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DOI: 10.1055/s-0034-1368423
Gemeinsame Erklärung – Misoprostol für die Behandlung von Blutungen nach der Entbindung in ressourcenarmen Gebieten
Joint Statement – Misoprostol for the Treatment of Postpartum Haemorrhage in Low Resource SettingsKorrespondenzadresse
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
06. Juni 2014 (online)
Der Internationale Hebammenverband (ICM) und der Internationale Verband für Gynäkologie und Geburtshilfe (FIGO) engagieren sich seit Langem gemeinsam für die Wahrung des grundlegenden Menschenrechts von Frauen auf Gesundheit; zur Reduzierung der weltweiten Inzidenz von Müttersterblichkeit und Morbidität und unter Nutzung von evidenzbasierten Interventionen zur Erreichung dieses Ziels.
Diese Erklärung spiegelt die neueste (2012) Evidenzbasis hinsichtlich der Nutzung von Misoprostol zur Behandlung von Blutungen nach der Entbindung (PPH) in ressourcenarmen Gebieten wider, wo intravenöses Oxytocin, der sogenannte goldene Standard für die Behandlung von PPH, nicht erhältlich ist.
Hintergrund
Blutungen nach der Entbindung sind die häufigste Ursache für Müttersterblichkeit und Morbidität, aber die meisten Fälle von PPH können bei nahezu allen Umständen, unter denen Frauen entbinden, wirksam verhütet und behandelt werden.
Die Investition in verbesserte Geburtshilfe und Hebammenleistungen bleibt von entscheidender Bedeutung für die Reduzierung von Müttersterblichkeit und Morbidität. Um den Bedürfnissen der Bevölkerungsgruppen, die der größten Unterversorgung ausgesetzt sind, gerecht zu werden, muss der Zugang zu lebensrettenden Maßnahmen in Gemeinden priorisiert werden.
Aktives Management der 3. Wehenphase kann durch die Verabreichung eines Uterotonikums den Blutverlust verringern und die Inzidenz von PPH reduzieren. Trotzdem kommt es bei 6–16 % der Frauen, die eine uterotonische Prophylaxe erhalten [1], dennoch zu Blutungen nach der Entbindung, die sofortige Maßnahmen erfordern.
Wenn PPH dort auftritt, wo die Verwendung von 40 IU i.v. Oxytocin, dem sogenannten goldenen Standard für die Behandlung von PPH, nicht möglich ist (z. B. mangelt es an ausgebildeten Geburtshelfern oder Kühlung), kann 800 µg sublinguales Misoprostol, ein sicheres und wirksames Medikament mit wenigen Gegenanzeigen oder Nebenwirkungen, gegeben werden, um den Blutverlust unter Kontrolle zu bringen.
FIGO und ICM haben sich selbst verpflichtet, verstärkten Zugang zu Misoprostol für die Behandlung von Blutungen nach der Entbindung Realität werden zu lassen, insbesondere in ressourcenarmen Gebieten, wo i.v. Oxytocin weitgehend nicht erhältlich oder nicht möglich ist ([Tab. 1]).
Dosierung |
Einzeldosis von Misoprostol 800 µg sublingual ist angezeigt für Behandlung von PPH, wenn 40 IU i.v. Infusion Oxytocin nicht sofort erhältlich ist (unabhängig von den prophylaktischen Maßnahmen). |
Behandlungsverlauf |
Sobald PPH diagnostiziert wurde, muss das Medikament sofort verabreicht werden. |
wiederholte oder aufeinander folgende Dosen |
Da die bekannten Nebenwirkungen von Misoprostol offenbar von der Dosis abhängig sind,
können wiederholte oder aufeinander folgende Dosen von Misoprostol die
Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Nebenwirkungen erhöhen. |
Gegenanzeigen |
Allergieanamnese gegen Misoprostol oder andere Prostaglandine |
Vorsichtsmaßnahmen |
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Wirkungen und Nebenwirkungen |
Anhaltende oder ernsthafte Wirkungen und Nebenwirkungen sind selten. |
Nutzen von Misoprostol für die Behandlung von Blutungen nach der Entbindung in ressourcenarmen Gebieten
Sicher, effektiv, leicht zu verabreichen, vorübergehende Nebenwirkungen, kosteneffizient, gut erhältlich und stabil bei Zimmertemperatur.
Bietet eine sichere und effektive Option für die Behandlung von PPH, wo i.v. Oxytocin derzeit nicht erhältlich und/oder möglich ist.
