Einleitung
Nicht durch eine Mukoviszidose (cystische Fibrose, CF) bedingte Bronchiektasen (Non-CF-Bronchiektasen) stellen einen heterogenen Erkrankungskomplex mit vielen zugrunde liegenden Ursachen dar. Die Diagnostik und Therapie ist dementsprechend aufwendig und stellt häufig eine Herausforderung dar [1]. Bronchiektasen sind gekennzeichnet durch eine dauerhafte Erweiterung der Bronchien und Bronchiolen und einen Teufelskreis aus chronischer Infektion und Entzündung, Sekretverhalt und dauerhafter Schädigung der Atemwege. Aufgrund der erheblichen klinischen Beschwerden und des chronisch-progredienten Verlaufs gehen sie mit einer außerordentlichen Belastung und Einschränkung der Alltagsfähigkeit für die betroffenen Patienten einher. Die zugrunde liegende Ursache sollte unbedingt gründlich abgeklärt werden, denn – auch wenn die durchgeführte Diagnostik häufig sehr kostenintensiv und nur in wenigen Zentren verfügbar ist – kann diese in bis zu 2/3 der Fälle die Ursache klären, die dann wiederum in ca. 1/3 von besonderer Bedeutung für das weitere Management der Patienten ist [2].
Aufgrund eines eklatanten Mangels an epidemiologischen, grundlagenwissenschaftlichen und klinischen Studien zu Non-CF-Bronchiektasen ist die Datenlage für die meisten angewandten Therapien dürftig, was vor allem darin zum Ausdruck kommt, dass auch 2015 noch keine zugelassene pharmakologische Therapie für diese Indikation existiert und notwendige Verordnungen abseits ihrer eigentlichen Zulassung (zulassungsüberschreitender Einsatz) erfolgen müssen. Leider konnten die wenigen in den letzten Jahren zu Non-CF-Bronchiektasen durchgeführten und veröffentlichten Studien bislang keinen überzeugenden, einheitlichen therapeutischen Nutzen zeigen. Eine kürzlich durchgeführte, große Untersuchung des inhalativen Antibiotikums Aztreonam konnte keine eindeutige Besserung im Vergleich zu Plazebo nachweisen [3]. Diese Befunde stehen im Gegensatz zu den Ergebnissen ähnlicher Untersuchungen bei Mukoviszidose, wo dieses Antibiotikum aufgrund positiver Studienergebnisse zugelassen ist und bereits seit geraumer Zeit eine bewährte und hilfreiche Therapie darstellt [4]. Auch das inhalative Antibiotikum Colistin verfehlte sein primäres Ziel im Rahmen einer jüngst durchgeführten Untersuchung bei chronischer Infektion durch Pseudomonas aeruginosa
[5]. Am ehesten liegt diesen negativen Befunden nicht eine mangelnde Wirksamkeit der geprüften Substanzen, sondern Probleme hinsichtlich der Durchführung dieser Studien zugrunde, die möglicherweise zu viele verschiedene Ätiologien von Bronchiektasen und zu viele unterschiedliche Pathogene beim Einschluss in diese Untersuchungen zugelassen hatten.
Warum brauchen wir ein Register?
Verlässliche und belastbare Daten zur Prävalenz und Inzidenz von Non-CF-Bronchiektasen sind in Deutschland bislang nicht vorhanden. Bronchiektasen werden bislang häufig als Rare oder Orphan Disease bezeichnet, obwohl sie wahrscheinlich viel häufiger vorkommen als angenommen. Eine Untersuchung der stationären Aufenthalte wegen Bronchiektasen hat gezeigt, dass die Häufigkeit von Krankenhausaufnahmen in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen hat und dass die Wahrscheinlichkeit, mit Bronchiektasen hospitalisiert zu werden, mit zunehmendem Alter ansteigt [6]. Um mehr in die Tiefe gehende Information über Bronchiektasen zu erhalten, Prognosefaktoren und Therapieoptionen in Abhängigkeit zur Ätiologie in Zukunft besser beurteilen zu können, ist der Aufbau eines nationalen Registers für dieses vielschichtige Krankheitsbild sinnvoll.
