = 18 (100 %)
|
n = 30 (100 %)
|
n = 16 (100 %)
|
TLCO (Soll %)
|
0,047
|
45,5 (± 13,4)[1]
|
35,5 (± 9,3)[1]
|
30,6 (± 10,9)[1]
|
1 Mittelwert (± Standardabweichung)
Tab. 3
Spiroergometrische Parameter in Bezug zum GOLD-Schweregrad der COPD.
CPET-Parameter
|
p-Wert
|
COPD II
(n = 18)
|
COPD III
(n = 30)
|
COPD IV
(n = 16)
|
Leistung (Watt)
|
< 0,001
|
128,7 (± 20,2)[1]
|
92,8 (± 20,8)[1]
|
87,6 (± 26,4)[1]
|
Belastungszeit (s)
|
< 0,001
|
401,7 (± 86,9)[1]
|
271,7 (± 74,3)[1]
|
274,4 (± 139,3)[1]
|
max. BF (1/min)
|
0,164
|
30,9 (± 5,0)[1]
|
30,8 (± 5,8)[1]
|
36,4 (± 10,4)[1]
|
peak V̇O2 (Soll % )
|
< 0,001
|
79,9 (± 14,1)[1]
|
57,8 (± 13,7)[1]
|
47,8 (± 19,1)[1]
|
peak V̇O2 > 85 Soll %
|
|
n = 5 (27,8 %)
|
n = 2 (6,7 %)
|
–
|
peak V̇O2 70 – 84 Soll %
|
|
n = 8 (44,4 %)
|
n = 3 (10,0 %)
|
n = 3 (18,8 %)
|
peak V̇O2 50 – 69 Soll %
|
|
n = 5 (27,8 %)
|
n = 18 (60,0 %)
|
n = 4 (25,0 %)
|
peak V̇O2 < 50 Soll %
|
|
–
|
n = 7 (23,3 %)
|
n = 9 (56,3 %)
|
V̇O2 an VAT (% V̇O2maxsoll)
|
< 0,001
|
51,1 (± 8,8)[1]
|
40,3 (± 8,4)[1]
|
35,2 (± 9,3)[1]
|
V̇O2 /HRmax (ml/beat)
|
< 0,001
|
12,6 (± 2,9)[1]
|
8,9 (± 2,3)[1]
|
7,2 (± 3,5)[1]
|
V̇Emax /MVV35 (%)
|
0,122
|
94,5 (± 17,0)[1]
|
99,6 (± 20,2)[1]
|
108,4 (± 25,1)[1]
|
V̇Emax /MVV41 (%)
|
0,122
|
80,7 (± 14,5)[1]
|
85,0 (± 17,2)[1]
|
92,5 (± 21,4)[1]
|
EELV-Anstieg unter Belastung
|
|
n = 10 (55,6 %)
|
n = 16 (53,3 %)
|
n = 11 (68,8 %)
|
V̇E/V̇CO2 in Ruhe
|
0,290
|
39,5 (± 8,6)[1]
|
41,9 (± 7,2)[1]
|
40,1 (± 3,6)[1]
|
V̇E/V̇CO2 an VAT
|
0,163
|
32,2 (± 6,9)[1]
|
36,8 (± 6,2)[1]
|
36,9 (± 3,9)[1]
|
V̇E/V̇CO2 an VAT > 35
|
|
n = 6 (33,3 %)
|
n = 16 (53,3 %)
|
n = 10 (62,5 %)
|
V̇E/V̇CO2 in Ruhe – V̇E/V̇CO2 an VAT
|
0,001
|
7,3 (± 3,1)[1]
|
5,1 (± 3,1)[1]
|
3,2 (± 2,5)[1]
|
PETCO2 in Ruhe (mmHg)
|
0,143
|
29,0 (± 4,4)[1]
|
28,7 (± 4,2)[1]
|
30,9 (± 3,6)[1]
|
PETCO2 an VAT (mmHg)
|
0,165
|
35,4 (± 5,1)[1]
|
33,0 (± 4,5)[1]
|
33,0 (± 3,1)[1]
|
PETCO2-Anstieg bis zur VAT (mmHg)
|
< 0,001
|
6,3 (± 2,1)[1]
|
4,0 (± 1,6)[1]
|
2,1 (± 2,6)[1]
|
AaDO2 (mmHg)
|
0,002
|
38,7 (± 10,6)[1]
|
41,5 (± 9,1)[1]
|
52,4 (± 11,3)[1]
|
AaDO2 > 35 mmHg
|
|
n = 12 (66,7 % )
|
n = 20 (66,7 %)
|
n = 16 (100 %)
|
aADCO2 (mmHg)
|
< 0,001
|
2,7 (± 4,0)[1]
|
6,1 (± 4,4)[1]
|
9,9 (± 5,8)[1]
|
aADCO2 > 6 mmHg
|
|
n = 5 (27,8 %)
|
n = 17 (57,6 %)
|
n = 12 (75,0 %)
|
V̇E/V̇CO2-Slope
|
0,015
|
27,94 (± 5,27)[1]
|
