B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2014; 30(06): 287
DOI: 10.1055/s-0034-1384485
Editorial
Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

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Hubertus Deimel
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Publication Date:
10 December 2014 (online)

 
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    Liebe Leserinnen, liebe Leser,

    eine ressourcenorientierte Haltung und Einstellung spielt in der Bewegungs- und Sporttherapie besonders im Bereich der Psychiatrie, Psychosomatik und Suchtbehandlung eine fundamental wichtige Rolle. Sie ermöglicht u. a. die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und aktive Einflussnahme auf psychophysische Beschwerden und Befindlichkeiten; sie fördert auf diese Weise eine aktive Haltung und Verantwortlichkeit zur Gesundheit bzw. im Umgang mit einer Krankheit. Die Einbeziehung von achtsamkeitsorientierten Prinzipien bildet hierbei eine hilfreiche Strategie, um einerseits die Konzentration im „Hier-und-Jetzt“ zu halten und auf diesem Wege körperliches und seelisches Zusammenspiel mit seinen Wechselwirkungen zu erleben. In der sporttherapeutischen Praxis erlebt man ja häufig, dass die Teilnehmer zwar körperlich aktiv sind, gedanklich jedoch mit ganz anderen Dingen beschäftigt sind. Diese Spaltungen entziehen der Bewegungs- und Sporttherapie unter Umständen viel von ihren qualitativen Möglichkeiten. Andererseits lassen sich über die Schulung von Achtsamkeit psychotherapeutische Effekte in Bezug auf Modifikationen eigener Erlebens-, Denk- und Verhaltensmuster erreichen, die zu einer gelasseneren Haltung im Umgang mit der eigenen Person und mit beruflichen Belastungen verbunden sind. Die beiden Artikel von Ernst und Sochor (S. 294 und 302) deuten darauf hin, dass dies gelingen kann. Allerdings besteht die Gefahr, dass diese Erfahrungen in der Alltagsroutine wieder verloren gehen. Zur Entwicklung und Aufrechterhaltung einer gelasseneren Haltung bedarf es jedoch eines kontinuierlichen und langfristigen Prozesses.

    Im Rahmen meiner psychotherapeutischen Tätigkeit arbeite ich regelmäßig mit den Gruppenteilnehmern zu der Thematik der eigenen Lebenszufriedenheit und der Fragestellung, welche Faktoren diese denn fördern oder reduzieren können. Und natürlich werden dann solche Dinge wie Gesundheit, Krankheit, Stress, Konflikte, Eingebundenheit in Familie oder Freundeskreis, Interessen, Hobbies, Wohnsituation, materielle, finanzielle Problematiken usw. genannt, aus denen sich in der Summe das Gefühl von Lebenszufriedenheit oder -unzufriedenheit ergibt. Überraschenderweise werden jedoch nur sehr selten oder gar nicht die Bewegungsfreude und bewegungsbezogene Genussfähigkeit genannt, obwohl die meisten Teilnehmer schon einen oder mehrere Klinikaufenthalte in psychosomatischen oder psychiatrischen Fachkliniken gehabt haben und auch durchaus positiv von der Bewegungs- und Sporttherapie gesprochen haben. Der Aspekt, dass eine gut dosierte und angenehm erlebte Bewegungsaktivität mit genussvollen sinnlichen Erfahrungen verbunden sein kann und zur Bereicherung der Lebensqualität in einfacher Weise beitragen kann, war ihnen nicht bewusst. Das Beispiel weist meines Erachtens auf die Bedeutsamkeit einer Achtsamkeitsschulung hin, wo u. a. dieser Aspekt im Hinblick auf eine Wertschätzung eine wichtige Rolle spielt.

    Lebenszufriedenheit wünsche ich auch Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, gerade zum Weihnachtsfest und zum neuen Jahr, zumal der Begriff ja auch „Frieden“ beinhaltet, womit immer eine innere und äußere Wechselseitigkeit verbunden ist. In diesem Sinne und im Namen des DVGS sowie der gesamten Redaktion von B & G wünsche ich Ihnen einen guten Start in das neue Jahr 2015!

    Herzlichst,

    Ihr Hubertus Deimel


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