Krankenhaushygiene up2date 2014; 09(04): 233-253
DOI: 10.1055/s-0034-1391136
Hygienemaßnahmen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Maßnahmen zum Schutz vor kontaktübertragenen Virusinfektionen

Alexandra Heininger
,
Uwe Frank
,
Paul Schnitzler
Further Information

Korrespondenzadresse

Alexandra Heininger
Department für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg
Mikrobiologie und Hygiene
Im Neuenheimer Feld 324
69120 Heidelberg

Publication History

Publication Date:
08 January 2015 (online)

 

Einleitung

Die Entwicklung molekularbiologischer Diagnostikverfahren hat in den letzten 2 Jahrzehnten den Nachweis viraler Infektionen erheblich verbessert. Damit hat sich auch das Verständnis von der Epidemiologie der Virusinfektionen verändert; nosokomiale Infektionsketten zeitnah aufzudecken, wurde vielfach überhaupt erst möglich. Dadurch konnten Maßnahmen zum Schutz vor bestimmten Viren, wie z. B. Hepatitis C (HCV) und Humanes Immundefizienz-Virus (HIV), entwickelt werden, die zu Senkungen der Infektionsraten führten. Gleichzeitig machte die moderne Diagnostik auch sichtbar, dass sehr viel breitere Patientengruppen durch virale Infektionen im Krankenhaus gefährdet sind als traditionell angenommen. Epidemiologische Erkenntnisse, die überwiegend erst mit Nukleinsäuren-Amplifikationstests (NAT) gewonnen werden konnten, bestimmen daher die Ausrichtung präventiver Bemühungen.

Molekularbiologische Diagnostikverfahren ermöglichen neue Erkenntnisse über die Epidemiologie und Prävention von Virusinfektionen.

Der andere maßgebliche Faktor für die Erarbeitung sinnvoller Maßnahmen zur Übertragungsprävention („Hygienemaßnahmen“) sind Kenntnisse über den Übertragungsweg der Erreger [1].

Die evidenzbasierten Empfehlungen der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) unterscheiden zwischen folgenden Infektionsvarianten:

  • kontaktübertragen

  • tröpfchenübertragen

  • aerogen übertragen [2]

Diese Übersicht soll die wichtigsten Präventionsmaßnahmen der Krankenhaushygiene zum Schutz vor kontaktübertragenen Virusinfektionen zusammenfassen. Eine Darstellung der Hygienemaßnahmen gegen tröpfchen- und aerogen übertragbare Virusinfektionen wird folgen.

Die Empfehlungen für Hygienemaßnahmen gegen einzelne Viren orientieren sich an der Epidemiologie, den wichtigsten spezifischen Übertragungsmechanismen und möglichen speziellen Randbedingungen, die das Ansteckungsrisiko steigern. Zusätzliche Elemente der Prävention sind Impfungen und ggf. die Post-Expositionsprophylaxe. Diese Aspekte sollen erläutert und der Beschreibung der Hygienemaßnahmen vorangestellt werden.


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Allgemeine Aspekte

Kontaktübertragung

Die Kontaktübertragung eines Erregers entspricht weitgehend dem im Deutschen sehr unscharf verwendeten Begriff der „Schmierinfektion“. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine Ansteckung durch direkten oder indirekten Kontakt mit dem Virusträger. Es kann sich also um den Kontakt mit einer infizierten Person oder den Kontakt mit einem passageren Überträger des Erregers handeln. Die Rolle des Überträgers kann einer weiteren Person, die sich beispielsweise die Hände kontaminiert hat, oder einem kontaminierten unbelebten Gegenstand zukommen. Die Fähigkeit der verschiedenen Viren, in der unbelebten Umwelt zu überleben (Tenazität), bestimmt, welche Bedeutung den indirekten Übertragungen zukommt.

Eine sichtbare Verschmutzung, wie der Begriff „Schmierinfektion“ suggeriert, besteht bei Kontaktübertragungen nur selten.

Traditionell wird innerhalb der Gruppe der Viren, die durch Kontakt übertragbar sind, wie folgt differenziert:

  • blutübertragene Infektionen

  • fäkal-orale Infektionen

  • Infektionen mit Herpes-simplex- und Zytomegalie-Viren, die durch engen Kontakt und auf sexuellem Weg übertragen werden

  • Schmierinfektionen im wörtlichen Sinn treten häufig bei der Keratoconjunctivitis epidemica auf

Tipp für die Praxis

Der Übertragungsmechanismus weist den Weg für rationale Hygienemaßnahmen. Zu beachten ist auch, in welchen Körperflüssigkeiten das Virus enthalten ist, und wie das Krankheitsbild (oder das Fehlen einer offensichtlichen Symptomatik) die Virusverbreitung begünstigt.


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Desinfektionsmaßnahmen

Unbehüllte Viren sind in der Regel weniger empfindlich gegen Desinfektionsmittel als behüllte Viren; weitere Aspekte wie die Hydrophilie der betreffenden Viren spielen jedoch ebenfalls eine Rolle. Nach den Prüfkriterien des Robert-Koch-Instituts (RKI) und der deutschen Vereinigung zur Bekämpfung von Viruserkrankungen e. V. (DVV) wird zwischen einer „begrenzt viruziden“ und einer „viruziden“ Wirksamkeit unterschieden [3] [4]. Als „viruzid“ deklarierte Desinfektionsmittel sind sowohl gegen behüllte als auch unbehüllte Viren wirksam, „begrenzt viruzide“ Substanzen hingegen nur gegen behüllte Viren. Das Prädikat „viruzid wirksam“, welches die Effektivität einer Substanz gegen eine breites Spektrum unbehüllter Viren inklusive Noroviren impliziert, setzt gemäß DVV/RKI-Leitlinie [5] voraus, dass die In-vitro-Wirksamkeit einer Substanz gegen 4 unbehüllte Testviren (Poliovirus, Adenovirus, Polyomavirus SV40 und murines Norovirus) belegt wurde [3].

Die unterschiedlich breiten Wirkspektren sollten bei der Auswahl von Desinfektionsmitteln berücksichtigt werden.

Tipp für die Praxis

Zur Inaktivierung unbehüllter Viren sind als „viruzid“ deklarierte Desinfektionsmittel sinnvoll, für behüllte Viren genügen dagegen als „begrenzt viruzid“ deklarierte Mittel. Die kontaktübertragenen Viren mit der höchsten Tenazität sind Noro- und Adenoviren sowie Hepatitis A.


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Blutübertragene Viren

Die in diesem Kapitel beschriebenen Angaben beziehen sich auf die Infektionen mit Hepatitis-B- und -C-Virus (HBV, HCV) sowie dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV 1/2)

Epidemiologie

Situation in Deutschland. Eine bundesweite Studie zur Gesundheit Erwachsener (18 – 79 Jahre) in Deutschland (DEGS 1) wurde zwischen 2008 und 2011 durchgeführt [6]. Sie ergab eine Seroprävalenz der akuten bzw. chronischen Hepatitis-B-Infektion (anti-HBc + und HBs-Ag +) von 0,3 % vor dem Hintergrund einer HBV-Durchseuchungsrate von 5,1 %. Die Prävalenz von Antikörpern gegen HCV lag in derselben Erhebung bei 0,3 %; einen positiven Nachweis von HCV-RNA im Blut hatten 0,2 % der Untersuchten. Zu beachten ist, dass in der DEGS1-Studie Risikogruppen nicht eingeschlossen waren; die tatsächliche Prävalenz von HBV- und HCV-Infektionen in Deutschland ist also etwas höher zu veranschlagen. Einen überproportional hohen Anteil (~ 40 %) an den chronischen HBV-Fällen in Deutschland haben Personen, die aus Ursprungsländern mit mittlerer (> 2 % bis < 8 % HBsAg-positiv) oder hoher HBV-Prävalenz (> 8 % HBsAg-positiv) kommen [7]. Die Zahl HIV-positiver Personen in Deutschland belief sich laut Schätzungen des RKI Ende 2012 auf rund 78 000 [8].

Nach § 6 und 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) wurden im Jahr 2013 691 und 5156 neu diagnostizierte HBV- bzw. HCV- Infektionen in Deutschland gemeldet [9] [10]. Für 2013 ergingen 3263 Meldungen über eine gesicherte HIV-Neudiagnose an das RKI (s. Tab. [1]) [11].

Tabelle 1

Häufigkeit von Erkrankungen durch Virusinfektionen in Deutschland (Quelle: [60]).

meldepflichtige Infektionskrankheiten in Deutschland, 52. Woche 2013 (Datenstand 15. 1. 2014)

Anteil hospitalisierter Patienten

blutübertragen

  • HBV

  • HCV

  • HIV

   691

  5156

  3263

40,3

18,2

keine Angaben

fäkal-oral

  • Noro

  • Rota

  • HAV

  • HEV

  • Polio

89 322

48 309

   779

   459

keine Angaben

51,0

51,3

60,2

65,6

keine Angaben

Gebiete mit mittlerer und hoher Prävalenz. In allen Mittelmeeranrainerstaaten (mit Ausnahme Frankreichs) besteht nach WHO-Daten eine mittlere (2 – 7 % HBsAg-positiv) oder sogar hohe (> 8 %) HBV-Prävalenz [12]. In Ländern Südostasiens und Afrikas sind zwischen 8 und 20 % der Untersuchten HBsAg-positiv.

Auch für HCV liegt die Infektionshäufigkeit im südlichen Europa deutlich höher als im Norden. Im Mittelmeerraum liegt die Prävalenz bei etwa 2 – 3 %; in Sizilien sogar > 8 % [12]; in weiten Teilen Osteuropas, Afrikas und Südasiens ist sie ebenfalls hoch. Eine hohe Prävalenz von HIV (> 1 % der Erwachsenen) besteht in Afrika südlich der Sahara, überwiegenden Teilen der Karibik sowie einem Teil Südostasiens.

