Ultraschall Med 2015; 36(01): 84-85
DOI: 10.1055/s-0034-1369551
DEGUM-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Professor Dirk Becker: – „Es ist unser Auftrag, das wissenschaftliche Profil der DEGUM zu stärken“

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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
05. Februar 2015 (online)

 

    Professor Dr. med. Dirk Becker, Chefarzt der Abteilung Innere Medizin und Gastroenterologie am Krankenhaus Agatharied im bayerischen Hausham, ist seit Oktober neuer Präsident der DEGUM. Im Interview erklärt er, warum er sich für „die gemeinsame Sache Ultraschall“ engagiert und vor welchen Herausforderungen die DEGUM heute steht.

    Sie wurden auf dem Dreiländertreffen zum Präsidenten gewählt. Mit Ihnen an der Spitze ist ein komplett neuer Vorstand an den Start gegangen. Was bedeutet der Wechsel für die DEGUM?

    Die Wahl eines neuen Vorstands in Innsbruck kam zustande, nachdem infolge des Rücktritts von Herrn Dr. Nöldeke als Präsident der gesamte bisherige Vorstand zurückgetreten war. Grund hierfür waren unter anderem unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Zukunft der Zeitschrift „Ultraschall in der Medizin“ zu gestalten sei. Der Wechsel bedeutet für die DEGUM in erster Linie, dem Auftrag der Mitgliederversammlung beziehungsweise einer großen Gruppe innerhalb der Mitgliedschaft nachzukommen, Ruhe und Kontinuität in die Fachgesellschaft zu bringen, das wissenschaftliche Profil der DEGUM zu stärken und auch eine Kostenreduktion im administrativen Bereich anzustreben.


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    Welche Ideen und Visionen bringen Sie persönlich mit in das Amt des neuen Präsidenten?

    Mit Visionen ist das so eine Sache. Ein ehemaliger Bundeskanzler meinte einmal, dass jemand, der Visionen habe, einen Arzt aufsuchen müsse. Der neue Vorstand denkt da eher pragmatisch. Wir alle möchten diese nahezu einmalige Fachgesellschaft, die sich an einer Methode und nicht an einer Fachrichtung orientiert, noch bekannter machen. Wir wollen dazu beitragen, dass der Ultraschall in Deutschland und in Europa seine Spitzenposition behält und diese wenn möglich noch ausbauen. Die Belange des Ultraschalls müssen im Vergleich zu anderen bildgebenden Verfahren noch stärker wahrgenommen werden und zudem gilt es, sowohl die klinische als auch die wissenschaftliche Tätigkeit im Ultraschall zu fördern.


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    Ist die Ultraschallvereinbarung der KBV ausreichend, um die Qualität der Ultraschalldiagnostik in Deutschland sicherzustellen?

    Die Ultraschallvereinbarung der KBV ist eine Mindestanforderung, die eine Mindestqualifikation in der Ultraschalldiagnostik über alle Fachbereiche sicherstellen soll. Eine noch bessere Qualifikation ist für die Versorgung der uns anvertrauten Patientinnen und Patienten sicherlich wünschenswert. Es ist Aufgabe der DEGUM, durch Weiterbildung junge Ärztinnen und Ärzte an die Methode heranzuführen und einen qualitativ hochwertigen Ultraschall in Deutschland zu etablieren. Wir bewegen uns da als Fachgesellschaft in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite verfolgen wir das Ziel, die bestmögliche Qualifikation der Ärzte zu erreichen, die den Ultraschall anwenden. Auf der anderen Seite achten die Kostenträger sehr darauf, dass die Ausgaben nicht steigen. Obwohl Ultraschall verglichen mit anderen diagnostischen Verfahren nur geringe Kosten erzeugt, müssen wir uns natürlich der Aufgabe stellen, dieses Spannungsfeld miteinander zu harmonisieren. Entscheidend ist dabei, dass wir als Fachgesellschaft in der Diskussion mit dem Kostenträger mit einer Stimme sprechen.


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    Welches Entwicklungspotential sehen sie in der Zusammenarbeit mit der SGUM und ÖGUM?

