Aktuelle Urol 2014; 45(01): 15-16
DOI: 10.1055/s-0034-1366938
Referiert und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prostatabiopsie – Die TRUS-gesteuerte Stanzbiopise will gelernt sein

Contributor(s):
Bettina Rakowitz
Benchikh El Fegoun et al.
Urology 2013;
81: 12-16
Further Information

Publication History

Publication Date:
05 February 2014 (online)

 
 

Für die Diagnose eines Prostatakarzinoms ist die TRUS-gesteuerte Prostatabiopsie (TRUS: transrektaler Ultraschall) der heutige Goldstandard, aber auch Entnahme von Stanzbiopsien erfordert eine Lernphase. Benchikh El Fegoun et al. definierten die Anzahl von Stanzbiopsien, die erforderlich sind, um regelhaft qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erzielen.
Urology 2013; 81: 12–16

mit Kommentar

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Buchwissen reicht hier nicht: Auch ein vergleichsweise kleiner und unkomplizierter Eingriff wie die TRUS-gesteuerte Stanzbiopsie braucht praktische Erfahrung. Anhand der Ergbnisse einer aktuellen Studie sollten Assistenzärzte die ersten 12 Biopsien nur unter direkter Aufsicht durchführen. (© Maica / istockphoto)

Ein hohes Qualitätsniveau für eine TRUSgesteuerte Stanzbiopsie erreicht ein Assistenzarzt im Durchschnitt nach 12 Stanzbiopsien – so das Ergebnis der vorliegenden Studie. Stanzbiopsien von 770 Patienten, durchgeführt zwischen 2006 und 2009, wurden untersucht. Einschlusskriterien waren ein PSA-Wert über 4 ng / ml oder ein verdächtiges Ergebnis bei der digitalen Rektaluntersuchung. In einem überwachten Lehrprogramm führten pro Semester je 4 Assistenzärzte monatlich eine Sitzung mit jeweils 5–6 Eingriffen durch (durchschnittlich 33,6 ± 9 Eingriffe pro Assistenzarzt). Die Gesamtzahl der einzelnen Stanzbiopsien lag bei 12 760. Keiner der Assistenzärzte hatte zuvor TRUS-gesteuerte Stanzbiopsien durchgeführt.

Durchschnittslänge mit Anzahl durchgeführter Biopsien assoziiert

Die Erkennungsrate für Prostatakarzinome lag während des Studienzeitraums bei 47 %. Innerhalb der Semester lag sie konstant bei 41,3 % im ersten Monat und 44,1 % im letzten Monat. Die durchschnittliche Länge einer Stanzbiopsie verbesserte sich signifikant von durchschnittlich 12,0 ± 2,7 mm im ersten Monat auf 13,2 ± 2,1 mm im letzten Monat. Nach dem zweiten Monat zeigte sich ein Plateau von 12,8 ± 2,2 mm. Die durchschnittliche Länge der Stanzbiopsien nahm somit im Laufe eines Semesters um 10 % zu. Der Anteil von Patienten mit einer Biopsielänge < 10 mm reduzierte sich nach dem zweiten Monat von 17 % auf 5 % (P < 0,001). Es bestand kein nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Länge der Stanzbiopsie und dem Prostatavolumen.

Fazit

Die Autoren entnehmen der Studie einen bemerkenswerten Verlauf der Lernkurven der Assistenzärzte in Bezug auf die gesetzten Qualitätskriterien. Während sich die Qualität der Stanzbiopsien in den ersten beiden Lehrmonaten signifikant verbesserte, erreichten die Biopsien nach dem zweiten Monat ein Plateau auf hohem Niveau. Benchikh El Fegoun et al. empfehlen daher, dass Assistenzärzte mindestens die ersten 12 TRUS-gesteuerten Stanzbiopsien nur unter direkter Aufsicht durchführen. Die Wissenschaftler betonen aber auch, dass die Erkennungsrate für Prostatakarzinome selbst zu Beginn der Lehrzeit während des gesamten Studienzeitraums stabil blieb. Dies zeigt, dass Assistenzärzte die Durchführung einer TRUS unter für den Patienten sicheren Bedingungen erlernen können, ohne die Erkennungsrate zu beeinträchtigen.