Fazit für die Praxis

Im südlichen Europa ist die Prävalenz von HBV und HCV deutlich höher als in Nordeuropa. Bei in Deutschland lebenden Personen, die aus dem Süden und Osten Europas stammen, ist das Risiko einer Infektion deutlich höher als im Bevölkerungsdurchschnitt.


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Aspekte der Übertragung

Ansteckungsfähigkeit

Als Indikator für die Ansteckungsfähigkeit mit HBV, HCV bzw. HIV gilt der Nachweis von HBsAg, ein positiver HCV-Nukleinsäuren-Amplifikationstest (NAT) bzw. ein positiver HIV-Antikörper-Test und/oder HIV-RNA-Nachweis im Blut. Generell korreliert das Risiko einer Übertragung mit der Viruslast in Blut und Körperflüssigkeiten; bei Personen mit positiver HIV-Serologie ist aber auch nach Absinken der Viruslast unter die Nachweisgrenze von einer lebenslangen Ansteckungsfähigkeit auszugehen. Besonders hohe Viruslasten sind in der Frühphase der Infektion – potenziell sogar noch vor der Serokonversion – zu erwarten sowie in späteren Phasen der ausgeprägten Immundefizienz bei unbehandelten Patienten. Die Kontagiosität von HBV ist am höchsten, weil – v. a. in der Frühphase einer Infektion und bei HBeAg-positiven Patienten – die Viruslast im Blut meist sehr hoch ist; parallel dazu ist die Ausscheidung des Virus über die o. g. anderen Körperflüssigkeiten ebenfalls höher als bei HCV oder HIV.

Fazit für die Praxis

Das Übertragungsrisiko einer blutübertragenen Virusinfektion korreliert mit der Viruslast; wird die Viruslast durch therapeutische Maßnahmen unter die Nachweisgrenze gesenkt, ist eine Ansteckung sehr unwahrscheinlich aber nicht völlig ausgeschlossen


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Kontagiöse Sekrete

Die Hauptübertragungsmechanismen von HBV, HCV und HIV sind prinzipiell gleich, nämlich die parenterale Inokulation von Blut oder anderen virushaltigen Körperflüssigkeiten sowie sexuelle Kontakte. HBV und HCV sind bei hoher Viruslast in Speichel, Schweiß, Tränen oder Sperma bzw. Vaginalsekret wie auch Muttermilch nachweisbar. HIV wird im Sperma und Vaginalsekret sowie im Sekretfilm der Darmschleimhaut und in Muttermilch ausgeschieden.

Speichel, Tränenflüssigkeit oder ausgehustetes Sekret spielen keine Rolle für die Übertragung von HIV [13] [14] [15].


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Häufige Übertragungsmechanismen

Aus den Meldedaten nach IfSG für das Jahr 2013 konnte für HBV und HCV in 12 bzw. 25,7 % der Fälle ein plausibler Übertragungsweg ermittelt werden (s. Tab. [2]) [9] [19].

HBV. Die Ansteckung mit HBV erfolgte am häufigsten durch Sexualkontakte, gefolgt von i. v. Drogen-Konsum und Wohngemeinschaft mit einer HBV-positiven Person (s. Abb. [1]) [9]. Bei einer Viruslast von 107 IE/ml und mehr geht v. a. von Sexualkontakten aber auch von nahen Haushaltskontakten – vermutlich durch unbemerkte Minimalverletzungen oder auch die gemeinsame Benutzung von Pflegegegenständen, wie z. B. Nagelscheren oder Rasierern, die mit Mikroresten von Blut kontaminiert sind – ein HBV-Übertragungsrisiko aus; unter 104 IE/ml ist ein derartiges Risiko gering [14]. Die detaillierte Verteilung der vom RKI erhobenen Übertragungswege zeigt Abb. [1].

Zoom Image
Abb. 1 Übertragungswege von Hepatitis B; gemeldete Fälle 2013 nach Referenzdefinition mit belastbaren Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg, n = 601 (Quelle: RKI [9]).

HCV. HCV wurde bei Weitem am häufigsten im Kontext von i. v. Drogenkonsum (87 %) übertragen; sexuelle Übertragungen waren wesentlich seltener (5,7 % MSM, Männer, die Sex mit Männern haben), Übertragungen durch heterosexuelle Kontakte wurden nicht erfasst [10]. Als riskant zu bewerten sind v. a. Sexualpraktiken, die gehäuft mit Schleimhautverletzungen einhergehen; eine HIV-Infektion der Partner lässt das Risiko steigen.

HIV. Für rund zwei Drittel der 48779 zwischen 1993 und 2013 bestätigten HIV-Erstdiagnosen in Deutschland sind nach Daten des RKI Sexualkontakte und dabei überwiegend gleichgeschlechtliche Kontakte unter Männern verantwortlich [11].

Begünstigend für eine HIV-Übertragung wirken andere sexuell übertragbare Infektionen, die genitale Schleimhautläsionen auslösen können.

I.v.-Drogengebrauch spielte als Übertragungsmechanismus für HIV nur eine untergeordnete Rolle.

Tabelle 2

Bedeutung verschiedener Risikofaktoren für blutübertragene Virusinfektionen.

Mechanismus

HBV

HCV

HIV

i. v. Drogen-Gebrauch

 + + 

 + + + 

 + 

häufig wechselnde Sexualkontakte bzw. MSM

 + + + 

 + 

 + + + 

Herkunft aus Hoch-Prävalenzgebiet

 + + + 

 + + + 

 + + + 

Wohngemeinschaft mit infizierter Person

 + + 

( + )

( + )

Transfusion vor intensiviertem Screening

 + + 

 + + 

 + + 

chronische Dialysebehandlung

 + + + [1]

 + + 

 + 

Übertragungen während der Geburt

 + + + [1]

( + )

 + 

Stillen

 + [1]

( + )

 + + 

1 wird durch HBV-Impfung minimiert



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Nosokomiale Übertragungen

Im Jahr 2013 gingen 6 % bzw. 2,6 % der neu diagnostizierten HBV- bzw. HCV-Infektionen, die nach IfSG gemeldet wurden und ursächlich zuzuordnen waren, auf Dialysen zurück (s. Tab. [2]) [9] [10].

Bluttransfusionen (vor 1991) wurden für 5 % bzw. 3,8 % der HBV bzw. HCV-Fälle verantwortlich gemacht [9] [10]. Die Zahl von HBV-Infektionen, die auf aktuelle Transfusionen zurückzuführen sind, liegt nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts in Deutschland bei ~ 2 pro Jahr [16]; neu erworbene transfusions-assoziierte HCV-Fälle wurden durch die Einführung der PCR-basierten Testung auf 1 Fall zwischen 2000 und Ende 2012 reduziert [16]. Transfusionsbedingte HIV-Neuinfektionen machten im Gesamtzeitraum 1993 – 2013 0,2 % der Fälle aus [11]; davon wurden jedoch nur insgesamt 2 Fälle nach 2004 registriert [11] [16].

Hinzu kommen für alle blutübertragbaren Viren sporadische Fälle durch Verletzungen mit kontaminierten Nadeln oder Instrumenten im medizinischen Umfeld. Das native Risiko einer Hepatitis-B-Infektion nach Verletzung mit einer HBV-kontaminierten Nadel wird bei hoher Viruslast auf 10 – 30 % geschätzt. Da jedoch alle Mitarbeiter des Gesundheitswesens geimpft sein sollten und außerdem eine wirksame Postexpositionsprophylaxe zur Verfügung steht, ist das Risiko faktisch erheblich geringer. Das Infektionsrisiko für HCV und HIV nach Nadelstichverletzungen liegt bei ca. 1 % bzw. 0,3 %; es steigt mit der Viruslast, der Menge des Blut-Inokulums und der Verletzungstiefe [17] [18]. Einzelfälle, in denen Mitarbeiter des Gesundheitswesens durch einen Blutspritzer ins Auge infiziert wurden, sind beschrieben [19].

Ansteckungen von Patienten durch Mitarbeiter des Gesundheitswesens sind mittlerweile sehr selten.

Vor der allgemeinen Einführung der HBV-Impfung 1995 kam es in relevanter Zahl zu HBV-Infektionen im Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen, die leicht Nadelstichverletzungen oder Hautläsionen des Arztes verursachen (Exposure Prone Procedures = EPP) [20] [21]. Als EPP gelten vorrangig zahnärztliche Maßnahmen, Thoraxchirurgie, orthopädische und gynäkologische Operationen sowie alle operativen Eingriffe, die Manipulationen in einem schwer einsehbaren, engen OP-Feld erfordern.


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Perinatale Ansteckungen

Im Jahr 2013 wurden je 1 perinatale HBV- bzw. HCV-Infektion erfasst [9] [10]. Mutter-Kind-Übertragungen von HIV machen in Deutschland 0,7 % aller Meldungen aus, d. h. durchschnittlich rund 20 Fälle pro Jahr [11].

Die Übertragung von HBV (bei entsprechenden Maßnahmen zur Immunisierung des Neugeborenen) und HCV mit der Muttermilch wird als nicht relevant eingeschätzt (Stellungnahme der Nationalen Stillkommission 2008) [22]. Hingegen kann HIV beim Stillen – auch bei intakter Mundschleimhaut des Neugeborenen – leicht übertragen werden.


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Impfung und Post-Expositionsprophylaxe (PEP)

HBV. Gegen Hepatitis B gibt es eine Aktivimpfung, die die Ständige Impfkommission (STIKO) des RKI seit 1995 generell als Grundimmunisierung schon für Säuglinge, spätestens aber bis zum Erreichen des 18. Lebensjahrs empfiehlt [23].