32,44 (± 6,90)[1]
|
34,25 (± 5,31)[1]
|
V̇E/V̇CO2-Slope > 34
|
|
n = 3 (16,7 %)
|
n = 10/29 (34,4 %)
|
n = 6/15 (40 %)
|
1 Mittelwert (± Standardabweichung)
Sauerstoffaufnahme und Leistungsfähigkeit
Sauerstoffaufnahme und Leistungsfähigkeit
In der Gesamtgruppe der Patienten konnte eine statistisch signifikante Abnahme der
Spitzensauerstoffaufnahme mit zunehmendem GOLD-Stadium nachgewiesen werden (p < 0,001;
[Abb. 1]). Bei Verwendung der Graduierung nach dem „Ludwigshafen-Schema“ zeigten lediglich
sieben (11 %) Patienten eine normale Leistungsfähigkeit (peak V̇O2 ≥ 85 % des Sollwertes), davon waren fünf dem GOLD-Stadium II und zwei dem Stadium
III zuzuordnen. 89 % der Untersuchten wiesen dagegen Leistungseinschränkungen unterschiedlichen
Ausmaßes auf (s. [Tab. 3]). Innerhalb der jeweiligen GOLD-Stadien zeigten die Patienten deutliche Unterschiede
bei der Sauerstoffaufnahme, was auch bei Anwendung der prognosegewichteten Graduierung
entsprechend des modifizierten BODE-Index gefunden wurde ([Tab. 4]) [26].
Abb. 1 Darstellung der Spitzensauerstoffaufnahme (peak V̇O2) in Bezug zum Schweregrad der COPD.
Tab. 4
Spitzensauerstoffaufnahme (Prozent des Sollwertes) in den GOLD-Stadien (Graduierung
gemäß modifiziertem BODE-Index).
|
COPD II
(n = 18)
|
COPD III
(n = 30)
|
COPD IV
(n = 16)
|
p-Wert
|
peak V̇O2 in Soll %
|
79,9 ± 14,4[1]
|
57,8 ± 13,7[1]
|
47,8 ± 19,1[1]
|
< 0,001
|
peak V̇O2 ≥ 70 Soll %
|
n = 13 (72 %)
|
n = 5 (17 %)
|
n = 3 (19 %)
|
|
peak V̇O2 60 – 69 Soll %
|
n = 3 (17 %)
|
n = 6 (20 %)
|
n = 2 (12 %)
|
|
peak V̇O2 40 – 59 Soll %
|
n = 2 (11 %)
|
n = 17 (57 %)
|
n = 5 (31 %)
|
|
peak V̇O2 < 40 Soll %
|
–
|
n = 2 (7 %)
|
n = 6 (38 %)
|
|
1 Mittelwert ± Standardabweichung
BODE-Index und 6-MWD
Die Anwendung des BODE-Index bei unseren Patienten zeigte die Existenz unterschiedlicher
Prognosegruppen innerhalb der GOLD-Stadien III und IV ([Tab. 5]). Diese ausgeprägte Variabilität der Prognosepunkte resultiert vordergründig aus
der unterschiedlichen körperlichen Leistungsfähigkeit (6-MWD) und Wahrnehmung der
Dyspnoe (mMRC-Score). Dieses erklärt sich daraus, dass die FEV1-Bereiche der GOLD-Klassifikation und des BODE-Index sehr ähnlich sind und 92 % unserer
Patienten bezüglich des BMI (Body-Mass-Index) einen BODE-Punktwert von 0 aufwiesen.
Tab. 5
Verteilung der Prognosegruppen auf der Grundlage des BODE-Index in den GOLD-Stadien.
