Wukich DK et al.
Neuropathy and poorly controlled diabetes increase the rate of surgical
site infection after foot and ankle surgery.
J Bone Joint Surg Am 2014;
96: 832-839
Wukich et al. beschäftigten sich mit der Frage der Wundheilungssituation
bei Patienten mit „schlecht eingestelltem Diabetes“,
d. h. bei bereits bestehenden Begleitkomplikationen im
Vergleich zu Diabetespatienten ohne Komplikationen. Sie verglichen
diabetisch und nicht diabetisch bedingte Neuropathie-
Patienten bezüglich der postoperativen Lokalinfektsituation.
Wukich DK et al. Neuropathy and poorly controlled diabetes increase the rate of surgical
site infection after foot and ankle surgery. J Bone Joint Surg Am. 2014; 96: 832–839
Material und Methode
Ausgangspunkt der prospektiven Studie
war die Hypothese, dass Patienten mit bereits
vorhandenen Komplikationen des
Diabetes mellitus ein erhöhtes Risiko hinsichtlich
chirurgischer Lokalinfektionen
aufweisen.
In diesem Rahmen wurden von 2008 bis
2011 insgesamt 2060 Patienten konsekutiv
erfasst, bei denen eine offene Operation
an Fuß und / oder Sprunggelenk erfolgte.
Ausschlusskriterien waren Patientenalter
unter 18 Jahren, bereits präoperativ infizierte
Wunden, Fußulzerationen mit positiven
mikrobiologischen Wundabstrichen
und Zustand nach Amputationen.
Bei nicht tastbaren Fußpulsen erfolgte vor
Studieneinschluss eine entsprechende
angiologische Diagnostik und gefäßchirurgische
Sanierung. Die Diabetes-Patienten
waren auf Insulin, orale antidiabetische
Medikation oder Kombinationstherapie
eingestellt. Die Diagnose der peripheren
Neuropathie wurde mit Hilfe des
Michigan Neuropathy Screening Instrument
(MNSI) evaluiert. Zur Beurteilung
der Fragestellungen wurden alle Patienten
in 4 Gruppen eingeteilt, wobei Gruppe
1 Nichtdiabetiker ohne Neuropathie einschloss,
Gruppe 2 erfasste Nichtdiabetiker
mit Neuropathie, Gruppe 3 Diabetiker
ohne Komplikationen und Gruppe 4 Diabetiker
mit mindestens einer Diabetes assoziierten
Komplikation. Postoperative
Kontrolltermine waren nach 1, 3, 6 und 12
Wochen festgelegt. Beurteilt wurden mögliche chirurgische Lokalinfekte, wobei
milde Infektionen (< 2 cm Wundrötung,
ambulante antibiotische Behandlung)
und schwere Lokalinfekte (> 2 cm
Wundrötung, putride Wundsekretion mit
Notwendigkeit stationärer / operativer
Behandlung) unterschieden wurden.
Diabetes Patienten sollten optimal eingestellt
werden. (Bild: Fotolia, Fotograf: apops.)
Ergebnisse
Die chirurgische Lokalinfektrate der gesamten
Studie betrug 3,1 %, wobei die
Gruppe 4 10,4 % Infektverläufe aufwies
und somit das Risiko dieser Gruppe um
7,25-fach erhöht war im Vergleich zur
Gruppe 1 und 3,72-fach erhöht im Vergleich
zur Gruppe 3. Die Infektrate der
Gruppe 2 lag signifikant (4,72-fach) über
der Rate der Gruppe 1 und nicht signifikant
(1,54-fach) unter der Rate Gruppe 4.
Im Rahmen statistischer Auswertungen
konnte nachgewiesen werden, dass periphere
Neuropathie und ein HbA1c > 8 %
mit chirurgischen Lokalinfektverläufen
assoziiert sind.
Diskussion
Im Rahmen der Diskussion des Artikels
wurden u. a. pathopysiologische Zusammenhänge
dargestellt, die die Entwicklung
postoperativer Lokalinfektsituationen
begünstigen. Gleichzeitig wurde auf
die Bedeutung eines gut eingestellten Diabetes
hingewiesen, da bei entgleistem
Diabetes mellitus und eventuell zusätzlichem
Nikotinabusus die postoperative Infektrate
um ein Vielfaches erhöht ist.
Selbstkritisch wurden durch die Autoren
die kurze Studiendauer (Patientenverlaufskontrolle
über wenige Wochen
postoperativ), die fehlende Differenzierung
hinsichtlich der Größe des
chirurgischen Eingriffs am Fuß / Sprunggelenk
angegeben sowie die unterschiedliche
Patientenanzahl in den einzelnen
Studiengruppen (geringe Zahl in Gruppe
3). Eine schwerwiegende Schwäche des
Studienprotokolls sei ein fehlendes perioperatives
Blutzucker-Management, da
gerade die Optimierung dieser Stellgröße
(aktuelle Blutzuckerwerte) die Wundheilungssituation
positiv beeinflussen könne.
Schlussfolgerung
Die erhöhte Rate an postoperativen lokalen
Wundinfekten bei Diabetikern mit
diabetisch
assoziierten Komplikationen
wurde bestätigt. Allerdings weisen „gut
eingestellte“ Diabetiker ohne Komplikationen
kein signifikant erhöhtes Risiko hinsichtlich
möglicher postoperativer Wundheilungsstörungen
im Vergleich zu gesunden
Nichtdiabetikern auf. Somit ergibt
sich für den klinischen Arbeitsalltag der
Sinn der optimalen Diabetes-Einstellung
sowohl kurzfristig anhand der Blutzuckerwerte
als auch langfristig gemäß
HbA1c-Kontrollen zur Reduktion des
postoperativen Infektrisikos nach Fußund
Sprunggelenkchirurgie.