Ein Nachholen der Impfung bzw. ein Boostern in Abhängigkeit vom Anti-HBs-Titer ist für gefährdete Personen empfohlen. Die Empfehlung erstreckt sich auf Familien- und Haushaltsangehörige von infektiösen Personen, auf Dialyse-Patienten, HIV-/HCV-positive Personen und ganz besonders auf Mitarbeiter des Gesundheitswesens.

Bei allen Personen ohne sicheren Impfschutz ist nach HBV-Exposition möglichst rasch eine PEP in Form einer Aktivimpfung durchzuführen.

Zusätzlich zur Aktivimpfung ist die Passivimpfung durch Gabe von spezifischen Anti-HBV-Immunglobulinen erforderlich, wenn der Anti-HBs-Titer des Betroffenen < 10 IE/l beträgt [24].

Tipp für die Praxis

Ein Ablaufschema, das eine schnelle Versorgung mit der HBV-Impfung ermöglicht, sollte allen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.

Bei Müttern mit unbekanntem HBsAg-Status sollte eine Abklärung möglichst rasch erfolgen. Ist dies nicht möglich, ist eine PEP durch Aktiv-Immunisierung des Neugeborenen innerhalb von 12 Stunden empfohlen. Ist die Mutter eindeutig HBsAg-positiv, besteht die Indikation zur Simultanimpfung des Neugeborenen.

HCV und HIV. Es existiert keine Impfung gegen HCV und HIV. Eine Medikation, die eine HCV-Infektion nach Exposition, z. B. durch Nadelstichverletzung, sicher verhindern kann, steht bislang nicht zur Verfügung. Indiziert ist die engmaschige Überwachung des Betroffenen, um eine Infektion möglichst früh zu diagnostizieren und durch schnellen Therapiebeginn die Gefahr eines chronischen Verlaufs zu verringern.

Eine medikamentöse PEP nach HIV-Exposition hat sich als wirksame Schutzmaßnahme erwiesen.

Vor Beginn einer PEP ist eine Risikoabwägung zu treffen, die erfasst, ob der Indexpatient sicher oder zumindest sehr wahrscheinlich HIV-positiv ist, und ob eine relevante Exposition vorliegt.

Checkliste

Risiko einer HIV-Exposition

  • Verletzung mit HIV-kontaminierten Instrumenten bzw. Injektionsbestecken

  • Benetzung offener Wunden und Schleimhäute mit HIV-kontaminierten Flüssigkeiten

  • ungeschützter Geschlechtsverkehr mit einer HIV-infizierten Person

  • Gebrauch von HIV-kontaminiertem Injektionsbesteck

  • Transfusion von HIV-kontaminiertem Blut oder Blutprodukten

Tipp für die Praxis

Ist ein relevantes Infektionsrisiko gegeben, soll die PEP gegen HBV bzw. HIV innerhalb weniger Stunden durchgeführt werden. Ein klarer Ablauf für die Risikoeinschätzung nach einer Exposition und für die Bereitstellung der Impfung bzw. Medikation sollte daher in jeder Klinik definiert und für alle Mitarbeiter schnell zugänglich sein.


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Hygienemaßnahmen zur Prävention blutübertragener Infektionen

Allgemeine Maßnahmen

Es ist davon auszugehen, dass eine relevante Zahl von HBV-, HCV- und HIV-Infektionen über längere Zeit unerkannt bleibt, weil erstens bei fehlender oder geringfügiger Symptomatik kein Arztbesuch und mithin keine Diagnostik erfolgt und weil zweitens der Nachweis einer Infektion durch Antikörpertests zum Teil erst nach mehrwöchiger Latenz gelingt. Pragmatisch gesehen ist deshalb jeder Patient als potenzieller Überträger einer blutübertragenen Infektion zu betrachten (s. auch Tab. [3]).

Tabelle 3

Im Krankenhaus beeinflussbare Ursachen für blutübertragene Virusinfektionen

Mechanismus

Relevanz bei

HBV

HCV

HIV

Übertragungen bei invasiven Maßnahmen

 + + + [1]

 + + 

 + + 

Mikroverletzungen durch Rasierer etc.

 + + + [1]

 + + 

 + + 

Nadelstichverletzungen

 + + + [1]

 + + + 

 + + + 

Blut- oder Sekretspritzer

 + + [1]

 + 

 + 

indirekte Übertragungen bei Dialysen

 + + + [1]

 + + 

 + + 

Transfusionen

 + [1]

(( + ))

(( + ))

vertikale Infektionen bei der Geburt

 + + + [1]

 + 

 + + 

Stillen

 + [1]

( + )

 + + 

1 nur zutreffend bzw. relevant, wenn keine HBV-Impfung vorliegt bzw. postpartal durchgeführt wird oder der Impferfolg fehlt


Maßnahmen zum Schutz vor blutübertragenen Virusinfektionen sind beim Umgang mit jedem Patienten angezeigt.

Standardhygienemaßnahmen. Das Fundament der Prävention gegen blutübertragene Virusinfektionen ist die sorgfältige Einhaltung der bei allen Patienten anzuwendenden Standardmaßnahmen gegen kontaktvermittelte Übertragungen. Das wichtigste Element zur Vermeidung von blutübertragenen Virusinfektionen im Rahmen der medizinischen Versorgung ist die Vermeidung von Verletzungen durch gebrauchte Nadeln oder andere blutkontaminierte Gegenstände. Komplettiert werden die Schutzmaßnahmen durch Händehygiene und die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung. Dies bedeutet: Das Risiko der Ansteckung mit blutübertragenen Viren macht es erforderlich, bei allen umfangreichen Verbandswechseln und invasiven Maßnahmen Handschuhe und ggf. weitere persönliche Schutzausrüstung zu tragen.

Checkliste

Persönliche Schutzkleidung

Zur persönlichen Schutzausrüstung gehören:

  • Handschuhe und Schutzkleidung, sobald der Kontakt zu virushaltigen Sekreten oder Geweben zu erwarten ist

  • Mund-Nasen-Schutz und Schutzbrille, wenn mit Blut- oder Sekretspritzern zu rechnen ist

Desinfektion. Ein weiteres Element der Standardmaßnahmen ist die sorgfältige Desinfektion kontaminierter Flächen und Gegenstände im Umfeld des Patienten. Auch die adäquate Aufbereitung von Medizinprodukten ist Standard. Die sicherste Methode zur Inaktivierung von HBV, HCV und HIV ist Erhitzen (Einwirken feuchter Wärme) auf 90 °C für mindestens 5 Minuten [26]. Zur Desinfektion von Händen und Flächen eignen sich Substanzen, die als „begrenzt viruzid“ ausgewiesen sind [26] [27].

Parenteralia sollten generell soweit wie möglich aus Einzeldosis-Behältnissen entnommen werden. Dadurch wird ein typischer Kontaminationsmechanismus von vornherein ausgeschaltet.

Schutzvorkehrungen gegen Nadelstichverletzungen sind im Gesundheitswesen immer anzuwenden.

Zu den Schutzvorkehrungen gegen Nadelstichverletzungen gehört der möglichst breite Einsatz sog. Sicherheitsinstrumente, die durch ihre technische Beschaffenheit Verletzungen weitgehend ausschließen. Benutzte Kanülen etc. dürfen nicht liegen gelassen und nicht in ihre Hülle zurückgesteckt werden, sondern sind unmittelbar nach Gebrauch zu entsorgen in adäquaten stabilen Abwurfbehältern gemäß den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) [28]. Die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. (DVV) empfiehlt zusätzlich das Tragen doppelter Handschuhe bei operativen Eingriffen an Patienten mit bekannter HBV-, HCV- oder HIV-Infektion.

Isolationsmaßnahmen aufgrund von HBV, HCV oder HIV sind bei kooperativen Patienten nicht indiziert.


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Gezielte Maßnahmen

Bei Dialysen. Da Dialysebehandlungen sehr häufig Blutkontakte mit sich bringen und daher ein relevantes Risiko für HCV-, HBV- und HIV-Transmissionen beinhalten, wurde durch die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Klinische Nephrologie e. V. in Abstimmung mit der KRINKO ein Hygienestandard für das Dialysesetting formuliert [29]. Darin wird für Dialyse-Patienten ein Screening auf HBV-, HCV- oder HIV-Infektionen nach einem Schema empfohlen (Tab. [4]).

Tabelle 4

Empfehlung zum Routinescreening auf virale Erkrankungen.

Eingangsuntersuchung

Erkrankungsverdacht

jährliche Kontrolle

Hepatitis-B-Virus (HBV)

HBsAg

 + 

 + 

 + 

Anti-HBs

 + 

 + 

 + 

Anti-HBc-IgM

 + 

Anti-HBc total (IgM + IgG)

 + 

 + 

 + 

HBV-DNA

wenn HBsAg positiv

Hepatitis-C-Virus (HCV)

Anti-HCV

 + 

 + 

 + 

HCV-RNA

wenn antiHCV positiv

HIV

 + 

Anti-HIV

 + 

 + 

Über die hygienischen Standardvorkehrungen hinaus sollen für HBV-, HCV- oder HIV-Patienten Dialysegeräte infektionsspezifisch eingesetzt werden. Außerdem soll die Dialysebehandlung von HBV-Infizierten wegen der hohen Kontagiosität räumlich und/oder organisatorisch getrennt von HBV-empfänglichen Patienten (d. h. ohne ausreichende Immunität) erfolgen.

Für chronische Dialysepatienten ist die HBV-Imfpung dringend empfohlen.