BODE-Index
|
COPD II (n = 16)
|
COPD III (n = 29)
|
COPD IV (n = 12)
|
0 – 2
|
16 (100 %)
|
2 (7 %)
|
–
|
3 – 4
|
–
|
18 (62 %)
|
6 (50 %)
|
5 – 6
|
–
|
7 (24 %)
|
2 (17 %)
|
7 – 10
|
–
|
2 (7 %)
|
4 (33 %)
|
Bei den Patienten zeigte sich eine signifikante Abnahme der 6-MWD mit zunehmenden
COPD-Schweregrad (p = 0,043; [Abb. 2]). Die 6-MWD korrelierte signifikant (r = 0,56, p < 0,001) mit der Spitzensauerstoffaufnahme.
Abb. 2 Darstellung der erzielten 6-Minuten-Gehdistanzen (in Metern) in Bezug zum Schweregrad
der COPD.
Ventilation und Atemmechanik
Ventilation und Atemmechanik
Bei allen Patienten zeigte sich eine exspiratorische Atemflusslimitierung, welche
unabhängig vom Schweregrad der lungenfunktionellen Atemwegsobstruktion in Ruhe war
(Daten nicht dargestellt).
Bei Belastungsabbruch wiesen 54 Patienten (84 %) eine ventilatorische Limitation (Atemreserve
< 20 % des MVV35) auf. Auf der Basis eines alternativ mit Faktor 41 berechneten MVV-Wertes (MVV41) lag eine ventilatorische Limitation bei 39 (61 %) Patienten vor ([Tab. 6]).
Tab. 6
Darstellung ausgewählter ventilatorischer Werte in den verschiedenen GOLD-Stadien.
|
GOLD II (n = 18)
|
GOLD III (n = 30)
|
GOLD IV (n = 16)
|
V̇Emax [L/min]
|
57,01 ± 8,77
|
38,89 ± 9,26
|
32,88 ± 12,67
|
V̇E/MVV35 [in %]
|
94,49 ± 17,01
|
99,60 ± 20,15
|
108,41 ± 25,10
|
V̇E/MVV41 [in %]
|
80,66 ± 14,52
|
85,02 ± 17,20
|
92,54 ± 25,10
|
Jeweils Mittelwert ± Standardabweichung
Eine dynamische Lungenüberblähung in der CPET fand sich bei 76 % der Untersuchten,
welche unabhängig von den in Ruhe ermittelten lungenfunktionellen Werten der totalen
Lungenkapazität (TLC), des Residualvolumens (RV) und des Quotienten RV/TLC (als ein
Marker einer statischen Hyperinflation) waren (Daten nicht dargestellt).
Unabhängig von der Ausbildung einer dynamischen Lungenüberblähung konnte bei 98 %
der Untersuchten eine kritische Erniedrigung des inspiratorischen Reservevolumens
(IRV/TLC < 10 % bzw. EILV/TLC > 90 %) gesichert werden ([Abb. 3]). Dieser Befund ging typischerweise mit der Ausbildung eines Vt/V̇E-Plateaus einher
und gilt als belastungslimitierendes atemmechanisches Charakteristikum ([Abb. 4]).
Abb. 3 Erschöpftes inspiratorisches Reservevolumen mit (links) und ohne (rechts) dynamische
Lungenüberblähung.
Abb. 4 Vt/V̇E-Plateau bei kritischer Erniedrigung der inspiratorischen Volumenreserve.
Anmerkung: In allen folgenden Abbildungen wird durch die verwendete Software die „VAT“
mit „AT“ gekennzeichnet (siehe auch unter Methodik).
Gasaustausch und Atemeffizienz
Gasaustausch und Atemeffizienz
In Ruhe zeigten alle Patienten eine gestörte CO-Diffusionskapazität (TLCO < 80 % der Norm), wobei mit zunehmendem COPD-Schweregrad eine signifikante Abnahme
der Werte zu verzeichnen war (p = 0,047; [Tab. 2]).
Unter maximaler Belastung konnte eine signifikante Verschlechterung der alveolär-arteriellen
Konzentrations-Differenz für den Sauerstoffpartialdruck (AaDO2) mit zunehmendem GOLD-Stadium nachgewiesen werden (p = 0,002; [Tab. 3]). In Folge dieser Störung (AaDO2 > 35 mmHg) resultierte eine hypoxämische respiratorische Insuffizienz (PaO2 < 60 mmHg) unter Belastung bei 62 % der Patienten im GOLD-Stadium IV, bei 23 % der
Patienten im GOLD-Stadium III und bei 22 % der Patienten im GOLD-Stadium II.
