Einleitung
Die Arthroskopie (ASK) des oberen Sprunggelenks (OSG) ist eine sichere und effektive
Methode zur Beurteilung der Gelenkbinnenstrukturen sowie zur Prüfung der ligamentären
Stabilität. Die Weiterentwicklungen der arthroskopischen Chirurgie in den vergangenen
5–10 Jahren führten zu einer enormen Erweiterung der Behandlungsmöglichkeiten am oberen
und auch am unteren Sprunggelenk, die noch vor 10–15 Jahren der offenen Chirurgie
vorbehalten waren. Arthroskopisch können vielfältige pathologische Befunde identifiziert
und behandelt werden, wie das knöcherne und Weichteilimpingement, Knorpelschäden,
osteochondrale Läsionen, Instabilitäten, freie Gelenkkörper, Adhäsionen mit Bewegungseinschränkung
und das Gelenkempyem. Überschneidungen zu offenen Verfahren bestehen nach wie vor,
wobei die arthroskopischen Techniken nicht nur als konkurrierende, sondern ergänzende
Verfahren angesehen werden sollten, wie bspw. bei unspezifischer bzw. nicht abgrenzbarer
Beschwerdesymptomatik. Gerade für solche Fälle können Gelenkbinnenprobleme ggf. ausgeschlossen
oder bestätigt werden, um bedarfsweise gleichzeitig vorliegende Peronäalsehnen-, Rück-
oder Vorfußpathologien zu behandeln. Mit den nachfolgenden Ausführungen sollen die
klinisch relevanten Behandlungsmöglichkeiten, aber auch Grenzen der Arthroskopie zusammengefasst
werden.
Diagnostik
Die fundierte Indikationsstellung zur OSG-Arthroskopie umfasst eine detaillierte klinische
Untersuchung sowie Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen. Schrägaufnahmen können jedoch durchaus
sinnvoll sein. Aufgrund der topografisch engen Beziehung zum unteren Sprunggelenk,
aber auch zu der Peronäalsehnenloge und zum Tarsaltunnel sollte vor operativen Interventionen
die Indikation zur Kernspintomografie (MRT) eher großzügig gestellt werden. Bei Folgezuständen
nach Frakturen mit einliegenden Implantaten erlaubt die MRT nicht immer den gewünschten
Informationsgewinn. Für solche Fälle ist die Computertomografie (CT) sinnvoll.
Topografisch sollten die Pathologien in ventrale und dorsale OSG-Pathologien unterschieden
werden, da die ventrale arthroskopische Intervention einfacher und die neurovaskuläre
Komplikationswahrscheinlichkeit deutlich niedriger ist als die dorsalen Interventionen.
An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass das chirurgische Vorgehen sich immer am klinischen
Beschwerdebild orientieren sollte und keine MR- bzw. Röntgenbefunde isoliert operativ
angegangen werden sollten.
Basis jeder Behandlung ist die gründliche klinische Untersuchung und Röntgenaufnahmen
in 2 Ebenen vor Durchführung einer MRT.
Impingement
Das Impingement kann einerseits nach der Lokalisation (ventral, ventromedial, ventrolateral,
dorsal, dorsomedial und dorsolateral) und andererseits nach den auslösenden Strukturen
(Synovia, postraumatische Narben, Kapselbandstrukturen, knöchern durch Osteophyten
oder freie bzw. adhärente Gelenkkörper) eingeteilt werden [1]. Das ventrale Weichteilimpingement ist häufig eine posttraumatische Folge nach Distorsionsereignissen.