Bei Transfusionen. Spezielle Bedeutung für die Prophylaxe blutübertragener Infektionen hat der Umgang mit Blutprodukten. Grundlage für die Sicherheit der Hämotherapie sind hohe Qualitätsstandards bei der Herstellung von Blutprodukten durch strenge Auswahl und Kontrolle der Blutspender sowie die Verbesserung des Screenings durch Einführung von auf Nukleinsäuren basierenden Testungen der Blutprodukte [30] [31] [32]. Unabhängig davon ist die Indikation zur Transfusion in jedem Einzelfall durch den verordnenden Arzt streng abzuwägen; dabei ist zu berücksichtigen, dass die Häufigkeit transfusionsbedingter viraler Infektionen (HBV, HCV oder HIV) bei Verabreichung eines Thrombozytenkonzentrats (1,06/1 000 000) ca. 15-fach höher ist als bei einem Erythrozytenkonzentrat (0,06/1 000 000) [16].

Perinatal. Gezielte Maßnahmen zur Vermeidung perinataler Infektionen durch Viren sind in der aktuellen S2k-Leitlinie Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen dargestellt. [33].

Ein Screening Schwangerer auf HBV und HIV ist dringlich empfohlen, denn gegen die vertikale Übertragung stehen wirksame Gegenmaßnahmen zur Verfügung.

Beide Infektionen werden – wenn keine Vorkehrungen getroffen werden – in Abhängigkeit von der Viruslast der Mutter sehr häufig auf das Kind übertragen; frühere Untersuchungen zeigten vertikale Übertragungen von HIV in ~ 20 – 40 % und von HBV sogar bis zu 90 % der Fälle [33]. Da vertikale HCV-Übertragungen wesentlich seltener stattfinden (ca. 5 % der Fälle bei HCV-positiver Mutter) und keine konkreten Gegenmaßnahmen zur Verfügung stehen, wird ein HCV-Screening nur für Schwangere empfohlen, die zu den typischen Risikogruppen gehören.

Tipp für die Praxis

Die Gefahr einer HIV-Infektion des Neugeborenen kann durch die konsequente antiretrovirale Medikation der Mutter und des Neugeborenen, eine Kaiserschnitt-Entbindung bei persistierendem Virusnachweis der Mutter, und Verzicht auf Stillen erheblich gesenkt werden.

Zur Prävention einer vertikalen HBV-Infektion ist ein Kaiserschnitt im Einzelfall zu diskutieren; im Vordergrund steht die aktive Impfung des Neugeborenen kombiniert mit der Gabe spezifischer Immunglobuline innerhalb der ersten 12 h nach der Geburt. Daneben wird gefordert, dass „Personengruppen, die beruflich Kontakt zu Schwangeren und/oder Neugeborenen haben … Immunschutz gegen … Hepatitis B … haben“ sollen [33].

Bei Infektion eines Mitarbeiters im Gesundheitswesen. Ein selten auftretendes, aber sehr sensibles Thema ist der Schutz von Patienten vor blutübertragenen Infektionen durch infizierte Mitarbeiter in der Gesundheitsversorgung [34] [35]. Die 2007 veröffentlichten Empfehlungen der DVV sehen vor, dass „Personen, die sich weigern, ihren HBV/HCV-Status bzw. ihren HBV-Immunstatus nach HBV-Impfung regelmäßig überprüfen zu lassen, … Tätigkeiten mit Übertragungsgefahr nicht ausüben“ dürfen [36].

Personen mit akuter HBV- oder HCV-Infektion sollen keinerlei Aufgaben mit Übertragungsrisiko wahrnehmen, solange eine HBV- bzw. HCV-Virämie mit Werten über 103 Genomäquivalenten (GE)/ml besteht [36].

Bei chronischer Infektion sind Tätigkeiten mit hohem Übertragungsrisiko ohne Auflagen möglich, wenn die Viruslast unter 103 GE/ml Blut liegt und dieser Status engmaschig verifiziert wird. Liegt die HBV-Last zwischen 105 und 103 GE/ml, kann eine Tätigkeit mit Übertragungsrisiko unter Auflagen wiederaufgenommen werden [36]. Eine enge Zusammenarbeit mit Betriebsarzt und Hepatologen oder Virologen ist nötig. Vorausgesetzt wird in allen Fällen die konsequente Einhaltung der oben beschriebenen Standard-Schutzmaßnahmen und der Maßnahmen zur Vermeidung von Nadelstichverletzungen. Eine genaue Auflistung der Tätigkeiten mit Übertragungsrisiko und die Empfehlungen für das Procedere, falls die Vorstellungen über ein angemessenes Tätigkeitsfeld zwischen HBV/HCV-positivem Mitarbeiter und Betriebsarzt und/oder Arbeitgeber differieren, enthält die o. g. Veröffentlichung.

Zum Umgang mit HIV-positiven Mitarbeitern des Gesundheitswesens wurden Empfehlungen der DVV zusammen mit der Gesellschaft für Virologie (GfV) 2012 publiziert, die seitens des RKI als gültige Richtschnur zitiert werden. Im Kern wird eine Viruslast von < 50 Kopien/ml als Schwelle für die Zulassung eines Mitarbeiters zu operativen und invasiven Tätigkeiten angegeben [37]. Es gelten die o. g. flankierenden Maßnahmen analog wie für HBV und HCV. Mitarbeiter, die den Wert länger als 14 Tage überschreiten oder Werte > 500 Kopien/ml aufweisen, dürfen Tätigkeiten mit hohem Übertragungsrisiko nicht wahrnehmen bis die Viruslast wieder stabil unter den Schwellenwert abgesunken ist [37].

Fazit für die Praxis

Die Infektion eines Mitarbeiters im Gesundheitswesen mit HBV, HCV oder HIV schließt eine Arbeit mit Übertragungsrisiko nicht generell aus; Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit ist eine niedrige Viruslast, die enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsarzt und die regelmäßige Kontrollmessung der Viruslast.


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Fäkal-oral übertragene Viren

Die in diesem Kapitel beschriebenen Angaben beziehen sich auf die Infektionen mit Hepatitis-A-Virus (HAV), Hepatitis-E-Virus (HEV), Noro- und Rotavirus sowie Poliovirus

HAV

Epidemiologie

Die DEGS 1-Studie zeigt aktuell eine Seroprävalenz von Anti-HAV-Antikörpern bei Erwachsenen (18 – 79 Jahre) in Deutschland von 48,6 % [6]; dabei kann nicht zwischen Immunität nach durchlaufener Infektion versus Impfung unterschieden werden.

Weltweit gilt, dass das Risiko einer HAV-Infektion umso höher ist, je schlechter die hygienischen Bedingungen im Alltagsleben sind, was stark mit den sozioökonomischen Umständen korreliert.

In Europa und Nordamerika sind die Durchseuchung mit HAV und damit die Immunität stetig rückläufig.

Reisen in Länder mit hoher endemischer HAV-Prävalenz, zu denen Afrika, der mittlere und ferne Osten wie auch Mittel- und Südamerika gehören, sind wegen der abnehmenden Immunität für Europäer zunehmend mit dem Risiko einer HAV-Infektion verbunden.

Zwischen Januar 2013 und März 2014 wurden in 11 EU-Ländern insgesamt 1318 Fälle von HAV gemeldet, in 240 Fällen konnte ein genetisch identisches HAV-Isolat identifiziert werden. Die ersten Fälle wiesen übereinstimmend eine Reiseanamnese nach Italien auf; dies traf für die später folgenden Fälle nicht zu. Mittlerweile ließ sich der Ausbruchsvirusstamm auf gefrorenem Beerenobst nachweisen, das damit als gemeinsame Quelle des HAV-Ausbruchs infrage kommt [38].


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Übertragungswege

HAV wird mit dem Stuhl ausgeschieden und meist direkt auf fäkal-oralem Weg aufgenommen. Indirekt wird HAV häufig übertragen über kontaminierte Nahrungsmittel, wie z. B. Fisch, Meeresfrüchte oder Eis (s. o.). Typischerweise werden Ansteckungen durch nahen Kontakt innerhalb eines Haushalts oder in Kindertagesstätten und Schulen sowie durch Sexualkontakte beobachtet. Häufungen von Hepatitis A unter i. v. Drogen-Konsumenten und MSM sind ebenfalls beschrieben worden [39]. Die Ansteckungsfähigkeit beginnt meist schon etwa 2 Wochen vor Auftreten des Ikterus und dauert etwa eine weitere Woche an; v. a. bei Säuglingen kann die Virusausscheidung prolongiert sein.

In Gemeinschaftseinrichtungen wie Kinderhorten o. ä. werden häufig viele Personen angesteckt, bevor die Erkrankung beim Indexfall sichtbar wird.


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Schutzimpfung und Postexpositionsprophylaxe

Aktive Impfung. Eine wirksame aktive Schutzimpfung gegen HAV steht zur Verfügung. Sie wird für Personen empfohlen, die einem erhöhten Risiko der HAV-Exposition unterliegen; dazu zählen [23]:

  • Mitarbeiter in Kindertagesstätten, Gesundheitswesen, Asylbewerberheimen usw. inklusive Reinigungs- und Küchenpersonal

  • Kanal- und Klärwerksarbeiter

  • Mitarbeiter und Bewohner von Einrichtungen, in denen schwer verhaltensauffällige Personen betreut werden, z. B. Psychiatrie, Heime für demente Personen etc.

  • Personen mit sexuellem Risikoverhalten

Außerdem sollen Personen, die an einer anderen Lebererkrankung leiden (HBV, HCV usw.) oder gehäuft Transfusionen benötigen, gegen HAV geimpft werden.

Empfohlen wird die Schutzimpfung bei fehlender Immunität vor Reisen in Hoch-Endemiegebiete [23].

Passive Impfung. Die aktive Impfung ist die Basis der PEP gegen HAV. Eine zusätzliche passive Immunisierung mit Immunglobulinen empfiehlt die STIKO für HAV-exponierte seronegative Personen, für die eine Hepatitis A mit einem schwerwiegenden Risiko verbunden ist, z. B. bei chronischer Vorerkrankung der Leber oder Alter > 50 Jahre.