Während sich die endtidalen Partialdruckwerte für CO2 (PETCO2) in Ruhe und an der VAT nicht signifikant zwischen den COPD-Schweregraden unterschieden,
zeigte sich unter maximaler Belastung eine signifikante Verschlechterung der arteriell-alveolären
Konzentrations-Differenz für den Kohlendioxidpartialdruck (aADCO2) mit zunehmendem GOLD-Stadium (p < 0,001; [Tab. 3]).
Eine gestörte Atemeffizienz (anhand des Wertes V̇E/V̇CO2@AT > 35) wurde mit zunehmendem GOLD-Stadium signifikant häufiger (p < 0,001; [Tab. 3]). Diese Aussage trifft vergleichbar auch bei Anwendung des V̇E/V̇CO2-Slope > 34 zu, welcher ebenfalls mit zunehmendem GOLD-Stadium signifikant häufiger
pathologisch wurde (p = 0,015; [Tab. 3]).
Neben Patienten mit regelrechten Gasaustauschverhältnissen unter Belastung fanden
sich welche mit isolierter Sauerstoffaufnahmestörung oder mit kombinierter Sauerstoffaufnahme-
und Kohlendioxidabgabestörung ([Abb. 5]). Bezüglich des Atemeffizienzverhaltens war im Untersuchungskollektiv das gesamte
mögliche Spektrum zwischen regelrechter Effizienzsteigerung, fehlender Atemökonomisierung
und Verschlechterung der Atemeffizienz unter körperlicher Belastung zu erfassen ([Abb. 6]). Bei den Patienten im GOLD-Stadium III konnten alle Muster nachgewiesen werden.
Abb. 5 Isolierte Störung der AaDO2 unter Belastung (links) und manifeste kombinierte Störung der AaDO2 und aADCO2 (rechts). Blaue Punkte: PaO2-Werte (mmHg). Rote Punkte: PaCO2-Werte (mmHg). Blaue Linie: PETO2-Werte (mmHg). Violette Linie: PETCO2-Werte (mmHg).
Abb. 6 Normale Atemeffizienz unter Belastung mit Abfall der ventilatorischen Äquivalente
für O2 und CO2 bis zur VAT (links) und fehlende Atemeffizienzsteigerung (rechts).
Sauerstoffpuls
Im untersuchten Kollektiv zeigte sich für den maximalen Sauerstoffpuls eine signifikante
Abnahme bei zunehmendem GOLD-Stadium (p < 0,001; [Tab. 3]). Bei der Analyse der Sauerstoffpulskurven fanden sich unterschiedliche Muster:
Bei 77 % der Untersuchten zeigte sich ein stetiger Anstieg wechselnder Steilheit ohne
Erreichen des Sollwertes. Bei knapp einem Viertel (23 %) war dagegen die Ausbildung
eines Plateaus zu beobachten. Dieses betraf 7/16 (44 %) Patienten im GOLD-Stadium
IV, 6/30 (20 %) Patienten Stadium III und 2 /18 (11 %) Patienten im Stadium II. Dabei
setzte die Plateaubildung meist erst nach Erreichen der ventilatorischen anaeroben
Schwelle ein ([Abb. 7]). Interessanterweise wiesen 14 /15 (93 %) Patienten mit einem Plateau eine dynamische
Lungenüberblähung auf. Bei drei Patienten im GOLD-Stadium IV war ein primär horizontaler
Verlauf der Sauerstoffpulskurve ohne jegliche Anstiegstendenz zu verzeichnen.
Abb. 7 Sauerstoffpulskurve (hellblau) mit konstantem Anstieg bis zum Belastungsabbruch (nach
6:30 min) ohne Erreichen des Sollwertes (links) und mit Plateaubildung ab der VAT
(rechts).
