Viele intensive Chemotherapien schädigen die Hämatopoese im Knochenmark und sind deshalb
ohne die Unterstützung mit Granulozyten-Kolonien-stimulierendem Faktor (G-CSF) gar
nicht durchführbar.
Kürzlich wurde mit Lipegfilgrastim (Lonquex®) ein neues lang wirksames G-CSF-Präparat eingeführt. Das natürliche G-CSF ist an
Position Threonin 134 glykosyliert, was das Molekül im Organismus vor dem Abbau schützt.
Diese Glykosylierung fehlt bei Filgrastim, weil dieses in E. coli-Bakterien hergestellt
wird, die nicht glykosylieren können, erklärte Prof. Theodor Dingermann, Frankfurt.
Deshalb ist das rekombinante Filgrastim kurz wirksam und muss in der G-CSF-Prophylaxe
täglich gespritzt werden.
Als chemische Analogie zur Glykosylierung wurde die Pegylierung entwickelt, d.h. an
Filgrastim wurde eine Polyethylenglykol-(PEG)-Kette von 20 kDa kovalent an die N-terminale
Aminosäure angehängt. Die Wirkdauer von Pegfilgrastim ist erheblich länger, da die
renale Clearance wegen des größeren Molekulargewichts vermindert ist. Pegfilgrastim
muss deshalb nur einmal pro Zyklus gespritzt werden. Abgebaut wird es durch die „wiedererstarkte“
Population der Neutrophilen.
Das neue Lipegfilgrastim ist ein kovalentes Konjugat aus Filgrastim und Methoxypolyethylenglykol
(mPEG), verbunden mit einem Kohlenhydrat-Linker. Mit dem innovativen Prinzip der enzymatischen
Glykopegylierung von Filgrastim war es möglich, die PEG-Kette an genau den Threoninrest
zu platzieren, wo physiologischerweise die Zuckerseitenkette sitzt.
Das Molekulargewicht verdoppelt sich durch die Glykopegylierung auf 39 kDa. Damit
gilt auch für Lipegfilgrastim, dass die renale Clearance vermindert ist und die Elimination
über die Neutrophilen läuft. Auch Pegfilgrastim muss nur einmal pro Zyklus gespritzt
werden.
Umfangreiches Studienprogramm
Da Lipegfilgrastim ein pharmazeutisch neu entwickeltes G-CSF-Molekül ist und kein
Biosimilar, musste für die Zulassung ein umfangreiches Studienprogramm vorgelegt werden.
Es konnte gezeigt werden, dass Lipegfilgrastim innerhalb von 24 Stunden zu einem deutlichen
Anstieg der neutrophilen Granulozyten im Blut führt. Außerdem verstärkt es die Abwehrfunktion
der Neutrophilen gegen bakterielle Infektionen.
In einer Phase-III-Studie [
1
] wurde Lipegfilgrastim mit Pegfilgrastim verglichen. Je 101 Patientinnen mit Mammakarzinom,
die erstmals eine Chemotherapie (max. 4 Zyklen Doxorubicin und Docetaxel) erhielten,
wurden randomisiert für 6 mg Lipegfilgrastim oder Pegfilgrastim. Als primärer Endpunkt
wurde die Dauer der schweren Neutropenie im ersten Zyklus (ANC < 0,5 x 109/L) analysiert.
Das Ziel der Studie, die Nicht-Unterlegenheit von Lipegfilgrastim zu zeigen, wurde
erreicht. In der Lipegfilgrastim-Gruppe dauerte die schwere Neutropenie 0,7 ± 0,9
Tage, in der Pegfilgrastim-Gruppe 0,8 ± 0,9 Tage (p = 0,1260). Ein signifikanter Vorteil
zeigte sich in der Zeit bis zur Erholung der ANC-Werte auf ≥ 2,0 x 109/L, die als sekundärer Endpunkt registriert wurde. Im ersten Zyklus erholte sich die
Neutrophilenzahl um 1,5 Tage schneller (p = 0,0026).
Dr. Angelika Bischoff, Planegg
Quelle: Launch-Pressekonferenz „Das neue langwirksame G-CSF“ am 25. November 2013
in Ulm. Veranstalter: Teva GmbH.