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Hygienemaßnahmen

Basis der Prävention ist eine strikte Händehygiene – insbesondere nach Benutzung der Toilette – sowohl bei den Patienten selbst als auch ihren Kontaktpersonen und allen Mitarbeitern im Gesundheitswesen. HAV-Patienten müssen ausführlich über den fäkal-oralen Übertragungsweg und die resultierende Bedeutung der Händehygiene aufgeklärt werden. Beim Umgang mit Ausscheidungen der Patienten sind Handschuhe zu tragen. Eine besonders sorgfältige Durchführung der Hände- und Flächendesinfektion mit „viruziden“ Substanzen ist angesichts der hohen Umweltpersistenz von HAV wesentlich. Das RKI empfiehlt, Patienten in der Klinik bis 2 Wochen nach Symptombeginn zu isolieren und ihnen eine eigene Toilette zur Verfügung zu stellen [40].

Fazit für die Praxis

HAV-infizierte Mitarbeiter von lebensmittelproduzierenden Betrieben und Küchen etc. sowie Mitarbeiter von Kliniken, Pflegeheimen und anderen Gemeinschaftseinrichtungen wie Schulen etc., die direkten Kontakt mit den Betreuten haben, dürfen ihrer Arbeit nicht nachgehen, solange Infektiosität besteht. Analog dürfen HAV-infizierte Personen, die in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, nicht am Gemeinschaftsbetrieb teilnehmen.

Sofern keine sichere Compliance mit den Hygienevorkehrungen gegeben ist, gilt dies auch für Anti-HAV-negative Kontaktpersonen, während der potenziellen Inkubationsphase unabhängig von einer postexpositionellen Impfung. Das Ende der Infektiosität muss ärztlich bestätigt werden [40].


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Hepatitis E (HEV)

Epidemiologie

Zum Zeitpunkt der Erkennung von HEV wurde diese Form der akuten Hepatitis als reine Tropenkrankheit aufgefasst. Tatsächlich ist HEV in vielen tropischen Gebieten endemisch; die Inzidenz ist in der Regel umso höher, je schlechter die ökonomischen und damit auch die hygienischen Bedingungen sind. Weltweit treten jährlich schätzungsweise 3,3 Mio. akute symptomatische Erkrankungen auf [41]. Gebiete mit sehr hoher Prävalenz umfassen weite Teile Afrikas, Süd- und Ostasien und Teile Zentralamerikas; aber auch in Ägypten liegt die Seroprävalenz von HEV in der Bevölkerung (> 5 Jahre) bei etwa 50 % [42]. Die humanpathogenen Genotypen 1 – 4 des HE-Virus variieren in ihrer geografischen Verbreitung; in Entwicklungsländern dominiert der Genotyp 1, der gehäuft Ausbrüche verursacht, die v. a. in Kriegs- und Katastrophengebieten oft Hunderte oder gar Tausende von Personen erfassen [40].

Entgegen früheren Annahmen wird HEV jedoch nicht nur gelegentlich durch Reisende nach Europa importiert, sondern oft dort erworben [43]; es dominiert der Genotyp 3, der meist nur sporadisch oder in kleineren Ausbrüchen auftritt [41]. Aktuelle serologische Untersuchungen zeigen eine Prävalenz von HEV-Antikörpern in der erwachsenen deutschen Bevölkerung von knapp 17 % [44]. Die Rate der jährlichen HEV-Neuinfektionen in Deutschland wird auf rund 100 000 geschätzt [43]. Weniger als 1 % treten klinisch in Erscheinung; dem RKI wurden 459 Fälle einer akuten Hepatitis E im Jahr 2013 gemeldet [45]. Das Risiko eines fulminanten Verlaufs einer akuten Hepatitis E ist bei Schwangeren und bei Patienten mit Vorerkrankung der Leber deutlich erhöht (20 – 25 %) [46].

Chronische Verläufe, die zur Zirrhose und zum Leberversagen führen können, treten nahezu ausschließlich bei immunsupprimierten Patienten vorwiegend nach Transplantationen, seltener bei HIV-Patienten auf [43].


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Übertragungswege

Der Genotyp 1 und 2 findet sich praktisch ausschließlich im Menschen, Genotyp 3 und 4 hingegen auch in Tieren [41] [46]. Im Menschen ist die HEV-RNA im Blut und im Stuhl detektierbar; mit dem Stuhl wird HEV in der Regel bis ca. 2 Wochen nach Auftreten des Ikterus ausgeschieden. HEV kann daher in Einzelfällen direkt fäkal-oral von Mensch zu Mensch übertragen werden [47]. An erster Stelle steht jedoch die massenhafte Ansteckung durch kontaminiertes Trinkwasser in Regionen mit schlechten hygienischen Bedingungen [41] [42] [48].

In Europa tritt HEV überwiegend als Zoonose in Erscheinung.

Die Übertragung kann entstehen durch Kontakt mit infizierten Tieren (insbesondere Schweinen oder Rehen), aber v. a. – ähnlich wie bei HAV – durch den Konsum von unzureichend erhitzten tierischen Lebensmitteln wie Meeresfrüchten oder Schweinfleisch [41] [43]; Ausbrüche verursacht durch kontaminiertes Obst sind ebenfalls beschrieben.

Im Kontrast zu HAV können HEV-Infektionen auch durch Transfusion von virushaltigen Blutprodukten ausgelöst werden [49] [50]. In einer englischen Studie wurde in 0,04 % von 225 000 retrospektiv untersuchten Blutspenden HEV-RNA detektiert; 43 % der Empfänger kontaminierter Blutprodukte entwickelten klinische Symptome einer Hepatitis E [50]. In Einzelfällen wurde auch eine Übertragung von HEV durch transplantierte Organe beschrieben [43]. Eine vertikale Transmission von der Mutter auf das Kind gilt als möglich [41].


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Postexpositionsprophylaxe und Impfung

Ein Ansatz der PEP existiert nicht. Ein rekombinant hergestellter Impfstoff wurde 2012 in China zugelassen, nachdem die Wirksamkeit und Sicherheit in einer doppelblinden randomisierten Studie an mehr als 100 000 Personen belegt werden konnte [41] [43] [51]. Dieser Impfstoff ist aber in den USA oder Europa bisher nicht verfügbar [41].


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Hygienemaßnahmen

Im Gesamtmaßstab ist die Verfügbarkeit von kontaminationsfreiem Trinkwasser und die Bereitstellung ausreichender sanitärer Einrichtungen ganz besonders in Flüchtlingsunterkünften und wenig entwickelten Regionen von entscheidender Bedeutung [41]. Hinzu kommt die Einhaltung der Händehygiene v. a. nach dem Toilettenbesuch und bei der Essenszubereitung. Da HEV ein unbehülltes Virus ist, ist nach RKI/DVV ein „viruzides“ Desinfektionsmittel empfohlen.

In den Industrienationen steht im Vordergrund, die Übertragung von HEV durch unzureichend gegarte Nahrungsmittel zu vermeiden.

Erst durch Erhitzen auf 70 °C wird HEV inaktiviert [46].

Es erscheint sinnvoll, dass Personen, für die eine HEV-Infektion ein besonders hohes Gefährdungspotenzial mit sich bringt, den Kontakt zu potenziell infektiösen Tieren meiden. Bei Reisen in Hochrisikogebiete ist es dringend empfohlen, nur Trinkwasser und auch Eiswürfel sicherer Qualität zu verwenden [41] [42] [43].

Präventionsmaßnahmen gegen die Übertragung von HEV durch Blutprodukte oder Spenderorgane sind bisher nicht etabliert; in einer Reihe aktueller Veröffentlichungen wird diskutiert, inwieweit ein generelles Screening von gespendetem Blut auf HEV-RNA zu fordern ist [49] [52] [53] [54].


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Noro- und Rotavirus

Epidemiologie

Norovirus-Infektionen werden weltweit für etwa die Hälfte aller Ausbrüche von Brechdurchfall verantwortlich gemacht; Häufigkeitsgipfel von Norovirus-Infektionen werden regelmäßig in der kalten Jahreszeit von November bis etwa April beobachtet [55] [56].

Rotaviren verursachen ebenfalls Brechdurchfall; sie sind der führende Auslöser schwerer Diarrhöen bei Kindern [57]. In dieser Altersgruppe sind Rotaviren die häufigste Ursache nosokomialer Durchfallerkrankungen [58]. Grundsätzlich können sowohl Noro- als auch Rotaviren Infektionen bei Personen aller Altersklassen auslösen, obwohl Antikörper gegen Rotaviren bei nahezu jedem Erwachsenen nachweisbar sind [58] [59]. Schwere Verläufe von durch Rotaviren bedingten Enteritiden treten v. a. bei Säuglingen und Kleinkindern, aber auch bei Personen jenseits des 60. Lebensjahres auf [59]. Aufgrund der hohen Kontagiosität beider Virusarten ist das Risiko von Infektionsausbrüchen besonders hoch in Einrichtungen, wo viele Personen auf engem Raum in relativ nahem Kontakt stehen, wie z. B. Kindertagesstätten und Altenheimen. Die Kontamination von Wasser oder Nahrungsmitteln ist eine weitere Ursache.

Der größte bekannte Norovirus-Ausbruch in Deutschland wurde im Herbst 2012 durch kontaminierte Tiefkühlerdbeeren ausgelöst; betroffen waren insgesamt fast 11 000 Menschen in 5 Bundesländern [55].

Noroviren sind mit Abstand die häufigste Ursache nosokomialer Infektionsausbrüche in Deutschland (s. Abb. [2]) [60].

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Abb. 2 Nosokomiale Ausbrüche nach Art der angegebenen Erreger in Deutschland 2013 [60].