Diskussion
Die CPET als symptomlimitierter, maximaler Belastungstest war im Alltag einer pneumologischen
Praxis bei klinisch stabilen COPD-Patienten aller Schweregrade sicher und aussagefähig
durchführbar. Das bereits für COPD-Patienten der GOLD-Stadien II bis IV evaluierte
Belastungsprotokoll mit Stufen von 16 W/min erwies sich als gut praktikabel und wurde
von allen Untersuchten toleriert [27]. Bei allen Patienten wurden mindestens ein, in der Regel aber zwei oder mehrere
definierte Ausbelastungskriterien registriert, sodass für alle GOLD-Stadien eine objektive
Erhebung der maximalen Leistungsfähigkeit und ihrer limitierenden Mechanismen vorgenommen
werden konnte.
Schweregradbeurteilung der COPD
Schweregradbeurteilung der COPD
Unter Nutzung bereits validierter leistungs- und prognosekorrelierter Graduierungen
(Ludwigshafen-Schema und mBODE-Index) war mit dem Parameter peak V̇O2 eine exakte Beurteilung des klinischen und prognostischen Schweregrades der COPD
möglich [22]
[26]. Als integrativer Messwert reflektiert die peak V̇O2 die Gesamtleistungsfähigkeit von Ventilation, Gasaustausch, Zirkulation und Muskelmetabolismus
und reflektiert somit den komplexen pathophysiologischen Hintergrund der Erkrankung
COPD [22]
[26]
[28].
Der Grad der Atemwegsobstruktion und die darüber definierten klassischen GOLD-Schweregrade
können die individuelle Belastbarkeit des COPD-Patienten nicht verlässlich anzeigen
oder voraussagen. Aus unserer Sicht erstmalig konnten wir eine heterogene Verteilung
von Patienten mit unterschiedlicher (spiroergometrisch abgeschätzter) Prognose in
den GOLD-Stadien II–IV zeigen. Auf ähnlich bedeutsame Variabilitäten der Sauerstoffaufnahme
hatten bereits andere Autoren mit kleineren Untersuchungsgruppen von 33 bzw. 43 COPD-Patienten
im GOLD-Stadium I–III hingewiesen [29]
[30].
Atemfunktionelle Charakterisierung („Phänotypisierung“) der COPD
Atemfunktionelle Charakterisierung („Phänotypisierung“) der COPD
Ventilation und Atemmechanik
Die exspiratorische Atemflusslimitierung unter körperlicher Belastung verkörperte
unabhängig vom klinischen Phänotyp ein gemeinsames und somit diagnostisches Charakteristikum
aller untersuchten COPD-Patienten ([Abb. 8]).
Abb. 8 Ventilatorische und atemmechanische Charakteristika des Untersuchungskollektivs.
BR = Atemreserve, MVV35 = maximal mögliche Ventilation (FEV1 x 35), IRV = inspiratorisches Reservevolumen, TLC = Totale Lungenkapazität.
Der häufig zur Charakterisierung einer atemmechanischen Limitierung verwendete Parameter
der „erschöpften Atemreserve“ (MVV – V̇Emax < 20 % MVV) zeigte klinisch bedeutsame Unterschiede je nach Wahl des Faktors (35
bzw. 41) zur Berechnung der MVV. Jeder vierte Patient (23,5 %) wurde beim Vergleich
beider üblicher Faktoren hinsichtlich einer bestehenden ventilatorischen Limitierung
entweder falsch positiv oder negativ bewertet, was einer relevanten diagnostischen
Unsicherheit entspricht.
Bei fast allen Patienten (98 %) konnte eine atemmechanisch relevante Erhöhung des
endinspiratorischen Lungenvolumens bzw. Reduktion des inspiratorischen Reservevolumens
(EILV/TLC > 90 % bzw. IRV/TLC < 10 %) registriert werden. Die dadurch erheblich gesteigerten
elastischen Rückstellkräfte der überdehnten Thoraxwand bedingen ein ausgeprägtes Ungleichgewicht
zwischen Atemmuskelanstrengung/zentralem Atemantrieb und erreichbarem Atemzugvolumen
[23]
[31]
[32]
[33]. Dieses ist ein entscheidender Faktor für die Dyspnoe und Belastungsintoleranz bei
COPD-Patienten und tritt bereits in frühen Stadien der Erkrankung auf [34]. Die Unfähigkeit der Adaption des Atemzugvolumens (und somit der Ventilation) an
die metabolischen Erfordernisse unter Belastung muss daher als wesentlicher gemeinsamer
leistungsbegrenzender Mechanismus aufgefasst werden.
