Krankenhaushygiene up2date 2014; 09(02): 77
DOI: 10.1055/s-0034-1377326
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

A-Teams?

Winfried V. Kern
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Publikationsdatum:
17. Juni 2014 (online)

 
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Winfried V. Kern

Die Niederländer haben sie nun auch, in jedem Krankenhaus [1]. Belgien hatte sie schon vorher [2]. Die Franzosen haben es empfohlen, aber letztlich nur A-Doctors (pardon: A-docteurs ou bien A-référents) installiert. In Australien spricht man darüber, in Leitlinien steht diese Empfehlung konsistent, in Kalifornien (!) hat man sie in 50 % der Akutkliniken, in Deutschland vielleicht in 3 %, vielleicht auch 5 % (?) der Akutkliniken: A-Teams = Antibiotic Stewardship Teams. Wie gesagt, die Niederländer haben eine Verordnung erlassen, dass alle Krankenhäuser nun A-Teams haben müssen [1].

Wieso Niederlande ? Das Land mit der angeblich so erfolgreichen „Search & Destroy“-Strategie, in dem es eigentlich keine Resistenzprobleme gibt – denken wir. Ist es vielleicht eine neue ebenso früh gestartete Präventionsstrategie, bevor mal wieder sowieso alles zu spät ist? Weitsicht? Ein kluger Schachzug also? Nicht kleckern, sondern klotzen: Search & Destroy & 100 % A-Teams! (Almost) Zero-Tolerance! Früh investieren, um nicht zu verlieren und vielleicht sogar zu gewinnen.

In den Niederlanden gibt es Resistenzprobleme. In einer kürzlich publizierten Bakteriämie-Studie (2008 – 2010) wurden dort ESBL-positive Stämme bei 7 % von E. coli, 9 % von K. pneumoniae und 10 % von E. cloacae nachgewiesen [3]. Wir hier in Freiburg haben auch kaum mehr. Ein Teil des Problems mit den multiresistenten gramnegativen Bakterien kommt aus der Lebensmittelproduktion – gerade auch in den Niederlanden. Das Land gehört zu den Ländern mit vergleichsweise hohem Antibiotikaeinsatz in der Fleischproduktion [4]. Besser gesagt, gehörte. Zwischen 2009 und 2012 wurde der Antibiotikaeinsatz bei Schweinen und Geflügel um 50 %, bei Rindern um immerhin rund 25 % gesenkt [5]. Auch das war ein politisches Ziel, dem entsprechende Investitionen folgten. Dabei kannte man dort schon spätestens 2009 die Statistik im für Planungszwecke ausreichenden Detail, die für Deutschland mit der neuen Abgabemengenerfassung erst für 2011 verfügbar gemacht wurde [6].

Jetzt also A-Teams. Man muss vermuten – wir alle wissen das eigentlich –, dass eine Intervention alleine im Agrarbinnensektor nicht ausreichend sein wird, die Probleme bei den multiresistenten gramnegativen Erregern kontrollieren zu können. In der Humanmedizin wird durch Antibiotikagabe weiter selektioniert und amplifiziert, was aus der Lebensmittelproduktion mit ersten Resistenzmarkern in unseren Darm gelangt. Die Dimensionen sind anders als bei MRSA! Und in den Niederlanden steigt die Antibiotikaverbrauchsdichte (Tagesdosen/100 Patiententage) in den Krankenhäusern rapide an – es sieht so aus, dass diese inzwischen höher als bei uns ist – wobei wir wohl nur noch durch die längere Verweildauer in unseren Krankenhäusern diesen vermeintlichen statistischen Vorteil besitzen! Deshalb also jetzt die A-Teams – kluge Entscheidung, in den Niederlanden!

Und bei uns? Vor kurzem habe ich bei einer Vortragsveranstaltung zum Thema Antibiotikaeinsatz und Resistenzproblematik DIE Frage gestellt: „Was fällt Ihnen zum Begriff A-Team ein?“ Was meinen Sie war die netteste Antwort? „Jogi wird das schon irgendwie bis zum Viertelfinale hinkriegen!“ Na, hoffentlich kommen wir wenigstens dort so weit.


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Winfried V. Kern