Durch die Distorsion oder rezidivierende Mikrotraumen kann es zu Kapselband- sowie
Synovialrupturen kommen. Die verletzten Bandstrukturen können in den anterolateralen
oder anteromedialen Recessus einklemmen oder durch Bridenbildung dauerhafte Gelenkbeschwerden
hervorrufen. Durch zusätzliche Kapsel- und Synovialrupturen kann diese posttraumatische
Bridenbildung bis in den anterioren zentralen Gelenkrecessus reichen, wobei in diesem
Zusammenhang die Bezeichnung des „Meniskoids“ häufig Anwendung findet. Diese Veränderungen
können zu persistierenden Beschwerden des OSG führen und in einzelnen Fällen sogar
Gelenkblockaden hervorrufen ([Abb. 1] und [2]). Dabei sind die konventionell-radiologische Bildgebung sowie das MRT nicht immer
wegweisend.
Abb. 1 Intraoperativer Befund eines Meniskoids des rechten OSG mit Blick über das anterolaterale
Standardportal.
Abb. 2 Weiteres Beispiel eines Meniskoids des rechten OSG mit Blick über das anterolaterale
Standardportal.
Die Wertigkeit der MRT zur Impingementdiagnostik wird kontrovers diskutiert. Auch
nach KM-Injektion können falsch negative Befunde vorliegen. Die Hauptursache hierzu
liegt in der Lagerung der Sprunggelenke in Plantarflexion und nicht in Neutralstellung.
Die dorsale Impingementpathologie kann, neben synovialen Strukturen bzw. Vernarbungen,
ein symptomatisches Os trigonum, fehlverheilte knöcherne Absprengungen oder osteophytäre
Anbauten enthalten. Diese können analog zum ventralen Vorgehen von dorsal in Bauchlage
arthroskopisch adressiert werden oder alternativ bei hängendem Bein mit einem zirkumferent
frei zugänglichen Sprunggelenk. Allerdings sollte dabei eine höhere neurovaskuläre
Komplikationsrate Beachtung finden. Nickisch et al. fanden nach 189 dorsalen arthroskopischen
Interventionen in 8,5 % Taubheiten der Ferse, N.-suralis-Läsionen und symptomatische
Achillessehnenverdickungen [2].
Trotz unauffälligem MRT sollte die Arthroskopie insbesondere bei persistierenden Beschwerden
erfolgen, da die Sensitivität nicht sehr hoch ist.
Bänder
Insbesondere für die Beurteilung der Bandstrukturen ist die Neutralstellung wünschenswert.
Lässt sich trotz unauffälliger Bildgebung (Röntgen und MRT) und erfolgter konservativer
Therapie mit Physiotherapie, Propiozeptionstraining sowie physikalischen Maßnahmen
keine Beschwerdelinderung erzielen, sollte daher die Indikation zur Arthroskopie großzügig
gestellt werden. Kleine knöcherne ligamentäre Ausrissläsionen am Innen- und Außenknöchel
([Abb. 3] und [4]) sollten von rezidivierenden Mikrotraumatisierungen differenziert werden.
Abb. 3 Beispiel eines knöchernen fibularen Ausrisses des Lig. fibulotalare anterius (LFTA).
Abb. 4 Intraoperatives Beispiel eines Außenknöchelossikels mit isolierten lokalen Beschwerden.
Knöcherne Läsionen und Arthrose
Knöcherne Läsionen und Arthrose
Diese rezidivierenden Traumata (Eversions- und Supinationsmechanismus) können zu osteophytären
Anbauten und Ossikelbildung bzw. zu ligamentären Ossifikationen führen ([Abb. 5]). Die Klassifizierung ist nach Scranton und McDermot möglich oder alternativ nach
Vorschlag der Autoren ([Abb. 6]). Diese Gelenkbinnenpathologien können arthroskopisch sehr gut adressiert und komplett
ausgeräumt bzw. Osteophyten mit unterschiedlich dimensionierten Fräsen entfernt werden
([Abb. 7] und [8]).
Abb. 5 Beispiel eines professionellen Fußballspielers mit rezidivierenden Mikrotraumatisierungen
(Supinationstraumen) und konsekutiver Ossikelbildung und Kalzifikationen des Lig.
deltoideum.
Abb. 6 Die Impingementklassifikation besteht aus Grad I–III, wobei die Distanz des talaren
und tibialen Osteophyten ausgemessen wird. Grad I: ≥ 10 mm, Grad II: 5–10 mm, Grad
III: ≤ 5 mm.
