Dialyse aktuell 2014; 18(02): 67
DOI: 10.1055/s-0034-1371928
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

DGfN warnt – Bedrohliche Situation für Dialyseversorgung und Hochschulmedizin

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
21. März 2014 (online)

 
 

    Die Deutsche Gesellschaft für Nephrologie (DGfN) sorgt sich um die zukünftige Versorgungsqualität von Dialysepatienten sowie die Finanzierung der Hochschulmedizin und stellte auf dem DGfN-Kongress 2013 einen neuen Praxisratgeber vor.

    Dialyse-Sachkosten-Pauschale

    Die Senkung der Dialyse-Sachkosten-Pauschale wird für die Versorgung der Patienten dramatische Folgen haben, erklärte der Präsident der DGfN, Prof. Reinhard Brunkhorst, Hannover. Schon bisher war es schwer, mit der Pauschale, die seit Jahren nicht mehr angepasst wurde, angesichts der veränderten Bedingungen auszukommen: Die Patienten sind älter und multimorbider geworden und damit deutlich betreuungsintensiver, die Personalkosten haben sich in den letzten 20 Jahren nahezu verdoppelt und Dokumentation sowie Umsetzung der Hygieneverordnung verursachen Mehraufwand.

    „Spätestens 2015, wenn die zweite Stufe der Kürzung in Kraft tritt, wird es bedrohlich“, so Brunkhorst, der dieses Szenario beschrieb: Kleinere Praxen und Zentren in wenig bevölkerten Gebieten würden schließen und es drohe eine „Amerikanisierung“ der Dialyse, wenn andere Praxen von „industriellen“ Dialyseanbietern übernommen würden. In den verbleibenden Praxen werden Zusatzangebote wie Nachtdialyse, verlängerte Dialysesitzungen und günstige Dialysetechniken, von denen die Patienten deutlich profitieren, nur noch eingeschränkt möglich sein bzw. ganz wegfallen. Fachpersonal wird eingespart werden müssen und Leistungen wie Diätberatung oder Sozialarbeit weiter eingeschränkt werden. Ohne Not werde ein gut funktionierendes System gefährdet, so Brunkhorst.


    Hochschulmedizin

    Gefährdet sei auch die Finanzierung der Hochschulmedizin, berichtete Kongresspräsident Prof. Josef Pfeilschifter, Frankfurt. Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Lage sind Sonderaufgaben, die die Universitätskliniken ohne adäquate Finanzierung übernehmen müssen – etwa Innovationszentren und Hochschulambulanzen, die Behandlung schwieriger, seltener und komplizierter Erkrankungen, die Notfallversorgung und die fachärztliche Weiterbildung. „Die deutsche Hochschulmedizin muss einen Riesenapparat vorhalten – ohne dass dieser refinanziert wird“, so Pfeilschifter. Seine Forderung: Ein Systemzuschlag, ein Einstieg des Bundes bei der Finanzierung und eine Teilfinanzierung auch der Investitionskosten durch die Krankenkassen. In anderen europäischen Ländern gebe es Modelle, die auch Hochleistungsmedizin und Sonderaufgaben finanzierten und Vorbildcharakter für Deutschland hätten, so Pfeilschifter.


    Praxisratgeber soll Übertherapie vermeiden helfen

    Der Bundesmantelvertrag empfiehlt seit 2009, alle Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 60 ml/min/1,73 m2) einem Nephrologen vorzustellen. „Dieser Rahmen ist zu weit gefasst“, konstatierte Prof. Jan Galle, Lüdenscheid. Um die aus der Empfehlung resultierende Übertherapie zu vermeiden, hat die DGfN einen Praxisratgeber für Hausärzte entwickelt, der ein differenzierteres Vorgehen beschreibt. Danach sollen in Zukunft Patienten vorgestellt werden, die eines der folgenden Kriterien erfüllen: Proteinurie oder Mikroalbuminurie bei 2 Bestimmungen; Mikro- oder Makrohämaturie oder Erythrozyturie (nicht urologisch) bei 2 Bestimmungen; arterielle Hypertonie (> 150/90 mmHg trotz 3-fach-Kombination); Verschlechterung der Nierenfunktion um mehr als 5 ml/min pro Jahr; morphologische Nierenveränderungen; nierenspezifische Komorbiditäten wie Anämie oder Störungen im Kalzium-Phosphat-Haushalt (bei GFR < 60 ml/min).

    Immer vorzustellen sind Patienten mit einer GFR von weniger als 45 ml/min (ab CKD-Stadium 3b) sowie Patienten mit einer GFR von weniger als 60 ml/min (ab Stadium 3a), die gleichzeitig eines der oben beschrieben Kriterien – von Proteinurie bis Komorbiditäten – erfüllen.

    Michael Koczorek, Bremen

    Quelle: Pressekonferenz zur 5. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN), Berlin, 07.10.2013