Aus unserer Sicht sind weiterführende Untersuchungen erforderlich, um einen für COPD-Patienten
repräsentativen Berechnungsfaktor des MVV benennen zu können. Darüber hinaus halten
wir den Parameter EILV/TLC > 90 % bzw. IRV/TLC < 10 % für eine sinnvolle Ergänzung
der Möglichkeiten der Beschreibung einer ventilatorischen Limitierung der kardiopulmonalen
Leistung.
Gasaustausch und Atemeffizienz
Gasaustauschstörungen stellen ein wesentliches und frühzeitiges pathophysiologisches
Moment der COPD dar, wobei die Effizienz der O2-Aufnahme und der CO2-Elimination mit zunehmendem Schweregrad der COPD signifikant abnimmt. Die Diffusionswerte
sowie die Befunde der kapillären Blutgasanalyse unter Ruhebedingungen waren im untersuchten
Kollektiv keine verlässlichen Indikatoren für die Ausbildung und das Ausmaß einer
arteriellen Hypoxämie unter Belastung. Der Nachweis eines relevanten belastungskorrelierten
PaO2-Abfalls < 60 mmHg bei einem gleichen Prozentsatz von COPD II- und COPD III-Patienten
(22 % bzw. 23 %) unterstreicht dies in besonderer Weise. Aus klinischer Sicht ist
hervorzuheben, dass die belastungsinduzierte Hypoxämie bei COPD schon früh beschrieben
wurde [35] und als ein eigenständiger Prognosefaktor bei COPD-Patienten gilt [36].
Dass sich die endtidalen Partialdruckwerte für CO2 (PETCO2) in Ruhe und an der VAT in unserem Patientengut nicht signifikant zwischen den COPD-Schweregraden
unterschieden, ist sicher u. a. dem Ausschluss von hyperkapnischen Patienten geschuldet.
Eine gestörte Atemeffizienz (anhand eines pathologischen Wertes V̇E/V̇CO2@AT bzw. V̇E/V̇CO2-Slope) ist ebenso bei COPD-Patienten als prognostischer Parameter etabliert [37]
[38]
[39]. Somit liefert die CPET ganz wesentliche prognostische Aussagen, wie sie bei Ruheuntersuchungen
nicht zu erfassen sind.
Unter klinischen Aspekten ist jedoch anzumerken, dass die Störungen des Gasaustausches
und der Atemeffizienz häufig auch Zeichen einer relevanten kardiovaskulären Komorbidität
sein können. Der Effekt solcher Komorbiditäten auf den PaO2 ist jedoch schlecht kalkulierbar, da intrapulmonale Einflüsse (Perfusions-Ventilation-Verhältnis;
Eröffnung intrapulmonaler Shunts, Diffusionsstörungen) sowie extrapulmonale Einflüsse
(Herzzeitvolumen, Ventilation und O2-Verbrauch) dabei eine Rolle spielen [40]. So kann mittels spiroergometrischer Daten auch nicht valide zwischen COPD-Patienten
mit/ohne pulmonale Hypertonie unterschieden werden [41]
[42].
Sauerstoffpuls bei COPD
Der Sauerstoffpuls ist neben dem kardialen Schlagvolumen von der arterio-venösen Sauerstoffdifferenz
(a-v-DO2) abhängig, welche insbesondere bei COPD-Patienten Berücksichtigung finden muss. Hintergrund
ist, dass ihre Determinanten (arterieller Sauerstoffgehalt des Blutes und die periphere
muskuläre Sauerstoffextraktion) durchaus relevant verändert sein können [43]
[44]
[45].
Vorzeitige Verminderungen des Schlagvolumens unter Belastung (mit assoziierten Plateaubildungen
der Sauerstoffpulskurve) können bei COPD-Patienten sowohl primär kardial (koinzidente
koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz), aber auch pulmonal bzw. pulmonalvaskulär
(Reduktion des Kapillargefäßbettes, intrathorakale Drucksteigerung bei Lungenüberblähung,
Hypoxie) bedingt sein [46]
[47]
[48]
[49]
[50]
[51]
[52].