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Kommentar

Nicht nur die Biopsie ist entscheidend

Die Prostatastanzbiopsie ist das wesentliche Diagnostikum zum Nachweis eines Prostatakarzinoms. Die Detektionswahrscheinlichkeit ist von der Qualität der entnommenen Zylinder abhängig. Zwar handelt es sich bei der Prostatastanzbiopsie um einen vergleichsweise kleinen und unkomplizierten Eingriff, dennoch hat auch die Prostatastanzbiopsie eine Lernkurve, die vom Ausbildungsassistenten unter Anleitung durchschritten werden muss.

Notwendige Prozeduren

Die Untersuchung beleuchtet die Frage, wie viele Prostatastanzbiopsien ein Assistent durchführen muss, um eine hohe Qualität zu erreichen.

Die Diagnostik eines Prostatakarzinoms ist von mehrere Faktoren abhängig. Zuerst besteht die Schwierigkeit in der Indikationsstellung. Dabei spielen nicht nur der PSAWert und der Palpationsbefund eine Rolle, sondern auch die Frage des Nutzens einer Diagnosestellung und einer Therapie. Oft handelt es sich bei der Indikation zur Prostatastanzbiopsie um eine Einzelfallentscheidung, die mit dem Patienten ausführlich diskutiert werden muss.

Wenn die Indikation zur Prostatastanzbiopsie gegeben ist, hängt die Diagnosestellung maßgeblich von ihrere Durchführung ab. Generell liegt die Detektionsrate im allgemeinen Patientengut im Rahmen einer ultraschallgesteuerten 10- bis 12-fach-Biopsie zwischen 20 und 35 %. Auch modernere Verfahren wie Elastografie und CTRUS-ANNA oder MR / Ultraschallfusion erhöhen die Detektionsrate nicht deutlich. Der Vorteil dieser Methoden ist, dass in der Regel weniger Biopsien zur Diagnosestellung erforderlich sind [ 1 ]–[ 4 ].

Zur Frage der sonografischen Ortung suspekter Areale nimmt die vorliegende Arbeit keine Stellung. Entscheidend in der Ausbildung ist aber nicht, das Manöver der Stanzbiopsie selbst zu erlernen, sondern die möglicherweise sonografisch auffälligen Areale zu erkennen. Das Ziel muss sein, mit einer möglichst geringen Anzahl an Biopsien eine möglichst hohe Detektionsrate zu erzielen. Daher ist die hohe Anzahl an durchgeführten Biopsien zu Beginn der Untersuchung kritisch zu werten. Für die primär durchgeführte Biopsie wird von der S3-Leitlinie eine 10- bis 12-fach-Biopsie empfohlen [ 5 ].

In der Untersuchung wird der Faktor Pathologie nicht näher bewertet. Es finden sich keine Angaben zur Fixierung und Aufarbeitung der Proben. Dies ist im Hinblick auf die Detektionsrate des Prostatakarzinoms erheblich. Auch wenn das Ziel dieser Arbeit die Erfassung der Lernkurve der Prostatastanzbiopsie war, könnte die pathologische Beurteilung der Stanzen einen Einfluss auf die Ergebnisse haben.

Strukturierte Ausbildung

Die Autoren beschreiben gut den Lerneffekt. Dies wird anhand der Längenzunahme der Prostatastanzzylinder und der im Untersuchungszeitraum abnehmenden Anzahl an Stanzen unter 10 mm bzw. der Abnahme der Stanzzylinder, in denen kein Prostatagewebe nachweisbar ist, bestimmt. Sie geben an, dass das Plateau der Lernkurve nach 12 Prozeduren erreicht ist.

Damit zeigen die Autoren den Ausbildern einen Weg auf, wie sich die Ausbildung gestalten könnte. Viele Urologen werden sich an die eigene Ausbildung erinnern und feststellen müssen, dass diese gerade in der Sonodiagnostik und auch in Bezug auf die Prostatastanzbiopsie nicht strukturiert war. Daher hat die vorliegende Arbeit einen besonderen Wert und ermahnt die Erfahrenen zur besseren Ausbildung Jüngerer.

Dr. Ludger Franzaring, Koblenz


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Dr. Ludger Franzaring


ist Chefarzt an der Klinik für Urologie und Kinderurologie des Gemeinschaftsklinikums Koblenz-Mayen

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Buchwissen reicht hier nicht: Auch ein vergleichsweise kleiner und unkomplizierter Eingriff wie die TRUS-gesteuerte Stanzbiopsie braucht praktische Erfahrung. Anhand der Ergbnisse einer aktuellen Studie sollten Assistenzärzte die ersten 12 Biopsien nur unter direkter Aufsicht durchführen. (© Maica / istockphoto)