Diabetes aktuell 2014; 12(02): 102
DOI: 10.1055/s-0034-1375840
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Insulin degludec – Nächtlichen Hypoglykämien effektiv entgegentreten

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Publication Date:
09 May 2014 (online)

 

Asymptomatische Hypoglykämien von insulintherapierten Diabetikern sind im Alltag wesentlich häufiger als bislang angenommen. Besonders nächtliche Unterzuckerungen werden oftmals gar nicht wahrgenommen, da die Mechanismen der Gegenregulation bei Diabetikern nur noch ungenügend funktionieren. In einem Experiment mit Typ-1-Diabetikern und einer gesunden Vergleichsgruppe konnte dies gezeigt werden, wie Prof. Werner Kern, Ulm, erklärte. Während bei gesunden Probanden durch die künstliche Absenkung des Blutzuckers auf einen Wert von unter 40 mg/dl von 16 Patienten 10 aus dem Schlaf erwachten, war dies bei den Diabetikern lediglich 1 von 16. Dieser experimentelle Befund wird durch Beobachtungen bei kontinuierlichen Blutzuckermessungen über 24 Stunden bestätigt. Demnach kommt es bei 2 von 3 Typ-1-Diabetikern und nahezu jedem zweiten Typ-2-Diabetiker zu unerkannten Hypoglykämien mit fatalen Folgen. Denn es mehren sich die Hinweise, dass Hypoglykämien proarrhythmogen wirken, die Gefahr für kardiovaskuläre Ereignisse und Todesfälle erhöhen, das Demenzrisiko verdoppeln, die Gedächtnisbildung nachhaltig stören, die Schlafqualität erheblich einschränken und dabei die Insulinresistenz und Kalorienaufnahme erhöhen.

Neben diesen somatischen Befunden stellen Hypoglykämien aber auch emotional eine starke Belastung dar. Im Rahmen der DAWN2TM-Studie, einer internationalen Befragung, wurde deutlich, so PD Dr. Bernhard Kulzer, Bad Mergentheim, dass auch mehr als 60 % der Angehörigen Angst vor Hypoglykämien haben und selbst die Therapeuten wichen nur unwesentlich von dieser Sorge ab und wünschten sich für ihre Patienten eine Medikation, die einer Unterzuckerung vorbeugt.

Angesichts dieser Ergebnisse ist es ganz entscheidend, die Patienten über Häufigkeit und Symptome einer nächtlichen Unterzuckerung zu informieren, um Hypoglykämien als Intensivierungsbarriere einer adäquaten Insulintherapie zu überwinden, erläuterte Dr. Elmar Jäckel, Hannover. Basalinsuline haben im Zusammenhang mit der Verhinderung von nächtlichen Hypoglykämien dabei als Medikation deutlich an Bedeutung gewonnen. In Zukunft kann dabei Insulin degludec (Tresiba®), ein neues Basalinsulin, das nur einmal am Tag injiziert werden muss, eine große Rolle spielen. Bei einer nahezu gleichbleibenden Variabilität in der Wirkung und extremer Flexibilität in der täglichen Anwendung kommt es mit Insulin degludec dabei zu 17 % weniger Unterzuckerungen und zwischen 17 und 36 % weniger nächtlichen Hypoglykämien als mit Insulin glargin.

Richard Kessing, Zeiskam

Quelle: Pressegespräch: „Nächtliche Hypoglykämien – Ein 360°-Blick auf eine wichtige Intensivierungsbarriere“ Frankfurt, 17. Februar 2014. Veranstalter: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz

Nächtliche Hypoglykämien: Psychische Krankheitslast mit Folgen

Hypoglykämien und das Wissen um ihre gesundheitlichen Folgen können eine hohe psychische Belastung für Diabetiker und ihre Angehörigen darstellen. PD Dr. Bernhard Kulzer, Psychologe aus Bad Mergentheim, berichtet über die möglichen psychischen Belastungen aufgrund nächtlicher Hypoglykämien und ihre Auswirkungen auf die Insulintherapie.

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PD Dr. Bernhard Kulzer

? Herr Dr. Kulzer, wie hoch stufen Sie die psychische Belastung durch Hypoglykämien von Menschen mit Diabetes ein?

Kulzer: Hypoglykämien stellen oftmals für Diabetiker, aber auch in einem hohen Ausmaß für ihre Angehörigen, eine der größten Belastungen im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung dar. Denn eine Hypoglykämie ist einfach eine unangenehme Situation: Keine Kontrolle zu haben und sich anderen Menschen in einem Zustand der Hilflosigkeit zu präsentieren, ist grundsätzlich etwas Aversives. Hypoglykämien können im Tagesablauf limitierend, beschwerend und störend sein. Das gilt natürlich besonders für schwere Unterzuckerungen, aber auch leichte Unterzuckerungen können belastend sein. Nicht wenige Diabetiker haben Sorgen, eine Unterzuckerung zu erleiden. Therapien, die ein möglichst geringes Risiko für Hypoglykämien haben, können deshalb zur Verbesserung der Lebensqualität von Diabetikern beitragen.

? Welche Auswirkungen hat die Sorge vor insbesondere nächtlichen Hypoglykämien auf die Insulintherapie?

Kulzer: Die Sorge vor nächtlichen Hypoglykämien kann dazu führen, dass erhöhte Blutzuckerwerte während der Nacht in Kauf genommen werden oder der Schlaf wegen zusätzlicher Blutzuckermessungen oder der Einnahme von zusätzlichen Kohlehydrateinheiten / Broteinheiten unterbrochen wird.

? Welche Möglichkeiten bietet Insulin degludec Diabetikern in diesem Zusammenhang?

Kulzer: Die bisherigen Studienergebnisse zeigten zusammenfassend, dass mit Insulin degludec – verglichen mit Insulin glargin – offenbar eine gleich effektive HbA1c-Senkung erreicht werden kann. Allerdings ist die Rate nächtlicher Hypoglykämien geringer. Für Patienten ist es darüber hinaus von Vorteil, dass sie selbst bestimmen können, wann sie ihr Basalinsulin spritzen möchten. Sie müssen lediglich beachten, dass zwischen den täglichen Injektionen mindestens 8 Stunden liegen. Diese Flexibilität beim Spritzen ist meines Erachtens ein spürbarer Vorteil.

! Vielen Dank für das Gespräch!


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PD Dr. Bernhard Kulzer