    Die Kooperationen mit der schweizerischen und österreichischen Fachgesellschaft sind seit vielen Jahren sehr erfolgreich und wir sollten daran unbedingt anknüpfen. Über die Ländergrenzen hinweg haben wir uns bereits auf ein gemeinsames Fortbildungssystem verständigt und erkennen die jeweiligen Qualifikationen gegenseitig an. Auch auf dem alljährlichen Dreiländertreffen zeigt sich, wie produktiv die Zusammenarbeit ist. Ich persönlich freue mich darauf diese fortzusetzten und werde gemeinsam mit dem neuen Vorstand erst einmal ausloten, welche Wünsche seitens der Kollegen in der Schweiz und in Österreich bestehen.


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    Die DEGUM vergibt jährlich auf dem DLT einen Promotions- und einen Wissenschaftspreis. Warum ist die Forschung im Bereich der Ultraschalldiagnostik so wichtig?

    Unser Ziel als DEGUM ist es, ein klinisch orientiertes Tool wie den Ultraschall wieder mehr in den Fokus der Forschung zu bringen und entsprechende Forschungsprojekte zu identifizieren. Gerade an den Universitätskliniken, an denen auch Grundlagenforschung betrieben wird, darf es nicht nur darum gehen, Patienten durch verschiedene Schnittbilduntersuchungen zu fahren. Ärzte und Ärztinnen sollten selbst in der Lage sein, die Diagnostik zu verfeinern und quasi in Symbiose mit ihren klinischen Tätigkeiten neue Methoden zu entwickeln.


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    Wann hatten Sie persönlich das erste Mal einen Schallkopf in der Hand?

    Das war während meines Studiums, also in den 1980er Jahren. Mich hat schon damals diese für die Patienten schonende und für die Diagnostik ungemein rasche, effektive und genaue Methode fasziniert. Ich habe als behandelnder Arzt unmittelbar ein Instrument zur Verfügung, mit dem ich in viele Teile des menschlichen Körpers „hinein sehen“ kann, ohne dem Patienten dabei weh zu tun oder ihn einer potenziell schädlichen Strahlung auszusetzen.


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    Was hat sich seit dem verändert?

    Entscheidend verbessert hat sich in den Jahren die Abbildungsqualität. Die Möglichkeit, Blutflüsse in Organen zu analysieren, also die Dopplersonografie, war damals noch in den Anfängen. Durch die Hinzunahme von Ultraschallkontrastmitteln erhalten wir heute für viele Organe des Bauchraums eine der Computertomographie nahezu ebenbürtige Aussagekraft. Die Echokardiografie ist das einzige bildgebende Verfahren, das die Arbeit des menschlichen Herzens in Echtzeit abbildet und so in wenigen Sekunden Aufschluss über das Vorliegen einer Herzerkrankung geben kann. In der vorgeburtlichen Diagnostik kann das Kind im Mutterleib mit einer Aussagekraft untersucht werden, von der man vor 40 Jahren nur träumen konnte. Insofern hat sich vieles verbessert. Verschlechtert hat sich leider die Vergütungssituation, die nicht Schritt hält mit der Verbesserung der Technologie. Stellen Sie sich vor: Für eine qualifizierte Ultraschalluntersuchung erhält ein Arzt deutlich weniger als ein Heizungsmonteur für eine Reparatur.


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    Ist der Ultraschall das „Stethoskop der Zukunft“, wie es einst der US-Radiologe Roy Filly formulierte?

    Nein, er ist das Stethoskop der Gegenwart! Genau genommen fängt der Ultraschall ja erst da an, wo das Stethoskop aufhört: beim Abhören der Lunge und des Herzens und der Geräusche aus dem Bauch. Mit ihm können wir viel differenzierter und tiefer in den Patienten hinein schauen. Treffend finde ich auch was Karlheinz Seitz mal gesagt hat: „Der Ultraschall ist letztlich die Fortsetzung der körperlichen Untersuchung mit anderen Mitteln“ oder anders gesagt: der verlängerte Arm des Untersuchers.

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