Wie auch bei den Störungen der Atemeffizienz gilt, dass durch die CPET der zugrundeliegende
Pathomechanismus von Sauerstoffpulserniedrigung und -plateau nicht zu differenzieren
ist. Angesichts häufig bestehender kardiovaskulärer Komorbiditäten ergibt sich daraus
die Notwendigkeit einer weiterführenden kardialen Differentialdiagnostik. Bei unseren
Patienten fanden wir in Übereinstimmung mit der Literatur bei zunehmender Hyperinflation
(ohne begleitende kardiovaskuläre Störung) eine Abnahme des Sauerstoffpulses [45]. Die bedeutsame Rolle der dynamischen Lungenüberblähung auf das Sauerstoffpulsverhalten
bei COPD-Patienten wird dadurch untermauert, dass durch eine Lungenvolumenreduktion
ein pathologischer Sauerstoffpuls normalisiert werden kann [53].
CPET-Auswertung bei COPD und atemfunktionelle Phänotypen
CPET-Auswertung bei COPD und atemfunktionelle Phänotypen
Mit den erhobenen spiroergometrischen Kenndaten war eine subtile funktionelle Beschreibung
der Erkrankung COPD möglich, wobei in Anlehnung an die Literatur [37]
[38] der primäre Schritt im diagnostischen Algorithmus die Überprüfung des Erreichens
objektiver Ausbelastungskriterien darstellt. Erst dann kann der Umfang der kardiopulmonalen
Belastbarkeit festgestellt werden. An dieser Stelle ist es uns wichtig festzuhalten,
dass auch eine normale Leistung ggf. nur mit erhöhten Anforderungen (also unphysiologisch)
erbracht werden kann, wie bei unseren sieben Patienten mit normaler Spitzensauerstoffaufnahme,
aber ventilatorischer Limitierung. Davon abzugrenzen sind alle Zustände, bei denen
keine normale Leistungsfähigkeit erreicht wird. Hierbei gilt es, in einem ersten Schritt
die pulmonalen von kardiovaskulären bzw. sonstigen Ursachen der Leistungslimitierung
abzugrenzen ([Schema 1]). In einem weiteren Schritt werden dann die pulmonalen Störungsmuster unterschieden
([Schema 2]), wobei die gestörte Atemeffizienz sowie die dynamische Lungenüberblähung eine bedeutsame
Rolle spielen [54]. In der [Abb. 9] werden die untersuchten Patienten nach den Schweregraden entsprechend der Einschränkung
der Spitzensauerstoffaufnahme eingeteilt und dann anhand ausgewählter Störungsmuster
aufgegliedert.
Schema 1 Algorithmus zur Beurteilung der CPET.
Schema 2 Verschiedene Störungsmuster der CPET bei COPD‐Patienten.
Abb. 9 Gasaustauschparameter AaDO2, VE/V̇CO2 und PETCO2 an ventilatorischer anaerober Schwelle (VAT) in Bezug zum GOLD-Schweregrad der COPD
und der ermittelten Spitzensauerstoffaufnahme (peak V̇O2).
Diese verschiedenen spiroergometrischen Muster repräsentieren nicht nur die atemfunktionelle
Heterogenität der Erkrankung COPD, sondern beeinflussen unserer Erfahrung nach auch
die klinische Präsentation sowie die Prognose der Patienten. In Anlehnung an die Definition
des „klinischen Phänotyps“ [6] kann somit vom Vorliegen verschiedener „atemfunktioneller COPD-Phänotypen“ ausgegangen
werden. Die spiroergometrische Erfassung dieser Phänotypen bietet zukünftig unserer
Ansicht nach die Möglichkeit eines optimierten und stärker individualisierten Managements
der Erkrankung COPD im Vergleich zur aktuell etablierten Lungenfunktionsdiagnostik.
Angesichts der Untersuchungsergebnisse und unserer Erfahrungen bei der systematischen
Anwendung der Spiroergometrie bei COPD-Patienten ist deren Einsatz zur atemfunktionellen
und prognostischen Evaluation sowie zur Verlaufsbeurteilung von COPD-Patienten aller
Schweregrade geeignet.
Mit der zunehmenden Anwendung der Spiroergometrie bei COPD-Patienten sollte zukünftig
eine Neubewertung der Methode in den COPD-Leitlinien geprüft werden.
Hinweis: Die vorliegende Erhebung ist integraler Bestandteil der Promotionsschrift des Erstautors.
Die Datenauswertung wurde im Rahmen einer Förderung durch das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (COSYCONET; BMBF Bewilligungsbescheid 01GI0883) sowie im Rahmen
von GANI_MED (Greifswald Approach to Individualized Medicine) unterstützt (Bundesministerium
für Bildung und Forschung und Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommern, FKZ 03IS2061A).