Van Wijk et al.
Helmet therapy in infants with positional skull deformation: randomised
controlled trial.
BMJ 2014;
348: g2741
DOI:
10.1136/bmj.g2741
In der Literatur finden sich zum Thema Helmtherapie Studien
mit widersprüchlichen Ergebnissen. Van Wijk et al. verglichen
in einer aktuellen Studie Patienten mit Helmverordnung mit einer
Kontrollgruppe ohne Helmverordnung. Nach Beendigung
der Therapie wiesen die Patienten mit Helm keine ausgeglichenere
Schädelform auf als die Kontrollgruppe.
Van Wijk et al. Helmet therapy in infants with positional skull deformation: randomised
controlled trial. BMJ 2014;348:g2741 doi: 10.1136/bmj.g2741
Einleitung
Zur operativen Behandlung der lumbalen
Spinalkanalstenose stehen diverse chirurgische
Techniken zur Verfügung. Das
Hauptziel ist hier die Entlastung der neuralen
Strukturen. Jedoch werden diese dekompressiven
Verfahren häufig mit Fusionen
kombiniert, entweder instrumentiert
oder ohne zusätzliche Fixierung. Bisher
gibt es jedoch keine einheitlichen Indikationen
oder Bewertungen für die eine
oder andere Methode.
Die Intention dieser amerikanischen retrospektiven
Kohortenstudie war es, die 3
Verfahren – alleinige Dekompression versus
Dekompression mit zusätzlicher Fusion
(instrumentiert und nicht instrumentiert)
– hinsichtlich ihrer Reoperationsrate,
der Komplikationen und Kosten zu untersuchen.
Methodik
In der Studie wird angegeben, dass in Holland
1–2 % aller Säuglinge eine Helmtherapie
(HT) erhalten. Die Kosten übernimmt
dort aktuell die Krankenkasse. Das
Zeitfenster für diese Therapieform ist
klein. Es sollten keine Fehler unterlaufen,
da eine einmalige Chance auf eine konservative
Ausbehandlung vergeben würde.
Die vorliegende Studie sollte prüfen, ob
eine Helmtherapie positive Effekte zeigt.
Methodik
Eine Gruppe von ansonsten gesunden
Säuglingen im Alter von 5–6 Monaten
(LM) mit lagebedingten („moderate to severe
skull deformation“) Schädeldeformitäten (SD) wurde per HT behandelt und
eine vergleichbar betroffene Gruppe (anfangs
je 42 Kinder) unbehandelt gelassen.
29 Kinder wurden vorab wegen schwerer
Schädelverformung ausgeschlossen. 6 von
42 Probanden der Helmgruppe traten die
Therapie nicht an. Die Studienpatienten
wurden von 4 verschiedenen Instituten
betreut. 2 unterschiedliche maßgeschneiderte
Helm-Marken wurden verwendet.
Orthopädietechniker nahmen An- und
Nachpassungen sowie im Bedarfsfall Neuversorgungen
vor. Die Therapie wurde
stets von einem Kinderarzt überwacht.
Ergebnisse
30 Kinder beendeten die Helmtherapie.
Im Durchschnitt lag das Therapie-Ende Schädeldeformibei
10 LM. Von diesen 30 Kindern beendeten
20 Kinder die HT vor dem 12. LM, obwohl
gemäß Studiendesign die HT über 6
Monate geplant war. „Nebenwirkungen“
waren der Hauptgrund des vorzeitigen
Therapieendes (10/20 = 50 %). Passform-
Probleme wurden in Höhe von 73 % und
Hautirritationen in 96 % angegeben.
Nach monatelanger umfangreicher „nicht-orthetischer“ Therapie wurde der muskelschwache Säugling mit Schiefhaltung wegen ausgeprägter Plagiozephalie im 8. LM erstmals vorgestellt. Unter gut 7-monatiger HT sank die Asymmetrie von 2,0 auf 0,2 cm. Nicht nur die Schädelform profitierte sehr gut, sondern auch die Haltung. (Bild: H. Willenborg)
Die Autoren sind der Meinung, dass bei
gesunden Säuglingen mit lagebedingter
SD wegen der hohen Rate an Nebenwirkungen
und hohen Kosten von der HT Abstand
genommen werden sollte. Es konnte
kein nennenswerter Unterschied zwischen
den behandelten und unbehandelten
Schädelformen im Beobachtungszeitraum
von 2 Jahren konstatiert werden.
Kommentar
Die Idee zur Studie ist lobenswert, lässt
aber viele Fragen offen. Die Definition der
Schwere der Schädeldeformierung ist unscharf,
die Art der Versorgung für die aus
der Studie ausgeschlossenen Säuglinge
bleibt unerwähnt. Es wurden 2-dimensionale
Vermessungen verwendet, obwohl
der aktuelle Standard in digitaler 3D-Laser-
oder Kamera-Scan-Technik besteht.
Das Fazit der Studie ist sicherlich insofern
richtig, als dass die HT nicht für Kinder
intiiert
werden sollte, die diese Therapieform
gar nicht benötigen. Die Auswertung
beruht aber auf offensichtlich sehr ungünstigen
Voraussetzungen. Das Fazit der
Studie ist somit kritisch zu sehen und hätte
auf Verbesserung bzw. Kontrolle der
Qualität von HT lauten müssen. Die HT
kann eine durchaus erfolgreiche Behandlungsform
sein, wenn sie bei richtiger Indikation
korrekt und kompetent angewendet
wird. In Deutschland obliegt die
HT zumeist Ärzten und wird direkt von ihnen
inklusive Helmanpassung und -änderungen
durchgeführt.