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Übertragungswege

Noro- und Rotaviren sind enthalten in Faeces und Erbrochenem von Menschen. Die Ausscheidung von Noroviren ist bis zum 4. Tag nach Ansteckung am höchsten; sie hält meist bis zu 14 Tage an [61]; bei Rotaviren ist meist eine Virusausscheidung von ca. 8 Tagen bzw. bis etwa 3 Tage nach Symptomende zu erwarten [58] [59]. Bei immunsupprimierten Patienten kann die Ausscheidung beider Virusarten jedoch auch deutlich länger anhalten.

Übertragen werden Noro- und Rotaviren auf dem fäkal-oralen Weg, d. h. durch Kontakt mit Viren, die in Faeces und bei Noroviren auch in Erbrochenem ausgeschieden werden.

Möglicherweise können schon winzige Tröpfchen von Erbrochenem eine Norovirus-Infektion auslösen.

Häufig ist die indirekte Übertragung durch virus-kontaminierte Gegenstände oder Lebensmittel und Trinkwasser [61].

Begünstigt wird die Ansteckung durch die oft hohe Menge an ausgeschiedenen Viren, die gleichzeitig sehr niedrige Menge an Viruspartikeln, die erforderlich ist, um eine Ansteckung auszulösen (Infektionsdosis), und die obendrein hohe Umweltpersistenz der Viren.


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Impfung und Postexpositionsprophylaxe

Es gibt zwar vielversprechende Ansätze für eine Schutzimpfung gegen Noroviren; derzeit steht aber noch kein wirksamer Impfstoff zur Verfügung. Im Gegensatz dazu gibt es eine wirksame Impfung mit einem attenuierten Lebendimpfstoff gegen Rotaviren, die 2013 in die Empfehlungen der STIKO für Säuglinge unter 6 Monaten aufgenommen wurde und weltweit zu einer Senkung der Sterblichkeit an Rotavirus-Infektionen führte [23] [57]. Eine durchlaufene Infektion schafft bei beiden Virusarten keine stabile Immunität, sodass wiederholte Infektionen vorkommen.

Es gibt keine medikamentöse PEP gegen Noro- oder Rotaviren.


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Hygienemaßnahmen

Schutzvorkehrungen gegen Noro- und Rotavirus-Infektionen müssen möglichst frühzeitig schon bei klinischem Verdacht getroffen werden. Elementar sind:

  • die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung beim Umgang mit symptomatischen Personen (inklusive Mund-Nasen-Schutz im Fall von Norovirus-Infektionen)

  • intensive Hände- und Flächendesinfektion [61]

Seitens RKI/DVV werden sowohl für die Flächen- als auch die Händedesinfektion „viruzide“ Substanzen empfohlen [61]. Die Empfehlungen der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) sehen das Waschen der Hände vor, weil aktuelle Veröffentlichungen den Vorteil hochprozentiger Ethanol-Lösungen nicht stützen bzw. den Wert alkoholischer Händedesinfektion zum Schutz vor Noroviren generell hinterfragen [59] [62] [63] [64].

Die rasche Beseitigung von kontaminierendem Material unter Einsatz von Schutzausrüstung ist auf jeden Fall nötig.

Hohen Stellenwert für die Prävention schwerer Rotavirus-Infektionen genießt die Impfung junger Säuglinge in den Empfehlungen der KRINKO und der CDC [58] [59].

Symptomatische Patienten sollten (ggf. in Kohorte) in Zimmern mit eigener Toilette isoliert werden bis mindestens 48 h nach Abklingen der Symptome; Schutzausrüstung beim Betreten der Zimmer ist indiziert [58] [61]. Sofortige gezielte Flächendesinfektionsmaßnahmen sowie eine mindestens tägliche Wischdesinfektion der patientennahen Flächen und nach Möglichkeit mehrmals tägliche Desinfektion der sanitären Anlagen ist erforderlich. Pflegeutensilien und Textilien von symptomatischen Patienten sind strikt patientenbezogen zu handhaben. Unter- und Bettwäsche von Betroffenen sollte mit mindestens 60 °C desinfizierend gewaschen werden [56] [58] [61].

Der Kontakt mit infizierten Patienten sollte – soweit ohne schwerwiegende Nachteile für den Betroffenen möglich – für die Zeit der Symptomatik nur unter gezielten Schutzmaßnahmen erfolgen und ggf. eingeschränkt werden [58] [61] [65]. Besucher sind auf das Risiko der Infektion und die nötigen Schutzmaßnahmen hinzuweisen. Diagnostische Maßnahmen oder Verlegungen von infizierten Patienten sollten, soweit dies die medizinische Versorgung des Betroffenen zulässt, reduziert werden [58] [61] [65]. Betroffene Mitarbeiter sollten frühestens 48 h nach Abklingen der Symptome ihre Arbeit wiederaufnehmen [58] [61].

Im Fall einer Häufung von Noro- bzw. Rotavirus-Infektionen auf einer Station ist frühzeitig in Erwägung zu ziehen, keine weiteren Patienten aufzunehmen [58] [65]. Eine Analyse britischer Daten legt nahe, dass durch einen Aufnahmestopp die Zahl der infizierten Patienten und die Dauer eines Norovirus-Ausbruches reduziert werden kann [66]. Gleichzeitig ist es sinnvoll, Verlegungen innerhalb des Krankenhauses oder in andere Kliniken zu vermeiden. Sanitärbereiche, die von vielen Patienten gemeinschaftlich genutzt werden, sind nach Möglichkeit zu sperren.

In Ausbruchssituationen sollte eine Station frühestens 3 Tage nachdem die Symptomatik bei allen Betroffenen abgeklungen ist, wieder für Neuaufnahmen eröffnet werden [61] [62].

Tipp für die Praxis

Wegen der hohen Umweltpersistenz von Noro- und Rotaviren, ist es sinnvoll und seitens des RKI empfohlen, verstärkte Desinfektionsmaßnahmen über das Ende eines Noroviren-Ausbruchs hinaus noch fortzusetzen [56] [58] [61]. Welche Bedeutung die Verwendung als „viruzid“ deklarierter Desinfektionsmittel dabei hat, ist zu diskutieren [63].


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Polioviren

Epidemiologie

Polio-freie Regionen. Eine autochthone Poliomyelitis-Erkrankung wurde in Deutschland zuletzt 1990 gemeldet; Europa wurde von der WHO 2002 als polio-freie Region anerkannt; endemische Fälle traten letztmalig 1998 in der Türkei auf. Amerika und die westpazifische Region wurden schon 1994 bzw. 2000 für polio-frei erklärt; Indien und Südost-Asien folgten 2014 [67].

Gebiete mit hohem Polio-Risiko. In Pakistan, Afghanistan und im Irak aber auch in Russland und seinen Anrainerstaaten sowie in Afrika kommen immer wieder endemische Poliomyelitis-Erkrankungen vor. In Syrien trat aufgrund der seit Beginn des Bürgerkriegs sinkenden Impfraten 2013 ein Ausbruch mit mindestens 35 lt. WHO registrierten Polio-Fällen auf [68]. Die tatsächliche Zahl der Erkrankungen dürfte aber deutlich höher liegen [68]. Rund 600 seit Oktober 2013 durchgeführte Stuhl-Untersuchungen von Asylsuchenden aus dieser Region erbrachten keinen Nachweis von Polioviren. Im April 2014 wurde die Empfehlung des RKI, Screening-Untersuchungen bei Flüchtlingen aus Syrien durchzuführen, aufgehoben [69]. Aufgrund der aktuellen weltweiten Entwicklung erklärte die WHO im Mai 2014 die Ausbreitung von Polio zur gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite [70].


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Übertragungswege

Polioviren werden ab dem 2. – 3. Tag der Infektion im Rachensekret und in sehr hoher Menge im Stuhl meist etwa 2 Wochen lang ausgeschieden, in Ausnahmefällen aber auch monatelang.

Die Übertragung von Polioviren erfolgt ganz überwiegend fäkal-oral, in seltenen Fällen aber auch durch Tröpfchen-Infektion.


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Impfung und Postexpositionsprophylaxe

Eine PEP existiert nicht; daher ist der möglichst lückenlose Impfschutz der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung. Die Impfung ist fester Bestandteil der empfohlenen Grundimmunisierung für alle Säuglinge gemäß Impfkalender [23]; zur Vervollständigung des Impfschutzes ist eine Auffrischungsimpfung im jungen Erwachsenenalter nötig. Eine Booster-Impfung ist dringend empfohlen für alle Reisenden in Polio-Risikogebiete. Diese können den regelmäßigen Updates der CDC entnommen werden [71]. Ebenfalls empfohlen ist die Auffrischungsimpfung für Mitarbeiter in Laboreinrichtungen mit Poliomyelitis-Risiko, für alle Personen, die in Gemeinschaftsunterkünften mit Menschen aus Risikogebieten leben oder arbeiten, und für alle Kontaktpersonen von Poliomyelitis-Erkrankten [23].

Hintergrundwissen

Polio-Impfung

Die orale Polio-Schutzimpfung (OPV) mit Lebendimpfstoff soll nicht mehr verwendet werden, sondern die inaktivierte Poliovakzine (IPV) [23]. Gegen die OPV spricht das Restrisiko einer vakzine-assoziierten paralytischen Poliomyelitis und die Gefahr einer kurzfristigen Ausscheidung von potenziell infektiösem Material durch die Geimpften, die in sehr seltenen Fällen zu einer Ansteckung führen kann [72].