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Aufruf zum Handeln
Als zwei führende internationale Vereinigungen von Fachkräften im Gesundheitswesen nehmen ICM und FIGO eine Schlüsselrolle ein, dafür zu sorgen, dass für Frauen Misoprostol erhältlich ist, insbesondere für Frauen, die besonders gefährdet sind hinsichtlich Sterblichkeit und Mortalität während der Geburt aufgrund eines Mangels an ausgebildeten Geburtshelfern und eines mangelnden Zugangs zu Oxytocin.
Daher werden nationale Geburtshilfe- und Hebammenverbände, insbesondere in Ländern, in denen der allgemeine Zugang zu Oxytocin unzuverlässig ist, aufgefordert, die folgenden wichtigen Maßnahmen zu ergreifen:
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Befürworten der Aufnahme dieser internationalen Empfehlungen für den Einsatz von Misoprostol in ressourcenarmen Gebieten zur Behandlung von PPH in die nationalen klinischen Richtlinien und somit Verbesserung der Gesundheitsleistungen und Ansätze für Mütter.
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Ergänzung der nationalen Richtlinien durch die Organisation von interaktiven Bildungs- und Fortbildungsprogrammen für Fachkräfte im Gesundheitswesen unter Verwendung von Simulationen von PPH-Behandlungen, wo möglich. Die Programme sollten Schulungen zur Physiologie der 3. Wehenphase und zum Management von PPH mit beinhalten, basierend auf visuellen Einschätzungen des Blutverlusts und klinischen Symptomen.
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Erbringer von Gesundheitsleistungen in den Stand versetzen, die Physiologie normaler Wehen und der Geburt zu verstehen und zusätzliche lebensrettende Maßnahmen wie bimanuellen Druck auf den Uterus und aortalen Druck, falls die Blutungen nach der Gabe von Uterotonika andauern, durchführen zu können [3].
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Zusammenarbeit mit den wichtigsten Beteiligten für den Einsatz, für die erhöhte Verfügbarkeit, Bezahlbarkeit und Zugänglichkeit von qualifizierter Pflege und wesentlichen lebensrettenden Stoffen, einschließlich Uterotonika, für alle Frauen bei der Geburt.
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Förderung eines Ansatzes der Aufgabenteilung zur Verbesserung lebensrettender Pflege sowie Herausforderung rechtlicher und politischer Barrieren, die den Zugang zu solcher Pflege begrenzen, durch Sicherstellung von entsprechend im Bereich Geburtshilfe qualifizierten Arbeitskräften, die befähigt sind, Uterotonika zu verabreichen, und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften im Gesundheitswesen innerhalb des Bereichs Geburtshilfe.
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Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Sensibilisierung der Gemeinschaften hinsichtlich der Bedeutung des Zugangs zu vorgeburtlicher Betreuung und ausgebildeten Geburtshelfern bei allen Geburten [4].
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Einsatz für eine höhere Anzahl von Hebammen und für die Mobilisierung von Ressourcen zur Identifizierung und Umsetzung innovativer Strategien, damit die Geburt sicherer für Frauen ist, insbesondere der Frauen, die am stärksten unterversorgt sind.
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Literatur
- 1 Carroli G, Cuesta C, Abalos E et al. Epidemiology of postpartum haemorrhage: a systematic review. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol 2008; 22: 999-1012
- 2 International Federation of Gynecology and Obstetrics. Treatment of postpartum haemorrhage with misoprostol. Int J Gynaec Obstet 2012; 119: 215-216
- 3 Lalonde A. International Federation of Gynecology and Obstetrics. Prevention and treatment of postpartum hemorrhage in low-resource settings. Int J Gynaecol Obstet 2012; 117: 108-118
- 4 Role of the midwife in physiological third stage of labour, ICM position statement. 2011.
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Carroli G, Cuesta C, Abalos E et al. Epidemiology of postpartum haemorrhage: a systematic review. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol 2008; 22: 999-1012
- 2 International Federation of Gynecology and Obstetrics. Treatment of postpartum haemorrhage with misoprostol. Int J Gynaec Obstet 2012; 119: 215-216
- 3 Lalonde A. International Federation of Gynecology and Obstetrics. Prevention and treatment of postpartum hemorrhage in low-resource settings. Int J Gynaecol Obstet 2012; 117: 108-118
- 4 Role of the midwife in physiological third stage of labour, ICM position statement. 2011.