Abb. 7 Ausgeprägter tibialer Osteophyt bei mäßiger posttraumatischer OSG-Arthrose nach Pilonfraktur
einer 23-jährigen Patientin.
Abb. 8 Postoperative Situation nach arthroskopischer Abtragung des tibialen Osteophyten.
Die gelenkerhaltenden Behandlungsmöglichkeiten der OSG-Arthrose umfassen, neben der
Einlagenversorgung, die Abrollsohle ggf. auch in Kombination mit orthopädischen Stiefeln
sowie die Schmerztherapie. Im eigenen Vorgehen kann die arthroskopische Revision mit
Synovektomie bei konventionell-radiologisch einsehbarem Gelenkspalt v. a. bei osteophytär
bedingtem knöchernem Impingement Beschwerdelinderung erzielen. Klinisch muss in diesen
Fällen der Arthroseschmerz vom impingementbedingten Schmerz differenziert werden.
Insbesondere der ventrale OSG-Schmerz, der bei endgradiger Dorsalextension auftritt,
kann durch die Entfernung der miteinander in Konflikt geratenden Osteophyten (ventraler
tibialer und talarer Osteophyt) deutlich gelindert werden [3]. Grundsätzlich empfehlen wir für diese Fälle großzügig die Durchführung einer CT.
Die CT ist sehr hilfreich zur Beurteilung, ob und wo ggf. ein Impingement des OSG
vorliegt, sodass für geeignete Fälle ggf. auch die dorsale arthroskopische Intervention
erfolgen könnte.
Zu Planung der Osteophytenentfernung empfiehlt sich besonders eine CT, um möglichst
gezielt operativ vorzugehen.
Knöcherne Beinachse
Folgezustände nach Frakturen sollten sehr sorgfältig analysiert werden, um posttraumatische
Achs- und Rotationsabweichungen zu identifizieren, da diese zwar zu einem Impingement
führen, aber nur durch eine Korrekturosteotomie beherrscht werden können ([Abb. 9] und [10]). In solchen Fällen sollte aber zusätzlich eine Arthroskopie erfolgen, um koinzidente
intraartikuläre Pathologien auszuschließen. Falls durch die Arthroskopie intraoperativ
eine zu starke Schwellung auftritt, kann ggf. ein zweizeitiges Vorgehen für die offene
Operation nötig werden, um Wundheilungsstörungen zu vermeiden.
Abb. 9 Posttraumatisches Impingement des OSG im Bereich des Innenknöchels nach Fraktur.
Abb. 10 Postoperatives Ergebnis nach Korrekturosteotomie des Innenknöchels mit Entfernung
der Frakturfragmente und Stabilisierung mittels Zuggurtung.
Knorpelschäden und osteochondrale Läsionen
Knorpelschäden und osteochondrale Läsionen
Symptomatische Knorpelschäden sollten mittels MRT sorgfältig diagnostisch analysiert
werden, um die Größe der Läsion und deren Tiefenausdehnung für eine optimale Therapieplanung
im Vorfeld zu wissen. Die Klassifikation des Knorpelschadens erfolgt nach ICRS-Kriterien
(Grad 0–IV). Entscheidend ist hierbei die subchondrale Knochenqualität. Zeigt sich
keine Pathologie des Knochens, so kann man sich isoliert auf den Knorpelschaden konzentrieren.
Läsionen Grad I und II bedürfen lediglich einer Knorpelglättung und einer kritischen
Ursachenanalyse, wie bspw. osteophytär bedingter Knorpelabrieb, freie Gelenkkörper,
Weichteilimpingement oder Instabilitäten, die dann adressiert werden müssen, da ansonsten
ein Fortschreiten des Knorpelabriebs die Folge ist. Dies gilt grundsätzlich für jeden
Knorpelschaden, unabhängig von Größe und Klassifikation.