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Hygienemaßnahmen

Patienten mit Verdacht auf oder mit gesicherter Poliomyelitis sind stationär einzuweisen und isoliert in einem Einzelzimmer mit eigener Toilette zu behandeln [73]. Da der Impfstatus der Mitarbeiter, die einen Patienten mit akutem Verdachtsfall betreuen, nicht immer klar ist, ist bei Maßnahmen, die engen Kontakt zum Patienten erfordern und möglicherweise auch zu Berührung mit Ausscheidungen führen, persönliche Schutzausrüstung geboten.

Tipp für die Praxis

Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Maßnahmen wie Absaugen, Bronchoskopie oder Intubation ist sinnvoll, weil im frühen Stadium einer Polio-Infektion auch Erreger in den Sekreten der Atemwege vorhanden sind.

Mitarbeiter, die Polio-Patienten betreuen, sollten eine Auffrischungsimpfung im Erwachsenenalter durchlaufen haben. Fehlt diese, ist eine möglichst rasche Booster-Impfung bei Kontakt mit Poliomyelitis-Erkrankten indiziert.

Tipp für die Praxis

Der Impfstatus enger Kontaktpersonen, d. h. Personen, die mit einem Erkrankten im Haushalt leben oder sich mit ihm die Toilette teilen, muss eruiert werden. Bei vollständiger Grundimmunisierung ist eine Booster-Impfung und eine einmalige Stuhluntersuchung indiziert, um die Ausscheidung von Polioviren auszuschließen [73]. Enge Kontaktpersonen ohne vollständige Grundimmunisierung erhalten ebenfalls eine Boosterung, dürfen aber frühestens eine Woche nach dem letzten Kontakt und Vorliegen von 2 negativen Stuhluntersuchungen wieder an Aktivitäten in Gemeinschaftseinrichtungen teilnehmen [73].


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Weitere durch Kontakt übertragene Viren

Die in diesem Kapitel beschriebenen Angaben beziehen sich auf die Infektionen mit Herpes simplex (HSV 1/2), Zytomegalievirus (CMV) und Adenoviren.

HSV 1 und 2

Epidemiologie

Die Durchseuchungsrate für HSV 1 und 2 beträgt in Deutschland rund 90 bzw. 15 – 20 % der erwachsenen Bevölkerung [74]. Die Primärinfektion mit HSV kann prinzipiell in jedem Alter stattfinden und führt zu einer dauerhaften Persistenz des Virus, sodass eine symptomatische, aber auch asymptomatische Reaktivierung und Ausscheidung des Virus lebenslang möglich ist. HSV 1 wird häufig schon in der Kindheit, HSV 2 meist erst im Jugendlichen- und Erwachsenenalter erworben.

HSV-2-Infektionen finden sich gehäuft bei Personen mit häufig wechselnden Geschlechtspartnern.


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Übertragungswege

Infektiöses Material von HSV 1 und HSV 2 ist in der Bläschenflüssigkeit manifester Herpes-Läsionen enthalten; die asymptomatische Ausscheidung von HSV 1 im Speichel und respiratorischen Sekreten sowie von HSV 2 im Genitalsekret ist aber ebenfalls häufig.

Die Aufnahme der Viren erfolgt über Schleimhäute inklusive der Konjunktiven oder über nicht intakte Haut, wie z. B. bei Ekzemen oder Verbrennungen sowie kleinen Läsionen, z. B. am Nagelfalz. Vertikale Übertragungen von HSV (ca. 75 % HSV 2, 25 % HSV 1) treten ganz überwiegend während der Geburt v. a. bei Primärinfektionen der Mutter auf [75]. Die indirekte Übertragung über viruskontaminierte Gegenstände, wie Besteck, Kinderspielzeug oder Handtücher, ist möglich, aber angesichts der relativ schwachen Umweltpersistenz von untergeordneter Bedeutung.


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Impfung und Postexpositionsprophylaxe

Eine Impfung gegen Herpes simplex existiert nicht. Eine PEP ist theoretisch durch die Gabe von Aciclovir oder Valaciclovir möglich; in der Praxis spielt sie aber angesichts des hohen Durchseuchungsgrads und des normalerweise gutartigen Krankheitsbilds keine Rolle.

Eine Indikation für eine PEP im weiteren Sinn stellt die Prävention des Herpes neonatorum dar. Die S2k-Leitlinie zur Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen empfiehlt: „Bei Verdacht auf eine Erstinfektion der Schwangeren kurz vor oder zum Zeitpunkt der Entbindung erfolgt die Diagnostik und ggf. eine Therapie beim Neugeborenen unabhängig vom Auftreten verdächtiger Symptome“ [33].


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Hygienemaßnahmen

Zentral ist eine konsequente Händehygiene, um Übertragungen des Virus aus noch nicht verkrusteten Läsionen zu vermeiden. Außerdem sollten Herpes-Bläschen soweit wie möglich durch einen Verband abgedeckt werden. Patienten, Mitarbeiter und Besucher mit florider HSV-Infektion sollten den Kontakt mit schwer immunsupprimierten Patienten oder Patienten mit großflächigen Wunden sowie Neonaten und hoch Schwangeren vermeiden [76]. Mütter mit Herpes-Manifestation können – sofern die Haut in der Brustregion frei von Bläschen ist – ihr Neugeborenes stillen, sollten es aber nicht mit den Läsionen in Berührung bringen und eine strikte Händehygiene einhalten [33].

Patienten mit generalisiertem Herpes-Befall sollten im Einzelzimmer untergebracht werden.


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Zytomegalievirus (CMV)

Epidemiologie

Die Seroprävalenz von CMV in den EU-Staaten liegt zwischen rund 40 und 70 %; in Bevölkerungssubgruppen außereuropäischer Herkunft sind die Raten jedoch teilweise deutlich höher. In der Türkei wurde eine Durchseuchungsrate von bis zu 96 % gemessen [77]. Für schwangere Frauen in Deutschland wurde eine Seroprävalenz von 42 % ermittelt [78].

Hintergrundwissen

Zytomegalie

CMV gehört wie Herpes simplex zu den lebenslang im Wirt persistierenden Viren, die in jedem Alter erworben und reaktiviert und auch bei fehlender Symptomatik übertragen werden können. Von Bedeutung sind ganz besonders CMV-Primärinfektionen und in geringerem Maß CMV-Reaktivierungen bei Schwangeren und Stillenden, weil kongenitale Infektionen zu schweren Schädigungen der Kinder führen können.

Ebenfalls gefährdet sind Personen mit reduzierter Immunkompetenz aufgrund hämatologischer Erkrankungen oder immunsuppressiver Medikation nach Organtransplantationen, weil in dieser Patientengruppe sowohl aus CMV-Primärinfektionen als auch -Reaktivierungen nicht selten lebensbedrohliche Organmanifestationen der CMV- Infektion resultieren [79].


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Übertragungswege

CMV wird in Urin, Speichel, Tränenflüssigkeit und Genitalsekret sowie Muttermilch ausgeschieden und über Schleimhäute aufgenommen. Die Übertragung setzt engen Kontakt voraus; der sexuelle Übertragungsweg ist epidemiologisch relevant [79]. Das Risiko einer parenteralen Übertragung durch die Transfusion von Erythrozyten- oder Thrombozytenkonzentraten gilt seit Einführung der Leukozytendepletion als vernachlässigbar; die Transplantation von Organen bzw. Stammzellen seropositiver Spender ist aber – vor v. a. bei seronegativem Empfänger – mit einem hohen CMV-Infektionsrisiko verbunden [80].

CMV ist die häufigste Ursache intrauteriner Infektionen; kongenitale CMV-Infektionen können zu schwerwiegenden Schädigungen führen [79].

Frühgeborene sind auch durch Infektionen während der Geburt und durch Übertragungen mit der Muttermilch gefährdet [81].

Tipp für die Praxis

Cave: Kleinkinder scheiden oft hohe Virusmengen in Speichel und Urin aus und wurden als Hauptquelle für CMV-Primärinfektionen Schwangerer identifiziert [82].

CMV-seropositive Personen sind immer als potenzielle Überträger des Virus zu betrachten, weil CMV auch während asymptomatischer Reaktivierungsphasen ausgeschieden werden kann [80].


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Impfung und Postexpositionsprophylaxe

Eine aktive Impfung gegen CMV existiert nicht; der Wert einer passiven Immunisierung durch Gabe CMV-spezifischer Immunglobuline ist nicht belegt. Eine PEP im weiteren Sinn ist nur für Transplantationspatienten etabliert.

Hintergrundwissen

CMV-seronegative Transplantatempfänger, die ein Organ von einem CMV-positiven Donor erhalten, werden in der Regel für mehrere Wochen bis Monate prophylaktisch mit Ganciclovir oder Valganciclovir behandelt. Viele Zentren führen auch bei Serokonkordanz generell eine CMV-Prophylaxe durch. Andere bevorzugen in dieser Konstellation den sog. präemptiven Therapieansatz, d. h. eine antivirale Therapie nur dann, wenn das engmaschige CMV-Monitoring eine CMV-Antigenämie oder CMV-DNA-Ämie anzeigt.


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Hygienemaßnahmen

Schwangere. CMV wird durch „bedingt viruzide“ Substanzen erfasst. Kernelement der Prävention ist die Expositionsprophylaxe vulnerabler Personen. Durch Aufklärung CMV-seronegativer Schwangerer über die CMV-Gefahr, die von Urin, Speichel und Tränenflüssigkeit von Säuglingen und Kleinkindern sowie von ungeschütztem Geschlechtsverkehr ausgeht, kann das Risiko kongenitaler Übertragungen wirksam gesenkt werden [33]. Intensive Händehygiene ist nach allen Handlungen, die möglicherweise zu einer Exposition führen, wie z. B. Windelwechsel, Abwischen von Tränen usw., dringend empfohlen. Eine gemeinsame Benutzung von Zahnbürsten, Essgeschirr, Waschlappen etc. sollte vermieden werden [79].