Das deutsche Bronchiektasen-Register
Nach längerer Vorarbeit wird das deutsche Bronchiektasen-Register PROGNOSIS (The PROspective German Non-CF bronchiectaSIS patient registry) nun im dritten Quartal 2015 mit der Rekrutierung der ersten Patienten beginnen können. Die Ziele von PROGNOSIS sind u. a.:
-
Der Aufbau, Unterhalt und Ausbau eines deutschlandweiten, repräsentativen, prospektiven, beobachtenden (nicht-interventionellen) und longitudinalen Patientenregisters, in dessen Datenbank innerhalb von 3 Jahren mindestens 750 Patienten von 25 – 35 Zentren sektorenübergreifend, d. h. von pneumologischen Praxen bis hin zu Universitätsklinika, rekrutiert werden.
-
Die Beantwortung wichtiger epidemiologischer Fragen, wie z. B. die Verteilung der Ätiologien und die Erfassung der aktuellen Versorgungsrealität von Non-CF-Bronchiektasen (inkl. Lebensqualität, Gesundheitsökonomie und Pharmakoepidemiologie).
-
Die Etablierung eines rationales Schemas für die Differenzialdiagnostik sowie die Evaluation von prognostischen Markern für Non-CF-Bronchiektasen.
-
Die Erleichterung des Zugangs zu zukünftigen klinischen Studien für die teilnehmenden Zentren.
-
Die Erstellung einer deutschsprachigen Empfehlung zu Diagnostik und zum Management von Non-CF-Bronchiektasen in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) e. V.
-
Die Unterstützung des Aufbaus eines translationalen Forschungsnetzwerks über Non-CF-Bronchiektasen in Deutschland und Europa.
Abb. 1 Logo PROGNOSIS.
Die teilnehmenden Zentren und Partner von PROGNOSIS
Die Rekrutierung innerhalb von PROGNOSIS beginnt zunächst an den 17 Gründungszentren mit dem Ziel, 250 Patienten innerhalb des ersten Jahres zu gewinnen. In einem nächsten Schritt sollen 10 – 20 weitere Zentren, v. a. auch pneumologische Praxen, initiiert werden, um das Rekrutierungsziel von 750 Patienten innerhalb von 3 Jahren zu erreichen.
Abb. 2 Gründungszentren von PROGNOSIS (Deutschlandkarte).
Das Forschungsnetzwerk BREATH (Biomedical Research in Endstage And ObsTructive Lung Disease Hannover) ist einer der fünf Standorte des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL). Das Thema Non-CF-Bronchiektasen, deren Diagnose und Therapieoptionen sowie die Perspektive der betroffenen Patienten sind ein wichtiges Forschungsfeld bei BREATH. BREATH und die CAPNETZ STIFTUNG unterstützen das deutsche Bronchiektasen-Register PROGNOSIS bei seiner Öffentlichkeitsarbeit und seiner erfolgreichen Durchführung durch die Nutzung der langjährigen und etablierten Forschungsinfrastrukturen.
Das deutsche Bronchiektasen-Register PROGNOSIS arbeitet sehr eng mit dem europäischen Bronchiektasen-Register EMBARC (THE EUROPEAN MULTICENTRE BRONCHIECTASIS AUDIT AND RESEARCH COLLABORATION, www.bronchiectasis.eu) zusammen, das durch die europäische Fachgesellschaft European Respiratory Society (ERS) als Clinical Research Collaboration gefördert wird. Ein Ziel von EMBARC ist es ebenfalls epidemiologische Untersuchungen an einer großen europäischen Kohorte durchzuführen [7]. Die Daten aus PROGNOSIS repräsentieren Deutschland innerhalb des europäischen Bronchiektasen-Registers EMBARC.
Von besonderer Bedeutung für PROGNOSIS ist die intensive Zusammenarbeit mit den von Non-CF-Bronchiektasen betroffenen Patienten, ihren Patientenorganisationen und einer das Register beratenden Patientengruppe. Ein weiteres Ziel von PROGNOSIS ist dementsprechend betroffenen Patienten eine Anlaufstelle zu bieten, geeignete Informationen zur Verfügung zu stellen und sie dabei zu unterstützen, sich weiter selbst zu organisieren und so ihren Erkrankungsverlauf selbst günstig beeinflussen zu können.