Ortständige Reparatur bzw. Mikrofrakturierung
Ortständige Reparatur bzw. Mikrofrakturierung
Bei Knorpelschaden Grad III und IV kann ohne subchondrale Knochenläsion die Mikrofrakturierung
(MF) bei einer Größenausdehnung von bis zu 1,5 cm2 oder 15 mm im Durchmesser erfolgen [4], [5], [6]. Die Vorteile der arthroskopischen MF bedeuten niedrige Kosten sowie technisch einfache
und reproduzierbare Durchführbarkeit mit geringem postoperativem Schmerzniveau. Im
praktischen Vorgehen sollten die Abstände der MF (Perforationen) ca. 3–4 mm betragen
([Abb. 11] und [12]). Die adäquate Perforationstiefe kann entweder durch Austritt von Knochenmarksfettpfropfen
oder Blutungen (bei geöffnetem Tourniquet) aus der Läsion dokumentiert werden. Zu
beachten ist die Schaffung stabiler Knorpelränder. Die Einblutung in die Läsion führt
zu einer inflammatorischen Reaktion und Einsprossung mesenchymaler Stammzellen, die
sich zu chondrozytenähnlichen Zellen differenzieren. Diese bilden Kollagen Typ II
in einer Proteoglykanmatrix 6–8 Wochen postinterventionell [4], [7]. Die darauffolgende Oberflächenfibrillation, die Apoptose der chondrozytenähnlichen
Zellen sowie die Depletion der Proteoglykane führt zu einem biologischen Transfer
in fibrokartilaginäres Reparaturgewebe mit einer überwiegenden Expression von Kollagen-Typ-I-Fasern
nach ca. 1 Jahr. Typ-I-Kollagenfasern haben unterschiedliche biomechanische Eigenschaften
gegenüber hyalinem Knorpel, sodass degenerative Veränderungen im Langzeitverlauf auftreten
können [7].
Abb. 11 Posttraumatischer instabiler Knorpel Flake nach OSG-Supinationstrauma an der lateralen
Talusschulter.
Abb. 12 Status nach Debridement und Mikrofrakturierung mit 2 Perforationen der lateralen
Talusschulter.
Den Autoren ist keine Langzeitstudie mit einem 10-Jahres-Follow-up zur MF am Talus
bekannt. Bisher gibt es keine systematischen Erkenntnisse, welche Lokalisation am
Talus besonders gut bzw. als ungünstig für die MF zu bewerten ist. Die Prognose für
die MF ist größenabhängig und günstig für Läsionen, die < 15 mm2 sind. Dennoch zeigt die bisherige Datenlage insbesondere für den mittel- bis längerfristigen
Verlauf eine klinische Verschlechterung nach initial guten Ergebnissen, sodass weitere
hochwertige Studien notwendig sind zur Entwicklung eines Therapiealgorithmus [4].
Die Mikrofrakturierung allein ist für Knorpelschäden bis zu 1,5 cm2 ohne relevante zystische subchondrale Knochenläsionen geeignet.
Knorpeltransplantation
Für größere Läsionen ohne subchondralen Knochendefekt kommt die autologe Chondrozytentransplantation
(ACT) infrage. Im Rahmen der präoperativen Diagnostik und der ASK erfolgt das Staging
mit Ursachenanalyse, um bei gegebener Indikation die Knorpelzellentnahme am Talushals
zentral außerhalb der Belastungszone zu realisieren. Die gewonnenen Knorpelzellen
werden kultiviert, um nach 3–4 Wochen arthroskopisch unter Distraktion in „Inject-Technik“
in die Knorpeldefektzone eingespritzt zu werden. Besteht neben dem Knorpelschaden
zusätzlich ein subchondraler Knochendefekt (Osteochondrosis dissecans, kurz: OD) muss
dieser adäquat rekonstruiert werden. Neben einer osteochondralen Transplantation (OCT)
aus dem Kniegelenk ist ein kortikospongiöser Transfer vom Beckenkamm entweder mit
einer matrixassoziierten ACT (MACT – Beispiel in [Abb. 11]–[13]) oder mit einer 3-D-Kollagenmembran (AMIC – autologe matrixinduzierte Chondrogenese)
möglich. Die Datenlage für das AMIC-Verfahren ist allerdings noch sehr begrenzt.