Tipp für die Praxis

Im beruflichen Kontext, ist darauf zu achten, dass seronegative Schwangere nicht dem Kontakt mit Ausscheidungen von Kleinkindern oder mit dem Urin und Genitalsekret von Gebärenden ausgesetzt werden.

Neugeborene. Risiko-Neugeborene (< 32. Schwangerschaftswoche bzw. Geburtsgewicht < 1500 g) CMV-positiver Mütter können durch die Ernährung mit Muttermilch eine CMV-Erkrankung entwickeln [81]. Eine Pasteurisierung der Milch kann die CMV-Übertragung verhindern; der Benefit für Neugeborene ist aber bislang nicht eindeutig belegt. Trinkversuche von ausreichend kräftigen Säuglingen sollten unabhängig vom mütterlichen CMV-Status ermöglicht werden [33].

Transfusionsmedizin. Die Transfusion von Erythrozyten- und Thrombozytenkonzentraten sowie gefrorenem Frischplasma ist hinsichtlich der Übertragung von CMV unproblematisch. Nur für Blutprodukte, die nicht leukozytendepletiert werden können (z. B. Granulozytenkonzentrate), besteht die Empfehlung, gefährdete CMV-seronegative Empfänger mit Produkten von CMV-seronegativen Spendern zu versorgen [80].


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Adenoviren

Epidemiologie

Adenoviren können unterschiedliche klinische Krankheitsbilder wie pharyngokonjunktivales Fieber, Pneumonien, hämorrhagische Zystitis und Gastroenteritiden verursachen. Besondere Maßnahmen der Hygiene sind jedoch v. a. zur Prävention der Keratoconjunctivitis epidemica (EKC) gefordert, die vornehmlich durch Adenovirus der Typen 8, 19 und 37 hervorgerufen wird. Personen in Gemeinschaftseinrichtungen sind besonders gefährdet; Personen aller Altersgruppen sind empfänglich. Ausbrüche im Zusammenhang mit ophthalmologischen Behandlungen werden immer wieder beschrieben [83].


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Übertragungswege

Hauptsächlich werden die Viren über das Augensekret erkrankter Personen ausgeschieden. Die Verbreitung kann über direkten Kontakt erfolgen; häufiger sind jedoch indirekte Übertragungen über die Hände oder durch kontaminierte Gegenstände, z. B. augenärztliche Utensilien, Handtücher, Pflegematerial oder Waschutensilien. Infektiosität besteht für 2 – 3 Wochen nach Beginn der Erkrankung [84].


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Impfung und PEP

Es existiert weder eine Impfung noch ein Ansatz zur PEP.


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Hygienemaßnahmen

Entscheidend ist die konsequente Händehygiene.

Die Desinfektion mit „viruziden“ Substanzen wird aufgrund von In-vitro-Testungen gemäß RKI/DVV-Empfehlungen nahegelegt; ein Beleg für die Überlegenheit dieser Substanzen in klinischen Studien fehlt jedoch. Die Empfehlungen umfassen sowohl die Händehygiene, als auch die Desinfektion sämtlicher patientennaher Flächen, Instrumente und von Gegenständen, die der Patient mit anderen Personen teilt [84]. Ganz besondere Bedeutung hat die „viruzide“ Desinfektion augenärztlicher Geräte. Ophthalmologische Verfahren, die ohne direkte Berührung der Konjunktiven durchgeführt werden können, wie z. B. zur Tonometrie, sollten bevorzugt werden.

Medikamente, die am Auge eingesetzt werden, sind generell patientenbezogen zu verwenden. Sollte dies in besonderen Fällen nicht möglich sein, müssen zumindest sterile Spritzen o. ä. jeweils nur einmalig zur Entnahme und Applikation verwendet werden. Pflegeutensilien oder Waschlappen, Handtücher etc. sollten strikt patientenbezogen verwendet werden [84]. Bettwäsche etc. muss desinfizierend gewaschen werden, weil die Umweltpersistenz von Adenoviren sehr hoch ist.

Tipp für die Praxis

Patienten mit EKC oder V. a. EKC sollten sowohl in der Praxis als auch in der Klink isoliert behandelt werden; erkrankte Mitarbeiter dürfen bis zum Abklingen der Symptome nicht an der Patientenversorgung teilnehmen [84].

Kernaussagen

Rationale Maßnahmen zur Prävention der Übertragung von Virusinfektionen orientieren sich daran, welche Personengruppen das Virus verbreiten, wer durch das Virus besonderer Gefährdung ausgesetzt wird, über welche Körperflüssigkeiten das Virus ausgeschieden wird und auf welchem Weg es den Wirt erreicht.

Für die Prävention kontaktübertragener Virusinfektionen gelten die Standardvorkehrungen („Standard Precautions“) der Hygiene; an erster Stelle steht die Händehygiene.

Patienten mit Virusinfektionen sollen intensiv über die Bedeutung der Händehygiene zum Schutz ihrer Mitpatienten aufgeklärt werden.

Räumliche Isolationsmaßnahmen sind mehrheitlich nicht indiziert; die Ausnahmen sind: Norovirus-Infektionen, HAV (sofern stationär behandelt), Polio und Keratoconjunctivitis epidemica.

Hygienemaßnahmen zum Schutz vor blutübertragenen Virusinfektionen sind ebenfalls im Sinne der Standardvorkehrungen beim Umgang mit jedem Patienten angezeigt. Dazu gehören:

  • Händehygiene

  • Tragen von Schutzausrüstung (Handschuhen, Schutzkittel und ggf. Schutzbrille) bei allen Maßnahmen, die Kontakt mit infektiösem Material erwarten lassen

  • strikte Einhaltung der Vorkehrungen gegen Nadelstichverletzungen

Eine Schutzimpfung der Klinikmitarbeiter gegen HBV ist eine Basisvoraussetzung für patientennahe Tätigkeiten; Impfschutz gegen HAV und Polio ist indiziert bei exponierten Tätigkeiten, z. B. in der Pädiatrie oder im Labor.

Bei Fällen von HAV oder Polio ist die schnelle Erfassung des Impfstatus der engen Kontaktpersonen und ggf. eine rasche Schutzimpfung elementar, um Übertragungen zu vermeiden.

CMV- und HSV-Infektionen persistieren lebenslang in einer infizierten Person und können auch von symptomfreien Trägern intermittierend ausgeschieden werden.

Kongenitale Infektionen durch CMV können schwerwiegende Folgen haben; das Risiko ist deutlich zu senken durch Abschirmung Schwangerer vor den häufig hoch CMV-haltigen Sekreten von Kleinkindern und Gebärenden.

Das Risiko einer Mutter-Kind-Übertragung von HBV- und HIV ist hoch; daher ist die Impfung des Kindes innerhalb der ersten Stunden nach der Geburt bzw. die antiretrovirale Medikation des Kindes indiziert.

Schutz-, Isolations- und Desinfektionsmaßnahmen gegen Norovirus-Infektionen und Keratoconjunctivitis epidemica sollen wegen der hohen Kontagiosität dieser Viren schon im Verdachtsfall gestartet werden.


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Über die Autoren


Alexandra Heininger

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Seit 1992 Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin; ab 1998 Oberärztin im Bereich der Intensivmedizin an der Klinik für Anästhesiologie u. Intensivmedizin der Universität Tübingen. Von 2006 bis 2013 Leitung der Operativen Intensivstation; 2007 Habilitation im Fach Anästhesiologie und Intensivmedizin über das Thema „Einsatz der Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) zur Sepsis-Diagnostik bei Patienten der operativen Intensivmedizin“. Seit Mai 2013 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Department für Infektiologie, Sektion Krankenhaus- und Umwelthygiene, des Universitätsklinikums Heidelberg. November 2014 Anerkennung als „Infektiologin“ (DGI).


Uwe Frank

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1986–1990 Wissenschaftlicher Assistent an der Klinikhygiene, Universitätskliniken Freiburg; 1991/92 Fellowship in der Division of Infectious Diseases, San Francisco General Hospital, University of California, San Francisco, USA; 1993–1998 Oberarzt am Institut für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Freiburg; 1998–2006 Leitender Oberarzt, Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie; Habilitation im Fach „Klinische Mikrobiologie“, Anerkennung als „Infektiologe“ (DGI); 2006–2007 Kommissarischer Direktor des Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene, Universitätsklinikum Freiburg; seit 2011 Leiter der Sektion Krankenhaus- und Umwelthygiene am Department für Infektiologie, Universitätsklinikum Heidelberg; Koordinator europäischer Projekte zu Kosten der Antibiotikaresistenz („BURDEN“) und zur Verbesserung im Infektionsmanagement („IMPLEMENT“).


Paul Schnitzler

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Prof. Dr. rer. nat. Paul Schnitzler arbeitete nach dem Studium der Biologie in Heidelberg mehrere Jahre am Department for Microbiology and Immunology an der Duke University in Durham, North Carolina, USA, als Postdoc. Danach ging er ans Department für Infektiologie, Virologie, an der Universitätsklinik Heidelberg und leitet dort die Virusdiagnostik. Seine Forschungsschwerpunkte sind pflanzliche antivirale Substanzen sowie respiratorische Virusinfektionen bei Kindern und immunsupprimierten Patienten.

Interessenkonflikt: Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Alexandra Heininger
Department für Infektiologie des Universitätsklinikums Heidelberg
Mikrobiologie und Hygiene
Im Neuenheimer Feld 324
69120 Heidelberg


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Abb. 1 Übertragungswege von Hepatitis B; gemeldete Fälle 2013 nach Referenzdefinition mit belastbaren Angaben zum wahrscheinlichen Übertragungsweg, n = 601 (Quelle: RKI [9]).
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Abb. 2 Nosokomiale Ausbrüche nach Art der angegebenen Erreger in Deutschland 2013 [60].