Abb. 13 Osteochondrosis dissecans des medialen Talus mit Grad-III-Knorpelschaden (ICRS) sowie
zystischem subchondralem Defekt nach Innenknöchelosteotomie.
Die OCT kann für geeignete Fälle arthroskopisch oder in offener Technik erfolgen.
Historisch erfolgte die OCT für zystische Läsionen des Talus oder bei persistierenden
Beschwerden nach vorangegangenen Eingriffen. Die Indikationserweiterung für die primäre
OCT beinhaltet zwischenzeitlich auch nicht nur zystische Läsionen bzw. Knochendefekte,
sondern insbesondere auch großflächige Knorpelschäden des Talus [4]. Vorteile der OCT sind die primäre Deckung des Defekts mit vitalem hyalinem Knorpel
ohne die Notwendigkeit eines weiteren Eingriffs. Technisch bedingte Nachteile schließen
die limitierte Verfügbarkeit des Spenderareals, die Entnahmemorbidität sowie die unterschiedliche
anatomische Formgebung des Spender- und Empfängerareals ein. Dies betrifft sowohl
den Knorpel (Schichtdicke) als auch den Knochen (Konvexität). Zusätzlich ist die schlechte
Einheilung der Knorpelränder im Bereich des Spender-Empfänger-Interfaces zu nennen.
Klinisch wurden in bis zu 95 % gute bis sehr gute Ergebnisse erzielt. Symptomatische
Entnahmemorbiditätsraten von bis zu 4 % wurden dabei ermittelt [4]. Hierfür notwendige Innenknöchelosteotomien heilten durchschnittlich innerhalb von
6 Wochen. MR-Kontrollen zeigten im Bereich der Osteotomie eine normale Signalgebung
für hyalinen Knorpel in den tiefen Schichten und für die oberflächlichen 50 % eine
faserknorpelähnliche Signalgebung [8]. Die genauere Untersuchung der Entnahmemorbidität erfolgte in einer größeren Serie
von 112 asymptomatischen Kniegelenken mit der Ermittlung des WOMAC- sowie Lysholm-Scores
[9]. Der jeweils durchschnittliche WOMAC-Score betrug 5 % und der Lysholm-Score zählte
89 Punkte. Als Risikofaktor für Beschwerden konnte Übergewichtigkeit identifiziert
werden, wobei überraschenderweise nicht die Größe des Entnahmevolumens eine wesentliche
Rolle spielte.
Instabilität
Die Sprunggelenksdistorsion führt neben den möglichen erwähnten intraartikulären Verletzungsfolgen
zu ligamentären Verletzungen. Diesbezüglich sollten Verletzungen der Syndesmose, des
fibularen (äußeren) und medialen Bandapparats differenziert werden. Am häufigsten
ist das sog. Supinationstrauma bestehend aus einer Kombination von Inversion, Adduktion
und Plantarflexion des Fußes. Auf diese Verletzungsentität des fibularen Bandapparats
soll an dieser Stelle eingegangen werden.
Die fibulare Bandläsion sollte systematisch in Grade klassifiziert werden [10]: Grad-I-Läsionen sind Distorsionen ohne wesentliche strukturelle Rupturen im Sinne
der Bänderdehnung. Grad-II-Läsionen werden charakterisiert durch Partialrupturen des
fibularen Bandapparats mit diskreter bis mäßiger Instabilität. Grad-III-Läsionen schließen
Komplettrupturen ein, die zu relevanten Instabilitäten führen. Anatomisch sind von
ventral nach dorsal das Lig. fibulotalare anterius (LFTA), das Lig. fibulocalcaneare
(LFC) und das Lig. fibulotalare posterius (LFTP) zu differenzieren. Die Verletzungshäufigkeit
ist in der gleichen Reihenfolge anzugeben, wobei Verletzungen des Lig. fibulotalare
posterius eine Rarität darstellen. Biologisch können 3 Stadien der ligamentären Heilung
differenziert werden [10]: 1. inflammatorische Phase (bis 10 Tage nach dem Trauma); 2. Proliferationsphase
4–8 Wochen nach dem Trauma; 3. Remodeling (bis zu 1 Jahr nach dem Trauma). Interindividuelle
Unterschiede können bez. der Dauer der einzelnen Phasen bestehen. Für die Akutbehandlung
werden die operative und konservative Therapie kontrovers diskutiert. Weitere Fragen
werfen in der konservativen Therapie die Immobilisierung und die funktionelle Nachbehandlung
auf sowie die Art der effektivsten externen Ruhigstellung [10].
Werden die vergleichenden Studien (operative vs. konservative Therapie) zusammengefasst,
zeigt sich für die operative Therapie bzw. Naht ein Vorteil hinsichtlich Stabilität
und Rezidivverletzung gegenüber der konservativen Therapie. Allerdings müssen die
Nachteile einer höheren Komplikationsrate nach operativer Rekonstruktion diesen Vorteilen
gegenübergestellt werden, sodass für die Mehrheit der fibularen Bandläsionen die konservative
Therapie empfohlen werden kann. Die Operation hat insbesondere für Leistungssportler
mit hohem Stabilitätsanspruch nach wie vor ihren Stellenwert nicht verloren.
Die Analysen zur Frage der konservativen Therapie sind in ihrer Evidenz nach wie vor
beeinträchtigt, wobei sich Hinweise zeigen, dass eine kurzfristige Ruhigstellung von
10 Tagen nach Trauma in einem Unterschenkelgips (Cast bzw. Äquivalent) für die inflammatorische
Phase gefolgt von einer funktionellen Nachbehandlung mit einem semirigiden Brace bzw.
Cast (beispielsweise Vacoankle®, Aircast® etc.) günstige Ergebnisse bringt. Für die
Akut-Therapie und die darauffolgenden 5 Tage sollte die PECH-Regel (Pause, Eis bzw.
Kühlung, Compression, Hochlagerung) zur Reduktion der akuten Schwellung und Einblutung
Beachtung finden.
Schnürbandagen zeigten bez. der Stabilität bessere kurzfristige Ergebnisse als normale
Bandagen. Der Tape-Verband im Vergleich zum semirigiden Brace zeigte vergleichbare
Ergebnisse bez. Schmerz und funktionellem Outcome, wobei deutlich niedrigere Komplikationsraten
der Haut mit dem semirigiden Brace auftraten. Werden diese Ergebnisse zusammengefasst,
kann man für Grad-III-Läsionen eine kurzfristige Ruhigstellung von längstens 10 Tagen
gefolgt von einer Stabilisierung mit einer semirigiden Orthese empfehlen. Für alle
anderen Läsionen kann in Abhängigkeit vom Zustand der Weichteile gleich der semirigide
Brace eingesetzt werden.
Kommt es im mittel- bis langfristigen Verlauf trotzdem zu einer Beschwerdesymptomatik
mit mehr oder weniger bestehender Instabilität, so hat die Arthroskopie, wie oben
beschrieben, einen wichtigen Stellenwert. Besteht jedoch zusätzlich eine Instabilitätssymptomatik,
so sollte die Diagnostik relevante laterale tibiotalare Aufklappbarkeiten ausschließen.
Neuromuskuläres Propriozeptionstraining zeigte einen Effekt, sodass dies bei chronischer
Instabiltätssymptomatik zunächst erfolgen sollte. Die Arthroskopie des OSG hilft,
neben den gehaltenen Aufnahmen (a.–p. und seitlich), zu differenzieren, ob das LFTA
allein, das LFTA und das LFC oder in besonderen Fällen das LFC isoliert adressiert
werden muss [11]. Ein Beispiel einer isolierten LFC-Insuffizienz, die arthroskopisch gesichert und
in gleicher Sitzung mit einer einzügeligen Periostlappenplastik transossär stabilisiert
wurde, ist [Abb. 14] zu entnehmen. Die Stabilisierungspflichtigkeit des LFTP ist eine Rarität.
Abb. 14 Situs nach erfolgter Auffüllung der Zyste und Rekonstruktion der subchondralen Oberfläche
im Bereich der Stanze mit einem kortikospongiösen Zylinder.
Eine relativ neue Behandlungsalternative stellt die periartikuläre Injektion von Hyaluronsäure
(HA) dar. Petrella et al. konnten in einer prospektiv randomisierten Doppelblindstudie
einen signifikant positiven Effekt von periartikulär injizierter HA im Bereich des
LFTA und LFC gegenüber der Placeboinjektion mit identischer Physiotherapie bzw. Schienenbehandlung
objektivieren [12]. Es tritt signifikant schneller Schmerzfreiheit und deutlich früher Sportfähigkeit
ein. Auch nach 2 Jahren ist die Inzidenz rezidivierender Distorsionen (bzw. residuelle
Instabilität) niedriger nach HA-Injektion. Das biologische Prinzip besteht aus einer
schnelleren und stabileren Quervernetzung von Fibrin und Kollagen mit und durch HA.
Dieser biologische „interne Wundverband“ nimmt somit eine Zwischenstellung zwischen
der operativen Naht und der rein konservativen Behandlung der Außenbandruptur ein.
Abb. 15 Situs nach knöcherner Rekonstruktion und Débridement des Knorpelschadens sowie Deckung
mit der autologen MACT (18 mm im Durchmesser).
Abb. 16 Beispiel eines intraossär verankerten Perioststreifens zur Rekonstruktion des LFC
in einzügeliger Technik bei suffizientem LFTA.
Schlussfolgerungen
Die Arthroskopie des OSG hat sich als diagnostische und therapeutische Option etabliert
und durchgesetzt. Die Einsatzmöglichkeiten beinhalten in der akuten Behandlung die
Bergung frischer osteochondraler Flakes mit stadiengerechter Behandlung des Knorpelschadens.
In der subakuten und chronischen Situation stellt die Arthroskopie gerade bei persistierenden
Beschwerden in der Behandlung des knöchernen und weichteiligen Impingements eine wichtige
Behandlungssäule dar, insbesondere dann, wenn die konservativen Behandlungsmaßnahmen
keinen befriedigenden Effekt erbracht haben. Die Entfernung posttraumtischer intraartikulärer
Briden bis hin zum Meniskoid ist arthroskopisch sicher und reproduzierbar möglich.
Knöchern bedingtes Impingement nach knöchernen Ausrissen, Ossikelbildung, Ossifikationen
sowie freie Gelenkkörper sollten primär arthroskopisch entfernt werden. Neben dem
Staging des OSG sollte und kann die tibiotalare Stabilität arthroskopisch selektiv
geprüft werden. Die Behandlung von osteochondralen Läsionen muss stadiengerecht erfolgen
im Rahmen des arthroskopischen Stagings, wobei die Mikrofrakturierung insbesondere
für kleinere Knorpelläsionen (< 1,5 cm2) empfohlen wird. Die Langzeitprognose ist derzeit nur mit Einschränkungen beurteilbar.
Für große isolierte Knorpelläsionen oder bei koinzidenten subchondralen Knochendefekten
sind entweder die OCT oder die kortikospongiöse Transplantation mit MACT möglich.
Auch hier sind die Langzeiterfahrungen begrenzt und müssen durch Studien überprüft
werden. Das dorsale arthroskopishe Vorgehen hat sich bei dorsalem Impingement auch
bewährt, wobei man jedoch eine höhere neurologische Komplikationsrate beachten muss.